Wir sind das, worüber die Politiker seit Jahren behaupten, dass es geändert gehört. Was wir nicht sind, ist „das Volk“, denn wir sind kein Kampfbegriff. Wir sind alle ein Teil der Bevölkerung und als solche keinen Interessenvertretungen verpflichtet. Wir sind also unsere möglichen Kandidatinnen und Kandidaten, wir sind Jede und Jeder. Und als solche, die es ernst damit meinen, sich im Parlament einzumischen, G!LT:
– Jede und jeder, der sich von G!LT ins Parlament begleiten lässt, ist danach nur mehr ihrem oder seinem Gewissen verpflichtet, wird aber von G!LT nicht im Regen stehen gelassen, sondern vom G!LT-Parlaments- klub betreut.
– Jede und jeder, der sich von G!LT ins Parlament bringen lässt, geht auch Pflichten ein:
• Der Bevölkerung zu dienen und als Bindeglied zwischen Hohem Haus und Fußvolk tätig zu sein.
• Die gesetzlichen Mindestanforderungen an das Nati- onalratsamt zu erfüllen.
• Unantastbar zu sein.
• Sich von seinem Nationalratsgehalt den Betrag von 2.017.– € monatlich zu behalten (falls erst 2018 gewählt wird, gibt es 2.018.– € pro Monat), den Rest einem gemeinsamen wohltätigen Zweck zur Verfügung zu stellen. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld stehen aber zur freien Verfügung.
• Im Nationalrat niemals Parteipolitik zu machen oder zu unterstützen. U.v. m.
– Der Sitz im Nationalrat bietet auch Möglichkeiten:
• Ein monatliches Einkommen von 2.017.– €
• Von der Bevölkerung bei guter Arbeit wertgeschätzt zu werden.
• Als Zugehörige oder Zugehöriger einer sonst nicht im Parlament vertretenen Bevölkerungsgruppe auf die Sorgen, Wünsche und die Unzufriedenheit dieser Gruppe über die politische Kultur aufmerksam zu machen.
• Für alle Berufspolitiker als Vertreter einer solchen Gruppe sichtbar und hörbar zu sein.
• Als unabhängige Instanz der Bevölkerung von den Geschehnissen im Parlament medial zu berichten.
• Das Parlament für die Bürgerinnen und Bürger zu öffnen, Veranstaltungen im Parlament zu organisieren.
• Hilfsbedürftigen Menschen finanziell unter die Arme zu greifen.
• Das Parteiensystem und dessen Machtstrukturen durch gezielte Aktionen zu erschüttern.
• Die Berufspolitiker zum Handeln und zu einer anderen politischen Kultur zu zwingen.
• In ihrer oder seiner Zeit im Parlament viel zu lernen.
• Endlich kluge Ideen auch aus der Mitte der Bevölkerung ins Parlament zu tragen und damit das Ideenmonopol der Parteien zu beenden. U.v. m.
– Jede Kandidatin, jeder Kandidat hat das Recht:
• Sich von Menschen, die das politische Tagesgeschäft kennen, beraten zu werden. Niemand wird von G!LT im Regen stehen gelassen.
• Eine eigene Meinung äußern zu dürfen und darauf, dass das eigene Weltbild von den anderen Mitstreitern respektiert wird.
• Jederzeit, aus welchen Gründen auch immer, sein Mandat zurückzulegen und an den Listennächsten zu übergeben.
• Seine Möglichkeiten als Parlamentarier im Sinne der Bevölkerung auszunützen.
• Sich nichts gefallen zu lassen. U.v.m.
Mit der Besetzung steht oder fällt der Erfolg einer Darbietung, daher wird man hier genau prüfen müssen, vorschnelle Entscheidungen sind dabei fehl am Platz. Gespräche, Gedankenaustausch, Befindlichkeiten, ein Kennenlernen, ein Blick in das Herz und wo es sitzt, denn was nützt es, wenn man die Idealbesetzung gefunden hat, diese sich aber abseits der Rolle im täglichen Umgang als menschliche Nullnummer oder absoluter Egoshooter entpuppt. Absolute Gewissheit wird man nicht haben, es gibt zu viele professionelle Blender und Täuscher, aber das ist das Risiko, das man eingeht, wenn man das freie Mandat ernstnimmt. Ein Zurückpfeifen von oben ist dann nicht möglich. Was schon möglich ist und auch hilfreich, weil in der Anfangsphase sicher notwendig ist, eine professionelle Begleitung. Eine Vertrauensperson, vertraut mit dem politischen Tagesgeschäft, die mit Rat und Tat zur Seite steht und an die man sich jederzeit wenden kann. Beim Film übernimmt diese Funktion der Regieassistent oder die Regieassistentin. Im Fußball ist es der Trainer, im Dorf war es der Pfarrer, für Kinder sollten das Oma und Opa sein. Aber bevor wir uns hier mit der Besetzung – in unserer Geschichte den Fahrgästen – auseinandersetzen, sollten wir uns erst einmal Gedanken darüber machen, wie wir zu unserem Treibstoff kommen. Ohne 2.600 bei der Wahlbehörde bis zum Stichtag abgegebenen Unterstützungserklärungen bleibt G!LT nichts als eines der vielen Drehbücher, die niemals den Weg auf die Leinwand geschafft haben. Interessant dabei ist, dass trotzdem über das Drehbuch berichtet wird, ohne zu wissen, ob der Film jemals realisiert wird. Das habe ich in meiner Karriere bis jetzt auch noch nicht erlebt. „Ein Parteiprogramm gibt es nicht, warum sollten dann 2.600 Menschen für sie unterschreiben?“ fragte mich ein Journalist. Ja, warum? Vielleicht genau deswegen und vielleicht, weil sie nicht für mich unterschreiben können, sondern nur für sich selbst. Wobei: Eine tragende Rolle besetzt sich jetzt schon von selbst. Die Rolle der Medien. Da bewerben sich ständig neue Darsteller.
Heute habe ich einen Interviewtermin mit einem Journalisten einer unabhängigen Tageszeitung, die sich selbst als Qualitätsmedium sieht. Er wollte schon Mitte September ein Interview mit mir führen, da er bei drei von mittlerweile sechzig Gästen der Sendung „Gültige Stimme“ aus seiner Sicht Rechtsradikalität und Nazitum vermutet. Er schreibt in einem E-Mail an den Sender, „dass bei diesen Gästen persönliche wie ideologische Verbindungen ins rechte-neurechte Lager dokumentiert sind. Dem Sendungskonzept folgend wurden diesen Popp, Hermann und Albrecht dieselben vier Fragen gestellt wie allen anderen Gästen. Halten Sie das für eine kritische Auseinandersetzung mit den Positionen, die diese in der Öffentlichkeit vertreten?“ Ich vereinbare mit ihm telefonisch einen Interviewtermin für den 6. Oktober und sage ihm, dass ich gerne über dieses Gespräch auf meinem Blog berichten möchte. Er hat nichts dagegen, bittet aber darum, damit bis nach Erscheinen des Interviews zu warten. Kein Problem. Gestern meldete er sich per SMS, ob er einen Fotografen mitnehmen dürfe? Ich antworte: Ja gerne. Ist es in Ordnung, wenn ich mit meinem Handy das Interview aufzeichne? Wie besprochen, möchte ich nach dem Erscheinen (des Interviews) darüber berichten. Es ist nur auf mich gerichtet, nicht auf sie … Er antwortet: Ja. Ich hoffe halt, wir können auch über ihre Partei sprechen, nicht nur über Popp und Hermann. Das hat sich in der Zwischenzeit ja neu ergeben …
Die Partei, schon wieder die Partei. Aber was solls, ich kann ja ein paar Worte über das Projekt verlieren.
Interview in der Künstlergarderobe des Orpheums: Der Journalist ist ein sympathischer junger Mann, er erzählt mir, dass ich seinen Vater kenne. Dieser leitet einen Kulturverein und ich habe in den 1990ern einige Auftritte dort absolviert. Ich erinnere mich dunkel. Der junge Journalist und ich sind per du. Auch den Fotografen kenne ich. Er hat schon sehr schöne Fotos von mir gemacht, ich freue mich ihn wiederzusehen, er schafft hier Vertrautheit. Vertrauen ist bei Interviews wichtig, bei Journalisten, die ich nicht kenne, bin ich immer etwas vorsichtig. Meine Erfahrung hat mich gelehrt: Umso freundlicher der Interviewer, je mehr Vorsicht ist geboten. Der Journalist meint, er möchte doch nicht, dass das Interview von mir mit dem Handy aufgezeichnet wird. Ich könnte ja, wenn ich will, mit dem Stift und Papier aufzeichnen. Ich überlege, ob er sich nicht das ganze Interview „aufzeichnen“ kann. Wir hatten schließlich eine Verabredung getroffen. Aber da ist ja noch der Fotograf, der Vertrauensmann. Ich verzichte auf den Mitschnitt. Der Journalist baut zwei elektronische Geräte zur Sprachaufzeichnung auf. Ein Smartphone und ein Tablet. Zur Sicherheit, wie er meint. Sicherheit oder Freiheit? Das ist die Frage. In einem dritten Tablet hat er die Fragen abgespeichert. Ich kenne auch noch Journalisten, die nur mit Stift und Notizheft zum Interview kommen, zuhören und fallweise Notizen machen, ohne den Gesprächsfluss dabei zu unterbrechen. Sie hören zu und zeichnen nicht auf. Sie sind Teil des Gesprächs. Der junge Journalist fürchtet vielleicht ein wenig die Intimität eines Gespräches. Er führt ein Interview.
„Herr Düringer (wir sind wieder per sie, jetzt wird es ja offiziell, es wird ernst), sie haben ja kürzlich eine Partei gegründet. Sind sie jetzt Politiker? Gibt es ein Programm? Was wollen sie damit? Ist das Spaß oder Ernst? Sie sprechen immer von Kunstprojekt und Satire, aber wollen offenbar doch bei der nächsten Nationalratswahl antreten? Wie kann man das verstehen?“
Scheinbar schwer. Das ist die Irritation, von der Kollege Naderer zuvor sprach. Auch mein Gegenüber befindet sich in einem gedanklichen Dilemma. Ich versuche zu erklären: „Als ich vor mehr als dreißig Jahren beim Bundesheer diente, schrieb ich währenddessen ein Stück darüber. Ich hatte den Plan, die Zeit beim Heer für ein satirisches Bühnenprojekt zu nützen. Meine acht Monate als Wehrmann waren Realität, aber sie waren auch Satire. Es war beides.“
Verständnislosigkeit im Gesicht meines Gegenübers. Der Fotograf nickt, möchte dazu etwas sagen. Er wird vom Journalisten abgemahnt, sich hier rauszuhalten, es handelt sich dabei offenbar um eine Kompetenzüberschreitung. Die Freundlichkeit ist aus seinem Gesicht verschwunden, das Ego verteidigt seinen Stand. Ich würde jetzt lieber mit dem Fotografen weiterplaudern.
„Herr Düringer. Das geht in meinem Kopf noch immer nicht zusammen. Einmal sagen sie, das ist Satire, dann aber reden sie wieder so darüber, als wäre es ihnen doch ernst. Und sie haben ja immerhin eine Partei gegründet.“ Das Ressort des jungen Journalisten ist Kultur & Stars, nicht Innenpolitik, ich bin Künstler und kein Berufspolitiker, warum spricht er nicht mit mir, sondern mit dem Bild, was er von mir im Kopf hat. Junger Mann, hier sitzt ihnen ein erfahrener Kunstschaffender gegenüber und kein Neopolitiker. Nützen sie doch die Chance. Er nützt sie nicht.
„Herr Düringer, ich versteh das noch immer nicht. Man kann doch nicht bei einer Nationalratswahl antreten und sagen, das ist Satire. Wer soll sie denn wählen?“
„Niemand, ich bin unwählbar.“
„Herr Düringer, jetzt ist es dann doch Satire?“
„Wieso, weil ich sage, ich bin unwählbar? Was heißt unwählbar? Für mich ist es so, als würde ich sagen: Mein Motorrad gefällt ihnen? Sie wollen es gerne kaufen? Tut mir leid, es ist unverkäuflich. Nicht weil es keiner kaufen will, sondern weil ich es nicht verkaufen möchte. Ich bin unwählbar, weil ich mich nicht zur Wahl stelle.“
„Herr Düringer, also alles nur Spaß, ja?“
„Es ist ein Kunstprojekt und sie sind jetzt gerade ein Teil davon, hilft ihnen das?“
Nein, tut es nicht. Jetzt sehe ich die Angst in seinen Augen. Das Interview ist zu einem Gespräch verkommen. Ich denke nach und wage noch einen Versuch. Wie würde ich es meiner Tochter erklären, welche Geschichte würde ich ihr erzählen?