Ich legte mich aufs Bett und wollte die Augen schließen. Stunden vergingen. Ich versuchte, Schlaf zu finden, aber der wollte nicht kommen. Ich konnte nur an Rider denken. Ich musste mit ihm reden. Ich musste das alles von ihm hören.
Die Zimmertür ging knarrend auf. Im Mondlicht sah ich Mae hereinkommen. Ich setzte mich auf, als sie leise an mein Bett kam. Ohne ein Wort zu sagen, gab sie mir einen Schlüssel, den ich ihr stirnrunzelnd aus der Hand nahm.
Mae vergewisserte sich, dass niemand hinter ihr stand, und flüsterte: »Geh zur Tür hinaus, geradeaus zwischen den Bäumen durch und dann nach rechts. Er ist in dem alten Schuppen.«
»Mae«, flüsterte ich fast unhörbar.
Mae beugte sich vor, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und half mir aus dem Bett. Daraufhin gab sie mir ein langes ärmelloses schwarzes Kleid, und ich tauschte es gegen das weiße Hochzeitsgewand. Anschließend schlüpfte ich in die Sandalen, die ich bei der Hochzeit mit Rider getragen hatte, folgte ihr die Treppe hinunter und aus dem Haus.
Danach drehte ich mich um, sah Mae in die Augen und sagte lautlos: »Danke.«
Mae lächelte und schloss die Tür. Ich ließ den Blick durch die Dunkelheit schweifen, die mich umgab, schluckte das Unbehagen, mich an einem so seltsamen, unbekannten Ort zu befinden, hinunter und eilte in die Richtung, die Mae mir genannt hatte, den Schlüssel fest in der Hand.
Ich musste zu ihm.
Meine hastigen Schritte waren begleitet vom Rufen der Nachteulen und dem Zirpen unsichtbarer Grillen. Mein Atem ging schnell und schwer, als ich durch dichtes Laub lief. Schließlich drehte ich mich nach rechts und blieb wie angewurzelt stehen, als ich den alten Holzschuppen sah. Trübes Licht drang durch die Risse im Holz, und ich wusste, dass hinter dieser Tür Rider war.
Ich schlich weiter, öffnete die Tür mit dem Schlüssel, den Mae mir gegeben hatte, schlüpfte hinein und schloss hinter mir ab.
Dann drehte ich mich um … und der Anblick, der sich mir bot, vernichtete alles, was von meinem zerbrochenen Herzen noch übrig war. Rider lag mitten im Schuppen, schmutzig vom Boden und gefesselt mit rostigen Handschellen, an denen lange Ketten hingen. Er lag auf dem schmutzigen Boden und sah total niedergeschlagen aus … und ich fühlte, wie meine Seele vor Mitgefühl aufschrie.
Einmal mehr war er der Gefangene. Da erkannte ich, dass Rider, überall, wohin er auch ging, ob hier oder in der Gemeinde, immer allein war. Immer allein sein würde.
Er war ein auf ewig Ausgestoßener, der in keine der beiden Welten gehörte, in denen er gelebt hatte.
Der Schmerz dieser Erkenntnis raubte mir den Atem.
Ich zwang meine Füße zum Gehen und ging leise in die Mitte der Scheune. Eine einzelne trübe, nackte Glühbirne beleuchtete den Mann, dem ich mich ganz hingegeben hatte. Und egal, was man mir erzählt hatte, seit ich an diesen seltsamen Ort gekommen war, konnte ich einfach nicht glauben, dass er böse war. Obwohl alle Beweise darauf hindeuteten, konnte ich weder meinen Kopf noch mein Herz dazu bringen, dem zuzustimmen.
Er musste meine Anwesenheit gespürt haben, denn als ich ihn anstarrte und mein Bestes gab, den Mut aufzubringen, um zu sprechen, öffnete er die Augen und sah mich direkt an. Als seine müden, geröteten Augen meine fanden, trat ein Ausdruck von Qual in sein schönes Gesicht. Dann drehte er sich weg, und ich wusste, er tat es aus Scham.
Meine Füße gingen auf ihn zu, einen Schritt, dann zwei, und schließlich ließ ich mich neben ihm nieder. Ich war weit genug weg, dass er mich nicht erreichen konnte. Doch ich konnte ihn deutlich sehen. Auch sein Gesicht. Ich musste die Wahrheit hören – unbedingt.
Die ganze Wahrheit. Nichts verheimlicht. Alles offenbart.
Ich faltete die Arme auf den angezogenen Knien und wartete darauf, dass er mich wieder ansah. Und als er es tat, brach ich fast zusammen. Heiße Tränen fluteten seine Augen, und einsame Tropfen liefen über seine blassen Wangen. Auf seiner Stirn befand sich ein frischer Bluterguss, und neue Wunden bedeckten seine Haut.
Überall, wohin er ging, wurde er geschlagen. Und doch ertrug er das alles.
Er holte tief Luft und flüsterte: »Harmony … du solltest nicht hier sein.«
»Bella«, korrigierte ich ihn.
»Bella«, sagte er leise, fast ehrfürchtig. »Du musst gehen. Lass mich … einfach allein.«
Ich würde nirgendwohin gehen.
»Du liebst Mae«, platzte ich heraus. Riders Pupillen weiteten sich. Ich hatte ihn schockiert. Ich war es ja selbst. Ich hatte so viele Fragen, und doch war das die erste Frage, die ich unbewusst zu stellen entschieden hatte. Erst da wurde mir klar, wie sehr mich das beschäftigt hatte. Und wie viel Schmerz der Gedanke meinem Herzen bereitete.
»Nein«, antwortete Rider endlich.
»Du lügst«, beschuldigte ich ihn. »Man hat mir alles erzählt. Alles, was du getan hast. Alles, was dein Bruder getan hat … wie du um Maes Liebe gekämpft hast.«
Riders schon blasse Wangen wurden aschgrau. Die Ketten rasselten, als er sich mühsam aufsetzte. Er sah mich an. Starrte mir direkt in die Augen.
Er ließ die Schultern hängen. »Ich dachte, dass ich sie liebe. Als ich von meinem Onkel erwählt wurde, diese Männer zu infiltrieren, fühlte ich mich völlig fehl am Platze. Aber ich glaubte an die Sache. Bella … ich hing so sehr an unserem Glauben, dass ich nichts infrage stellte, was man mir in der Gemeinde beigebracht hatte.« Er schüttelte den Kopf und fuhr sich übers Gesicht. »Als Mae hierherkam, blutend und fast tot, fand ich recht schnell heraus, wer sie war.« Er zeigte auf die Schrift an meinem Handgelenk. Ich fuhr mit den Fingern über die Tätowierung, die man mir als Kind aufgezwungen hatte. »Ich wusste, dass ich ihr Vertrauen gewinnen musste, um sie zu meinem Onkel zurückzubringen. Und sie war die einzige Frau, mit der ich je wirklich gesprochen hatte. Ich … ich denke, ich wollte sie, weil sie vom Orden kam. Ich dachte, sie stünde unter dem Einfluss des Teufels.« Er gab ein selbstironisches Lachen von sich. »Krank, oder? Ich dachte wirklich, dass ich ihrer Seele helfen müsste. Ich habe ehrlich geglaubt, dass ich sie liebe, sie für mich bestimmt sei und ich sie retten könne. Als ich aufstieg, war das mein größtes Ziel: sie zurückzuholen. Sie an meiner Seite zu haben. Ich dachte, dass es mir bestimmt wäre, das wahr zu machen. Dass Gott das von mir erwartete.«
»Was hat sich geändert?«, hörte ich mich fragen. Ein Übelkeit erregendes Gefühl war in mir hochgekommen, als ich hörte, wie er davon redete, wie er Mae gewollt hatte. Es war unerträglich, aber ich konnte es nicht vertreiben.
Riders Brustkorb hob und senkte sich, als er sich um Atem mühte, um zu sagen, was immer er als Nächstes sagen wollte. Und dann sagte er es, und das Gefühl in mir löste sich in Nichts auf.
»Du.«
Ich erstarrte mit angehaltenem Atem.
»Du hast es geändert. Du hast alles verändert.«
»Rider …«, flüsterte ich mit brüchiger Stimme. Meine Finger zuckten und wollten nach seiner Hand greifen und seine Wärme spüren. Die Sicherheit seiner Berührung.
»Es ist wahr. Ich war mein Leben lang behütet. Ich blieb unberührt und konzentrierte meine Bemühungen auf die erste Frau, die mir je Aufmerksamkeit schenkte … aber das war alles Blödsinn. Mein Verlangen nach Mae war so falsch wie die verdammte Religion, der wir unser Leben gewidmet haben.« Rider wandte den Kopf ab. Ich rührte mich nicht. Dann sah er mich wieder voller Selbsthass in den Augen an. »Bella … als ich aufstieg … ich … ich habe es regelrecht genossen, die Macht über alles zu haben. Ich fühlte mich, als hätten alle Opfer, die ich gebracht hatte, einen Sinn gehabt. Ich hatte einen Weg, ein Ziel … und dann ging alles schief. Ich wusste nicht, wie ich unsere Anhänger führen sollte. Die Ältesten verloren langsam den Glauben an mich. Ich erhielt keine Offenbarungen, wie ich geglaubt hatte.« Er gab ein ersticktes, niedergeschlagenes Lachen von sich. »Weil es so etwas gar nicht gab. Mein Onkel hatte alles nur erfunden. Er war schlau. Er und seine kranken Kumpane fanden heraus, dass sie andere in ihre Falle locken konnten, wenn sie ihre Perversionen unter dem Deckmantel der Religion verbargen. Gebrochene, verirrte Menschen, die nach einem Grund zum Leben suchten. Die hilflos nach einem besseren Leben suchten. Stattdessen hat er ihnen bloß Vergewaltigung und Unterdrückung gebracht.«
»Du wusstest nichts davon«, sagte ich. »Du wurdest dazu erzogen, das alles zu glauben. Wir alle.«
»Ich hätte es wissen müssen«, antwortete er streng. »Bella, ich habe fünf Jahre lang hier bei den Hangmen gelebt. Ich habe das wahre Leben gesehen, die wahre Welt. Ich habe in ihr gelebt. Aber die ganze Zeit habe ich an dem Glauben festgehalten, dass die ganze Welt unrecht hat und unsere kleine Gemeinde recht. Wie naiv war das denn?«
»Es war nicht naiv, Rider. Die Gemeinde war deine Familie. Sie war alles, was du kanntest. Ich kenne das, erinnerst du dich? Ich hatte dasselbe Leben.«
Er starrte mich lange an. So lange, dass ich nervös wurde. So lange, dass sein wundes und beschämtes Gesicht zu einer Maske aus Eis wurde. »Ich habe es geschehen lassen«, sagte er dumpf. »Alles.«
Ich schluckte schwer.
»Ich habe zugelassen, dass der Klan Lilah entführte. Sie hätten eigentlich Mae verschleppen sollen. Und dann schob ich die Verantwortung für sie von mir und ließ zu, dass Judah sie bestrafte.«
»Du hast nicht gewusst, was Judah ihr antun würde, oder was die anderen Ältesten tun würden. Sogar Lilah glaubt, dass du versucht hast, sie zu retten.«
»Das ist der Punkt, wo du dich irrst.« Mir schien das Blut aus allen Muskeln zu weichen. Hatte ich mich in Rider getäuscht? Ich fürchtete, dass all sein Schmerz und Selbsthass nur ein Trick war. Doch da zitterten seine Lippen, und eine einzelne Träne lief über seine Wange … und ich wusste, dass er tatsächlich der Mann war, für den ich ihn immer gehalten hatte. »Ich denke … ich denke, tief in mir wusste ich immer, dass Judah schlecht war … grausam … sadistisch …«
»Rider«, schluchzte ich und wollte näher zu ihm. Er streckte die Hand aus, um mich aufzuhalten. Die Ketten an seinen Handfesseln rasselten neben ihm auf dem Boden.
»Ich … ich denke, ich wusste es. Aber ich habe nichts getan, denn, Bella … wenn ich Judah nicht hatte …« Ein gequälter Laut drang aus seiner Kehle, und sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. »Dann … dann hatte ich niemanden.«
Ich hätte die Tränen nicht aufhalten können, selbst wenn ich gewollt hätte. Diesmal hätte auch keine ausgestreckte Hand mich davon abhalten können, nach meinem Ehemann zu greifen. Und als ich diesmal neben ihm niedersank, ließ er sich von mir in die Arme nehmen. Er fiel an meine Brust und ließ allen Schmerz in seinem Herzen frei. Die Ketten drückten auf meine Beine. Es kümmerte mich kein bisschen.
»Rider«, flüsterte ich und strich ihm das lange Haar aus dem feuchten Gesicht, »ich bin hier … ich bin hier.« Meine Worte ließen ihn nur noch lauter weinen. Ich wiegte ihn in den Armen, und meine Tränen fielen zu Boden und mischten sich mit seinen.
»Ich bin ganz allein«, würgte er in seiner Qual hervor. »Ich bin so verdammt allein … so durcheinander …«
»Nein«, widersprach ich und legte die Hände an seine Wangen. Sein tiefes Leid brach mir das Herz. Ich hatte noch nie jemanden so am Boden zerstört gesehen. Selbst in meinen schlimmsten Zeiten hatte ich immer die Liebe meiner Schwestern gehabt. Und danach die von Bruder Stephen und Schwester Ruth … Rider – er hatte niemanden gehabt.
Absolut niemanden. Und das Schlimmste von allem war, dass die meisten Menschen, die er kannte, ihn hassten. Ihn wirklich bis aufs Blut hassten.
Riders Zusammenbruch dauerte noch viele Minuten. Als seine Tränen schließlich trockneten, holte er mühsam Luft. »Ich verdiene den Tod. Es gibt nichts, was ich tun kann, um alles, was ich getan habe, wiedergutzumachen. Ich habe den Tod verdient.«
»Nein«, widersprach ich entschieden. Ich kniete mich vor ihn und nahm sein Gesicht in meine Hände. Der unheilvolle Unterton in seiner Stimme gefiel mir nicht. »Das stimmt nicht.« Rider schloss fest die Augen und wollte den Kopf wegdrehen. Aber ich ließ ihn nicht los.
»Bella«, flüsterte er niedergeschlagen.
»Du hast mich«, sagte ich nachdrücklich. Er musste das wissen. Mir war egal, was die Männer hier in diesem Quartier dachten. »Du hast mich.«
»Ich … ich verdiene dich nicht. Was ich mit deinen Schwestern geschehen ließ …«
»Hast du nicht gebilligt.«
Rider schüttelte den Kopf. »Welche Rolle spielt das? Ich wusste, wozu Judah fähig war. Tief in mir … wusste ich es …«
»Aber du hast ihn geliebt. Er war der Einzige, den du zum Lieben hattest. Es ist leicht, die Sünden eines Menschen zu ignorieren, wenn man blind vor Liebe ist.«
Noch mehr stille Tränen liefen über seine Wangen. Rider senkte den Blick und flüsterte dann: »Ich tue es nach wie vor. Fuck, Bella. Trotz allem … liebe ich ihn immer noch. Er ist mein Bruder … er ist alles, was ich habe. Und ich … ich will nicht allein sein. Ich bin immer so verdammt einsam.« Der Blick aus seinen großen dunklen Augen begegnete meinem. »Zu meiner Beschämung liebe ich ihn immer noch … und das obwohl ich weiß, dass er mich nicht mehr liebt … ich bin nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt je geliebt hat.«
Ich blickte ihm forschend in die Augen und sah Schuld und Schmerz darin. »Weil du ein guter Mensch bist, Rider. Eine reine Seele findet immer Liebe. Selbst durch Hass wird sie stets die Fähigkeit zur Liebe entdecken.«
»Ich bin nicht gut«, widersprach er. »Das glaube ich nicht.«
Ich lächelte. Anschließend drückte ich meine Stirn an seine und sagte: »Dann werde ich es für dich glauben.«
»Bella«, sagte er mit erstickter Stimme und stöhnte. Aber ich ließ ihn nicht weitersprechen. Es gab nichts, was er noch hinzufügen konnte, um meine Gefühle für ihn zu ändern. Wie sehr ich ihn in diesem Moment wollte … in diesem Leben, an meiner Seite.
Ich war nervös, als ich meinen Mund an seinen führte. Doch Rider hielt still und erlaubte mir, meine Lippen auf seine zu drücken. Er überließ mir die Führung.
Kein Mann hatte mir diesen Luxus je gewährt.
Trotz seiner Traurigkeit fühlten seine Lippen sich warm an. Ich schmeckte die Überreste seiner Tränen im Mund, aber ich hieß es willkommen. Seine Tränen wurden zu meinen eigenen, und seine Last wurde zu meiner.
Ein leises Stöhnen kam aus Riders Mund, und er hob die gefesselten Hände an meinen Rücken. Hitze breitete sich in mir aus, entflammte jede Zelle meines Körpers, als meine Brust sich an seine drückte. Riders Mund löste sich von meinem, und er schnappte nach Luft. »Bella«, flüsterte er und hob meine Hand, um einen Kuss auf meine Handfläche zu drücken.
Die Zuneigung in seinen Augen war mein Untergang. Und ich wusste, was ich als Nächstes tun würde. Was ich tun musste. Ich hatte keine Ahnung, was der nächste Tag bringen würde. Ich konnte nicht vorhersagen, was dabei herauskam. Doch ich konnte die Regie der heutigen Nacht übernehmen. Ich konnte diesem für immer gebrochenen Mann zeigen, dass er nicht mehr allein war. Ich war hier.
Ich war immer noch seine Frau.
Rider sah mit ehrfürchtiger Aufmerksamkeit zu, und seine Augen loderten auf, als ich nervös die Beine hob und mich rittlings auf ihn setzte.
Meine Atemzüge gingen unregelmäßig, als unsere Blicke sich trafen. Rider schluckte schwer, was mir verriet, dass er genauso nervös war wie ich. »Ich will es«, beteuerte ich. Ich nahm seine Hand und führte sie an den Saum meines Kleides, das sich schon bis an die Knie hochgeschoben hatte. Riders warme Hand legte sich hinten an meinen Oberschenkel und schob den Stoff beiseite.
»Die Ketten«, sagte ich, als das Metall grob an seinen Handgelenken zerrte.
»Die sind nicht wichtig. Wir ignorieren sie.«
Meine Augen gingen flatternd zu, als seine Finger über meine Haut glitten und träge Kreise zogen, die mir Schauer über den Rücken jagten. Die Hitze der feuchten Luft küsste meine nackten Arme. Ich öffnete die Augen und schlug sie nieder, bis ich Riders Blick begegnete.
Seine zuvor bleichen Wangen füllten sich mit Wärme, und sein Atem wurde schwer vor Verlangen. Ich legte einen Arm um seinen Nacken und schob die andere Hand zwischen uns. Ich zog an seinem Hosenbund, um ihn in die Hand zu nehmen. Rider atmete zischend ein, als ich sein steifes Glied fand. Meine Nervosität verschwand mit der leichten Brise, die durch den Schuppen wehte.
»Bella«, flüsterte er, und ich lächelte, als ihm vor Lust die Augen zufielen und mein Name wie ein Gebet von seinen Lippen kam. Seine freie Hand legte sich auf meinen anderen Oberschenkel und schob langsam mein Kleid hoch. Hitze stieg zwischen meinen Beinen auf. Ich bewegte mich über Riders Erektion und senkte mich langsam auf ihn.
Als er in mich drang, legte ich die Hand auf seine Schulter. Ich hielt mich an ihm fest, als ich mich ganz auf ihn sinken ließ … bis wir vollständig vereint waren. Bis nichts mehr zwischen uns war. Und er wusste, ich würde nirgendwohin gehen.
»Bella«, keuchte er, als ich mich wieder aufwärtsbewegte. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, sank ich wieder herab. Meine Nägel gruben sich in seine Haut, und ich stöhnte leise auf, als das Gefühl, wie er mich füllte, mein Herz schweben ließ.
»Rider«, flüsterte ich. Er stöhnte und barg die Stirn an meinem Hals. Meine Hände lösten sich von seinen Schultern und glitten durch sein Haar. Während meine Hüften schneller wurden, führte ich den Mund an sein Ohr und flüsterte: »Ich bin hier bei dir. Du bist nicht mehr allein.«
Riders darauffolgendes Grollen ließ Feuer in meinen Adern auflodern. Er stieß sich in mich und übernahm die Führung. Mit einer Hand griff er meine Hüfte und umfasste mit der anderen meinen Nacken. Hitze brandete zwischen meinen Beinen auf, als ich den entschlossenen Blick in seinen Augen sah, ungeachtet der angespannten Kette, die sich grob in meinen Rücken drückte.
»Fuck … Bella«, flüsterte er, während er meine Bewegungen führte. Riders dunkle Haut schimmerte, während wir uns schneller bewegten, und der Druck, den ich zuvor nur ein Mal gespürt hatte, baute sich wieder in meinem Unterleib auf.
Sein Schaft in mir zuckte und löste etwas in mir aus, das mich vor Wonne erschauern ließ. »Rider!«, rief ich überrascht aus, und sein Blick unter halb gesenkten Lidern begegnete meinem. Ich verdrehte die Augen, als das wundervolle Gefühl, ihn in mir zu spüren, fast zu stark wurde, um es zu ertragen.
Seine Hand an meinem Nacken zog mich enger an ihn. Rider eroberte meine Lippen mit seinen und schob seine Zunge in meinen Mund. Die Reize waren fast zu viel. Er war überall – sein Aroma in meinem Mund, seine Hände auf meiner Haut … seine Seele in meinem Herzen.
Riders Zunge spielte schneller mit meiner. Seine Hüften wurden immer schneller, und gerade als ich den Druck in mir nicht mehr aushalten konnte, erfasste mich eine Explosion der Ekstase, so intensiv, dass ich an seinem Mund aufschrie. Rider erstarrte, als ich den Rücken durchbog, und wir fingen jeder das Stöhnen der Erlösung des anderen ein, als er mich mit Wärme füllte.
Wir schnappten nach Luft, unsere Hände glitten über Rücken, Arme, Haut. Meine Hüften wurden langsamer, und wir fanden langsam wieder auf die Erde zurück, bis wir schließlich zur Ruhe kamen. Dann löste ich meinen Mund von seinem und wir drückten die Stirn aneinander. Langsam kämmten meine Finger durch sein langes Haar, und ich erlaubte mir, diesen Moment in all seiner Pracht zu fühlen. In all seiner wundervollen Reinheit.
Als ich die Augen öffnete, sah ich solchen Frieden in seinem Gesicht, dass es mein gebrochenes Herz wieder heilte. »Du bist ein guter Mann«, wiederholte ich die Worte, die ich schon vor unserer Vereinigung ausgesprochen hatte.
Rider blieb still. Ich legte den Kopf in den Nacken und strich ihm feuchte Strähnen seines langen braunen Haares aus dem Gesicht. Er schloss die Augen unter meiner Berührung, und ich wusste, dass das, was Maddie heute Abend zu mir gesagt hatte, die Wahrheit war.
Ich liebte ihn. Irgendwie, wundersamerweise, in allem Wahnsinn, Stress und Kummer der letzten Wochen … hatte ich diesem Mann mein Herz geschenkt. Einem Mann, dessen Seele ebenso zerbrechlich war wie meine eigene.
Und ich konnte ihn retten.
Ich war entschlossen, ihn von seinen Verfehlungen reinzuwaschen.
Meine Finger streichelten tröstend seine Sorgen weg, und ein zufriedenes Lächeln spielte um meine Lippen. Dieser eine Akt von Freude spornte mich an, von dem Ehemann, den ich liebte, ein Versprechen zu erbitten. »Komm zu mir zurück.«
Rider spannte sich an und öffnete die Augen. Er suchte meinen drängenden Blick. Dann legte er die Hand an mein Gesicht und fuhr sanft mit der Fingerspitze über meine Lippen. »Ich muss gehen, Bella. Ich muss denen helfen, die uns geholfen haben. Und ich muss versuchen, die Leute zu retten. Ich kann nicht zulassen, dass sie wegen Judahs Stolz getötet werden. Das kann nur ich tun … es kommt jetzt auf mich an. Ich muss das tun.«
»Ich weiß«, gab ich widerstrebend zu. Und ich wusste, dass es stimmte. Was allerdings nicht hieß, dass ich mir nicht wünschte, es wäre anders. Dass wir irgendwie alle die Vergangenheit vergessen und einfach bloß die Tatsache genießen könnten, frei zu sein.
Aber das waren wir ja gar nicht. Solange Judah und die Ältesten lebten, wäre Rider niemals frei. Doch gleichzeitig wusste ich nicht, welche Auswirkungen es auf sein Herz haben würde, Judah zu verlieren. Selbst jetzt noch konnte ich spüren, dass er nach wie vor glaubte, er würde meine Liebe nicht verdienen. Dass er es nicht verdiente, von Menschen umgeben zu sein, die ihn als den gütigen Mann begehrten, der er wirklich war. Ich machte mir Sorgen, dass es ihn endgültig zerbrechen würde, wenn sein Zwillingsbruder am Ende von dieser Welt verschwunden war.
»Komm einfach … zurück zu mir«, flehte ich wieder. »Ich … ich brauche dich. Du musst überleben und nach Hause zurückkehren.«
»Ich …« Rider wollte antworten, aber seine raue Stimme versagte. »Ich … ich habe kein Zuhause«, entgegnete er dann traurig.
Ich nahm seine Hand von meinem Gesicht und legte sie auf mein pochendes Herz. »Doch. Dein Zuhause ist genau hier.«
Rider fand keine Worte, also beugte er sich vor und eroberte meinen Mund mit seinen Lippen. Er küsste mich drängend, lang und leidenschaftlich. »Du solltest gehen, bevor man dich hier findet. Ich würde es nicht ertragen, wenn du deshalb verletzt wirst«, sagte er.
Nach einigen Momenten der Reglosigkeit zwang ich mich dazu, mich von seinem Schoß zu erheben. Riders Hand griff sogleich nach meiner. Ich lächelte. Sein Körper bat mich zu bleiben, obwohl sein Kopf mir sagte, dass ich gehen musste.
Aber was Rider noch nicht an mir klar geworden war, war die Tatsache, dass ich nur selten tat, was man mir sagte. Das war der Grund für alle meine persönlichen Kämpfe. Ich war nie in der Lage gewesen, mich unterzuordnen.
Mit der freien Hand drückte ich gegen Riders Brustkorb, sodass er zu Boden sank. Er wollte widerstehen, doch ein Blick in mein Gesicht ließ ihn gehorchen. Ich legte mich über ihn und schlang die Arme um seine Taille. Mein Kopf lag auf seinem Herzen, und es rief sofort nach meinem.
Die Ketten an Riders Handgelenken rasselten, als er durch mein Haar streichelte. Dann waren keine Worte mehr nötig, und die Geräusche der Ketten verstummten. Ich wusste, was ich für ihn empfand. Und so wie Rider mich festhielt und mich mit seiner Berührung verwöhnte, wusste ich, dass er dasselbe empfand.
Aber noch wollte ich ihm meine Liebe nicht gestehen. Das käme erst, wenn er von der schweren Schuld befreit war, die ihn fest im Griff hatte. Erst dann, wenn er in meine Arme zurückkehrte.
Denn morgen, falls es ihm gelang, unsere unschuldigen Leute zu retten und die Welt von Judahs Grausamkeit zu befreien, dann würde das Rider zu einem Erlöser machen …
… nicht länger zu einem vom Schicksal bestimmten falschen Propheten, sondern zu einer erlösten und befreiten Seele.