10. Februar

Die letzten Gläser Honig abgefüllt, etikettiert, zur Post gefahren. Ich habe mir vom Geld, das wir letztes Jahr verdient haben – wir, damals gab es noch ein Wir! –, einen neuen Wagen gekauft, einen roten Kastenwagen. So einen hatte Carl sich immer gewünscht, aber wie das so ist im Leben. Man schiebt manche Dinge vor sich her, bis es zu spät ist.

Ich mach da nicht mehr mit. Mein Leben soll reich sein, auch ohne ihn. Den roten Berlingo habe ich Carl getauft, Carl Berlingo, und bei der Gelegenheit habe ich auch direkt eine Beschriftung bestellt, damit jeder sieht, hier kommen die Bienen, hier gibt’s den besten Honig. Auch gut, wenn ich wieder auf Märkte gehe. Bald. Im Herbst, denke ich.

Die erste Fahrt führte mich zu Heinz’ Imkerladen. Um ihm die Wachsplatten zu bringen, die ich erübrigen kann. Diesmal sind’s nicht so viele, aber er war zufrieden. Qualitativ ja sowieso, und ich konnte bei der Gelegenheit ein paar Sachen holen, die mir noch fehlten.

Zurück daheim … Ja, da waren sie wieder, die Tränen. Habe ich wirklich gedacht, irgendwann sei das vorbei? Ich bin dann mit dem Kaffeebecher zu den Bienen, hab mich dick eingepackt. Ich frage mich, ob sie ihn vermissen. Ob der Bien spürt, dass jetzt jemand anderes für ihn verantwortlich ist, ob sie irgendwann vergessen, was er für sie getan hat? Wie er immer da war für sie? Irgendwie ist der Gedanke Unsinn, denn allenfalls die Königinnen werden sich an ihn erinnern, wenn überhaupt. Die anderen sterben ja so schnell … Oder haben sie eine kollektive Erinnerung an ihn, die immer schwächer wird, so wie meine immer mehr nachlässt?

Vergessen, das wäre schön. Aber dass er nicht mehr da ist, das wird mich nicht loslassen, und so lange werde ich weiter jeden Morgen mit bleischweren Gliedern aufstehen und mich durch den Tag schleppen.

Blödes Auto. Wieso habe ich es nur gekauft? Es wird mich doch immer an ihn erinnern. An das, was mit ihm verloren ging.