KAPITEL 24

Hayley wurden nach der Maxwelton-Party keine Verbote auferlegt. Da sie kaum etwas tat, das man ihr hätte verbieten können, hätte das nicht viel Sinn gehabt. Die einzige Frage war, was sie ihrem Vater erzählen würden. Hayley war nicht überrascht, als die Antwort darauf nichts lautete.

Ihre Mom hatte das von dem Moment an klargestellt, als Hayley vor der kleinen braunen Kirche in den Pick-up gestiegen war. Dann hatte sie den ganzen Weg zurück zur Smugglers Cove Blumenfarm geweint, und Hayley hatte nichts weiter sagen können als: »Es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung, Mom.«

Dann fuhren sie in absoluter Stille weiter, die nur gelegentlich von Julie Cartwrights Schluchzen unterbrochen wurde. Als sie zu Hause ankamen, hätte sich Hayley nicht unglücklicher fühlen können.

Brooke traf sie in der Küche. Sie sagte lediglich: »Gut gemacht, Hayley«, worauf ihre Mutter zurückgab: »Wo ist dein Vater? Wenn du ihn geweckt hast, Brooke, schwöre ich dir …«

»Hey«, platzte Brooke wütend heraus. »Er schläft noch, und zu eurem Glück hat er das Telefon nicht gehört und auch nicht die Neuigkeiten über seine kostbare Hayley.« Sie ging zum Kühlschrank und riss die Tür auf.

Hayley blickte zu ihrer Mutter hinüber und sah, dass Julie ganz angespannt war, was für gewöhnlich bedeutete, dass sie versuchte, sich zusammenzureißen. Julie sagte: »Ich war zu barsch zu dir. Ich bin fix und fertig. Es tut mir leid. Geh schlafen.«

»Ich will ein Glas Milch. Ich hab Magenschmerzen und …«

»Du hast mich gehört. Geh schlafen.«

»Und du hast mich gehört. Ich will ein Glas Milch.« Brooke schnappte sich eine Milchtüte und nahm ein großes Glas aus dem Schrank. Sie füllte das Glas bis zum Rand.

»Du tust das sofort zurück und gehst nach oben«, befahl ihre Mutter.

»Du kannst mich mal.«

»Brooke«, entfuhr es Hayley.

»Und du hältst die Klappe«, blaffte Brooke sie an, und dann sagte sie zu ihrer Mutter: »Ich will nur ein Glas Milch trinken, und du tust so, als wäre das ein Verbrechen. Was ist mit Hayley? Was muss sie tun, damit du endlich …«

»Julie? Was ist los?«

Es war Hayleys Vater. Alle erstarrten.

»Julie? Julie! Ich muss aufs Klo.«

»Das ist so bescheuert, du bist bescheuert, er ist bescheuert«, schrie Brooke ihre Mutter an. »Er muss jetzt hier unten schlafen. Er kann keine Treppen mehr steigen und wird noch irgendwann hinfallen. Bestimmt wartest du nur darauf. Denn wenn er stürzt und sich das Genick bricht …«

Julie ging auf Brooke zu. Sie riss ihr das Glas Milch aus der Hand und warf es ins Spülbecken. Das Glas zerbrach und die Milch spritzte hoch. Brooke traten Tränen in die Augen.

»Julie!«, schrie ihr Dad.

»Du gehst sofort ins Bett«, fauchte Julie Brooke an. Zu Hayley sagte sie: »Du bleibst hier. Ich bin noch nicht fertig mit dir.«

Brooke ging, aber sie schluchzte und stapfte die Treppe hoch. Eine Tür fiel knallend zu, und Cassidy schrie auf, da sie aus dem Schlaf geschreckt war. Und Hayleys Dad rief weiter nach seiner Frau.

Julie warf Hayley noch einen finsteren Blick zu und verließ dann die Küche. Hayley ging zum Spülbecken und fing niedergeschlagen an, die Glassplitter einzusammeln und die Milch aufzuwischen. Über ihr hörte sie, wie ihre Mutter versuchte, tröstend zu klingen, während sie ihrem Mann vom Bett ins Bad half.

Hayley spürte den Drang zu weinen, unterdrückte aber die Schluchzer, die ihr in der Kehle feststeckten. Sie wusste, dass sie ihrer Familie Schwierigkeiten bereitet hatte, was nicht ihre Absicht gewesen war. Andererseits wusste sie auch, dass, wenn sie nicht die Absicht gehabt hatte, Ärger zu machen, sie erst gar nicht auf die Party hätte gehen sollen.

Sie hatte nur ein paar Sekunden mit Isis geredet, bevor sie und ihr Bruder von ihrer wütenden Großmutter mit eiserner Hand abgeführt wurden. Isis war panisch. Sie hatte Hayley am Arm gepackt und gesagt: »Ich hatte keine Ahnung, dass so viele Leute auftauchen würden. Ich habe niemandem außer den Leuten, die wir eingeladen haben, davon erzählt, und wie viele waren das? Etwa zehn oder so? Aber Aidan hat davon gewusst und ich wette mit dir, dass er es rumerzählt hat, weil das einfach typisch für ihn wäre. Mann, es tut mir so leid, weil deine Mom jetzt bestimmt nicht mehr will, dass wir Freundinnen sind. Nur … Bitte erzähl ihr nicht, dass es meine Idee war. Wir können einfach sagen, dass wir an der Schule davon gehört haben. Oh Mann, ich brauche Nikotin …« Und dann hatte sie angefangen, in ihrer Handtasche nach ihrer elektrischen Zigarette zu kramen, aber bevor sie sie finden konnte, war Nancy Howard schon da und blaffte sie an: »Mach, dass du raus zum Pick-up kommst.«

Jetzt saß Hayley am Tisch in der Küche und wartete darauf, was für Konsequenzen die ganze Sache für sie haben würde. Aber letztendlich waren es nicht die Konsequenzen, mit denen sie gerechnet hatte.

Etwa zehn Minuten, nachdem sie nach oben gegangen war, um Hayleys Dad zu helfen, war Julie Cartwright wieder unten. Sie ging hinüber zum Telefon und gerade, als Hayley dachte, sie hätte vor, trotz der späten Stunde noch jemanden anzurufen, zog sie ein paar in ihrer Handschrift beschriebene Notizbuchseiten unter dem schmalen Telefonbuch von Whidbey heraus.

Diese drückte sie Hayley in die Hand. »Wir werden über die Sache in Maxwelton nicht weiter reden. Du bewegst dich gerade in die ganz falsche Richtung, und das hört jetzt sofort auf. Das ist der Aufsatz für deine College-Bewerbungen.« Sie zeigte mit dem Kopf auf die Seiten. »Schreib ihn mit deinen eigenen Worten um. Tipp ihn ab und druck ihn aus, je nachdem, in welchem Format du ihn abgeben musst. Du hast am Montag einen Termin mit Ms Primavera an der Highschool, und ich werde auch dort sein. Ist das klar?«

»Glasklar«, antwortete Hayley.