Prolog

Atemübungen – ademhalingsoefeningen

Jeder Mensch hat eine vorbestimmte Anzahl an Atemzügen, und sie wollte ihre auskosten, jeden einzelnen davon. Das Tanzen hatte ihren Herzschlag erhöht, und auch das Wiedersehen hatte sie aufgewühlt – ihn allerdings noch mehr. Sie lächelte, rief sich sogleich zur Ordnung. Wie gut, dass das Seminar die Kleshas behandelte. Diese fünf Grundübel des Seins führten dazu, dass man litt, sie wucherten wie Unkraut, wenn man sie ließ.

Bewusst atmete sie ein, lenkte die Luft erst in ihren Bauch, dann in den Brustraum, ließ sie in umgekehrter Reihenfolge entweichen. Sie fühlte, wie sie saß, spürte den Bodenkontakt ihrer Sitzhöcker.

Ein Augenblick der Stille.

Erneut atmete sie ein.

Als der Impuls zum Ausatmen kam, ließ sie die Luft ausströmen, sachte, behutsam. Ihre Schultern senkten sich, der Oberkörper richtete sich auf. Sie lächelte, ihr ganzer Körper, nein, ihr ganzes Sein war ein Lächeln. Bahya Kumbhaka, das Innehalten nach dem Ausatmen.

Sie streckte den Hals, senkte das Kinn und schob es Richtung Halskuhle, zog den Bauchnabel nach oben und fühlte sich leicht. Wenn sie den Nabel noch etwas stärker einsaugte, würde sie ersticken.

Einmal hatte sie es beinahe erlebt. Der Drang, sich selbst zu verschließen, war so stark gewesen, dass sie für einen Moment das Gefühl gehabt hatte, nicht mehr loslassen zu können. Yoga konnte gefährlich sein und einen verletzen, wenn man nicht achtsam war. Auf die richtige Haltung kam es an. Die richtige Haltung zu sich selbst.