IM JUNGENHAUS

Als Joey gefunden war, machte die Polizei noch am selben Tag die O-Hall dicht, und wir kamen nie wieder dorthin zurück.

Nie wieder.

Sie redeten stundenlang mit Chas und mir, getrennt. Ich erzählte ihnen fast alles, nur nicht die Angelegenheiten, die nicht dazugehörten, fand ich.

Sie fragten eh nicht.

Casey Palmer und Nick Matthews töteten Joey in der Nacht des Schulballs. Sie waren betrunken. Sie waren von Sinnen. Sie schlugen ihn, bis er aufhörte, Joey zu sein.

Ich liebte Joey Cosentino.

Nachdem ich der Polizei erzählt hatte, was ich über Casey wusste, fuhren sie zu ihm nach Hause.

Casey Palmer und Nick Matthews kamen nie mehr in die Schule zurück. Ich hörte, dass sie beide sofort gestanden, Casey wohl deswegen, stellte ich mir vor, damit im Prozess nicht herauskam, dass er Joey so lange nachgestellt hatte. Das ist mein Verdacht, doch ich kann mich irren.

Ob richtig oder nicht, Caseys Gründe waren mir egal.

Die Pine Mountain Academy schloss die O-Hall. Weder Mr Farrow noch Mrs Singer sahen wir jemals wieder. Sie waren fort, freigesetzt. Niemand brauchte sie mehr, und so etwas wie die O-Hall brauchte auch niemand je wieder.

Ich will ehrlich sein. Ich bedauerte es richtig, dass sie die O-Hall schlossen, so komisch das klingt. Ich wünschte, ich hätte den Lärm und den Geruch wiederhaben können, den überfüllten und schmutzigen Waschraum.

Ich wurde mit Kevin und Chas im Jungenhaus zusammengelegt. Jeder hatte ein eigenes Zimmer, und im gemeinsamen Wohnzimmer stritten wir manchmal darüber, was wir im Fernsehen gucken wollten.

Einmal, viel später, redeten wir darüber, und wir fanden, dass wir alle eigentlich eher für das Leben in der O-Hall gemacht waren. Ich erklärte Kevin und Chas, ich würde mich dafür einsetzen, dass sie wieder geöffnet wurde, und dann würde ich so was Schlimmes anstellen, dass ich für mein letztes Schuljahr dort hinkam.

Chas sagte: »Du bist ein verfickter Idiot, Winger.«

Klar. Ich weiß.

Chas Becker und ich wurden Freunde. Er machte kein Arschloch aus mir, und ich brachte ihm nicht das Comiczeichnen bei. Unsere Beziehung war ausgeglichen, aber schräg.

Winger und Stürmer dürfen eigentlich nicht befreundet sein.

Aber Chas und ich brauchten einander.

Er hackte auf mir herum. Damit war zu rechnen. Kevin Cantrell war wie immer der vermittelnde Friedensstifter in unserer neuen Dreimannfamilie. Sonntags spielten wir Poker. Wir holten uns Seanie Flaherty und JP Tureau dazu.

Strafen gab es keine mehr.

Wie hätte man den einmaligen Scheiß toppen können, den wir in der O-Hall abgezogen hatten?

Wie hätte man es je schlimmer treiben können?

Die Sache beim Rugby ist die: Du kannst einen vor und nach dem Spiel hassen, aber wenn ihr auf derselben Seite steht, wird er dir während des Spiels trotzdem die Eier retten wie fuck. Etwas Großartigeres gibt es nicht.

Als wir bei uns einmal Hold ’Em spielten, brachte ich JP Tureau zum Lachen.

Ich dachte: Wenn wir in der Zwölften sind, wird zwischen mir und JP wieder alles klar sein.