Ein Dreivierteljahr liegt hinter dir, das vermutlich unendlich lang und gleichzeitig fürchterlich kurz war. Dein Baby ist eine echte Persönlichkeit, weit entfernt von dem hilflosen, oft schlafenden Wesen, das es noch im Wochenbett war. Es hat schon immens viel gelernt. Eure Reise ist noch lange nicht zu Ende, aber ein Höhepunkt liegt in Sichtweite: der erste Geburtstag! Doch bis dahin passiert noch so einiges und du gibst deinem Kind die nötige Grundausstattung mit.
Dein Baby marschiert in großen Schritten in Richtung Kleinkind. Noch hat es wahrscheinlich Babyspeck und wackelige Beine, aber es legt ein hohes Tempo vor auf seiner Entwicklungsreise. Wieder und wieder kommen neue Fähigkeiten hinzu. Dein Kind kommt immer besser mit seinem Umfeld in Kontakt: verstehen, sich äußern, entdecken, fordern, spielen. Was passiert da genau?
Dein Baby kann sich immer länger mit Gegenständen oder Personen beschäftigen – wobei „lang” natürlich relativ ist und von Kind zu Kind variiert. Doch die Aufmerksamkeitsspanne verlängert sich deutlich, was zum einen das Miteinanderspielen spannender macht, aber auch Erleichterung bringt, weil dein Baby zeitweise allein in sein Entdecken abtaucht. Es betrachtet seine Welt, es nimmt wahr, es lernt. Und es beginnt, kleine, simple Abläufe zu planen: hinrobben und den Würfel kullern, hochziehen und die Rassel vom Tisch schieben, zu dir krabbeln und von deinem Arm aus aus dem Fenster schauen. Ein weiterer Meilenstein.
Bis zum Ende des ersten Lebensjahres hat dein Kind in etwa die Hälfte der Sehschärfe eines Erwachsenen erreicht. Diesbezüglich entwickeln sich die Augen in den kommenden Jahren noch weiter. Auch das räumliche Sehen verbessert sich noch mehr, doch schon jetzt erkennt dein Kind die drei Dimensionen gut und kann Tiefe stimmig einschätzen.
Sein Gesichtsfeld hat sich auch erweitert, aber es kann noch nicht so umfassend sehen wie ein Erwachsener, ohne den Kopf zu bewegen. Hier dauert die Reifung bis ins Jugendalter. Das wirst du vermutlich spätestens beim Radfahren merken, weil dein Kind den Kopf mehr bewegen muss als du, um nichts zu übersehen, und dabei gleich den ganzen Oberkörper und Lenker mit in die Blickrichtung dreht.
Am Ende des ersten Lebensjahres kann es schon passieren, dass ein Kind wählerischer beim Schmecken und Riechen und damit beim Essen wird. Es entscheidet intuitiv und reagiert mit Freude und Genuss oder vielleicht auch Ekel. Von dir benötigt es Akzeptanz für seine Wahrnehmung. Es entscheidet sich nicht mutwillig gegen deine Suppe, das neue Gemüse oder gegen Omas Zwiebelkuchen. Es folgt seinen Sinneswahrnehmungen. Zeig du ihm, dass es sich darauf verlassen darf, und zwing ihm nichts auf. Biete einfach immer wieder Neues und Gewohntes an.
Das Erinnerungsvermögen spielt für den Entwicklungsweg hier eine große Rolle. Dein Baby erinnert sich jetzt immer besser an Gesehenes und hat gewisse Erwartungshaltungen, auch ohne dass es einen Gegenstand sieht oder hört. Die Erwartungen werden umfassender und benötigen keine konkret sichtbaren Auslöser mehr. Der Ball rollt gleich und das Holzspielzeug macht einen lauten Ton, wenn man es fallen lässt. Aber eben auch: Wenn Papa zum Schrank geht, wird der Staubsauger herausgeholt und wir müssen die Stühle beiseiteschieben, oder Opa klatscht immer in die Hände, sobald er mich sieht, und wenn er geht, wartet er vorm Haus darauf, dass ich ihm nochmal vom Küchenfenster aus zuwinke. Das macht kleine Rituale möglich, die dein Kind einfordern kann und die ihm Freude und Geborgenheit bescheren.
Die „Objektpermanenz”, also das Wissen darum, dass etwas noch da ist, auch wenn dein Kind es nicht mehr sehen kann, hat sich schon im ersten Lebenshalbjahr langsam ausgebildet, das hast du bereits gelernt. Doch nun wird sie nochmal relevanter. Denn das Baby versteht, dass seine Bezugsperson(en) und es selbst unterschiedliche Menschen sind, verschiedene Körper haben und unter Umständen gegensätzliche Ziele verfolgen. Es kann bei dir Nähe suchen, aber es kann auch bewusst auf Abstand gehen (oder robben oder krabbeln) und „sein Ding” machen. Wenn du es bisher meist feinfühlig begleitet hast, sind Urvertrauen und Bindungssicherheit angelegt. Sein Wissen um Objekt- oder eben auch Personenpermanenz hilft ihm zusätzlich dabei, mutig die Welt zu erkunden.
Das Verfeinern der kommunikativen Fähigkeiten ist jetzt das Thema für dein Kind. Es probiert weiterhin spielerisch alles aus, was mit Zunge, Zähnen, Lippen & Co. möglich ist, aber es kann auch bewusster sprachliche Abläufe und Begriffe nachahmen. Einerseits hält es sich vielleicht etwas ans Ohr und redet in seiner Sprache hinein, weil es dich am Handy imitiert. Andererseits besteht jetzt auch eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass du nach und nach erste nachgeahmte Wörter verstehst. Echte Wörter! Keine zufälligen Silbenverbindungen, die klingen wie „Mama”, sondern wirkliche Wörter, mit denen eindeutig Mama, Papa oder die Banane gemeint sind. Zweiwortsätze, also Kombinationen wie „Mika Ball” oder „Oma da” stehen aber erst im nächsten Lebensjahr an. Je mehr alle Menschen in seinem Umfeld mit deinem Kind reden oder auch ihm vorlesen, desto leichter wird ihm dieser Schritt fallen.
Auch der Geskhtsausdruck und die Bewegungen der Hände gehören zum Sprechen dazu. Du darfst beides bewusst einsetzen. Und manchmal wirst du sehr schnell feststellen, dass dein Kind etwas übernimmt, zum Beispiel die Geste der nach oben gedrehten Handinnenflächen, wenn etwas leer ist.
Manch ein Kind wartet allerdings auch bis weit nach dem ersten Geburtstag, um das erste Wort zu sagen. Wie bei der Motorik gibt es hier ebenfalls eine breite Spannweite. Manchmal sind die Kinder mit einem schüchternen Wesen zur Welt gekommen oder sie haben ein großes Geschwisterkind, das ihnen ständig das Sprechen abnimmt. Und manchmal liegen ihre Entwicklungsschwerpunkte einfach woanders. Einige Kinder bleiben sprachfaul und das ist okay. Solange die kinderärztliche Praxis das Hörvermögen im Blick hat, musst du dich nicht wirklich sorgen. Auffällig ist eventuell, wenn ein eigentlich schon brabbelndes Kind immer mehr verstummt. Das könnte ein Zeichen für Hörprobleme sein. Sprich das bei der nächsten ärztlichen Kontrolle an.
Egal wie schnell oder langsam sich dein Kind beim aktiven Sprechen zeigt: Verstehen können gesunde Babys am Ende des ersten Lebensjahres schon so einiges. So entstehen leicht die ersten kleinen Dialoge oder zumindest Situationen, in denen dein Sprechen bedeutsam für den weiteren Verlauf ist:
• „Wo ist der Bär?”
• „Holst du den Ball?”
• „Das ist Mamas Nase.”
Wörter, die bekannte, sichtbare Gegenstände, Personen oder auch Körperteile bezeichnen, versteht dein Kind besonders gut, und zwar jetzt auch vermehrt, ohne dass sie sichtbar sein müssen. Die Kombination mit der Bitte, sie zu suchen, oder anderen Aufforderungen in Bezug auf Abläufe, die dein Kind kennt, hat es ebenfalls schnell begriffen.
Und dann ist da das Wörtchen „Nein!” Je aktiver dein Baby unterwegs ist, desto häufiger wird es in Situationen geraten, die nicht ganz ungefährlich sind, oder etwas ergreifen, das du ihm nicht geben möchtest. Die Treppe, das Kabel, die Tasse mit dem Heißgetränk auf dem Wohnzimmertisch. Genau jetzt fragen viele Eltern sich oft wie sie damit umgehen sollen.
Einige Kinder begreifen ein klares, liebevolles Nein tatsächlich recht schnell, akzeptieren es und wenden sich etwas anderem zu. Manche sind verunsichert, blicken zu dem oder der Erwachsenen und weinen vielleicht sogar verschreckt. Sie brauchen Trost und eine Alternative, um das Nein annehmen zu können, sowie bestimmt einige Wiederholungen, bis sie sich an den Wunsch halten können.
Andere Babys halten nur kurz inne, machen dann aber weiter mit ihrem Plan und grinsen den oder die verneinenden Erwachsene*n nur breit ein. Diese Kinder haben es in der Regel am schwersten, denn allzu oft wird ihr Grinsen fehlinterpretiert als boshaft und provokant. In unsere Erwachsenengefühle mischen sich dann ganz alte Emotionen und lassen Gedanken aufploppen wie „So gehst du nicht mit mir um!” und „Dir muss ich jetzt aber klar zeigen, dass ich hier das Sagen habe!”
Sei dir sicher: Dein Kind kann noch lange keine gemeinen Pläne aushecken. Es steckt in einem Lernprozess und hat Interesse an einem Ding, von dessen Gefahr es nichts weiß. Es ist sich recht sicher, dass du es bei der Erkundungstour in guter Beziehung begleiten wirst. Doch dein „Nein!” kommt überraschend, störend. Ein Beziehungsabbruch wäre jetzt das letzte, was dein Kind braucht. Im Gegenteil: Es sucht Beziehungssicherheit mit seinem sogenannten „Sozialen Lächeln”. „Ist noch alles okay zwischen uns?”, fragt es dich, also zeig ihm, dass es sich deiner Liebe sicher sein kann, aber trotzdem nicht auf die steile Treppe, an das Stromkabel oder an den heißen Tee darf. Vielleicht wird es sauer sein oder traurig, vielleicht werdet ihr das siebzigmal wiederholen müssen. Wahrscheinlich hilft es, wenn du ihm eine Alternative anbietest. Nur so lernt dein Kind dich, die Gefahren und die Sicherheit zwischen euch kennen.
KABEL
Dein Kind kann durchaus lernen, dass es Ja- und Nein-Kabel gibt. Wenn es eines der vielen ist, die Kabel wirklich lieben, leg ihm seine eigene Mehrfachsteckdose mit Schalter in die Spielzeugkiste. So hast du immer eine Alternative, wenn es mal wieder hinter den Fernsehschrank kriechen will.
Das Imitieren von Erwachsenen oder anderen Kindern bezieht sich nicht nur auf das Sprechen. Auch Gesten und Handlungen saugt dein Baby auf und probiert einiges davon selbst aus: Suchen (Bücken, den Kopf Kippen), Wischen, Klopfen, manchmal Pusten (oft noch nach oben statt nach vorne und manchmal sehr feucht) und besonders Klatschen, Winken und Smartphone-Wischen lassen sich oft beobachten.
Dein Baby will sein wie du, es machen wie der groβe Cousin, in die Interaktion mit anderen gehen wie die Frau an der Supermarktkasse. Das sind Momente zum Genieβen und Mitfreuen.
Und nutzen kann man die Freude daran manchmal auch: Trinkt dein Kind beispielsweise nicht mit großer Begeisterung, könnt ihr einüben, mit eurem Wasser anzustoßen und danach immer ein Schlückchen zu trinken. Sind Zähneputzen, Wickeln oder Anziehen oft schwierig, kannst du dir auch dafür Rituale ausdenken, bei denen du etwas vormachst und dein Kind simple Bewegungsabläufe mitmacht. Wenn du dazu noch etwas Selbstgedichtetes singst, sind manche herausfordernde Situationen gut einzufangen. Einige aber trotzdem nicht. Da gibt es kein Allheilmittel.
Das Spiel mit Dingen und Personen besteht aber nicht nur aus Nachahmen, sondern viel aus Probieren. Die Frage „Warum macht mein Kind das?” kann man oft nur beantworten mit „Weil es das kann!” Es wirft deinen Schlüssel fünfundfünfzigmal hintereinander auf die Fliesen? Ja, klar, es kann die Hand gezielt öffnen, es weiß, welches Geräusch dann erklingt, es freut sich, wenn du sie aufhebst und ihr Bitte und Danke sagt. Es beißt immer wieder voller Freude in die lange Nase von der Plüschmaus oder in deinen Oberarm? Ja, klar, denn es kann gezielt Zähne, Kiefer und Zunge einsetzen, spürt seine Kraft und seine Glücksgefühle, ist immer noch sehr sensibel im Mundbereich und erkundet oft noch etwas unkontrolliert seine Welt.
Sein Interesse wechselt von Dingen hin zu Menschen und zurück. Mit Personen ist Geben und Nehmen ein wunderbares Spiel oder gemeinsames Erkunden eines Spielzeugs. Gegenstände kann dein Kind hingegen langsam auch als Werkzeug einsetzen, also nicht nur selbst mit Händen, Mund oder Füßen mit dem Ding etwas machen, sondern es einsetzen, um etwas zu tun: klopfen, ziehen, anschieben, darauf klettern, um an etwas heranzukommen, das höher positioniert ist.
Zur Intelligenzentwicklung gehört nämlich auch, dass dein Baby in immer mehr Momenten Ursache und Wirkung begreift und dieses Wissen auch nutzt: Schon in den ersten Monaten hat es irgendwann gelernt, dass ein Rütteln an einer Rassel Geräusche macht und ein Tritt gegen die Bettkante das Mobilé zum Wackeln bringt. Oder noch viel wichtiger, dass du kommst und dich sicher kümmerst, wenn es vor Hunger weint. Doch jetzt wird dieses Verständnis noch vertieft und kann mehrere Beteiligte enthalten: den Hocker, das Waschbecken, den Becher und den Wasserhahn.
BEGRENZTES VERSTEHEN: DER SPIEGELTEST
Ein typischer Moment, in dem du sehen kannst, dass die geistige Reife wortwörtlich noch in den Kinderschuhen steckt, ist der Blick in einen Spiegel. Spiegelnde Flächen sind reizvolle Gegenstände für Babys. Und viele Eltern fragen sich irgendwann, ob ihr Kind sich selbst wohl schon in der Reflektion erkennt. Nein! Es sieht ein Baby, das vielleicht lächelt, und grinst oder winkt zurück, leckt oder küsst die kalte Spiegelfläche neugierig. Erst mit eineinhalb oder zwei Jahren wird es eine Wäscheklammer, die du ihm an die Kleidung machst, nicht mehr im Spiegel abziehen wollen, sondern an sich selbst, weil es begriffen hat, dass der Spiegel nur reflektiert.
Dein Baby ist intelligent und wird immer cleverer. Es löst erste Probleme. Hier eng dabei zu sein, ist leider oft anstrengend, doch dein Baby braucht Lerngelegenheiten, Fehlversuche, Begleitung und Warnungen, um die Welt verstehen zu können. Es geht nicht ohne. Darum gräm dich nicht wegen stressiger Tage. Sie sagen erst einmal nichts darüber aus, wie gut du als Elternteil bist oder wie die Qualität eurer Beziehung ist.
Je mehr dein Kind sehen, anfassen, mit dem ganzen Körper erkrabbeln kann, desto besser begreift es Räumlichkeit: die drei Dimensionen bei allen Gegenständen, die Größe und Tiefe von Räumen, die Lage von Treppen und Schrägen oder auch die Höhe und den Sinn von Rutschen. Es braucht von dir also vor allem die Chance, möglichst viel erkunden und ausprobieren zu dürfen.
Außer für Gelegenheiten zu sorgen, bei denen dein Kind sich austesten und die Welt erfahren kann oder auch anderen Menschen begegnen darf, kannst du am Ende des ersten Lebensjahres natürlich noch einiges mehr tun.
Außer für Gelegenheiten zu sorgen, bei denen dein Kind sich austesten und die Welt erfahren kann oder auch anderen Menschen begegnen darf, kannst du am Ende des ersten Lebensjahres natürlich noch einiges mehr tun. Achte beispielsweise darauf, dass das Spielzeug nicht überhandnimmt und nicht überfordert. Beides passiert ganz schnell. Jeder Gast, jede Freundin, alle Verwandten möchten etwas schenken und dir gefallen auch viele Sachen oder du hältst sie für besonders passend. Da kommt schnell viel zusammen. Dein Baby ist aber rasch reizüberflutet, wenn eine Box mit 30 Gegenständen neben der Krabbeldecke steht. Viele Kinder können sich angesichts einer solchen Menge nicht gut auf das Entdecken einer Sache konzentrieren. Weniger ist also mehr: Lagere nur einige Spielzeuge dort, wo das Kind selbst hinkommt, und wechsle das Angebot immer wieder.
Zum anderen sind bei den geschenkten Produkten häufig Spielzeuge dabei, die gar nicht für das jetzige Alter deines Kindes gedacht sind. Manchmal sind sie falsch ausgezeichnet, manchmal gefallen sie den erwachsenen Käufer*innen aber auch einfach so gut, dass sie genau diese Dinge jetzt schon schenken wollen. Sogenannte Steckwürfel, bei denen Formen wie Dreiecke und Quader in bestimmte Öffnungen sortiert werden müssen, landen beispielsweise oft viel zu früh bei den Kindern und frustrieren dann. Auch hier darfst du aussortieren, aufheben und später anbieten, wenn du spürst, dein Kind ist verärgert über ein Objekt. Ab und an kann es aber vielleicht auch einfach anders genutzt werden. Begleite hier gut. Frust und Überforderung kommen von allein häufig genug in einem Kinderleben vor.
Wenn du mit deinem Kind zusammenspielst, kannst du Gegenstände, Sprache und Handlungen wunderbar verbinden:
• Was kann dein Kind holen?
• Was kannst du dem Kind geben?
• Was kann dein Baby suchen?
• Wie heißen die Dinge?
• Was macht man damit?
• Was könnten alternative Nutzungsmöglichkeiten sein?
Geht gemeinsam auf Entdeckungsreise. Wir Großen sehen oft nur eine typische Verwendungsart eines Gegenstandes, aber mit einem Kind zusammen können wir viel mehr entdecken.
Wenn du das Gefühl hast, da liegt ein Spielzeug im Regal des Spielwarenladens, das genau die Tätigkeit fördert, die dein Kind gerade übt, dann bring es ihm gerne mit. Aber vieles kannst du auch einfach in Bad, Küche, Nähkoffer oder Keller entdecken. Bürsten, Flaschen, Getränkekästen, Kunststoffgeschirr, Bänder, Stoffe, Taschen, Koffer, Körbe, Dosen mit Deckeln, Verpackungen … Und für etliches davon findest du im Netz auch simple Bastelideen, die die Dinge nochmal spannender machen können.
Empfehlenswert sind Spielzeuge mit Schnüren zum An-sich-Heranziehen oder Hinterherziehen (auch krabbelnd; natürlich mit Bändern und Schnüren das Baby nicht allein lassen), Holzobst (eventuell mit Klettverbindungen), große Magnete, aufgefädelte Rasseln oder Kastanien (auch gern als Armbänder), Ringtürme, unterschiedlich große Bälle mit verschiedenen Oberflächen oder erste, ganz schlichte Musikinstrumente. Dein Kind kann seine Fingerfertigkeiten üben und sein Werkzeugdenken nutzen, aber muss keine überfordernden, komplexen Aufgaben lösen.
Wenn du einfach ganz normal mit deinem Kind redest, kommen viele Wörter und Bezeichnungen für Vorgänge oder Gegenstände bei ihm an. Sein passiver Wortschatz, also die Begriffe, die es verstehen, aber noch nicht aussprechen kann, wächst rasch. Zusätzlich kannst du das fördern,
• … indem du mit ihm weiterhin Lieder singst, zu denen Gesten und dann auch größere Bewegungen wie Bücken oder Drehen gehören. Denn die Verbindung aus Lautkette und Bewegung prägt sich besonders gut ein.
• … indem du auf die Dinge oder auch Körperteile zeigst, die du benennst
• … indem du dich besonders auf Wörter für eure Alltagsgegenstände konzentrierst und die Begriffe oft wiederholst.
• … indem du Bilder und Begriffe oder auch Geräusche verbindest: Der Hund bellt. Die Klingel klingelt. Der Wind pfeift durch die Wolken.
• … indem du immer wieder anbietest, Bücher anzuschauen oder sogar schon vorzulesen. Die Aufmerksamkeitsspanne und das Interesse sind hier sehr unterschiedlich von Kind zu Kind. Achte darauf, dass Texte kurz und Illustrationen nicht zu überladen sind.
Auch wenn ihr nach und nach im Grunde gleiche Dinge bezeichnen könnt, werden sich eure Wörter oft voneinander unterscheiden. Du sagst „Apfel”, dein Kind vielleicht „A-el”. Die Babywörter sind oft super niedlich und natürlich darfst du sie auch nutzen, aber es kann sein, dass dein Kind wütend wird, wenn du nicht mehr „Apfel” sagst. Es hört zunächst ja dein korrektes Wort und sagt es in seiner Wahrnehmung richtig. Wenn du dann seine Version nutzt wird es sauer. In den kommenden Jahren wird es häufiger solche Momente geben. Korrigiere stets sparsam. Sprich schwierige Begriffe einfach selbst möglichst deutlich und richtig aus.
Die Menge der empfundenen und gezeigten Gefühle wächst weiter. Das macht das Miteinander von dir und deinem Baby oft schöner und gleichzeitig leider auch schwieriger. Beides gehört dazu: miteinander lachen und miteinander uneins sein. Miteinander uneins sein? Was soll das denn bedeuten? Dass Konflikte, Stress und Krisen zu jedem Leben dazugehören. Und dass dein Kind dich jetzt noch stärker als Begleitung braucht, um irgendwann allein mit seinen Gefühlen in dieser Welt zurechtzukommen. Egal, ob es Freude, Angst, Traurigkeit oder Wut zeigt, es möchte damit noch nicht allein sein und es weiß noch nicht, wie es einen von Emotionen überwältigten Körper wieder beruhigen kann. Du sorgst für Resonanz, indem du mitfühlst und für dein Kind und andere beschreibst, was in deinem Kind los ist, und indem du durch Berührungen, Rituale, Singen oder Ähnliches dabei hilfst, dass die Erregung wieder weniger wird.
Die grundlegenden Gefühle Freude, Angst, Traurigkeit und Wut kann dein Baby nun gut zeigen. Wie rasch ein Kind sie empfindet, wie intensiv es sie spürt und auch auslebt, ist aber individuell verschieden.
Gerade in diesem Bereich zeigt sich nun nochmal genauer, wie unterschiedlich ausgestattet Kinder zur Welt kommen, nicht nur im Hinblick auf Regulationsfähigkeit, wie im Kapitel „Abreise – Das erste Vierteljahr: Gefühle und Miteinander” beschrieben. Während euer Umfeld die Tatsache, dass es motorisch große Unterschiede zwischen Kindern gibt, schon oft mit „Ist halt so!” annimmt, blickt es immer noch voller Zweifel auf Unterschiede in der Gefühlswahrnehmung und -verarbeitung. Gerade jetzt, wo dein Baby sich dem Kleinkindalter nähert, haben viele Erwachsene falsche Vorstellungen. Zwischen „Sie stellt sich aber an!” und „Den musst du jetzt echt mal langsam erziehen!” begegnen Eltern je nach Wesen ihres Babys verschiedensten Vorwürfen und fühlen sich schnell angegriffen oder aber wirklich schuldig, etwas falsch gemacht zu haben.
Empfindest du dein Kind in diesem Bereich als deutlich anders als andere? Empfindsamer? Oder übermütiger? Sei dir sicher, dass es noch etliche andere Gleichaltrige gibt, die genauso sind, ohne dass irgendetwas schief gelaufen ist in den ersten Lebensmonaten.
Wir alle gehen unterschiedlich mit Gefühlen um. Von Geburt an. Unveränderlich wie das Grübchen am Kinn.
Erinnere dich an den Abschnitt dazu. Manche Kinder sind besonders aufmerksam, andere eher etwas fahrig. Manche kommen mit Gefühlen gut klar, andere sind ganz früh schon überfordert. Manche sind im Allgemeinen echt hart im Nehmen und sind auch mit all den Reizen in einem vollen Freizeitpark nicht überfordert, während andere sehr labil sind und schon von unangenehmem Licht total gestresst werden. Einige Kinder sind regulationsstark und können Gefühle selbst runterkochen, andere können immerhin gut signalisieren, dass sie dabei Hilfe benötigen. Und wieder andere sind überfordert und misstrauisch, wollen oder können keine Unterstützung annehmen und brauchen lange, um aus einem überfordernden Gefühl herauszufinden. Viele Kinder sind neugierig und aufgeschlossen, andere eher zurückhaltend. Und, und, und.
All diese unterschiedlichen Merkmale in ihren verschiedenen Kombinationen kommen mit steigendem Alter der Kinder und im wachsenden Zusammenspiel mit der Welt immer deutlicher hervor. Es ist daher ganz klar, dass unsere Kinder am Ende des ersten Lebensjahres in diesem Bereich nicht alle komplett gleich sein können. Irgendwo auf dieser großen Palette findest du auch dein Baby. Immer besser kannst du sein Wesen erfassen und begleiten: Braucht es Hilfe, um Reize zu dosieren? Braucht es viel Abwechslung? Braucht es viel Nähe? Braucht es viel Freiheit? Braucht es seine Zeit, um in Situationen und Emotionen anzukommen?
Du bist dabei, das sicherer herauszufinden, und darfst anderen das Wesen deines Babys gerne „übersetzen”, damit sie wissen, wen sie da vor sich haben und wegkommen von der Idee „In dem Alter muss man aber XY können.”
In diesem sozialen Miteinander mit dir als enger Bezugsperson lernt dein Baby so vieles und eben auch die ersten „sozialen Regeln”. Ganz schlicht: Handlungen, bei denen andere Personen oder ihre Gegenstände involviert sind, unterliegen Regeln. Mama mag nicht, wenn man die Stühle anleckt, Papa nicht, wenn die Plastikdosen 22 Stufen im Treppenhaus runtergeworfen werden. Oma Gertrud mag nicht, wenn man auf ihrem Sofa springt, bei Onkel Ferdi ist das kein Problem. Der große Bruder mag keine Raufereien, die Katze lässt sich unproblematisch am Schwanz ziehen.
Die Welt ist ganz schön kompliziert. Dein Baby zieht los und erkundet sie, ohne dass es weiß, was okay ist (und für wen) und was nicht.
Aber kurz vor dem ersten Geburtstag spürt es häufiger, wo Grenzen sind. Dann fühlt es sich unsicher, vielleicht überfordert, ängstlich, angespannt oder sogar wütend – und braucht wieder Begleitung.
Aber nochmal einen Schritt zurück, denn nicht nur Trost und Erklärung benötigt Begleitung. Schon das Handeln selbst findet vom Kind aus oft sozial, im Miteinander statt. Mit einem Blick zu dir prüft es schon mittendrin, ob sein Tun okay oder ob der ausgewählte Gegen-
stand gefahrlos ist: „Darf ich das?” Das ist nie ein frecher Blick, sondern immer ein sozialer. Also nimm ihn als Frage, nicht als Provokation.
Auch wenn dir das gelingt, sogt vielleicht deine Antwort für Sprengstoff, wenn dein Kind diese kaum aushalten kann: Ein Nein. Aber dein Kind fühlt ein Ja! „Das ist so spannend. Das will ich unbedingt anfassen.” oder „Das ist meins. Ich lass nicht los!” können euch zu vermeintlichen Gegner*innen machen. Vielleicht protestiert dein Baby sogar lautstark und vehement, beißt auch noch. Das kann ganz schön erschrecken und dir ungute Gefühle machen. Aggressionen wecken sofort Ängste und den Wunsch, sie umgehend abzustellen, und doch sind sie ganz natürlich. Sie stecken in uns allen. Anspannung muss raus.
Dein Job ist nicht, Konflikte zu vermeiden, die an so einen Punkt führen, und nicht, sie sofort zu beenden. Du solltest …
• … überlegen, ob du bei deiner Position bleiben musst oder ob eine Lösung möglich ist, die eher dem Wunsch deines Kindes entspricht.
• … dann zu deiner Entscheidung stehen, aber sie deinem Kind zugewandt begleitend zumuten: „Das geht auf gar keinen Fall. Ich weiß, dass dich das wütend macht. Diese Wut kannst du gerne mit mir rauslassen.” Das kannst du formulieren oder auch einfach nur zeigen.
Vielleicht findet ihr einen Kompromiss. Nach einem solchen zu suchen, haben schon unsere Babys verdient. Vielleicht findet ihr auch einen guten Weg, die Gefühle rasch zu regulieren, was im ersten Lebensjahr noch oft gelingen kann. Aber wahrscheinlich habt ihr immer mal wieder Momente, wo es dir im Grunde fast weh tut, eine Grenze aufzuzeigen. Das ist normal. Doch du bist eine feinfühlige Begleitung, ihr seid in guter Beziehung: Dein Kind hält das aus und braucht dich sogar, um zu lernen, was es darf und wie es mit möglichem Frust zurechtkommt.
Schwierig ist in diesem Alter, dass die Sprache noch größtenteils fehlt. Besonders die Gefühlsverarbeitung ist daher immer noch (und noch eine ganze Weile) herausfordernd. Du wirst dein Kind oft missverstehen, es wird sich missverstanden fühlen. Babyzeichensprache kann auch hier eine Hilfe sein. Mit Buch oder Kurs könnt ihr auch jetzt noch starten. Und lass du dich trotzdem nicht ausbremsen, wenn du viel mit ihm sprichst („Was textest du denn dein Kind so zu?”). Auch wenn viele Begriffe oder gar verschachtelte Sätze natürlich noch nicht verstanden werden können, so spürt dein Kind trotzdem deine Feinfühligkeit, deine Zugewandtheit und deine Intention.
Manche Kinder mögen das Soziale jetzt so sehr, dass sie sich darüber freuen, wenn sie auch jemanden haben, um den sie sich so kümmern können, wie du es tust. Eine erste Puppe oder ein Plüschtier sind nun für etliche Kinder ein geeignetes Spielzeug. Füttern, streicheln, trösten, umsorgen – auch hier macht dein Baby dich nach und übt dabei euer Miteinander in einer neuen Verbindung. Dabei siehst du wahrscheinlich, wie viel es sich schon mitgenommen hat aus dem Umgang mit dir und was für ein empathisches Wesen schon in solch einem jungen Kind stecken kann. Hat es sein Herz an ein Püppchen oder ein Kuscheltier verloren, dann muss es mit, überall hin. Allein bleiben ist keine Option. Wie viel Wärme steckt darin!
Eine Puppentrage ist übrigens eine gute Möglichkeit, das „Baby” nicht irgendwo liegen zu lassen und unterwegs die Hände frei zu haben.
Deine Aufgabe rund um die kindlichen Gefühle ist also immer mehr, ihr Aufkommen unterstützend zu gestalten:
• Welches Wesen hat dein Kind und was braucht es von dir? Je nach Wesensart sind seine Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Verurteile es nicht und verbitte dir falsch negative Einschätzungen. Kein Baby ist ein Diktator und braucht hartes Eingreifen!
• Welche Mittel helfen ihm beim Regulieren und Entspannen?
• Wie kannst du dem Umfeld mitgeben, was es spürt und was es von anderen braucht? Du bist hier Übersetzungshilfe, besonders wenn dein Kind sehr ge- oder enthemmt auftritt, also sehr zurückhaltend oder sehr distanzlos erscheint.
Damit dein Kind sich gut wahrnehmen kann, kannst du mit ihm immer wieder bewusst seine Sinne nutzen: fühlen, schmecken, riechen, tasten, hören. Je besser der Zugang hier ist, desto leichter wird es deinem Kind nach und nach fallen, rechtzeitig wahrzunehmen, ob es eine heiße Stirn, kalte Hände, zappelnde Beine oder Aufregung, Ärger, Vorfreude und, und, und spürt.
Für euer gutes Miteinander und eine sichere Bindung ist es wichtig, dass du oft eine gute Balance hinbekommst zwischen angebotener Nähe und ermutigendem Loslassen. Das ist manchmal gar nicht so leicht für junge Eltern. Wann passt man zu sehr auf und wann bietet man zu wenig Unterstützung an? Muss der Tisch mit den gefährlichen Kanten aus dem Wohnzimmer? Besucht man die Großeltern am nächsten Wochenende wieder, obwohl das Kind so fremdelt?
Es gibt viele Fragen in dem Bereich und es gibt nicht immer glasklare Antworten. Wenn du eine Entscheidung triffst, die am Ende doch zu Stress oder gar einer Verletzung führt, heißt es trotzdem nicht, dass die Entscheidung falsch war oder dass die andere Wahl klüger gewesen wäre. Nimm dir als Richtschnur folgendes mit:
• Du verwöhnst dein Kind ungut, wenn du dauerhaft und ständig Entscheidungen triffst, die es in seinem Fortkommen und Wachsen behindern.
• Andererseits bist du zu hart zu deinem Kind, wenn du in entscheidenden Momenten ständig aus dem Miteinander gehst, innerlich kühl und abweisend wirst, nicht mehr mitfühlen kannst.
Passiert etwas davon ab und an, geht es dir wie Millionen anderer Eltern auch: Das ist ganz normal. Nur zur Regel sollte ein solcher Umgang miteinander nicht werden. (Mein Buch „Nicht zu streng, nicht zu eng” kann dir auf diesem Weg Sicherheit und Klarheit geben.)
Die Bandbreite der motorischen Fähigkeiten ist jetzt so groß wie nie zuvor im ersten Lebensjahr: Ein Kind liegt immer noch gern viel am Boden, guckt vielleicht Bücher, Bauklötze oder seine großen Geschwisterkinder an und trainiert seine Feinmotorik Finger für Finger, ein anderes läuft unter Umständen schon längst frei. Gemütlich ist immer noch total okay. Gute kinderärztliche Blicke sagen dir, ob etwas Sorgen machen sollte – nicht der Vergleich mit Gleichaltrigen. Je nachdem, wo auf dieser breiten Skala dein Kind anzutreffen ist, findest du im Folgenden viel Wissen und Anregungen oder kannst zur Sicherheit nochmal einen Blick zurück ins vorherige Kapitel werfen.
Vielleicht kann dein Kind schon sitzen und das ging schneller als du gucken konntest. Eventuell übt es das aber auch gerade erst intensiv, weil die Rückenmuskulatur nun endlich stark genug ist. Dass Kinder das Hinsetzen ganz unterschiedlich lernen, zum Beispiel aus dem Liegen heraus über die Seite oder aus dem Krabbeln zurück nach hinten, hast du schon erfahren. Diese Abläufe können jetzt erst starten oder auch nach einer Pause neu interessant werden. Am Ende hast du ein sitzendes Kind, das meist sehr glücklich über diese neue Perspektive ist und seine freien Hände genießt. Kein Abstützen mehr nötig! Richte gern an vielen Stellen zu Hause kleine Bücherboxen ein, damit dein Kind pausieren und sitzend „lesen” kann.
Auch das Stehen kann jetzt schon super funktionieren oder aber erst neu oder wieder starten. Dein Baby zieht sich mit Hilfe seiner Hände und Arme an allem hoch, was sich dafür anbietet, steht auf und hält sich fest. Zunächst benötigt es noch beide Hände, bald nur noch eine. Du kannst ihm dann immer mal etwas Spannendes anbieten und schauen, ob es schon einhändig gelingt.
Die Füße setzen viele Kinder erst einmal gar nicht sinnvoll auf der ganzen Trittfläche auf, sondern eher instabil nur auf den Seiten oder Zehen. Auch das ist nicht ungewöhnlich. Du kannst dein Kind dafür sensibilisieren, dass es auf dem ganzen Fuß sicherer steht, indem du den Fuß mit deiner Hand berührst und sanft ganz auf den Boden drückst, aber eigentlich wird es das auch bald allein merken.
Barfuß, barfuß, barfuß! Wann immer du dein Kind ohne Socken, Strumpfhose oder gar Schuhe lassen kannst, gönn ihm diese Möglichkeit, richtig gut zu spüren, was seine Füße können und wie sie sich beim Krabbeln, Hinstellen oder Laufen Halt verschaffen. Stulpen oder Leggings geben ausreichend Wärme.
Das Stehen kann ganz schön anstrengend sein, und während sie erst begeistert sind, beginnen manche Babys in dieser Position plötzlich unerwartet zu meckern. Was ist da los? Die Beinkontrolle gelingt noch nicht so recht. Dein Kind kann seine Beine nicht gezielt beugen, um aus der aufrechten Position wieder auf den Boden zu kommen. Es jammert deshalb oder lässt sich sogar los und fällt um. Das gehört leider wieder zum Lernen dazu.
SPIELERISCH HELFEN
Wenn du magst, spiel Kuckuck mit deinem Baby dort, wo es steht, damit es über die Oberfläche schauen muss, an der es sich festhält, und dann im Wechsel darunter, wenn möglich. Auch unterschiedliche Höhen zum Festhalten sind ein gutes Lernfeld für Kniebeugen. Dabei kann dein Kind nach und nach üben, seine Beine gezielt zu beugen, und merken, dass das Knicken hilfreich ist. So wird es immer sicherer allein zurück auf den Boden kommen. Die Zeit, in der Unfälle passieren, ist zum Glück meist nur kurz.
O- oder X-Beine sind in dieser Phase übrigens ebenso bedenkenlos wie die meisten Fußstellungen. Wenn du unsicher bist, frag in der kinderärztlichen Praxis nach.
Freistehen, also beide Hände nach dem Hochziehen loszulassen, ist wie das Laufen manchen Kindern schon mit acht oder neun Monaten möglich, anderen erst Mitte des zweiten Lebensjahres. Dein Kind schafft das irgendwann ganz allein, wenn es ausreichend geübt hat und gestärkt ist. Nicht zu rutschige Böden und nackte Füßchen sind hilfreich.
Manchmal denkt man wirklich, dass es in der nächsten Woche dringend Zeit wird für die ersten Schuhe, damit das Kind auch draußen laufen kann. Und dann braucht es doch noch Monate, bis es wirklich so weit ist. Denn Laufen ist ein komplexer Vorgang. Wille, Kraft, Muskeln (an Beinen, Nacken und Rücken), Gleichgewichtsgefühl – da muss alles passen, damit es losgehen kann.
Knapp über die Hälfte aller Kinder können an ihrem ersten Geburtstag bereits laufen, viele aber eben auch noch nicht. Manchmal dauert es sogar fast bis zum Ende des zweiten Lebensjahres. Auch hierbei braucht dein Kind nicht viel außer Gelegenheiten und Begleitung.
Zunächst wird es sich an Möbeln und Ähnlichem entlang hangeln, dann wahrscheinlich deine Hände einfordern. Achte darauf, deine Bauchmuskeln anzuspannen, wenn du dein Kind hältst, damit du nicht mit Rückenschmerzen aus dieser Phase gehst. Und auch hier kannst du ab und an testen, ob die kindliche Muskulatur schon so stark ist, dass dein Baby nur noch eine Hand zum Festhalten benötigt.
Je früher ein Kind laufen lernt, desto herausfordernder ist das oft für die Eltern, denn mit jedem weiteren Monat, den es sich Zeit lässt, reift es geistig und versteht eher, wo gefährliche Stellen sind. Ändern kann man natürlich nichts am Tempo, nur annehmen.
Etwa am Ende des ersten Lebensjahres sollte dein Kind den Zangengriff beherrschen, bei dem es dann nur noch den Daumen und einen Finger einsetzt und sie eben wie eine Zange verwendet, um zum Beispiel ein Seil zu fassen oder einen Krümel aufzuheben (und in den Mund zu stecken). Die Finger sind nun nicht mehr gestreckt wie beim Scheren- oder Pinzettengriff, sondern gebeugt, und dein Kind nutzt eher die Fingerspitzen, anstatt die ganzen obersten Fingergelenke. Rosinen sind jetzt ein tolles, essbares Spielzeug.
Da dein Kind sitzen oder knien kann, sind immer öfter beide Hände frei und werden eindeutiger gemeinsam, aber längst nicht mehr symmetrisch eingesetzt. Jede Hand handelt für sich. Sie erkunden die Gegenstände, die dein Kind findet, aber es benutzt sie auch so, zum Beispiel zum Klatschen. Zunächst passiert das eher in Zeitlupe und vermeintlich zufällig, so langsam führt dein Kind seine Hände zusammen. Doch dann geschieht das immer gekonnter und in schnelleren Abfolgen.
Los- und Runterfallenlassen bleibt weiterhin für viele Kinder fürchterlich spannend, aber noch feinere Bewegungen werden wichtiger. Dinge befummeln und auseinandernehmen, schlichte Musikinstrumente nutzen oder Sachen schütten, sortieren und gießen sind jetzt gute Spielmöglichkeiten, um die Feinmotorik zu verbessern. Vielleicht mag dein Baby auch eine Handpuppe mit Holzobst oder großen Kugeln füttern?
Überlass deinem Kind Wäscheklammern oder lass es Klebebandstücke vom Boden abknibbeln (nur bitte nicht allein – es besteht Verschluckungsgefahr). Steckt zusammen Halme und Löffel in Dosen und Netze. Bastle einen Briefkasten und lass dein Kind Dinge einwerfen. Quetscht Schwämme, werft Sachen in die Luft oder über eine Schnur. Zerknüllt gemeinsam Papier zu Schneebällen oder deckt euch mit großen Bögen zu. Lass dein Kind die Klammern an der Wäscheleine lösen und Sachen abnehmen. Falls du etwas anschaffen oder für dein Kind zum ersten Geburtstag wünschen möchtest, denke an eine Motorikschleife oder die erste stabile Kugelbahn. Die kleinen Hände können schon ganz schön viel tun.
Oft bleibt der Mund im Grunde die dritte Hand: Lippen und Zunge erkunden die Welt immer noch mit. Das ist vollkommen normal und dauert bei vielen Kindern bis etwa zur Mitte des zweiten Lebensjahres.
Auch der ganze Körper will weiterhin trainiert werden. Das beste Klettergerüst bleibst du, denn du kannst interagieren, eine Hand reichen und ein Bein in eine leichtere oder schwierige Position bringen. Aber du darfst dich auch mal auswechseln lassen und deinem Kind ein nicht-menschliches Klettergestell anbieten. Vor dem ersten Geburtstag sind seine Entwicklungsaufgaben nun vor allem noch, Balance zu halten und Muskeln zu stärken, sowie sich aufzurichten und noch weiter in die Höhe zu kommen. Vielleicht wird dein Kind schon jetzt frei laufen. Die Möbel zu Hause und die Kletterplattformen am Spielplatz sind wunderbare Orte dafür. Aber eine große Waschschüssel, ein Getränkekasten, die kleine Trittleiter, ein leicht schiebbarer Hocker, ein mit Ballons gefüllter Bettbezug und ein Deckenhaufen laden genauso zu Kletter-, Steh- oder Gehübungen ein.
Als Extraanschaffungen wird dein Kind sich wahrscheinlich über ein Trapez zum Klettern, einen Lauflernwagen, eine erste kleine Rutsche, ein Hüpfpolster, ein erstes Fahrzeug (gerne mit Anhänger für Transportierspiele), Schaukel- oder Hopsetiere freuen. Notwendig ist jedoch nichts davon für die motorische Entwicklung.
Wichtiger als teure Helferlein bist und bleibst du in deiner begleitenden Rolle: Sei eng dabei, wenn dein Kind die Welt mehr und mehr erobert. Motiviere es, wenn es scheitert oder hinfällt. Tröste und zeige, wie es anders gehen kann.
Du kannst auch Parcours bauen, die immer mal eine neue Herausforderung beinhalten. Und wenn du irgendwo die Möglichkeit hast, bau deinem Kind zum Beispiel an einer Treppe einen Ort, an dem es Dinge herunterwerfen, aber mit Bändern wieder selbst hochziehen kann. Verbinde also seine Interessen und Entwicklungsbereiche mit Möglichkeiten, wie es sich oft auch mal selbst helfen kann.
Sorge für Ortswechsel, allein dadurch, dass ihr viel nach draußen geht. Mit Matschkleidung – sogar für die Füße, wenn noch keine Schuhe angesagt sind – geht das bei jedem Wetter. Außerhalb von Räumen zu sein, wird jetzt immer wichtiger für dein Kind, denn die Weite sorgt oftmals für innere Leichtigkeit und Entspannung.
Natürlich darfst du auch Kurse buchen, wenn du Spaß an organisierten Gruppen hast. Turnen, Singen, Musizieren, Entdecken – da ist einiges möglich und in deiner Begleitung wird dein Kind sicher aus jeder Aktivität etwas Schönes ziehen können. Besonders empfehlenswert ist psychomotorisches Turnen: Diese Angebote finden oft in besonderen Hallen und mit ausgefallenen Materialien und Ideen statt und regen dein Kind auf vielfältige Weise an, seinen Körper zu entdecken und zu trainieren, aber auch soziales Miteinander zu üben.
SCHUHE
Wenn dein Kind einige Wochen das freie Laufen geübt hat, wirst du rasch sehen, wie es immer sicherer wird. Dann kann es auch bedenkenlos draußen losmarschieren und benötigt in der Regel seine ersten Schuhe. Indoor solltet ihr beim Barfußlaufen bleiben und im Hochsommer mag es hier und da auch draußen gut ohne Schuhe gehen, aber die Babyhaut unter der Fußsohle ist empfindlich. Sei vorsichtig. Bevor du das schönste Modell kaufst, lass dich gut beraten und die Füße professionell vermessen.
„Miteinander” ist dein Schlüsselwort. Dein Kind ist nun schon bald ein ganzes Jahr in deinem Leben. Vieles hat sich eingespielt, vieles verändert sich aber auch ständig wieder, weil dein Baby reift und andere Lerngelegenheiten benötigt. Was bleibt ist das Bedürfnis nach Gemeinsamkeit. Dein Baby ist und bleibt ein soziales Wesen. Es braucht dich zum Spielen und möchte ansonsten einfach nur dabei sein, egal was du tust. Ein Lernturm ermöglicht das in der Küche, ein eigenes kleines Waschbecken (über den Badewannenrand geklemmt oder in die Sitzfläche eines alten Stuhls gebaut) erleichtert es im Bad.
Deine Einstellung begünstigt das ebenso: Mach dich möglichst oft frei von dem Gedanken, erst etwas schnell erledigen zu wollen, um dann Zeit für dein Kind zu haben. Das geht allzu oft nach hinten los, denn dein Kind fühlt sich nicht gesehen und du wirst nicht fertig. Ja, es dauert länger, wenn wir die kleinen Mäuse in unser Tun miteinbeziehen, aber es verbindet, es erleichtert, es begeistert auch sehr oft.
Geht miteinander durch den Alltag, wann immer es möglich ist. Das wird auch in den kommenden Jahren ein guter Weg sein.
Miteinander durch den Alltag außerhalb der eigenen vier Wände zu gehen, bekommt eine andere Qualität, wenn dein Kind aufgerichtet und selbständig unterwegs sein kann und mag. Autofahren und Sitzen im Buggy ist oftmals nicht das, was dein fittes, waches Kind will. Es will den Weg selbst gehen. Egal ob dein Baby schon allein laufen kann, sich unterwegs noch an dir oder am Buggy festhalten muss oder in der Matschhose ein Stück des Weges krabbelt: Das dauert! „Spazieren stehen” sagen viele Eltern und das beschreibt es ziemlich gut. Auch hier geht es nicht darum, schnell etwas zu schaffen, sondern miteinander den Moment zu erleben. Schnell etwas zu kochen oder zu putzen ist nicht das, was dein Kind braucht, sondern Nudelpäckchen schütteln, die Besen und Lappen befühlen oder Wasser auf den Fliesen verteilen. Und rasch zum Supermarkt zu eilen, ist auch oft nicht das, was es möchte, sondern unterwegs die Gänseblümchen anschauen und die Nase an alle Scheiben der Bäckerei drücken. Alltag mit kleinen Kindern kann man im Grunde nur entschleunigt denken. Natürlich funktioniert das nicht immer, aber jedes Bisschen, dass du so gestalten kannst, entspannt dein Kind.
Wasser sollte nicht nur Lebensmittel Nummer eins für dein Kind sein, sondern ist vor allem auch ein wichtiges Spielzeug. Zu Hause und draußen. Gießen, planschen, sich selbst waschen, etwas anderes sauber machen – es gibt viele Möglichkeiten, dieses günstige Spielzeug einzusetzen. Eine kleine Gießkanne, Kunststoffgeschirr, Flaschen zum Befüllen und Entleeren, sind Hilfsmittel, die fast allen Kindern Spaß machen. Mit der richtigen Kleidung kann sich dein Baby auch mal in eine Pfütze setzen. Es erlebt dabei die Eigenschaften von Flüssigkeiten, aber auch was es selbst schon ohne Hilfe leisten kann. In sauberem Wasser kann es auch mal etwas trinken, wenn die Zeit am Esstisch einfach zu langweilig dazu ist. So simpel, so gut.
Damit spazieren stehen bei jeder Wetterlage klappt, denke an passende Kleidung und eventuell auch schon Sonnenschutz für dein Kind und habe unbedingt immer etwas zu Essen und zu Trinken dabei. Vergiss dabei dich nicht. Das passiert jungen Eltern nämlich ganz schnell: drei Sonnenhütchen zur Auswahl dabei, die Dinkelstangen und das Wasserfläschchen fürs Kind, aber sie selbst holen sich einen Sonnenbrand und essen mit knurrendem Magen die Dinkelstangenkrümel.
Auch daraus kannst du schon etwas Wichtiges mitnehmen fürs weitere Elternsein. Die Familie kann nur funktionieren, wenn es auch dir gut geht. Du kannst nur geben, wenn du auch auf dich achtest. Der große Wunsch nach Bindungs- und Beziehungsorientierung lässt einen manchmal zu sehr das Kind und seine Bedürfnisse sehen und zu wenig die eigenen. Aber wenn dein Akku leer ist, kannst du auch den deines Kindes nicht mehr füllen. Einer der Ratgeber im Literaturverzeichnis zum Thema „Mütterfürsorge, Vereinbarkeit und Partnerschaft” wird dir sicher dabei helfen.
Im Grunde merkt man es schon nach der Geburt, aber mit der Zeit wird es immer schwieriger Geschlechterklischees aus dem Weg zu gehen. Noch hat dein Kind hier vermutlich wenig deutliche Wünsche nach Rosa oder Hellblau, nach nur Puppen oder nur Autos. Je offener du hier sein kannst, egal ob es um Farben, Kleidungsstil, Spielzeuge oder Tätigkeiten geht, desto besser für dein Kind: Es bekommt die freie Wahl. Nimm es mit in einen Alltag voller Möglichkeiten.
Weniger ist mehr. Du musst auf dem riesigen Babymarkt nicht in jede Verkaufsfalle tappen. Ihr habt so viele Entwicklungschancen und spannende Dinge im Alltag. Dein Kind hat in seinen ersten Lebensmonaten schon unglaublich viel gelernt, und doch ist das erst der Anfang seines Weges. Mit deiner Begleitung schenkst du ihm Urvertrauen, die Gewissheit von Nähe und Liebe, und damit gleichzeitig die Basis für Selbständigkeit und Lernen, denn das geht mit innerer Sicherheit am besten.
Sein Lernen und Reifen hat noch ganz viel mit Handeln und Bewegung zu tun. Du hast ja schon gesehen, dass das mal mit dem ganzen Körper geschieht und mal viel feiner. Dein Baby will immer etwas besser können und immer öfter auch allein. Aber doch bitte irgendwie auch mit dir.
Der Bereich Fortbewegung ist hier neben dem Essen oder dem Waschen noch gut geeignet, um die motorische Entwicklung zusammen mit der Selbständigkeit zu stärken. Mit einem Rollbrett oder auch einem zusätzlich darauf festgeschnürten Wäschekorb habt ihr ein einfaches Transportmittel für zu Hause, indem du dein Kind fahren kannst, aber das es selbst auch nutzen kann; als Lauflernhilfe, als Transportmittel oder als Auto für seine Puppe oder Ähnliches. Für draußen darf es gern ein simpler Puppenbuggy sein, indem aber natürlich auch ein Apfel oder ein Bagger mitfahren können.
Ein Jahr wie kein zweites ist bald vorbei. Du hast den Fokus natürlich sehr auf dein Kind gerichtet. Schon in der Schwangerschaft brachte jede Woche Fortschritte und seit der Geburt kannst du jeden Monat sehen, welche Meilensteine dein Baby meistert. Da weißt du jetzt bestens Bescheid: Was kommt? Was kann dein Baby? Was braucht es von dir?
Ich habe auch immer wieder den Blick darauf gelenkt, was du brauchst und fühlst. Das solltest du beibehalten und wir checken das jetzt nochmal.
Wie kommst du zurecht mit dem wachsenden „Dickkopf” deines Kindes (der gar kein Dickkopf ist, sondern einfach aus eurer engen Verbindung heraus wächst und nun stark auf es selbst gerichtet ist)? Wie gut überstehst du Konfliktsituationen mit deinem Gerade-nochso-Baby? Wie kommst du klar in deiner Partnerschaft und mit dir selbst, mit Freundschaften, Leidenschaften, Job und Gesundheit?
Wie sehr spielen inzwischen Sätze und Ereignisse aus deiner eigenen Kindheit eine Rolle im Miteinander mit deinem Kind? Wie ist das Miteinander mit deinen eigenen Eltern jetzt? Wo spürst du Überforderung oder gar Schuld? Was löst in dir aus, dass du manchmal gern weglaufen oder die Zeit zurückdrehen möchtest?
Aber auch: Was gelingt dir richtig gut? Was fällt dir leicht? Was fühlt sich stimmig an? Wo empfindest du dich als starkes Elternteil? Was ist in deiner partnerschaftlichen Verbindung besser geworden?
Das sind alles Fragen, die für viele Menschen groß und größer werden, wenn ihr Baby heranwächst. Nimm dir Zeit dafür, dich in kleinen Schritten mit ihnen zu befassen. Denn zum Prozess des Elternwerdens nach der Geburt eines Kindes gehört immer auch viel Nachdenken. Über dich und über dein Umfeld. Nicht nur über die nächste Glanzleistung des Nachwuchses.
Für viele Kinder startet nun (bald) die erste Eingewöhnung in die Betreuung außerhalb der Familie. Auch dabei darfst du an dich und ans Kind denken. Es kann sein, dass für dich die Entlastung unheimlich wichtig ist, egal ob du außer Haus oder daheim arbeiten wirst oder auch einfach nur etwas mehr Pausen brauchst. Es kann auch gut sein, dass der neue Teil des Alltags für dein Kind sehr wichtig und genussvoll werden wird, weil es den Wechsel, den Input, die neuen Beziehungen und Reize liebt.
Also startet damit, wenn es sich richtig anfühlt – angemeldet seit ihr vermutlich schon längst. Dein Kind kann in eine Kita gehen, zu einer Tagesmutter oder einem Tagesvater, in eine Tagespflege mit mehreren erwachsenen Betreuungspersonen oder eventuell reicht auch nur ein Babysitter oder eine Babysitterin, der oder die euch zu Hause im Alltag unterstützt.
Zu dem Thema gibt es geradezu ideologische Grabenkämpfe. Aus beziehungsorientierter Sicht ist das nicht notwendig, denn in die Gruppe der Bezugspersonen eines Kindes passen mehr Menschen als nur einer oder zwei. Sie müssen auch nicht verwandt sein mit dem Kind, sondern vor allem feinfühlig und sich mit Zeit Zutritt zu seinem Herzen verschaffen.
Informiere dich über liebevolle Eingewöhnungen, hilfreiche Rituale, Do’s und Dont’s, und wenn es schwierige Zeiten gibt, geh in kleinen Schritten voran. Natürlich ist das Wohlergehen deines Kindes das Wichtigste, aber auch du, deine Partnerschaft genauso wie die Arbeit, mit der du dein Geld verdienst, sind wichtig. Hier hilft nie ein schlechtes Gewissen. Gehe die Probleme an, versuche sie zu lösen, wenn beispielsweise die Eingewöhnung euch schwerfällt oder es Konflikte mit dem Betreuungspersonal gibt.
Du willst beziehungsstark mit den Herausforderungen in deiner Elternrolle umgehen. Dann nimm dir diese Quintessenz mit:
• Aktives Annehmen: Erinnere dich an diesen Blick auf euren Alltag! Nimm erst einmal an, dass die Situation ist, wie sie ist, anstatt sofort mit Pessimismus und Wut in ein Thema einzusteigen. Rechne damit, dass es schwierig wird. Das Kind hat einen für dich herausfordernden Charakter? Du kannst dies oder jenes nicht so gut begleiten, wie du es dir wünschen würdest? Vorwürfe und Leiden helfen nicht. Nimm es an, aber werde im nächsten Schritt aktiv. Was musst du wissen? Was solltest du lernen? Was oder wer könnte euch noch helfen?
• Zugewandtes Zumuten: Bleib liebevoll mit deinem Kind, wann immer du es schaffen kannst. Bezieh es in alles mit ein, gönne ihm Herausforderungen, schenke ihm Lernchancen, anstatt ihm alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Begleite dein Kind auf dem Weg hin zu eigener Bewältigungskraft. Mute ihm zugewandt kleine Hürden zu.
Das ist ein sehr beziehungsorientiertes Miteinander und besonders förderlich für eine gute Eltern-Kind-Beziehung und eine gesunde Entwicklung deines Kindes.
Verbindung geschieht in der Familie jeden Tag etliche Male. Bewusst kannst du dich immer zusätzlich über Berührungen verbinden. Baut Massage- und Kitzelspiele in den Tag ein. Bereite ein Körbchen vor, in dem weiche Tücher, Bürsten und mehr zu finden sind, die ihr beide verwenden könnt, um euch gegenseitig damit zu berühren, auch wenn dein Kind vielleicht noch ein bisschen grob damit umgeht. Fühlt euch und lacht miteinander.
Hast du zu Beginn des ersten Lebensjahres einen Brief an dein Kind geschrieben, wie es im ersten Kapitel vorgeschlagen war? Falls ja, kannst du ihn jetzt nochmal ergänzen, und falls nein, kannst du das immer noch nachholen. Das macht dir bewusster, wie es euch gerade geht, welcher Mensch da in dein Leben getreten ist und in welche Richtung euer gemeinsamer Weg weitergehen soll. Das Schreiben verbindet dich noch mal stärker mit deinem Kind. Und wenn es eines Tages deine Worte selbst lesen kann, wird ihm das ganz sicher viel bedeuten.
• Notiere, welchen Menschen du in deinem Kind wahrnimmst.
• Bilde ab, was du bewunderst, was dich zum Lachen bringt, was dich an dir zweifeln lässt, was ihr zusammen schon gemeistert habt und was ihr vielleicht noch schaffen müsst.
• Formuliere (nochmals) was du dir nach der Rückschau auf das erste Lebensjahr deines Kindes für seinen Weg und auch für deine Art der Begleitung wüschst, welche Ziele du vielleicht hast.
• Klebe oder schreibe Erinnerungen dazu, gerne mit Datum: Welche Worte, Gesten beherrscht dein Kind aktuell? Welche Vorlieben hat es? Welche Fotos magst du besonders?
Wenn du ein Jahr später in solch einen Brief schaust, wirst du merken, wie viel von den Eintragungen du schon vergessen hast. Auch Dinge, von denen du gedacht hast, sie hätten sich wirklich tief in dein Hirn und dein Herz gegraben. Das ist ganz normal, denn es passiert so unfassbar viel mit einem Kind und es ist alles so emotional und auch anstrengend. Darum lohnt sich jedes schriftliche Erinnern so, damit nicht alles verloren geht.
Halte immer mal inne und frage dich: • Wie geht es mir? • Welche Wünsche habe ich für mein Baby? • Fühlen sich die Antworten gut an oder sollte ich jetzt etwas verändern? • Wie war unser erstes Jahr? • Was war mein Highlight? |
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Eure Reise durch das erste Jahr neigt sich dem Ende zu. Natürlich geht sie zum Glück noch weiter. Und weiter und weiter. Doch das erste Jahr bleibt ein ganz spezielles, das auch gefeiert werden darf!
Der erste Geburtstag ist immer ein besonderer, vor allem für uns Eltern. Die Kinder sehen vielleicht Girlanden, Päckchen, Kerzen und viele Verwandte, aber für uns Große bedeutet dieser Tag noch viel mehr. Er stellt einen Meilenstein dar. Was hat dein Kind alles geschafft? Was hast du alles geschafft? Wie sehr hat sich dein Leben verändert? Was lässt dich in der Rückschau lächeln? Wie unfassbar überwältigend sind diese Elterngefühle?
Heute darfst du melancholisch sein und heute darfst du auch hemmungslos lachen, deinem Kind Umarmungen und Küsse anbieten, Pläne schmieden für dich, für euch, für veränderte Nächte oder Tage oder auch einfach nur sein. Sitzen, genießen. Es ist auch dein erster Geburtstag als Elternteil. Du darfst dich ebenfalls feiern.
Was brauchst du dafür? Kerzen, Kuchen, Luftballons? Viele Kinder und einen Clown? Einen recht leeren Spielplatz und nur den Patenonkel? Die volle Ladung Verwandtschaft oder kleine Feiern an drei verschiedenen Tagen? Spätestens jetzt solltest du entscheiden, was ihr als Familie braucht. Auch an dieser Stelle darfst du zugewandt zumuten, nämlich gegebenenfalls Verwandten oder dem Freundeskreis erklären, dass deine Vorstellungen vielleicht nicht ihren entsprechen. Erwartungsdruck und Schuldgefühle sind keine guten Berater. Wenn du sie spürst, denke nochmal nach, ob deine Planung so klug ist. Planst du für euch oder für andere?
Was braucht dein Baby denn? Liebe. Dafür wie es ist. Zeit. Um mit dir und anderen in Beziehung zu sein. Geschenke? Klar, gern, aber auch hier können Regulationsschwäche und angeborene Wesensarten es erforderlich machen, dass du dein Umfeld etwas bremst.
Heute feiert ihr nicht nur, ihr verabschiedet auch. Die Babyzeit ist vorbei. Geschafft. Schade. Und schön. Denn das bedeutet ja auch, dass nun etwas anderes beginnt: Die Reise geht mit einem Kleinkind weiter.
Was steht an im zweiten Lebensjahr? Dein Baby wird weiter Fortschritte machen im Denken und Fühlen, in der Motorik und im Sprechen, im Miteinander und im Sichfinden. Oft steht nun nochmal eine Wonnephase an, denn dein Baby versteht dich und die Welt immer besser und hat Spaß an der Interaktion.
Und dann wirst du wahrscheinlich wieder Autonomiesbestrebungen feststellen. Den eigenen Willen deines Kindes kennenlernen, der so oft anders ist als deiner. Das wird anstrengend?! Das mag sein, ein Kind zu begleiten ist immer auch Herausforderung, nur stetig anders. Jede fordernde Zeit ist eine bedeutungsvolle, in der dein Kind nicht von dir weggeht, sondern zu sich hin.