Kapitel fünfzehn

DAHLIA

Es wäre eine grobe Untertreibung zu sagen, dass der weitere Abend einen peinlichen Verlauf nahm. Michael beachtete mich kaum, und ich wollte nicht unhöflich zu seinem Date sein. Sie hieß Nina und sah ein wenig jünger aus als ich.

Das tat mir überhaupt nicht weh.

Wirklich nicht.

Mein Magen krampfte sich zusammen, als wir uns mit unseren Drinks an einen Tisch setzten. Meine Familie und Bailey verhielten sich großartig und plauderten, um die peinliche Situation zu entschärfen. Michael sagte kaum etwas und wenn, dann war er kurz angebunden, aber Nina schien das nicht zu stören. Sie unterhielt sich die meiste Zeit über mit Bailey.

Wie sich herausstellte, war sie Polizeizeichnerin und war Dermot daher bekannt vorgekommen. Als Bailey sie nach ihrem Alter fragte, verriet die gesprächige Blondine, sie sei fünfundzwanzig.

Michael hatte eine Fünfundzwanzigjährige zu diesem Treffen mitgebracht, und da er ihr so wenig Aufmerksamkeit schenkte, war mir klar, dass er das mit Absicht getan hatte.

Hin und wieder spürte ich seinen Blick auf mir, doch wenn ich mich ihm zuwandte, schaute er mürrisch wie ein Teenager in sein Wasserglas.

Er ignorierte Nina, sprach nicht mit meiner Familie, und allmählich bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Das war nicht der Michael Sullivan, den ich kannte und liebte. Dieser Mann hier war verbittert und egoistisch und sollte sich endlich benehmen wie ein Erwachsener.

Jedes Mal, wenn ich ihn wiedersah, ließen die Gewissensbisse, die ich empfand, weil ich ihn verlassen hatte, ein wenig nach. Vielleicht lag das auch an dem Gespräch mit meinem Dad. Oder an der jahrelangen Therapie. Mir war natürlich bewusst, dass ich Schuld auf mich geladen hatte, indem ich ihn verlassen hatte und nicht mehr zurückgekommen war. Das war ein großer Fehler gewesen, und es tat mir leid. Allerdings hatte er mir nie eine Chance gegeben, ihm alles ausführlich zu erklären. Und auch er hatte Fehler gemacht. Seine Beziehung mit Dillon war der eigentliche Auslöser für die folgenden dramatischen Entwicklungen gewesen. Ich hatte es für besser gehalten, das nicht zu erwähnen, und trotzdem saß er nun hier und kochte vor Wut.

Wer war dieser Mann?

»Ich hasse dich.«

»Kannst du ihr das etwa übel nehmen?«

Ich wollte ihn konfrontieren. Ihn anschreien. Ihn dazu bringen, dass er mir zuhörte!

»Die nächste Runde geht auf mich.« Ninas Stimme riss mich aus meinen zornigen Überlegungen.

Sie sah Darragh an, der Anstalten machte, sich zu erheben. Wahrscheinlich hatte er angeboten, weitere Drinks zu holen, während ich in meine Gedanken vertieft war.

»Oh, das ist …«

»Nein, ich mach das schon.« Sie wandte sich an Michael. »Mike, möchtest du noch ein Wasser oder lieber ein Tonic oder etwas anderes?« Er hatte uns bereits erklärt, er würde keinen Alkohol trinken, da er noch fahren müsse. Darauf konnte er seine schlechte Stimmung also nicht schieben.

Er schüttelte den Kopf. »Du bezahlst gar nichts. Das übernehme ich.«

Das war der alte Michael. Durch und durch altmodisch. Ich verzog ungehalten den Mund.

Nina zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Wenn du unbedingt willst.«

Entweder war sie sehr locker drauf, oder mir war irgendetwas entgangen. Wer reagierte schon so, als würde es ihm nichts ausmachen, wenn sich sein Date wie ein richtiger Arsch benahm?

Michael nickte zögernd und stand auf, während Nina alle nach ihren Wünschen fragte. Schließlich war ich an der Reihe, und als ich ihr sagte, ich hätte gern noch eine Soda mit Limette, neigte sie den Kopf zur Seite und schaute stirnrunzelnd auf mein Glas. »Musst du heute auch noch fahren?«

Wenn ich bei einem gesellschaftlichen Ereignis danach gefragt wurde, erwiderte ich üblicherweise, dass ich generell keinen Alkohol trank. Ohne weitere Erklärung. Das ging schließlich niemanden etwas an. Nur mich.

Doch die Spannung, die ich jetzt im Kreis meiner Familie und Freunde spürte, ließ mich verstummen.

»Sie trinkt keinen Alkohol«, warf Michael ein und schaute mich mit kalten Augen an. »Sie kann damit nicht richtig umgehen. Und betrunken betrügt sie jeden in ihrem Umfeld. Das stimmt doch, Darling, oder?«

Seine Worte schmerzten am ganzen Körper wie Stiche von winzigen Insekten. Er wollte mich verletzen und meine Emotionen vernichten.

Und plötzlich war ich entschlossen, meine Gefühle für ihn auszumerzen. Das erschien mir nur schwer möglich, aber seine gehässige Bemerkung machte es mir leichter. Vielleicht steckte doch mehr von seinem Vater in ihm, als er dachte.

Ich hatte mich davon befreit, den Sündenbock für meine Mutter zu spielen, also würde ich ganz sicher nicht seinen Prügelknaben spielen.

Am Tisch war Empörung zu spüren, und ich hatte das Gefühl, Bailey würde als Erste das Wort ergreifen. Rasch legte ich meine Hand auf ihren Arm, um sie aufzuhalten. Zitternd vor Empörung stand ich auf und griff nach meiner Handtasche.

Michael beobachtete mich mit dem Gesichtsausdruck eines Besiegten.

Auch das hatte ich überwunden.

Nur weil er Bedauern darüber empfand, etwas Schreckliches zu mir gesagt zu haben, war es noch lange nicht in Ordnung für mich.

Zugegeben, ich hatte über viele Jahre hinweg in meinen zerstörerischen Selbstgesprächen viel schlimmere Dinge gesagt. Doch nun versuchte ich, freundlicher zu mir zu sein, und das bedeutete, dass ich es anderen Menschen nicht mehr erlaubte, mich mit ihrem Gift zu belasten.

Ich hätte nie gedacht, dass Michael einmal zu diesen Menschen gehören würde.

»Danke«, sagte ich zu ihm.

Er zuckte leicht zusammen. »Was?«

»Dafür, dass du dem ein Ende gemacht hast.« Ich nickte. »Endlich hast du meine Gefühle für dich erstickt. Auch die Schuldgefühle. Alles. Der Michael, den ich kannte, hätte mich nie so behandelt, wie du es seit meiner Rückkehr tust. Gleichgültig, was ich getan habe. Du hasst mich?« Ich dachte an Baileys Worte und zuckte mit einer Gleichgültigkeit mit den Schultern, die ich nicht empfand. »Ich hasse dich nicht. Ich empfinde nichts mehr für dich.«

Er starrte mich an, und an seinem Kinn zuckte ein Muskel.

Ich riss den Blick von ihm los und wandte mich an meinen Dad. »Ich rufe mir ein Taxi. Wir sehen uns dann alle zu Hause.«

Zum Glück protestierte niemand. Sie ließen mich mit Würde das Lokal verlassen.

MICHAEL

Seine Knie begannen zu zittern, als er ihr nachschaute.

»Ich empfinde nichts mehr für dich.«

Verdammt.

Unter seinen Armen und über der Oberlippe brach ihm kalter Schweiß aus. Was er zu ihr gesagt hatte, war …

Was hatte er sich nur dabei gedacht? Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, hätte er es am liebsten ungeschehen gemacht. Sie machte ihn verrückt. Ständig sagte er Dinge, die er eigentlich nicht sagen wollte. Und das alles nur wegen des Zorns, der tief in ihm saß. Und weil er all diese Jahre geglaubt hatte, dass er sie viel mehr liebte als sie ihn und ihr deshalb grollte.

Aber wenn er sich getäuscht hatte?

»Ich empfinde nichts mehr für dich.«

Panik stieg in ihm auf, und er warf einen Blick zu Cian hinüber. Ein Mann, den er respektierte und mochte. Ein Mann, der ihn jetzt enttäuscht ansah.

»Ich empfinde nichts mehr für dich.«

Das stimmte nicht. Es konnte nicht wahr sein. Nicht, wenn er noch so verdammt viel für sie empfand.

Sie hatten noch nicht miteinander abgeschlossen.

Sie konnte nicht schon wieder davonlaufen.

Wir sind noch nicht fertig miteinander.

Er drehte ruckartig den Kopf und schaute zu Nina hinüber. Was zum Teufel hatte er sich dabei gedacht, sie hierher mitzubringen? Warum machte er immer alles falsch? »Vielen Dank, dass du mich begleitet hast«, begann er. »Ich muss jetzt los. Einer der Männer wird dich nach Hause bringen.« Er wusste, dass die McGuires sie mitnehmen würden. Es machte die Situation nicht besser, dass er sie jetzt sitzen ließ, nachdem sie ihm einen Gefallen getan hatte, aber im Moment konzentrierte er sich nur darauf, wie er Dahlia einholen konnte.

Niemand hielt ihn auf, als er losging.

Sie wussten ebenso wie er, dass die Sache zwischen ihnen noch nicht ausgestanden war.

Anscheinend war das noch nie der Fall gewesen.

DAHLIA

Das kurze Gefühl der Freiheit und der Gewissheit, mit Michael Sullivan abgeschlossen zu haben, verschwand bei meiner Flucht aus dem Rosie’s sofort wieder. Ich fühlte mich nicht frei. Ich war erfüllt von Zorn, Schmerz, Groll, Hass, Liebe, Sehnsucht und Ärger, bis ich glaubte, gleich zu platzen. Am liebsten hätte ich um mich geschlagen.

Ich wollte so lange schreien, bis die Gefühle in mir zu Staub zerfielen.

Auf dem Weg den Broadway entlang versuchte ich, mich vor dem bitterkalten Wind zu schützen, und dachte daran, dass ich meinem Dad gesagt hatte, ich würde mir ein Taxi nehmen. Doch jetzt hatte ich das Bedürfnis, mir alles von der Seele zu laufen.

Allerdings ging ich in die falsche Richtung.

»Verdammt«, murmelte ich, blieb stehen und drehte um.

Und dann sah ich einen schwarzen Honda Accord neben mir halten und Michael herausspringen.

Vorfreude und Empörung sind eine seltsame Kombination, aber in diesem Augenblick empfand ich beides gleichzeitig.

»Steig in den Wagen«, befahl er und kam auf mich zu.

Mir blieb der Mund offen stehen. »Bist du verrückt geworden?«

»Steig ein, Dahlia.« Er stemmte die Hände in die Hüften und sah mich finster an. »Wir müssen reden.«

»Ich habe genug mit dir geredet, und mir gefällt nicht, was du zu sagen hast.«

Michael sah aus, als würde er gleich die Zähne fletschen. »Steig in den verdammten Wagen.«

Ich hob trotzig den Kopf und ließ mich nicht einschüchtern. »Du kannst mich mal.«

»Na bitte«, stieß er rätselhaft hervor und griff nach meinem Oberarm. »Los, in den Wagen.«

»Lass mich gehen«, fauchte ich und versuchte, mich loszureißen.

Er zog mich so fest an sich, dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich mit den Händen an seiner Brust abzustützen. Ich spürte, wie sein breiter Brustkorb bebte. »Bring mich nicht dazu, meine Dienstmarke hervorzuholen oder das Blaulicht anzuschalten.«

Meine Augen funkelten zornig. »Das wäre Machtmissbrauch.«

»Ja, aber du hast deine Macht über mich viele verdammte Jahre missbraucht, also steig jetzt endlich ein.« Er führte mich auf die Beifahrerseite, und ich war so verblüfft von seiner Bemerkung, dass ich bereits im Auto saß, noch bevor es mir bewusst war.

»Was?«, fragte ich schnaubend, als er einstieg. Der Wagen roch nach Lederpolitur und Michaels Rasierwasser. Während er seinen Gurt anlegte, rastete die Türverriegelung ein, und die gespannte Erwartung, die ich vorher gespürt hatte, ließ mein Herz schneller schlagen. »Das ist Kidnapping!«

Ohne mir Beachtung zu schenken, reihte er sich in den Verkehr ein.

»Michael!«

»Du wolltest reden.« Er warf mir einen strengen Blick zu. »Also reden wir jetzt.«

»Zu spät.«

»Wenn du wieder davonläufst, ohne dieses Gespräch mit mir zu führen, war es das mit meiner guten Meinung über dich.«

Ungläubig starrte ich ihn an. »Du hasst mich doch ohnehin! Ich habe versucht, mit dir zu reden, aber du hast mich verbal fertiggemacht!«

»Schrei nicht so laut.«

»Sag mir nicht, was ich zu tun habe.« Ich kochte vor Wut. Sobald wir Dads Haus erreicht hatten, würde ich ihm ordentlich die Meinung sagen. Dachte er etwa, er wäre das einzige Opfer in dieser Sache?

»Für jemanden, der angeblich kein Interesse mehr an mir hat, bist du ziemlich wütend.«

Ich kniff die Augen zusammen und unterdrückte eine Antwort. Damit würde ich ihm nur recht geben.

Es gelang mir, fünfzehn Minuten lang zu schweigen, was mir vorkam wie eine Ewigkeit. Erst als wir Sweetser Circle am Parkway erreichten und Michael in Everett nicht auf den Broadway abbog, fragte ich: »Wohin fährst du?«

»Chelsea.« Er blieb auf dem Parkway.

»Warum?«

Michael sah mich kurz an, bevor er wieder auf die Straße schaute. »Dort befindet sich meine Wohnung.«

Mein Puls begann zu rasen.

Allein mit Michael in seiner Wohnung.

Nein.

»Dreh um und bring mich zu Dads Haus.«

Der Mistkerl ignorierte mich und fuhr einfach weiter. Ich war empört und kochte vor Wut. Schließlich hielt er vor einem dreistöckigen Gebäude in Chelsea an.

Er parkte den Wagen mit der Beifahrerseite am Gehsteig, und ich warf einen Blick auf das Haus, neugierig und ängstlich zugleich.

»Gehen wir ins Haus.«

»Ich gehe da nicht hinein. Das ist Kidnapping, Michael.«

»Hör auf, dich so verdammt melodramatisch zu verhalten«, erwiderte er ruhig.

»Melodramatisch?« Ich biss die Zähne aufeinander. »Du hast mich gegen meinen Willen in dein Auto befördert. Als Cop weißt du, dass das nicht richtig war.«

»Ich kenne dich. Wenn du nicht hier sein wolltest, hätte ich dich unter keinen Umständen in mein Auto bugsieren können. Und jetzt steig aus.« Er stieß die Tür auf und schlug sie hinter sich zu, bevor er um die Motorhaube herumging und die Beifahrertür öffnete.

Michael schaute mich finster an. »Steigst du jetzt aus dem Wagen, oder muss ich dir Handschellen anlegen?«

»Das würdest du nicht wagen«, zischte ich und hievte mich aus dem Auto.

Als er versuchte, mich wieder am Arm zu packen, riss ich mich von ihm los und hastete die Stufen zum Vordereingang hinauf.

Da es ein richtig kalter Tag war, hatte ich meine einzige Bootcut-Jeans und Stiefel mit hohen Absätzen angezogen. Sie waren wesentlich bequemer als die High Heels, die ich bei unserem letzten Zusammentreffen getragen hatte – und viel besser geeignet, um davonzulaufen. Allerdings machte ich keine Anstalten, zu flüchten, richtig?

Ich spürte seinen Blick auf mir, als er die Haustür aufschloss, aber ich weigerte mich, ihn anzuschauen. Er murmelte leise etwas vor sich hin.

»Dir ist hoffentlich bewusst, dass ich ein Schleudertrauma habe.« Ich folgte ihm die Treppe zu seinem Apartment hinauf.

Er sah mich über die Schulter stirnrunzelnd an. »Was?«

»Ein emotionales Schleudertrauma. Du hast mich so schnell zu einer mentalen Kehrtwendung gezwungen, dass ich mir dabei den Nacken verrissen habe.« Ich hörte, wie mein Bostoner Akzent mit jedem wütend hervorgestoßenen Satz immer stärker wurde.

Michael führte mich, ohne darauf zu antworten, zu einer Tür im zweiten Stock, und ich schloss daraus, dass er wusste, wie recht ich damit hatte.

In dem Moment, in dem ich sein Apartment betrat, legte sich mein Zorn ein wenig. Michael knipste das Licht an, sodass alles zu sehen war. Nun, eigentlich gab es da nicht viel zu sehen. Das Apartment sah beinahe unbewohnt aus. Nackte Wände, Jalousien an den Fenstern, aber keine Vorhänge. Keine Fotos. Keine persönlichen Dinge.

Es war deprimierend.

Obwohl ich so wütend auf ihn war wie noch nie zuvor in meinem Leben, tat mir das leid für ihn.

Hinter mir fiel die Wohnungstür ins Schloss, und ich drehte mich in dem luftigen Wohnzimmer langsam zu ihm um. Michael ließ seine Schlüssel auf einen Beistelltisch fallen, auf dem eine Lampe mit einem verblassten beigefarbenen Schirm stand. Dann schaute er mir in die Augen. »Ich hätte das nicht sagen sollen.«

Ich hob das Kinn und ignorierte den stechenden Schmerz bei dem Gedanken an alles, was er gesagt hatte. »Was genau?«

»Wie meinst du das?« Er zog eine Augenbraue nach oben.

»Nun, du hast viele schreckliche Dinge gesagt. Dass meine Mom mich zu Recht beschuldigt und aus ihrem Leben verbannt hat. Oh, und dass du mich hasst. Und am besten hat mir deine spitze Bemerkung über meine kurze Alkoholabhängigkeit gefallen.«

Michael atmete tief aus und strich sich mit der Hand über den Kopf. »Es tut mir leid … Dein plötzliches Auftauchen hat eine Menge Mist wieder in mir hochgebracht und mich ganz verrückt gemacht. Ich sage und tue dumme Dinge …«

»Das ist keine Entschuldigung«, entgegnete ich leise. »Du kannst mich nicht so verletzen und dann behaupten, das sei nur passiert, weil ich dich verrückt gemacht hätte. Und gib mir nicht die Schuld für deine Handlungen. Sie sind ganz allein deine Sache – dafür übernehme ich keine Verantwortung.«

»Ich weiß!« Er hob die Hände in die Luft. »Verdammt, glaubst du, das ist mir nicht bewusst? Ich hasse mich für das, was ich gesagt und getan habe. Aber es war keine böse Absicht. Es ist einfach so geschehen.«

»Das mit Nina hast du nicht mit Absicht gemacht?«, fragte ich spöttisch. »Du hast genau gewusst, dass ich dort sein würde, also hast du es mit einem Schuss ins Blaue versucht und dir gedacht: ›Hey, damit könnte ich ihr vielleicht einen weiteren Schlag in die Magengrube verpassen. Ich bringe ein jüngeres Modell mit und zeige ihr damit, dass ich über sie hinweg bin!‹ Hier eine Kurzmeldung für dich, Michael – das habe ich schon gewusst. Schließlich habe ich deine Frau getroffen, weißt du noch?«

»Ex-Frau«, stieß er hervor und kam einen Schritt auf mich zu. Aus jeder Pore seines Körpers strömte Verachtung. »Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich Kiersten geheiratet habe. Du bist einfach abgehauen! Du hast mich verlassen und bist nicht mehr zurückgekommen! Und behaupte bloß nicht, du wärst nicht mit anderen Männern zusammen gewesen.«

Ich kniff die Augen zusammen, weil er das Thema Nina vermied. »Nun, auch eine Frau hat ihre Bedürfnisse.«

Seine Miene spannte sich an, und er wirkte ein wenig bedrohlich, als er einen weiteren Schritt auf mich zukam. Ich ließ mich nicht einschüchtern und blieb stehen. »Ach ja? Du vögelst mit anderen Männern, ohne dabei an mich zu denken?«

Meine Wangen röteten sich; er hatte mich ertappt. Es hatte in den vergangenen neun Jahren nur einen Mann gegeben, der mich für wenige Momente die Leidenschaft vergessen ließ, die ich mit Michael erlebt hatte. Doch außerhalb des Betts funktionierte das nicht, also machte ich Schluss mit ihm.

»Ich habe recht, oder?« Er sah mich selbstzufrieden an.

Sollte ich etwa glauben, dass er immer an mich gedacht hatte, wenn er mit seiner Frau zusammen war? Und mit anderen Frauen? Wohl kaum. »Es gab da jemanden«, wisperte ich. »Bei ihm konnte ich vergessen.«

Das nahm ihm den Wind aus den Segeln. Sein Gesicht verriet seine Qual, und ich verspürte einen schmerzhaften Stich in der Brust. »Bist du noch mit ihm zusammen?«

»Nein.«

»Hat er dich verlassen oder du ihn?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Spielt das eine Rolle? Das ist nicht wichtig.«

»Hat er dich verlassen oder du ihn?«, wiederholte er.

»Michael …«

»Beantworte meine Frage, Dahlia.«

Ja näher er kam, umso stärker fühlte ich die bekannte elektrische Spannung zwischen uns. »Ich habe mich von ihm getrennt.«

Seine Schultern schienen sich zu entspannen. »Das scheint wohl eine Angewohnheit von dir zu sein«, sagte er leise.

»Hast du mich deshalb hierhergebracht? Um mir noch ein paar Tiefschläge zu verpassen? Du bist auch nicht perfekt, Michael. Und nicht frei von jeder Schuld!«

»Was zum Teufel meinst du damit? Sprichst du von Dillon?«

»Du hast damals einen Fehler gemacht. Und ich habe auch einen Fehler gemacht. Aber im Gegensatz zu dir reite ich nicht mehr darauf herum.«

»Dein Fehler hat dich neun verdammte Jahre lang von mir ferngehalten!«

Jetzt reichte es mir – irgendetwas in mir platzte. »Du bist Polizist!«, brüllte ich, und mein Brustkorb hob und senkte sich heftig. Heiser von dem Schrei und mit gedämpfter Stimme fügte ich hinzu: »Du bist ein verdammter Cop und willst mir weismachen, dass du mich nicht hättest finden können, wenn du gewollt hättest?«

Er zuckte zusammen, als hätte ich ihn geohrfeigt, und starrte mich mit diesen gefühlvollen Augen an, in denen ich versinken wollte.

»Warum hast du Nina mitgebracht?«, wiederholte ich.

»Weil ich ein Idiot bin. Sie ist nur eine Freundin. Und außerdem lesbisch. Sie war im Revier, als Dermot mich fragte, ob ich auf einen Drink vorbeikommen wolle, und ich schloss aus seinem ausweichenden Blick, dass du auch dort sein würdest. Also bat ich Nina darum, mein Date zu spielen. Ich war so sehr damit beschäftigt, die Situation irgendwie zu bewältigen, dass ich mir einredete, dir würde es nichts ausmachen.«

Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, war ich erleichtert, dass er Nina nicht benutzt hatte, um mir eins auszuwischen, und entspannte mich ein wenig. Jetzt wurde mir auch klar, warum sie ein so ausgeprägtes Interesse an Bailey gezeigt hatte.

Und Michaels Grund dafür, dass er Nina mitgebracht hatte? Ich nickte zögernd. Das könnte ich verstehen. Doch er hatte meine vorherige Frage noch nicht beantwortet. »Warum hast du nicht versucht, mich zu finden?«

Etwas, das ich nicht nachvollziehen konnte, verdüsterte seinen Blick. »Weil ich es nicht wollte.«

Das tat weh, und ich schnappte nach Luft.

Nun ja, ich hatte ihn schließlich danach gefragt.

Wie betäubt ging ich an ihm vorbei. Eigentlich wünschte ich mir eher, betäubt zu sein. Ich wollte nach Hause, nach Hartwell, wo ich in Ruhe meine Wunden lecken konnte.

Michael fasste jedoch meinen Arm und zog mich an sich. Sein gequälter Gesichtsausdruck war kaum zu ertragen. »Du hast mich verlassen.« Seine Worte brannten wie Stiche auf meinen Lippen. »Du hast mich verlassen, und ich war so verliebt in dich. Ich wollte dich nicht finden, weil du mir das Herz gebrochen hast, Dahlia. Du hast mir mein verdammtes Herz gebrochen.«

Eine Welle von Verlangen und Schmerz überrollte mich, und meine Augen füllten sich mit Tränen.

Er hatte mir noch nie gesagt, dass er mich liebte.

Wir wussten beide, dass wir so empfanden – zumindest hoffte ich das –, aber bisher war nie der richtige Zeitpunkt da gewesen, um uns unsere Liebe zu gestehen.

Anscheinend bis jetzt.

»Ich gebe dir die Schuld.« Er schüttelte mich sanft. »Hast du das verstanden? Ich gebe dir die Schuld für das leere Leben, das ich führe, seit du mich verlassen hast.«

»Halt«, forderte ich ihn auf und versuchte, mich von ihm loszumachen. Ich wollte nicht schon wieder in einen Strudel von unerbittlicher Schuld hineingezogen werden.

»Warum soll ich aufhören?« Er zog mich noch näher zu sich heran. »Ich will nicht aufhören, solange du dich noch in meinem Blut befindest. Warum kannst du mich nicht einfach loslassen? Ich will, dass du aus mir verschwindest.«

»Dann lass mich gehen«, flüsterte ich.

Sein Griff wurde noch fester und der Ausdruck in seinen Augen noch leidenschaftlicher, als er meine Tränen sah. »Vielleicht gibt es einen anderen Weg.«

Das begehrliche Funkeln in seinen Augen verriet mir, was er damit meinte. Röte breitete sich auf meinen Wangen und meinem Hals aus und wanderte weiter nach unten. Ich wollte den Kopf schütteln und Nein sagen, aber ich tat es nicht.

War mir denn nicht klar gewesen, dass das passieren würde, wenn er mich hierherbrachte?

Obwohl ich wusste, wie dumm das war, konnte ich nicht verleugnen, dass ich dabei eine prickelnde Vorfreude empfunden hatte.

Michael umfasste mit einer Hand meinen Nacken und zog mich zu sich heran. Das Fieber, das in mir aufstieg, brannte immer heißer und rief jeden Zentimeter meines Körpers auf eine Weise wach, wie es nur durch Michael Sullivans Berührung möglich war. Seine andere Hand glitt über meinen Rücken hinunter zu meinem Po. Ich spürte seine Erektion an meinem Bauch und feuchte Hitze zwischen meinen Oberschenkeln. Oh mein Gott. Sein intensiver Blick brachte mich zum Zittern.

»Denk mal drüber nach. Wir hatten nie eine Chance, Sex zu haben. Vielleicht geht es nur darum. Was, wenn wir nur körperlich frustriert sind?«

Ich erschauerte in seinen Armen. »Du weißt, so ist es nicht.«

»Ja? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wir könnten die ganze Nacht hier stehen bleiben, uns gegenseitig anschreien und versuchen, Wege zu finden, unsere ganze Qual wieder hervorzuholen, oder ich könnte dich auf mein Bett werfen, und wir könnten uns den Zorn und den Schmerz von der Seele vögeln.«

Ich senkte die Lider, denn obwohl eine Stimme in meinem Kopf laut schrie, dass das eine ganz schlechte Idee war, wollte ein Teil von mir wissen, wie es war, Michael in mir zu spüren.

Wenn ich ihn jetzt ansah, würde das Verlangen meines Körpers über meine Vernunft siegen.

Mein Atem stockte, als Michael mein Schweigen als Zustimmung deutete und den obersten Knopf meiner Jeans öffnete. Ich erstarrte, als er den Reißverschluss nach unten zog und sanft seine Hand in mein Höschen schob. Überrascht und gleichzeitig erregt stieß ich einen kehligen Laut aus und griff nach seinen Oberarmen, um mich festzuhalten, während er in der feuchten Hitze nach meiner Klitoris tastete.

Stöhnend drückte er seine Stirn an meine Schläfe und massierte meinen Kitzler. Jetzt wusste er, dass allein ein Streitgespräch mit ihm ausreichte, um mich ebenso zu erregen wie ein Vorspiel.

Ich versuchte, mich nicht an seine Hand zu drücken, aber das Verlangen zwischen meinen Beinen war zu groß. Ich umklammerte seine Arme. »Mich …«

Er bedeckte meinen Mund mit seinem und besiegte den restlichen Widerstand in mir. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und meine Beine um seine Taille und ließ mich von ihm ins Schlafzimmer tragen.

Meine Lust und meine Leidenschaft waren so groß, dass ich bereit dafür war, von ihm aufs Bett geworfen und bis zur Erschöpfung durchgevögelt zu werden. Aber Michael überraschte mich.

Er löste seine Lippen von meinen und stellte mich am Fußende des Betts auf die Beine.

Einen Moment lang ließ er die Hände auf meiner Taille ruhen, dann fuhr er damit über meine Hüften. Wir starrten uns mit einer Mischung aus Verlangen und Abwehrhaltung an. Ich sah die Vorsicht in seinen dunklen Augen, und ich wusste, er konnte die Emotionen in meinen Augen lesen.

Warum hatte er innegehalten?

Das brachte mich nur zum Nachdenken, und das wollte ich nicht. Ich wollte mich impulsiv und dumm verhalten. Selbst wenn mir das Schaden zufügte.

»Ich sollte gehen.«

Michael verstärkte den Griff um meine Taille und drückte sie rasch auf beruhigende Weise, bevor er seine Finger unter meinen Pullover gleiten ließ. Bei der Berührung seiner rauen Fingerspitzen überlief mich ein Schauer.

»Du trägst keinen Mantel«, stellte er leise fest. »Das solltest du in Zukunft tun.« Sein Tonfall war träumerisch. So, als wäre er ein wenig benommen. Und seine Berührung nahm mich mit in diese Trance. Als seine Finger nach oben über meine Rippen wanderten, bekam ich eine Gänsehaut auf den Brüsten. Sie fühlten sich mit einem Mal schwer an und sehnten sich nach seinen Händen und seinem Mund …

»Michael …«

Er zog die Hände unter meinem Pullover hervor und legte sie auf den offenen Reißverschluss meiner Jeans. Ohne den Blick von mir abzuwenden, ließ er entschlossen die Daumen unter den Bund wandern und schob die Jeans über meine kurvigen Hüften. Sie saß ziemlich fest, also ging er in die Hocke, um sie besser greifen zu können. Ich spürte seinen heißen Atem auf dem Stoff zwischen meinen Oberschenkeln und erschauerte vor Lust. Eine Hand auf seine breite Schulter gelegt, hob ich einen Fuß nach dem anderen, damit er mir die Stiefel ausziehen und dann die Jeans abstreifen konnte.

Eine leise Stimme in meinem Inneren fragte mich, ob er mich bewusst so langsam verführte. Wollte er mich vielleicht später mit der Tatsache quälen, dass ich mehrere Möglichkeiten gehabt hatte, all dem Einhalt zu gebieten? Doch als er mit seinen großen Händen meine Waden umfing, mir in die Augen schaute und meine Beine liebkoste, hörte ich auf, seine Motive infrage zu stellen. Er sah nicht aus wie ein Mann, der jeden seiner Schritte im Voraus plante. Eher wie ein Mann, der Vergnügen an meinem Körper hatte.

Ein Ziehen in meinem Unterleib sorgte dafür, dass der Jeansstoff zwischen meinen Schenkeln noch feuchter wurde, und Michaels Blick wanderte dorthin, als hätte er das gespürt. Seine Hände glitten über meine Beine zu meinen Oberschenkeln hinauf, sodass er die Daumen an die Innenseiten legen konnte. »Spreiz deine Beine«, befahl er heiser.

Erregung stieg prickelnd wie Champagnerperlen in mir auf, und leise stöhnend gehorchte ich ihm. Ich schnappte nach Luft, als er behutsam mit zwei Fingern unter meinen Slip glitt – und dann in mich hinein.

»Oh, verdammt«, stieß er keuchend hervor und drückte seine Stirn gegen meinen rechten Oberschenkel. »Du bist wirklich bereit.«

Ich errötete vor Scham, denn normalerweise dauerte es viel länger, bis mich ein Mann an diesen Punkt brachte.

Sanft nahm Michael seine Finger zurück und streifte mir die Unterwäsche über meine zitternden Beine. Dann legte er mein rechtes Bein über seine Schulter, und ich hielt mich stöhnend mit einer Hand an seiner anderen fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Mit einem kehligen Laut der Begierde berührte er mit seiner Zunge meine Klitoris.

Lust durchfuhr mich, und ich drängte mich an seinen Mund. Er krallte stöhnend seine Finger in meinen Oberschenkel.

Oh Gott!

Er leckte und saugte an mir, und in mir baute sich eine unfassbare Spannung auf. Seine Zunge umkreiste meine Klitoris und strich noch einmal gierig darüber, bevor sie in mir verschwand.

»Michael!«, schrie ich auf und drückte mich noch fester gegen seinen Mund, während ich immer weiter dem Punkt entgegenstrebte, an dem ich zerspringen würde.

Michael spürte meine Verzweiflung, saugte noch einmal an meinem Kitzler und schob wieder zwei Finger in mich hinein.

Es war wie eine Explosion von glühenden Sternen, die mich erschauern ließ und mir eine köstliche Erlösung brachte. Zitternd presste ich mich an Michaels Lippen.

Er ließ sanft mein Bein sinken, und ich stützte mich schwankend auf ihn. Doch ich war noch nicht erschöpft und befriedigt – in mir brannte immer noch Verlangen. So, als würde ich mich erst am Rande eines Orgasmus befinden. Ich wollte mehr.

Unsere Blicke trafen sich, und ein erregendes Gefühl der Macht überkam mich. Das Glühen in seinen Augen und sein angespanntes Kinn zeigten seine wilde Begierde. Das hatte ich in ihm bewirkt.

Ich.

Ich hob die Arme, damit er mir den Pullover über den Kopf ziehen konnte.

Meine Brust hob und senkte sich heftig, als Michael den Pulli auf den Boden warf und seine Hände auf meine Schultern legte. Sein Blick folgte seinen Fingerspitzen, während er sie quälend langsam über mein Schlüsselbein und hinunter zu meinem Brustansatz gleiten ließ. Meine Brüste waren immer noch voll und groß, aber nicht mehr ganz so straff wie früher. Einen kurzen Moment lang überlegte ich, ob ihm das auffallen würde, sobald er mich ohne BH sah. Und ob es ihm etwas ausmachen würde …

»Immer noch so wunderschön«, flüsterte er, und bei seiner Berührung erbebte ich. Meine Brustwarzen richteten sich erwartungsvoll auf und zeichneten sich gegen den Stoff meines BHs ab.

»Michael«, murmelte ich.

Als Antwort auf mein Flehen umfasste er meine Hüften und drückte mich so fest an sich, dass ich seine harte Erektion an meinem nackten Bauch spürte.

Sanft umfasste er mein Gesicht und küsste mich so leidenschaftlich, dass ich mich selbst schmecken konnte. Doch diese Küsse waren anders als zuvor – nicht mehr so fordernd und hungrig, sondern langsam, sexy und so verehrend und zärtlich, dass mir Tränen in die Augen traten. Ich griff nach seinen muskulösen Oberarmen und spürte seine Kraft und seine Leidenschaft. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, was ich mir mehr wünschte: ihn in mir zu spüren oder mich von ihm halten zu lassen, während ich an ihn geschmiegt weinte.

Die Stimme in meinem Inneren flüsterte mir zu, dass es nicht gut wäre, jetzt weiterzumachen.

Bevor ich mich jedoch entscheiden konnte, ließ Michael seine Hände über meinen Körper gleiten und erkundete mit sanftem Streicheln jeden Zentimeter – meine Rippen, meine Taille, meinen Bauch. Dann griff er nach meinem Po, und sein Kuss wurde gieriger. Er presste mich an seine Erektion, und ich fühlte seinen Zwiespalt förmlich, während er meine Zunge mit seiner liebkoste. Einerseits wollte er sich Zeit lassen, andererseits mich aber am liebsten sofort nehmen.

Dieser Kampf in ihm, von dem ich nicht wusste, wie er ausgehen würde, erregte mich sehr.

Es schien ihn zu beruhigen, dass ich über seine Arme strich, und seine Küsse wurden zärtlicher. Er biss leicht auf meine Unterlippe und wich dann ein Stück zurück, um mir in die Augen zu schauen, während er nach dem Verschluss meines BHs tastete. Mit einer Fingerfertigkeit, an die ich mich noch aus unseren Zeiten in seinem Wagen erinnerte, öffnete er das Häkchen und schob mir die Träger von den Schultern, sodass mein BH auf den Boden fiel. Ich erschauerte, als sich sein Blick verschleierte. Sein Griff um meine Oberarme verstärkte sich, während er bewundernd meine nackten Brüste betrachtete. Unter seinem prüfenden Blick versteiften sich meine Brustwarzen zu harten Spitzen, die sich nach seinem Mund sehnten.

Alle Bedenken, die mir wegen meines veränderten Körpers durch den Kopf gegangen waren, verflogen, als ich den Ausdruck der Anspannung und des Begehrens auf seinem Gesicht sah.

»Dahlia«, murmelte er und umfasste mit den Händen meine Brüste.

Ich wölbte ihm stöhnend meinen Körper entgegen. Eine Woge des Verlangens überrollte mich, als er mit meinen Brüsten spielte, sie massierte und meine Brustwarzen streichelte und sanft kniff. Dabei wanderte sein Blick ständig zwischen meinem Gesicht und meinen Brüsten hin und her. Ich drängte mich an ihn und flüsterte ihm zu, wie sehr ich ihn wollte.

Kaum waren die Worte über meine Lippen gekommen, küsste er mich wieder. Dieses Mal hart und leidenschaftlich. Er nahm meine Spitzen zwischen Zeigefinger und Daumen, und ich keuchte vor Lust, als ich sein zufriedenes Stöhnen hörte. Nun war ich mehr als bereit. Rasch grub ich meine Finger in seinen Pullover und löste meine Lippen von seinen. »Zieh das aus.«

Michael gehorchte bereitwillig. Er ließ mich los, trat einen Schritt zurück und streifte seinen Pulli ab. Nachdem er ihn auf den Boden geworfen hatte, streifte er seine Stiefel und seine Jeans ab. Ich genoss diesen Anblick. Seine Brust, seine Arme und sein Bauch waren eindeutig muskulöser als früher. Er hatte auch damals regelmäßig Sport getrieben und einen großartigen Körper gehabt, doch das Sixpack und die breiten Schultern deuteten darauf hin, dass er in den letzten neun Jahren viel stärker trainiert hatte.

Darüber wollte ich mich nicht beklagen.

Auf keinen Fall.

Beim Anblick seiner kräftigen Oberschenkel und seiner sehnigen Waden spürte ich wieder ein Ziehen im Unterleib, und ich sehnte mich danach, einen Blick auf seinen Po werfen zu können. Meine Güte, ich hätte wetten können, dass sein Hintern unglaublich gut aussah. Mir entfuhr ein Stöhnen, als er seine Boxershorts über seine Erektion nach unten schob und ich entdeckte, wie sich sein harter Schwanz zu seinen Bauchmuskeln nach oben reckte.

Jede Faser meines Körpers fühlte sich zu ihm hingezogen, als ich ihm zusah, wie er ein Kondom aus seinem Geldbeutel nahm und es über seine Erektion rollte. Es war kein Vorspiel mehr nötig. Ich wollte und brauchte ihn in mir.

Was auch immer er an meiner Miene las, brachte ihn dazu, mich um die Taille zu fassen. Er führte mich jedoch nicht zum Bett, um sich mit mir dorthin zu legen, sondern drehte sich um und setzte sich auf die Bettkante. Dort bedeutete er mir, sich auf seinen Schoß zu setzen, sodass seine harte Erektion gegen meinen Bauch stieß.

Michael hob mein Kinn an, um mich direkt anschauen zu können. Ich krallte meine Finger in seine Schultern, als ich die Emotionen in seinen Augen sah – Begehren, Verlangen, aber auch Verwirrung, Schmerz und noch etwas, dem ich nicht genauer nachgehen wollte. Es kam mir vor wie Furcht, und dieses Gefühl wollte ich mir in Michael nicht vorstellen.

Meine Augen füllten sich mit Tränen, und bei diesem Anblick spannten sich seine Kinnmuskeln an. Er fuhr mit einer Hand über meinen Rücken hinauf bis in meinen Haarschopf und bog sanft meinen Kopf so weit nach hinten, dass sich ihm meine Brust entgegenwölbte, und umschloss meine rechte Spitze mit seinen Lippen.

Ich schnappte nach Luft und presste unwillkürlich meine Hüften an seinen Körper, während er an mir saugte, leckte und knabberte. Die Spannung zwischen meinen Beinen stieg immer stärker an, während er seinen Kopf zwischen meinen Brüsten bewegte und ich seinen heißen Mund und seine Zunge spürte.

»Michael!« Ich war kurz davor, noch einmal zu kommen.

Als er innehielt, schaute ich ihn flehentlich an, damit er mich weiter berührte, doch er umfasste meine Hüften. Er hob mich hoch, und ich beobachtete, wie er seinen Schwanz in die Hand nahm und ihn zwischen meine Beine platzierte.

Auf sein Zeichen hin ließ ich mich langsam nach unten sinken, bis seine Schwanzspitze meine feuchte Hitze berührte. Über meinen Rücken und meinen Bauch bis hinunter zwischen meine Oberschenkel liefen Schauer wie elektrische Ströme.

Michael.

Endlich war ich bei Michael.

So erregt war ich in meinem ganzen Leben noch nie gewesen. Michael stützte mit einer Hand meine Hüfte und legte die andere auf meine rechte Brust. Stöhnend ließ ich mich weiter auf seine gewaltige Erektion sinken.

Die immer noch anhaltende Spannung von dem ersten Orgasmus, den er mir verschafft hatte, explodierte bereits, als ich nur die Spitze seiner Erektion in mir spürte.

Ich schrie auf und klammerte mich an seine Schulter, da der nächste Orgasmus mich überrollte und sich die Muskeln tief in mir um Michael zusammenzogen und ihn tiefer in mich hineinpressten. Meine Hüften zuckten, meine Bauchmuskeln spannten sich an, und ich schlang meine Arme um seinen Nacken und legte meine Stirn an seine, um mich in diesem Sturm an ihm festzuhalten.

Als die letzten Nachbeben durch meinen Körper zuckten, wurde mir bewusst, dass Michael mit einem beinahe schmerzhaften Griff meine Hüften umfasste und ich seine überwältigende Fülle in mir spürte. Irgendwann während meines Höhepunkts war er ganz in mich eingedrungen.

Oh mein Gott.

Und davor … Es war …

Errötend hob ich den Kopf, um seine Reaktion zu sehen. Bei dem Feuersturm der Begierde in seinen Augen zogen sich meine Muskeln um ihn wieder zusammen.

Michael stöhnte leise auf. »Weißt du, wie verdammt schwer es war, nicht in dir zu kommen?«, fragte er mit heiserer Stimme. »Du bist schon gekommen, als ich noch kaum in dir war.« Er ließ seine Hände zu meiner Taille gleiten und lächelte mich an. »Ist dir das vorher schon jemals passiert?«

Ich wusste, warum er fragte.

Ich wusste, was er hören wollte.

Und obwohl ich es ihm nicht sagen sollte, brachte ich es nicht fertig, es ihm vorzuenthalten. Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe noch nie jemanden so begehrt wie dich.«

Mit einem animalischen Laut der Befriedigung hob er uns ein Stück hoch, drehte sich um und ließ uns so auf das Bett gleiten, dass ich auf dem Rücken lag. Durch diese Bewegung drang er so tief in mich ein, dass es mir den Atem verschlug und ich nach Luft schnappte.

Michael murmelte einen derben Kraftausdruck, bevor er meine Armgelenke fasste und sie links und rechts neben meinem Kopf auf das Bett drückte.

Die langsame Verführung war vorbei.

Mit kräftigen Hüftstößen bewegte er sich in mir, ohne dabei den Blickkontakt zwischen uns abbrechen zu lassen. Offensichtlich war das wichtig für ihn. Ebenso wie für mich.

Ich wollte ihn spüren, die Hände auf seinen Hintern legen und fühlen, wie er sich mit jedem Stoß auf und ab bewegte, doch er hielt mich fest.

Das erregte mich noch mehr.

Mit jedem harten Rein- und Rausgleiten wuchs die Spannung in mir an. Seine Gesichtszüge waren vor Lust verzerrt, und bei der nächsten kraftvollen Bewegung kam ich noch einmal. Der Orgasmus war schneller und kürzer, aber nicht weniger intensiv als der vorherige. Kaum dass Michael meinen Höhepunkt spürte, schwoll er auf unglaubliche Weise noch weiter an. Er presste meine Hände auf die Matratze, spannte sich zwischen meinen Beinen an, und dann …

»Verdammt, Dahlia!« Seine Hüften zuckten und zitterten.

Schließlich ließ er meine Handgelenke los, sank auf mich und vergrub sein Gesicht an meinem Hals. Ich schlang meine Arme und Beine um ihn und streichelte seine warme, feuchte Haut.

Als sich sein Atem langsam beruhigte und sein Körper weicher wurde, wurde er mir zu schwer – ich bekam kaum noch Luft. Und das lag nicht nur an seinem Gewicht. Mir wurde kalt, und Panik überfiel mich, als ich begriff, dass ich mir etwas genommen hatte, was mir nicht zustand. Und etwas gegeben hatte, was ich nicht hätte geben sollen.

Vor allem, da ich mir nicht über Michaels wahre Beweggründe im Klaren gewesen war.

»Wir könnten die ganze Nacht hier stehen bleiben, uns gegenseitig anschreien und versuchen, Wege zu finden, unsere ganze Qual wieder hervorzuholen, oder ich könnte dich auf mein Bett werfen, und wir könnten uns den Zorn und den Schmerz von der Seele vögeln.«

Ich dachte an den Schmerz und die Bitterkeit, die er mir gegenüber empfand. An all die schrecklichen Dinge, die er zu mir gesagt hatte. Früher hatte ich gedacht, dass Michael und mich etwas ganz Besonderes verband. Etwas Explosives, Leidenschaftliches. Doch das war vielleicht gar nicht gut. Vor allem, wenn sich dabei zärtliche Gefühle in Gift verwandeln konnten. Wenn ein guter Mensch wie Michael dann plötzlich dazu fähig war, gemeine Dinge zu sagen und zu tun.

Ich wollte, dass er mir verzieh und alles vergaß, doch wie konnte ich das erwarten, wenn ich selbst nicht dazu bereit war, ihm seinen Versuch zu vergeben, mich den Kummer spüren zu lassen, den er seit Jahren mit sich herumtrug?

Mit einem Mal fröstelte ich. Ich löste mich von ihm und starrte an die Decke. Ein unfassbar starker Schmerz ergriff mich. Meine Stimme klang flach in meinen Ohren, als ich fragte: »Ist es das, was du wolltest? Hast du mich jetzt aus deinem Kopf gevögelt?«