Kapitel 2

Feuer!

Bertram, Pomme de Terre und Gruyère waren ein paar Häuser weiter im Schutz eines Laternenpfahls stehen geblieben und starrten hinüber zu einem Restaurant, über dem in goldenen Buchstaben Pizzeria Francesco stand. Picandou folgte ihrem Blick und erschrak: Hinter den Schaufensterscheiben züngelten gelbe Flammen! Der ganze Raum brannte lichterloh.

Die Feuerwehrmänner hatten inzwischen den Schlauch angeschlossen und rollten ihn aus. Das blaue Licht auf ihren Autos zuckte immer noch geisterhaft über die Hauswände und mischte sich mit dem warmen Schein des Feuers, das nun immer heller und heller hinter den Scheiben aufloderte.

Gerade hatte Picandou die anderen erreicht, als ein lauter Knall die Stille zerriss. Die Scheiben waren geplatzt und unzählige Splitter flogen durch die Luft.

Eine Scherbe zischte so dicht an Picandous Kopf vorbei, dass sie ihm fast die Barthaare abrasiert hätte.

Der graue Mäuserich erstarrte und stieß einen entsetzten Fiepser aus. »Weg hier!«, quietschte er heiser.

Der erste Wasserstrahl traf die Flammen und eine dichte Rauchwolke quoll aus dem Laden.

Der scharfe, ätzende Qualm umhüllte die Muskeltiere und verschlug ihnen fast den Atem. Sie fingen an zu husten.

»Schnell nach Hause!«, keuchte Pomme de Terre. »Sonst ersticken wir noch.«

Sie hasteten den Bürgersteig entlang, doch plötzlich bremste Bertram so scharf ab, dass Picandou über seine Füße purzelte. »Zu spät!«, rief er und deutete erregt auf die vielen Menschen, die jetzt aus den Hauseingängen traten. Sie trugen Bademäntel über ihren Schlafanzügen und starrten hinüber zum Restaurant. Das Heulen der Sirenen musste sie geweckt haben.

»Da kommen wir niemals unbemerkt durch«, japste Gruyère.

»Schaut mal, da is’ ja Frau Fröhlich«, flüsterte Pomme de Terre und deutete auf eine kleine Frau in einem rosa geblümten Bademantel. Sie humpelte gerade aus der Toreinfahrt und starrte ängstlich auf die Flammen.

»Na toll! Den Müllsack können wir für heute vergessen.« Picandou warf Bertram einen grimmigen Blick zu. »Das war mal wieder eine Spitzenidee von dir. Du siehst doch, hier gibt’s überhaupt niemanden zu retten.« Er schnaubte verächtlich.

»Das konnte man ja vorher nun wirklich nicht ahnen …«, murmelte Bertram entschuldigend.

»Lasst uns lieber überlegen, was wir jetzt machen, anstatt zu streiten«, unterbrach Gruyère sanft.

»Allerdings.« Pomme de Terre sah sich suchend um. »Wenn wir hier noch länger rumdödeln, werden wir garantiert entdeckt.« Er deutete auf eine dunkle Gasse. »Ich glaub, die führt runter zum Kanal. Da sind wir bestimmt am sichersten. Und falls das Feuer übergreift, springen wir in die Fluten.«

Picandou schüttelte sich bei dem Gedanken. Aber er protestierte nicht, als die anderen Pomme de Terre die Gasse hinab folgten.

Niedrige Stufen führten hinunter zum schlammigen Ufer des Kanals, dessen Wasser schwarz und träge in der Dunkelheit dahinfloss.

Picandou seufzte schwer. Einladend sah es hier nicht gerade aus. Außerdem kroch die Feuchtigkeit aus dem Kanal zu ihnen herauf und ließ ihn erschaudern.

Der Sand knirschte unter ihren Krällchen, als sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Unterschlupf machten. Aber nirgends gab es einen Mauervorsprung oder einen Stein, hinter dem sie sich hätten verstecken können. Schließlich lehnten sie sich gegen eine kalte Hauswand und lauschten auf die Geräusche, die von der Deichstraße zu ihnen herunterdrangen.

Picandou dachte wehmütig an das Festmahl, auf das sie nun verzichten mussten. Der Abend hätte kaum schlechter laufen können.

Die Zeit schlich dahin, während sie schweigend in der Dunkelheit ausharrten. Noch lange hörten sie Stimmen und Rufe. Sie fröstelten und inzwischen knurrten und rumpelten vier Mägen im Gleichklang.