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Gott, war ich froh, als sich unsere Gruppe am Flughafen trennte!
Wir verabredeten Zeit und Ort, wo wir uns nach unseren Rückflügen am Sonntagabend im Terminal treffen wollten, dann begaben wir uns zu unseren Gates.
Annie und ich checkten unser Gepäck ein und zogen für die Sicherheitskontrolle die Schuhe aus. Und wie es Losern wie mir so geht, schrillte natürlich der Alarm, als ich durch den Metalldetektor ging, weil ich den Gürtel vergessen hatte. Und genau in dem Moment, als der Sicherheitstyp mich anhielt, löste sich passenderweise nach zwei Tagen ruhigem Kleben das Pflaster von meinem Sack. Es fiel aus dem Bein meiner zu kurzen doofen Schulhose.
Das weckte bei dem Wachmann natürlich den Verdacht, ich wäre ein Schmuggler und hätte Heroin am Sack kleben, Black Tar oder wie das Zeug heißt, und er und ein anderer sehr unfroh aussehender Mann im weißen Hemd geleiteten mich hinter so einen dünnen Sichtschutz wie in einer heruntergekommenen Klinik.
Dort forderten sie mich auf, mich bis auf die Unterhose auszuziehen.
Schick.
Annie lachte mich aus.
Sagen wir, ich glaube, sie lachte mich aus. Sicher sagen konnte ich es nicht, weil ich sie nicht sehen konnte. Ich stand in Boxershorts hinter einem lächerlich dünnen Kliniksichtschutz, während einer der Sicherheitsmänner meine Strümpfe umkrempelte und ausschüttelte.
Gleichzeitig fasste mir der andere Mann tatsächlich an den mittlerweile pflasterfreien Sack (und ich war wahrscheinlich nicht gut beraten, ihn zu fragen, ob er gern hätte, dass ich jetzt den Kopf abwandte und hustete, denn er nickte nur beiläufig und meinte, ich wäre ein Klugscheißer, und dann zog er den Bund meiner Unterhose zurück und betrachtete meinen weder klug noch sonst wie scheißenden Mickerarsch im Neonlicht des Flughafenterminals.
Annie gab sich bestimmt möglichst den Anschein, den kleinen Heroin-am-Sack-Schmuggler nicht zu kennen.
Ja.
Ich bin ein Loser.
Nicht nur ganz allgemein, sondern ein Loser, der immer noch barfuß und in Boxershorts hinter einem Sichtschutz stand, als er den letzten Aufruf für seinen Flug nach Seattle hörte. Der Sicherheitsmann legte einfach meine Bordkarte auf meine gründlich durchstöberten und gewendeten Schulsachen und sagte: »Bedaure, Mr West. Sie dürfen gehen.«
Rasch zog ich meine gürtellose Hose an und schlüpfte in mein Hemd. Ich klemmte mir Schuhe und übrige Sachen samt Bordkarte in einem großen Knäuel unter den Arm und trat hinter dem Sichtschutz hervor.
Annie stand mit tränenfeuchten Augen da und lachte.
»Warum passieren immer dir solche Sachen?«, fragte sie.
»Weil ich ein verfickter Loser bin«, antwortete ich.
Ja, gut, ich sagte natürlich nicht »verfickt«, weil ich ja niemals fluche, wie ihr wisst, schon gar nicht vor Annie, aber wenn ich sagen würde, dass ich gern »verfickt« gesagt hätte, wäre das eine verfickte Untertreibung.
»Komm«, sagte sie, »ich helfe dir.« Sie nahm mir Schuhe und Gürtel ab, und zum Gate hüpfend versuchte ich, mir einen Strumpf anzuziehen, während das offene und heraushängende Hemd hinter mir herflatterte und die Hose mir Richtung Kniekehlen rutschte. Ich ließ den Schlips fallen und musste anhalten, um ihn aufzuheben.
Ich gab auf.
Halb entkleidet und barfuß folgte ich Annie zum Flugsteig und hielt mir dabei mit einer Hand die Hose fest.
Und die Frau am Schalter, die, das muss ich sagen, auf so eine paramilitärische Andrews-Sisters-mäßige Art ihrerseits verflucht heiß war, zog ihre sehr diszipliniert aussehende Augenbraue hoch, als ich ihr mit derselben Hand, mit der ich mir die Hose festhielt, die Bordkarte hinschob.
»Sie sehen richtig«, sagte ich, während ihr mein Schlips und einer meiner umgekrempelten Strümpfe vor die Füße fielen, »ich habe vor, komplett nackt zu sein, bis wir an unseren Plätzen sind.«