Drei für einen
In der Krummen Wurzel saßen sie zu dritt am einzigen verbliebenen Tisch. Das Holz der restlichen Möbel hatte für die nächtliche Verbarrikadierung herhalten müssen. Natürlich war der Wirt über die Verwüstung seines Gasthauses wenig erfreut, doch auch ihm war anzumerken, dass er es durchaus zu schätzen wusste, mit dem Leben davongekommen zu sein.
Dafür, dass er nicht geschlafen hatte, fühlte sich Dott großartig. Haserl ging es gut, die Bestien waren verschwunden, und er saß recht friedlich mit den beiden anderen zusammen – für ihre Verhältnisse.
Fehris wirkte müde. Blass um die Nase und mit schweren Augenlidern stützte sie sich auf ihre Ellbogen. Immerhin war sie nicht mehr vom Spinnengift gezeichnet. Ein erstaunliches Wesen – diese Grolldrummel.
Marls Hand knetete seinen Vollbart, bevor er das Wort ergriff – fast so, als wolle er sich erst sammeln, bevor er sprach: »Ihr beide habt gestern Abend meinen Arsch vor den Krähen und Spinnen gerettet. Allein hätte ich den Angriff niemals überlebt.«
»Dott und ich hatten ohnehin gerade gehen wollen«, erklärte Fehris, dabei tippelte sie mit ihren Fingern auf die Tischplatte. »Reiner Zufall, dass wir hinzukamen!«
Bedeutsam zog der alte Mönch den Rotz hoch. »Wie dem auch sei. Wir leben noch – aus Dankbarkeit lasse ich als Erster die Hose runter.«
»Bloß nicht!«, keuchte Fehris.
Ohne sich daran zu stören, fuhr Marl fort: »Meine Mission war ein Fehlschlag. Unter Mühen habe ich es durch ein schreckliches Wasserportal geschafft.«
»Oh, wie furchtbar muss das für dich gewesen sein«, fühlte Fehris mit ihm. Entsetzt schlug sie die Hand vor den Mund, wobei sie mit einem Auge Dott zuzwinkerte.
»Grolli, ab sofort hast du Verbot, dieser Frau noch einmal auf irgendeine Art und Weise zu helfen«, rief Marl. »Darf ich nun fortfahren, Verehrteste?«
»Entschuldige die Unterbrechung.« Fehris nickte versöhnlich.
»Nun kam ich also an dem Ort an, wo ich das Kind finden sollte. Stellt euch vor, die Zieheltern haben mich angegriffen, obwohl …«, er stöhnte mehr aus Wut als vor Furcht bei der Erinnerung, »… sie bereits tot waren. Mein Stab hat mich im Kampf gegen sie gerettet. Ihr Blut war grün, so wie das der Krähen und der Spinnen.«
Bei diesen Worten schlug Fehris sich mit der Hand an die Stirn. »Jetzt wird mir so einiges klar«, murmelte sie.
»Ich dachte, du willst mich nicht mehr unterbrechen, aber ich beeile mich schon. Das Ende vom Lied: Keine Spur von Arn. Das Einzige, was ich im Haus gefunden habe, ist dies hier.« Er legte eine Vogelfeder auf den Tisch. »Vermutlich wäre sie mir gar nicht großartig aufgefallen, wenn sie nicht gut versteckt hinter einem Bild geklemmt hätte. Der Form nach gehört sie zu einem Greifvogel, wenngleich die blaue Färbung nicht dazu passt. Sehr sonderbar!«
Mit einem Stirnrunzeln ergriff Fehris die Feder und drehte sie am Kiel hin und her. »Aus Zeiten, die ich hinter mir gelassen habe, weiß ich, dass adelige Frauen viel Geld für Kopfschmuck mit solchen Federn bezahlen. Sie stammt vom Sumpffalken, der nur an einem speziellen Ort in Meribor nistet.« Sie fächerte mit ihren langen Wimpern.
Marls buschige Augenbrauen zuckten nach oben. »Mach es nicht so spannend.«
»Mitten im Fladenmoor steht der Turm der Zeit . Von dort muss sie stammen«, erklärte Fehris.
Aufgeregt rückte Dott ein Stück vor. »Habt ihr auch seit dem Zauber in Belams Gemach die Karte von Meribor im Kopf? Ich kann mich jetzt viel besser orientieren. Das Fladenmoor liegt südwestlich von hier. Dort soll es ekelhaftes Gewürm und Sumpfgeister geben, erzählen sich die Leute.«
»Ach was!«, machte Fehris.
Der Ziegenhirte lehnte sich entspannt zurück und fragte: »Wie ist es denn dir bei der Suche ergangen, Frau Fehris?« Seine Lippen formten ein Lächeln, unschuldiger als frischer Morgentau.
Sie stutzte. Und schnaubte. Und zögerte. Gerade als Dott dachte, sie würde die Frage ignorieren, griff sie in ihre Gürteltasche und legte eine arg in Mitleidenschaft gezogene Grolldrummelpuppe auf den Tisch. »Eltern tot, Kind weg, alles Mist«, berichtete sie so knapp wie ihr Brustpanzer.
»Aha! Geht es auch etwas ausführlicher?«, knurrte Marl.
»Ich bin halt nicht so geschwätzig«, fauchte sie zurück.
»Haben die Zieheltern auch dich angegriffen?«, fragte Dott sanft.
Ihre Gesichtszüge entspannten sich. »Nein, beide waren schon lange tot, als ich dort ankam. Offenbar haben sie sich gemeinsam selbst gerichtet, so als wollten sie einem noch schlimmeren Schicksal entgehen.«
»Dem von Arns Eltern«, mutmaßte Marl.
Mit spitzen Fingern fischte Fehris etwas Glitzerndes aus der Puppe: den durchsichtigen Kristall in Form eines Tropfens. »Auch ich habe ein Mitbringsel.«
»Was ist denn das für Tand?« Marl wog den Kristall in der Hand, bevor er mit der Fingerkuppe über die glatte Oberfläche strich.
Dott riss die Augen auf. »Eine Eisriesenträne! Unverwechselbar. Davon gibt es nur eine Handvoll.«
»Etwa von dem Eisriesen aus den Kindermärchen?«, fragte Fehris.
»Na klar!« Dott spürte das Funkeln in seinen Augen. »Kennt ihr nicht die alte Legende von den Eislanden? Vor tausenden von Jahren hat dort ein Riese gelebt und über Berge, Schluchten und Gletscher gewacht. Er war sanft und gut, doch die Menschen fürchteten sich vor ihm, obgleich er die Eisbestien, wie Schneelöwen, Schneebären und Schneewölfe zu zähmen vermochte. Eines Tages verliebte er sich in ein Menschenmädchen, die Tochter eines Häuptlings. Doch der Häuptling, ein Magier und Beherrscher der Elemente, wollte sie ihm nicht zur Frau geben. So ging er des Nachts in die Höhle des Riesen und entfachte ein Feuer, das dessen Körper schmolz. Im Sterben weinte der Eisriese um seine verlorene Liebe, und seine Tränen erstarrten zu Kristallen, die man noch heute gelegentlich in einer dunklen Ecke der Eislande findet.«
»Womit mal wieder aufgezeigt wird, wohin die Liebe führt«, mäkelte Fehris.
»Woher weißt du so etwas?«, fragte Marl.
»Von Großmutter natürlich. Sie besaß zwar keine dieser Tränen, hat mir jedoch mal eine aus Holz geschnitzt und weiß angemalt. Oma kannte alle Legenden und Geschichten von Meribor.«
»Ich glaube zwar nicht an derlei Märchen, dennoch klingt die Erklärung mit den Eislanden plausibel«, überlegte Marl.
Dotts Wangen brannten vor Eifer. »Jetzt bin ich dran: Mir erging es bei meiner Suche nach Beryll ähnlich wie euch – und doch anders. Ich musste durch das grässlichste, dunkelste Loch hindurch, um zu einem kleinen Bauernhof zu gelangen, doch darin befand sich niemand mehr. Die Leichen der Zieheltern entdeckte ich hinter dem Stall. Und dort lauerte mir Razuhl auf.«
»Was?!«, riefen Fehris und Marl aus einem Munde.
»Der finstere Fürst des Schattenstaubs höchstpersönlich. Er hatte mich bereits erwartet und wollte unbedingt wissen, ob ich irgendwelche Hinweise auf den Aufenthaltsort der Kinder habe.«
»Und … er hat dich wieder gehen lassen?«, fragte Fehris.
»Na ja, rennen musste ich schon. Der Mantel hat mich gerettet, indem er drei aus mir gemacht hat und Razuhl nicht wusste, wen er treffen sollte. Im letzten Moment konnte ich mich mit einem Sprung durch das Portal retten.«
»Unfassbar!«, sagte Marl.
Dott griff in den Mantel und zog seinen Gegenstand heraus. »Diese Muschel lag auf Berylls Nachttisch. Wenn man genau hineinhorcht, hört man ihren geflüsterten Namen.« Wie zum Beweis presste er sein Mitbringsel ans Ohr.
»Zeig her«, sagte Marl und ergriff die faustgroße Muschel – eine von Dotts Fäusten wohlgemerkt, halb so groß wie die Pranken des Mönchs. »Ich höre nur das Meeresrauschen«, erklärte Marl. Zufrieden grinste er. »Dafür weiß ich, woher die Muschel stammt.«
»Ach was!«, machte Fehris.
»Ganz recht, holde Maid. Im Westen der Pirateninsel gibt es einen Strand aus schwarzem Sand. Dort – und nur dort – sind diese Muscheln zu finden.«
»Du bist Mönch und warst mal ein Pirat?«, fragte Fehris und verzog ihre Augen zu schmalen Schlitzen.
»Das gehört jetzt nicht hierher!«, knurrte Marl.
Bevor erneut ein Streit zwischen den beiden ausbrechen konnte, rief Dott: »Bemerkenswert, was alles so auf den Tisch kommt. Drei Gegenstände, die auf drei bestimmte Örtlichkeiten hinweisen.«
Der alte Mönch erklärte: »Die Zieheltern müssen von Anfang an einen Notfallplan geschmiedet haben, falls Razuhl sie an ihrem geheimen Aufenthaltsort aufspürt. Als er auftauchte haben sie ihr Kind in Sicherheit gebracht, vermutlich mit Hilfe eines Portals.«
»Aber warum sind sie nicht mit ihm geflohen? Ein kleines Kind lässt man doch nicht allein?«, fragte Dott.
»Diese Frage gilt es noch zu klären. Mir kommt es so vor, als sei Razuhl nicht der einzige Feind«, stellte Fehris fest.
Drei Blicke trafen sich.
Marl sprach es gelassen aus: »Hier kommt einiges zusammen – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.«
An den Gesichtern der beiden anderen erkannte der Ziegenhirte, dass sie alle das Gleiche dachten.
Der alte Mönch holte tief Luft. »Zufällig laufen wir drei uns in diesem einsamen Wirtshaus über den Weg. Zufällig konnte keiner von uns seinen eigentlichen Auftrag durchführen. Zufällig kann jeder von uns den Gegenstand eines anderen einem konkreten Ort zuordnen. Ihr wisst bereits, was ich über solch ein Nest an Zufällen denke.«
Mit vor der Brust verschränkten Armen und stoischer Miene sah Fehris ihn an. Dadurch wirkte sie auf den ersten Blick skeptisch und verriegelt wie zuvor, doch es tat sich ein Riss in ihrer Festung auf – ein warmes Glimmen in ihren Pupillen, das diese Frau gewiss nicht vielen Menschen zuteilwerden ließ. Sie flüsterte es beinahe: »Es scheint tatsächlich so, als schmiede das Schicksal uns in einer seiner obskuren Launen zusammen. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.«
»Mir schon!« Dott strahlte.
Der Mönch verzog das Gesicht, seine Augen verengten sich. »Ausgerechnet wir drei!« Dott konnte nicht erkennen, ob es sich um eine Frage, eine Feststellung oder einen Fluch handelte.
Natürlich nahm Fehris das Schlimmste an und zischte in ihrer Ihr-könnt-mich-alle-mal-Manier: »Was soll das denn heißen? Ich habe mir weder einen alten Stinker noch einen feuchtohrigen Grünschnabel als Begleitung ausgesucht.«
»Wir uns aber dich!«, entgegnete Dott sanft.
Sie verdrehte die Augen, dass es knirschte, blieb jedoch still.
Marl kratzte sich ordentlich im Schritt, bevor er verkündete: »In meiner Aufzählung fehlen noch zwei Punkte. Zufällig haben ausgerechnet die drei Außenseiter, auf die niemand auch nur einen Kupferling gesetzt hat, die Prüfung geschafft.« Er blickte in die Runde. »Und Außenseiter ist noch gelinde formuliert. Alle anderen Probanden sind tot.« Er hob den Zeigefinger. »Und zufällig scheint für jeden von uns der Antrieb, die Mission erfolgreich zu Ende zu bringen, größer zu sein, als die Angst vor dem Tod.«
»Den Gedanken hatte ich auch schon«, knurrte Fehris. »Ich meine natürlich, wie ihr beide die Prüfung überhaupt überleben konntet. Allein wenn ich an unseren Ziegenstreichler denke, wie er statt eines Zweikampfs um den Brunnen gerannt ist, wird mir jetzt noch schwindelig.«
Marl wandte sich Dott zu: »Und aus unerfindlichen Gründen kippte der Hüne um, gerade als er dir den Todesstoß verpassen wollte. Das stinkt übler als ich – zu meinen besten Zeiten.«
Der Ziegenstreichler zuckte die Achseln. »Da habe ich wohl mächtig Glück gehabt.«
»So wie bei deiner Begegnung mit Razuhl.«
Einen Moment herrschte Schweigen.
»Ist das nicht alles der gleiche Scheiß?«, polterte Fehris.
»Was?« Marl hob sein stoppeliges Kinn.
»Glück, Pech, Schicksal, Bestimmung, Zufall, Vorsehung. Egal wie wir es nennen, ihr habt recht, irgendetwas verbindet uns.«
»Wir haben alle Bier mit Grolldrummelkotze getrunken«, stellte Dott nicht ohne Stolz fest. Fehris verzog das Gesicht – daran hätte er sie offenbar nicht erinnern müssen.
»Ganz recht, kleiner Freund. Und wir leiden alle an diesem vermaledeiten Schlangenbiss.« Marl streckte seinen Arm vor. Die beiden dunklen Streifen schwenkten in sanftem Bogen unterhalb der Schulter in Richtung Herz. »Nach dem bisherigen Verlauf verbleiben uns noch etwa fünf Tage.«
Auch Dott und Fehris entblößten ihre Arme und präsentierten den gleichen Stand.
»So verschieden wir auch sind, haben wir doch einiges gemeinsam. Zudem ergänzen wir uns. Wie beim Kampf gegen die Spinnen und Krähen eben gerade«, erklärte Dott. »Mir fällt dazu noch etwas ein: Auf meiner Reise habe ich eine seltsame alte Frau getroffen. Sie hat mich Gesegneter genannt.«
»Wie schön!« Fehris gähnte. »Da wurde ich schon schlimmer beschimpft.«
Der Ziegenhirte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Hör dir doch erst mal an, was die Alte mir mitteilte: ›Selbst ein Gesegneter kann eine Mission wie die deinige nicht ohne Hilfe zum Erfolg führen. Es sind mehr Helden vonnöten – ein Dreigestirn aus Glück, Erfahrung und Zähigkeit. Allein wirst du gnadenlos scheitern und untergehen.‹«
»Was war das für eine Frau?« wollte Marl wissen.
»Ich weiß nicht. Sie hat ihren Namen nicht genannt und … auf einmal war sie weg – samt der Bank, auf der sie gesessen hat.«
»Wie, weg?«
»Einfach verschwunden!«
»Na toll!«, stöhnte Fehris. Nachdenklich betrachtete sie ihre Fingernägel und sagte in ungewohnt sanftem Ton. »Danke, Dott. Ich weiß, dass du keinen Blödsinn erzählst.«
Marl runzelte seine Falten. »Wir sollten den Hinweisen gemeinsam nachgehen. Das heißt, zusammenbleiben. Offensichtlich will es das Schicksal oder die Lichtgöttin oder wer auch immer so.«
Fehris’ volle Lippen wurden schmal wie eine Dolchklinge, doch sie hatte wieder dieses freundliche Glimmen in den Augen. »Einverstanden. Wir versuchen es gemeinschaftlich.«
Sie schob ihre Hand in die Mitte des Tisches. Dott lehnte sich vor und legte die seine obendrauf. Marl ließ sich nicht lange bitten – der Ziegenhirte spürte die schwieligen Finger des alten Mönchs auf seinem Handrücken.
Die drei sahen einander an. Dott kroch eine Gänsehaut den Rücken hoch, er spürte die Bedeutsamkeit dieses Augenblicks.
Fehris zog ihre Hand als Erste wieder zurück. »Jetzt, wo das geklärt ist, stellt sich die Frage, wie wir das Gift der Viper am schnellsten wieder loswerden. Es sei denn, es ist Ziel und Zweck unserer frischen Gemeinschaft, gleichzeitig zusammen umzufallen. Was tun wir als Nächstes?«
»Ganz richtig. Das heißt: Wir brauchen einen Anführer.« Marl schien ein Stück größer zu werden. »Also jemanden mit Erfahrung, der schon die ganze Welt gesehen hat und weiß, wie man die unmöglichsten Situationen durchsteht. Der ohne Zögern sagt, wo es langgeht.«
»Gute Idee«, flötete Fehris. »Vorausgesetzt, sie ist eine Anführerin
Dott legte den Kopf schräg und grinste so schief, dass es fast schon wieder gerade aussah. »Wisst ihr, ich bin nur ein kleiner Ziegenhirte. Mir ist es egal, ob Mönch Marl oder Frau Fehris die Führung übernimmt – solange ihr beide tut, was ich sage.«
Stille!
Marl war der Erste, der in brüllendes Gelächter ausbrach. Fehris’ Mundwinkel zuckten, erst rechts, dann links. Ihr Mund öffnete sich, sie gluckste und fiel dann in die Freude mit ein. Dott hörte ihr helles und ehrliches Lachen zum ersten Mal und mochte es auf Anhieb. Zwischendurch musste sie sich die Augen trockenwischen. Auch Dott hielt sich vor lauter Kichern den Bauch.
»Gut, gut – ich habe verstanden«, sagte Marl und japste nach Luft. »Wir brauchen keinen Anführer, sondern entscheiden gemeinschaftlich. Notfalls per Abstimmung.«
»Aber nicht, dass du glaubst, Grolli hätte eine Stimme, alter Mann«, mahnte Fehris.
»Nein, nur wir drei entscheiden, damit stellen wir sicher, dass es immer eine Mehrheit gibt. Aber, wo du ihn gerade ansprichst – eine Bedingung habe ich doch noch: Grolli darf uns begleiten.«
»Das Vieh hat mir das Leben gerettet, wie kann ich dazu Nein sagen«, antwortete Fehris und wischte sich eine Träne von der Wange. »Nun lasst uns über unser vordringlichstes Problem reden: Wir müssen die widerwärtige Vergiftung loszuwerden.«
Marl nickte. »Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir finden eines der Kinder oder kehren schleunigst zu Belam zurück.«
»Zurück zur Lichtbogenfeste?« Dott spürte einen Schatten auf seiner Stirn. »Irgendetwas stimmt nicht mit diesen Lichtmagiern. Woher wusste Razuhl, dass ich auf dem Bauernhof hinter dem Portal auftauche? Belam selbst war voll des Misstrauens und sprach von Verrat im innersten Kreis. Und noch etwas – ich habe euch noch gar nicht von den Deserteuren erzählt, die mich überfallen haben. Mit Sicherheit wurden sie gezielt auf uns gehetzt. Die wissen erstaunlich gut über uns Bescheid und sind hinter den Artefakten her.« Dott berichtete von der Begegnung mit der Bande, dem ehemaligen Novizen Tremor, dessen Befragung und dem Diebstahl des Dolches.
»Beim Hintern der Lichtgöttin. Du erstaunst mich einmal mehr, Kleiner«, knurrte Marl. »Solange wir nicht wissen, welcher der verfluchten Lichtmagier ein falsches Spiel spielt, sollten wir vielleicht besser eines der Kinder finden, um das Gift loszuwerden.«
»Wir haben Hinweise auf drei Orte: Eislande, Pirateninsel, Fladenmoor. Am nahegelegensten ist Letzteres – das Fladenmoor und der Turm der Zeit.«
Dott ergriff die Feder und hielt sie hoch. »Das liegt in Richtung Lichtbogenfeste. Und wenn wir dort nicht fündig werden, können wir immer noch zur Burg weiter.«
»So machen wir es. Wir reiten zum Fladenmoor und retten Arn. Worauf warten wir noch?« Marl grinste. Mit einem Mal wirkte er zehn Jahre jünger.
»Also los!«, sagte Fehris. »Das ist nicht das erste Mal, dass ich ohne Schlaf auf die Reise gehe.«
»Ganz recht, im Schlaf hat noch niemand die Welt gerettet. Komm, Grolli.«
Die Grolldrummel raste einmal um den Tisch.
Dott grinste. Was für ein Abenteuer!
ENDE
Weiter gehen die Abenteuer von Fehris, Dott und Marl im nächsten Band der Schattenstaub-Saga.
Mehr Infos dazu unter: weltenbauer3.de