55

Es war so gemütlich, in dem Bett zu schlafen, dass ich wohl nicht wach werden wollte. Als es schließlich doch geschah, schien schon die Sonne zum Fenster herein und jemand klopfte an meine Tür.

»Ryan Dean. Schläfst du noch?«

Es war Annie.

»Seit ungefähr zwei Sekunden nicht mehr.«

»Entschuldige.«

Ich rieb mir die Augen.

»Du kannst reinkommen«, sagte ich.

Die Tür ging einen Spaltbreit auf, und sie streckte vorsichtig den Kopf ins Zimmer. Ich sah, dass sie zum Laufen angezogen war.

Ich verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Ein Traum ging in Erfüllung: Annie Altman weckte mich am Morgen auf, nachdem wir am Abend davor praktisch ein Bad zusammen genommen hatten.

»Komm frühstücken, und dann gehen wir laufen. Es ist wunderschön da draußen.«

Hier drin ist es auch nicht so schlecht, dachte ich.

»Okay.« Ich setzte mich auf und rieb mir das Kinn. »Ich mach mich schnell fertig und komme. Ich glaube, ich muss mich rasieren.«

Annie lachte. »Na klar.«

»He, ich habe ein Barthaar. Guck, hier am Kinn. Nur eines. Ich überlege mir, ihm einen Namen zu geben, aber ich weiß nicht, ob ich es wachsen lassen oder ihm den Kopf abhacken soll.« Ich legte den Kopf zurück und deutete mit dem Finger auf meine Kinnlade. »Siehst du es?«

»Nein.«

»Na, von dort drüben kannst du es auch nicht sehen. Du musst näher rankommen.«

Sie trat an die Bettkante.

Volltreffer.

»Schau«, sagte ich. »Es ist richtig dunkel und alles.«

Ich hielt mein Kinn erhoben, und Annie beugte sich über mich.

»Ja, stimmt«, sagte sie. »Ich sehe es.«

Sie war ganz nahe.

Sie sagte: »Es sieht so einsam und verloren aus, vielleicht solltest du es nicht abrasieren. Und vielleicht solltest du es ›Ryan Dean‹ nennen.«

Ich blickte ihr in die Augen.

»Ich geh mal lieber«, sagte Annie und richtete sich auf. Dann drehte sie sich schnell um und ging zur Tür.

»Wir sind nicht mehr gleichauf, Annie.«

Da hörte ich sie »Pedro« rufen, und das widerliche kleine Vieh kam krallenklackend-hechelnd-schlabbernd-aufgegeilt-knurrend in mein Zimmer. Annie ging hinaus und schloss die Tür genau in dem Moment, als Pedro auf mein Bett flog und wie wild meinen Fuß zu bearbeiten begann. Ich schnappte ihn mir unter seinen schwitzenden kleinen Achseln, machte mit dem Ellbogen die Tür auf, und während seine Hüften noch in die Luft rammelten, schlenzte ich ihn wie einen hundeförmigen Shuffleboard-Scheibenersatz ans andere Ende des Flurs.

Annie stand nur da und beobachtete mich lächelnd.

Ich sah sie an und sagte: »Was ist? Gibst du mir Zeit, mich anzuziehen, oder kann ich auch in Unterhosen frühstücken kommen?«

Sie lachte, und ich sagte: »Wie gesagt, wir sind nicht mehr gleichauf. Ryan Dean West ist offiziell in Führung gegangen.«

»Es ist unfair, wenn du Pedros Versuche, dich zu küssen, mitzählst.«

»Gut, dass du es ansprichst, Annie. In dem Fall liege ich weit vor dir.«

Ich ging in mein Zimmer zurück und zog meine Laufsachen an.