»Was. War. Das?«, schimpfte Viking, als wir Smilers Truck wegfahren hörten.
Ich hatte mich nicht vom Fleck gerührt. Nicht einen verdammten Millimeter. Meine Brustmuskeln waren fast bis zum Zerreißen gespannt.
Ky fuhr sich übers Gesicht. »Was zum Henker machen wir jetzt? Der Bastard hat nicht für seinen Verrat bezahlt.«
Ich starrte auf die Blutlache auf dem Boden unter den Ketten. Aber mein Blick verschwamm, bis ich nur noch Mae sah, die Bellas Hand hielt und mich anstarrte. Noch nie hatte ich sie so fest entschlossen gesehen wie in diesem Moment. Und obwohl ich sauer war, wollte mein Herz trotzdem schier platzen vor Stolz.
Sie hatte Bella den Rücken gedeckt. Alle vier hatten sie dagestanden und das Leben des Dreckskerls verteidigt. Wie vier wunderschöne Kriegerinnen.
Ich drehte mich zu den Brüdern um – alle starrten mich an. Tank hob trotzig das Kinn. »Wir können ihn nicht am Leben lassen, Präs.«
Ich biss die Zähne zusammen.
Mae. Verdammt, Mae. Ich wäre nie darauf gekommen, dass sie sich je gegen mich stellen würde. Andererseits war mir auch nie klar gewesen, was sie für ihre Schwestern alles tun würde. Jetzt schon.
AK rieb sich über den Nacken. »Smiler, der kleine Wichser. Was zur Hölle hat er da gemacht? Schaut uns allen einfach so ohne jede Scham in die Augen und schleppt dabei die Ratte hier raus.« Ich erinnerte mich. Aber noch deutlicher erinnerte ich mich daran, wie Mae hinter ihnen gegangen war und dabei Lilah und Maddie fest an den Händen hielt … ohne mich auch nur ein Mal anzuschauen.
»Hat eben seinem Bruder geholfen«, warf Cowboy ein, der an der Wand des Schuppens lehnte. Der Cajun hatte gelassen die Arme verschränkt und einen Fuß an die Holzwand gestützt. Anders als die übrigen Brüder sah er total gelangweilt aus. Cowboy zeigte neben sich auf Hush. »Er würde auch nie sehen, dass ich den Kerl aus Rache in Stücke schneide.« Er schüttelte den Kopf. »Ist mir scheißegal, ob er eine ganze Stadt abgeknallt hat, ich würde das einfach nicht machen.« Dann wies er mit dem Kopf zur Tür. »Und Smiler hat Rider keinen einzigen Schlag verpasst. Denke, er sieht ihn immer noch als Familie. Schätze, auch er verzeiht ihm.«
Viking lachte. »Schätze, es wird Zeit, dass du mal den Tampon wechseln gehst, Cowboy. Du bist echt emotional, wenn du deine Tage hast.«
Cowboy warf Viking ein kaltes Lächeln zu. »Sag, was du willst, Bruder, aber du würdest Flame oder AK auch so schnell kein Messer in den Schädel jagen. Du würdest eher für sie sterben.«
Viking zeigte Cowboy den Mittelfinger, und Cowboy tippte als Antwort an seinen Stetson. Der Cajun hatte total recht.
Ich schaute Bull an und signalisierte: »Sag den Prospects, dass sie hier sauber machen sollen.«
Dann stürmte ich zur Tür, doch bevor ich die erreichte, fragte Viking: »Also was jetzt, Präs? Wir lassen ihn einfach mit dem ganzen Mist davonkommen, den er verbrochen hat?«
Ich versteifte mich, als ich seinen angepissten Tonfall hörte. Aber ich gab keine Antwort, sondern ging weiter. Viking gab allerdings keine Ruhe. »Du bist der verdammte Präs der Hangmen! Du kannst doch nicht zulassen, dass dein Mädchen die Vergeltung verhindert! Das heute Abend war ein verdammter Witz! Ihr hättet eure Frauen an den Haaren packen und rauswerfen sollen. Frauen mischen sich nicht in die Angelegenheiten der Hangmen. Und du hast nur dagestanden wie ein Trottel und zugesehen, wie sie ihn weggebracht haben!«
Ich musste irgendwie vor Wut ausgetickt sein oder so was. Denn das Nächste, was ich wieder merkte, war, dass ich seine riesige blasse Figur an die Wand gedrückt hatte und ihm die Luft aus der Kehle quetschte. Hinter mir konnte ich die Brüder schreien hören, aber das war mir scheißegal. Ich konzentrierte mich bloß auf den Wichser vor mir. Er schaute mir in die Augen, und sein Gesicht wurde immer röter. Der Zorn, der in mir tobte, zwang mir die Worte aus der verdammten kaputten Kehle. »W-W-Willst d-du der Sch-Scheißpräs sein? Willst d-du mir den M-Mist aus der H-Hand n-n-nehmen?« Ich schlug mit der freien Hand auf den »Präs«-Patch auf meiner Kutte. »W-Willst d-du? Denn i-ich hab die Sch-Schnauze voll von dem g-ganzen Sch-Scheiß!« Ich drückte fester um seinen Hals zu. Dann beugte ich mich vor und sagte: »R-R-Rede nie w-wieder so von M-Mae, o-o-oder ich mach d-d-dich k-k-kalt!« Viking traten die Augen aus den Höhlen. Ich ließ den Arm sinken und sah zu, wie der Idiot auf den Boden fiel.
Danach wirbelte ich zu den Brüdern herum und breitete die Arme weit aus. Sie starrten mich geschockt an und sagten kein Wort. »Will n-noch i-irgendwer was s-sagen?«, brüllte ich und fletschte wütend die Zähne.
Keiner sagte auch nur ein Wort.
Ich ließ die Arme sinken, marschierte schnurstracks raus in den Regen und ließ mir das Blut von der Haut waschen.
Hinter mir hörte ich Schritte und war nicht überrascht, dass es Ky war. Mein bester Freund kam an meine Seite. Ich bog zu den dicht stehenden Bäumen ab und arbeitete mich durch zu meiner Hütte.
»Fuck, Styx!«, meinte er. »Du hast gerade geredet! Und die Brüder stehen immer noch da wie Zombies und sind total sprachlos!« Ich marschierte weiter. Mein Puls am Hals pochte. »Shit!«, brüllte er und ballte die Hände zu Fäusten. »Unsere alten Herren würden sich in ihren verdammten Gräbern umdrehen, wenn sie wüssten, was gerade für ein Mist passiert ist! Wir können nicht zulassen, dass unsere Frauen noch mal so was abziehen, da haben die Brüder recht. Himmel, unsere alten Herren hätten ihre Frauen windelweich geprügelt, wenn die so was abgezogen hätten. Das darf nicht passieren. Sie müssen die Klappe halten.«
Ich antwortete nicht, sondern ging schneller. »Styx«, rief Ky mir nach, während er mir über die nasse Grünfläche folgte. »Styx!«
Ich drehte mich um und rief: »W-Was zum T-T-Teufel er-erwartest du d-denn von m-m-mir?«
Der Regen prasselte mir übers Gesicht, und ich fuhr mir durchs Haar. Da mir klar war, dass ich gerade nicht reden konnte, gab ich Zeichen: »Willst du Lilah für diese beschissene Show den Arsch aufreißen? Denkst du, Flame wird Madds einsperren und verprügeln, weil sie sich gegen ihn gestellt hat?« Ich biss die Zähne zusammen. »Nein, der Wichser würde jeden Bruder kaltmachen, der das auch bloß von ihm erwartet. Und glaube keine Sekunde lang, dass ich nicht jeden Mistkerl in diesem Club umbringen würde, der Mae an meiner Stelle bestrafen wollte.« Ein Knurren grollte in meiner Brust. »Ich würde jeden umbringen, Ky. Jeden Idioten, der sie auch nur auf ihre Einmischung anzusprechen versucht, und ich würde ihm die Scheißzunge herausreißen.« Ich deutete auf Ky. »Und wir wissen beide, dass du auch nichts mit Lilah machst. Also sag mir, Bruder: Was zur Hölle machen wir jetzt? Denn Bella wird uns nicht in die Nähe des Scheißkerls lassen. Und Mae, Madds und Li werden auch nicht zusehen, wie wir Bella aus dem Weg schleifen, um an ihn ranzukommen.«
Ky seufzte und lehnte sich an einen Baum. »So sind die Regeln, Styx. Er muss sterben. Seit der Club gegründet wurde, ist noch nie eine Ratte unter den Hangmen verschont worden. Sollen wir die Ersten sein, die so was durchgehen lassen?« Er gab ein freudloses Lachen von sich. »Dann lachen uns doch alle aus.«
»Fuck, ich weiß!«, signalisierte ich und schaffte es, mich zu beruhigen. »Die Brüder da drin wollen Blut. Und unsere Mädchen wollen, dass wir die Tötung abblasen.«
Ky schüttelte den Kopf. »Können wir nicht. Die Schuld muss beglichen werden.«
Ich lehnte mich Ky gegenüber an den Baum und konnte bloß daran denken, was Bella uns an den Kopf geworfen hatte. Dass wir Mae, Li und Madds verziehen hatten. Ob ich Ky umbringen würde, wenn es hart auf hart käme. Ob er mich töten würde.
»Würdest du es tun?« Ky folgte meinen Händen. »Wenn du mich umbringen müsstest, könntest du es tun?«
Ky schaute hinaus in den dunklen Wald, und ich dachte erst, der Bruder würde nicht antworten. Doch dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Keine verdammte Chance.«
Ich schloss die Augen und dachte daran, wie ich zugesehen hatte, als Rider in der Gemeinde seinen Bruder auf dem Boden erwürgt hatte. Der Ausdruck in seinem Gesicht, als er zusah, wie der unter ihm um sich schlug … die Hunderten Leichen um ihn herum, als er sein eigen Fleisch und Blut umbrachte.
Großer Gott.
»Diese Mädchen machen so richtige Weicheier aus uns, das ist dir schon klar, oder?«, fragte Ky, und ich öffnete die Augen. Er sah mich grinsend an. Und mir wurde ganz warm ums Herz, als ich zurückgrinste.
»Früher waren wir stärker«, sagte Ky, und das Lächeln erstarb auf seinen Lippen. »Vor den Frauen. Du und ich, wir waren unerbittlich. Eine verdammt mitleidlose Einheit. Aber jetzt …« Er zuckte mit den Schultern.
»Willst du damit sagen, du wünschst dir, dass du Li nie begegnet wärst?«, signalisierte ich.
Kys Blick wanderte in Richtung seiner Hütte, und sein Grinsen war wieder da. »Nein. Scheiße, das sollte ich. Nach dem Mist, den sie heute Abend abgezogen haben, sollte ich das … aber ich kann nicht. Dieses Mädchen ist das Beste, was mir je passiert ist.« Er schnaubte. »Und das weiß sie auch. Und jetzt habe ich Grace.« Der Bruder schüttelte den Kopf. »Verdammt, Styx. Ich habe etwas bekommen, was ich nie zu bekommen gedacht hätte. Das will ich nun nicht vermasseln. Du hast die Veränderung in Li auch gesehen, so wie ich. Sie ist glücklich, Präs. Total glücklich.«
Ich dachte an Mae in dem Ultraschallzimmer vor Wochen, und ich wusste genau, was er meinte. Denn, Herrgott, sie war genauso verdammt glücklich. »Ich gehe rein«, signalisierte ich und stieß mich vom Baum ab.
»Ja«, antwortete Ky und drehte sich zu seiner Hütte um.
Kurz bevor er außer Sicht war, rief ich: »Ky!«
Er kam zurück und legte den Kopf schief. »I-Ich f-freue mich e-echt für d-dich, Bruder. Gr-Grace. Ihr habt s-sie verdient.«
Ky lächelte und nickte. »Du wirst jetzt aber nicht weich bei mir, Mann, oder? Du erwartest keine Umarmung oder so?«
Ich schüttelte den Kopf und zeigte ihm den Mittelfinger.
Ky lachte und ging zu seiner Hütte.
Als ich zur Tür hereinkam, war alles still. Ich musste dreimal tief durchatmen, um mich davon abzuhalten, zum Clubhaus zu marschieren und Mae von Rider wegzuzerren. Wenn ich in seine Nähe kam, würde ich ihn umbringen.
Ich holte mir eine Flasche Bier aus der Bar und zog die Stiefel aus. Dann ließ ich mich auf die Couch fallen und trank einen Schluck. Es war viel zu ruhig im Haus. Ich war so an Maes Lachen gewöhnt, an ihre leise Stimme, wenn sie irgendwo irgendwas von Bob Dylan sang.
Ich nahm die Fernbedienung und machte den Fernseher an. Dann erstarrte ich: Das Erste, was ich sah, war ein Blick auf die Gemeinde aus einem Helikopter. Überall Bullen, und überall lagen noch die Leichen. AK hatte der Polizei die Info als anonymen Tipp zukommen lassen. Anscheinend hatten die Typen Neu Zion endlich gefunden.
Der Ticker unten am Bildschirmrand zeigte: »Massensuizid in Weltuntergangssekte bei Austin.« Sogar aus den weiter entfernten Kameraeinstellungen konnte ich den einen Wichser in weißer Tunika sehen, der vor den andern Leichen lag.
Judah. Der Dreckskerl Judah, den Rider mit seinen eigenen bloßen Händen erwürgt hatte.
Fuck!
Ich legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen. Als ich ein Aufkeuchen hinter mir hörte, öffnete ich sie wieder und sah Mae in der Tür stehen. Sie beobachtete die Szenen im Fernsehen, kam dann langsam näher und betrachtete die vielen Leichen. Eine Nahaufnahme von Judah war zu sehen, und Mae erstarrte. »Oh Gott …«, flüsterte sie, als sie die Freakshow ihres alten Lebens live und in Farbe sah. Tränen schimmerten in ihren Wolfaugen.
Shit. Sie sah erschöpft aus. Ihr langes Haar war nass vom Gewitter. Sie blinzelte. »Das hätten wir sein können. Das wären wir gewesen, hätten wir nicht fliehen können.«
Mae schien sich aus ihrer Trance zu reißen und schaute mich dann an. Aus ihren Wangen war die Farbe gewichen, aber sie brachte ihre Züge unter Kontrolle und straffte den Rücken. Ich musste fast grinsen, als sie so trotzig vor mir stand. Genau wie vorhin im Schuppen.
Ich packte die Flasche fester. Ich hatte keine Ahnung, was ich ihr sagen sollte, denn ich hatte keine Ahnung, ob ich sauer oder stolz sein sollte. Doch eins war sicher: Sie hatte mir gerade einen ganzen Scheißhaufen Probleme beschert.
Für den Mist konnten die Brüder mich absetzen.
Mae kam zu mir. Ich erstarrte und fragte mich, was jetzt passieren würde, aber dann schockte sie mich total, als sie sich rittlings auf meine Beine setzte.
Ich schnaubte, als sie sich auf mich setzte und ihre Stirn an meine drückte. Dann schloss ich die Augen und stellte die Flasche auf den Seitentisch, damit ich die Hände an ihre schmale Taille legen konnte.
Mae drückte mir Küsse auf die Wange und den Hals. Ich hielt sie fester, und mein Schwanz wurde hart. Ihre Hände strichen über meinen nackten Oberkörper, und ich hob die Finger in ihr Haar und packte ihre Strähnen fest, damit ich ihren Mund auf meinen drücken konnte.
Mae stöhnte auf, als ich meine Zunge in ihren Mund schob und sie rittlings über den Ständer in meiner Hose rieb. Sie löste sich aus dem Kuss und rang um Atem. Aber ich ließ sie nicht los. Sie würde genau hierbleiben.
»Styx«, bat Mae atemlos und schob sich wieder auf meinen Schoß. Der Blick aus ihren Wolfaugen begegnete meinem, und ich sah das Flehen darin. »Du kannst ihn nicht töten. Bitte. Mir zuliebe. Du kannst das nicht tun.«
Ich ließ den Kopf wieder sinken und versuchte mich davon abzuhalten, Mae umzudrehen und von vorn bis hinten durchzuvögeln. Ihr Mund wanderte wieder an meinen Hals. Ich starrte hoch zur Decke. »D-Du hast M-Mist g-gebaut.«
Mae löste sich von meinem Nacken und schob sich höher, sodass sie auf mich herabblickte. »Ich weiß«, sagte sie leise. »Aber … aber ich kann es nicht bereuen. Ich liebe meine Schwester, Styx. Sie verdient es, so glücklich zu sein wie Lilah und Maddie.« Mae strich mit dem Finger über mein Gesicht. Sie bekam dieses Funkeln in den Augen, das sie nur dann hatte, wenn sie mich ansah, und das machte mich total fertig. »Sie verdient es, so unglaublich glücklich zu sein, wie ich es mit dir bin.«
Mae nahm meine Hand von ihrer Taille und legte sie auf ihren Bauch. »Ich habe gesehen, wie verloren sie war, als sie Maddie, Lilah und mich sah, glücklich in unserer Freiheit. Und dann sah ich sie mit Rider … und wie er bei ihr ist.«
Meine Nasenflügel weiteten sich, als sie den Mistkerl erwähnte.
»Ich weiß, dass er falsche Dinge getan hat. Aber ich stimme auch Bella zu. Rider hat die ganze Zeit immer nur versucht, für seine Rolle in diesem Chaos Wiedergutmachung zu leisten, seit ihm klar wurde, dass das alles falsch war. Und nicht nur für seine Rolle, sondern auch für die seines Bruders und seines Onkels. Wir müssen es gut sein lassen. Ich werde nicht dabei zusehen, wie Bella von der Hand meines Mannes verletzt wird. Ich …« Tränen traten ihr in die Augen. »Ich könnte es nicht ertragen, der Grund für ihren Schmerz zu sein. Sie hat genug gelitten. Genauso wie Rider. Hör … einfach auf.«
»M-Mae«, stöhnte ich und schüttelte den Kopf. »I-Ich k-kann nicht.«
»Doch, du kannst«, widersprach sie. »Es ist wirklich recht einfach. Du vergibst ihm und lässt alles hinter dir.«
Ich zog die Augenbraue hoch und brach echt fast zusammen, als sie über mein Schweigen lachte. Sie war so was von wunderschön, das bezauberndste Mädchen, das es je gegeben hatte.
Und als hätte sie meine Gedanken gelesen, küsste sie mich auf die Lippen und sagte: »Ich liebe dich auch.« Dann wurde sie ganz ernst. »Styx?«
Ich hob den Kopf.
Mae seufzte. »Ich bin fertig mit all dem Blut und Schmerz. Uns wurde ein Wunder geschenkt, als Bella nach Hause kam. Die Gemeinde ist erledigt. Es gibt keinen Schmerz mehr. Also vergib Rider. Er ist Bellas Ehemann. Sie liebt ihn … lass es einfach gut sein. Lass sie in dem Glück leben, das sie gefunden haben.« Als ich nicht antwortete, fragte Mae: »Wirst du darüber nachdenken? Mir zuliebe, bitte?«
Um ihre Frage zu beantworten, rollte ich sie herum, bis sie mit dem Rücken flach auf der Couch lag. Mae stieß einen überraschten Schrei aus, und dann wurden ihre Wolfaugen schwer, und sie fuhr mit den Händen durch mein Haar. Ich griff nach unten, holte meinen Schwanz aus der Hose und zog ihr Kleid hoch.
Ich wollte nicht an Rider denken. Ich wollte alles von heute Abend vergessen, Punkt. Und genau jetzt wollte ich in ihr sein und mein Mädchen zum Schreien bringen.
Also machte ich das. Immer und immer wieder.
Zwei Tage später …
Ich kam als Letzter in die Kirche und ließ mich auf meinen Stuhl am Kopfende des Tisches fallen. Ich hatte meine Brüder zwei Tage lang nicht gesehen, denn ich hatte unheimlich viel zum Nachdenken gehabt.
Jeder Einzelne meiner Brüder starrte mich an. Mein Blick fiel auf Vike und sein völlig ausdrucksloses Gesicht.
Ausnahmsweise hämmerte mein Herz. Und ausnahmsweise hatte ich total verdammte Angst vor dem, was ich gleich tun würde. Aber, fuck, genau das würde ich tun. Ich würde die Konsequenzen tragen, egal wie die aussehen würden.
Ich hob die Hände. »Rider wird nicht sterben.« Als Ky die Worte laut aussprach, spürte ich, wie die Anspannung im Raum hochjagte. »Ihr könnt alle von mir denken, was zum Teufel ihr wollt, das ist mir scheißegal, aber er ist jetzt mit Bella zusammen, und die Braut gehört zur Familie. Und mit meiner Familie mache ich keinen Scheiß.« Ich holte tief Luft. »Ich habe Bedingungen, an die die Ratte sich halten muss, sonst mache ich ihn alle. Aber heute wird er nicht sterben.« Dann beugte ich mich vor, zog die Kutte aus und knallte sie auf den Tisch. Ich blickte jedem einzelnen Bruder ins Gesicht und signalisierte: »Wenn ihr wollt, dass ich als Präs zurücktrete, müsst ihr es nur sagen. Das hier ist mein Club und mein verdammtes Leben. Aber von der Entscheidung gehe ich nicht weg. Ein Wort reicht, und ich übergebe an Ky.« Dann holte ich mein Messer aus der Tasche und hielt es über meinen, Präs’-Patch.
Ich sah, dass Ky den Kopf schüttelte. Doch das hier war nicht seine Entscheidung. Wenn die Brüder das Vertrauen in mich verloren hatten, mussten sie die Scheißklappe aufmachen und es sagen.
»Fuck, nein«, sagte plötzlich jemand. Flame beugte sich vor und schaute finster auf mein Messer. »Ich will ihn auch nicht umbringen. Ich tue Maddie nicht weh. Du bist der Präs. Du bleibst der Präs.«
Ich nickte Flame zu. AK lehnte sich zurück. »Du gehst nirgendwohin, Styx. Scheiß auf die Ratte. An den Kerl denke ich gar nicht mehr. Uns laufen noch genug Wichser wie der über den Weg. Spare ich mir meine Wut einfach für die auf.«
Mehr Kopfnicken. »Du bist der Präs, Styx«, sagte Tank. »Wegen dem Mist will ich dich nicht verlieren. Das ist der Mistkerl nicht wert. Du hast uns so weit geführt. Du wirst den Club nicht aufs Spiel setzen. Ich stehe hinter dir.«
Bull und Tanner nickten zustimmend.
»Ich kenne den Kerl nicht mal«, meinte Cowboy gedehnt. »Und er juckt mich nicht. Aber ja, behalte den Patch auf der Kutte. Wir waren Nomaden und sind bloß deinetwegen hier sesshaft geworden. Und du trittst jetzt nicht wegen irgend so einem Psychopropheten zurück.« Hush nickte zustimmend in meine Richtung.
Smiler, noch wortkarger als ich, saß hinten und nickte mir zu. Er würde meiner Entscheidung nie widersprechen.
Ich begegnete Vikings Blick. »Der Mistkerl muss sterben. Aber keiner will dich als Präs verlieren.« Der Rotschopf zuckte mit den Schultern. »Solange ich seine Visage nicht mehr sehen muss, mach was du willst. Aber du und dieser Richterhammer, ihr beide geht nirgendwohin.« Er grinste. »Und ich bringe dich viel zu gern auf die Palme, um dich zurücktreten zu sehen.«
»Und dass ich hinter dir stehe, weißt du«, warf Ky ein. Ich ließ das Messer fallen, und Ky wandte sich an die Brüder. »Alle einverstanden, dass der Scheißkerl in Ruhe gelassen wird?«
Ein Chor aus »Aye« kam mir entgegen. Viking schlug mit den Händen auf den Tisch. »Und nun zieh diese Kutte wieder an, Styx, und hör auf, so melodramatisch daherzureden. Himmel noch mal! Mit euch, euren Frauen und Cowboy mit seinen total offenen Hippiegefühlen wächst mir am Ende noch eine Vagina! Und das wäre wirklich eine Schande, denn mein Schwanz ist ein echtes modernes Wunderwerk. Die Anakonda ist zu kostbar, um sie zu verlieren.«
AK verdrehte die Augen.
Cowboy zeigte Vike den Mittelfinger.
Und einfach so waren die Brüder erneut an meiner Seite.
Ich steckte das Messer weg, zog meine Kutte wieder an und schlug den Richterhammer auf den Tisch.
Kirche beendet.
Ich marschierte zur Tür hinaus und über den Korridor. Dann schlug ich Smilers Tür auf. Ein geschocktes Aufkeuchen kam mir entgegen. Bella und Rider lagen auf dem Bett – der Kerl war in einem erbärmlichen Zustand. Bella war ihm seit dem Schuppen nicht von der Seite gewichen. Mae hatte mir erzählt, dass sie nie von ihm wegging, für den Fall, dass wir die Gelegenheit nutzten, ihren Mann in die Hände zu bekommen. Und sogar jetzt sprang Bella vom Bett und machte sich auf einen Kampf gefasst. Ich hatte keine Ahnung, was sie sich dabei dachte, so zu tun, als könnte sie es mit mir aufnehmen. Aber sie beeindruckte mich. Bella war eine echt temperamentvolle Frau.
Ich konnte sehen, warum Mae sie so sehr mochte.
»Was willst du?«, fragte Bella kalt. Ich ignorierte sie und ging zum Bett.
Riders Gesicht war eine verquollene, zerschlagene Masse. Überall waren Verbände, und ein Auge ging immer noch nicht auf. Das andere sah nicht viel besser aus, aber er konnte mich sehen. Und ich sah seine Sorge, als ich dastand.
Ich hob die Hände: »Muss mit ihm reden.«
Bella runzelte die Stirn. »Ich verstehe dich nicht.«
Meine Nasenflügel weiteten sich frustriert. Rider öffnete die geschwollenen, aufgeplatzten Lippen und krächzte mühsam: »Er … er muss mit … mir reden.«
»Dann rede«, sagte Bella und verschränkte die Arme.
»Allein«, signalisierte ich und verlor zunehmend die Geduld mit ihrer Haltung.
Rider wiederholte es für sie. »Nein«, sagte sie. Ich sah die Panik in ihrem Gesicht und biss die Zähne zusammen.
»Bella?«, kam da Maes Stimme von der Tür. Bella sah mein Mädchen an. »Er wird ihm nichts tun. Das verspreche ich dir.« Bella starrte mich an und wollte in meinem Gesicht lesen oder so was. Ich starrte direkt zurück. »Bella, bitte. Lass die beiden allein«, bat Mae.
Bella ließ die Schultern hängen. Sie ging zu Rider, küsste ihn auf die Stirn und ging dann an mir vorbei. Dabei ließ sie mich nicht aus den Augen. In dem Moment beschloss ich, dass ich sie vom Fleck weg für den Club rekrutiert hätte, wenn sie ein Kerl wäre.
Als die Tür hinter ihr zuging, ging ich zu dem Stuhl am Bett und setzte mich. Rider beobachtete mich den ganzen Weg. Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die kreuzförmige Narbe auf seiner Brust. Ich fühlte keine Reue.
»Also, Folgendes wird passieren.« Rider verfolgte meine Hände wie ein Falke. »Da du mit Maes Schwester verheiratet bist und es mein Mädchen umbringen würde, wenn die uns für deinen dämlichen Hintern verlässt, wirst du nicht sterben.« Ich sah, wie Riders Brustkorb sich mit schweren Atemzügen hob und senkte, und beugte mich vor. »Aber hier ist Schluss mit der Nächstenliebe. Mae wird nur glücklich sein, wenn Bella in der Nähe bleibt. Bella in der Nähe bedeutet allerdings, dass dein Arsch auch in der Nähe bleibt.« Ich zuckte mit den Schultern. »Andererseits heißt das auch, dass wir jede Bewegung von dir im Auge behalten können. Und genau das werden wir. Egal wohin du gehst, wir kriegen es mit. Du wirst nicht mal kacken gehen, ohne dass wir es wissen. Und solltest du je irgendeinen Versuch starten, den Club zu hintergehen, dann gibt es keine zweite Chance.« Rider machte ein Gesicht, als wollte er etwas sagen, doch ich wollte seine verdammten Entschuldigungen nicht hören. Ich schüttelte warnend den Kopf, dass er es nicht mal versuchen sollte. Und er hielt die Klappe.
»Du wirst am äußersten Rand des Grundstücks leben, schön außer Sichtweite, jedoch nahe genug, dass wir dich im Auge behalten können. Aber ich will dein Gesicht nirgendwo im Club sehen. Ich will nicht sehen, dass du versuchst, dich wieder einzuschleichen. Genau gesagt will ich dich überhaupt nie wieder sehen, Punkt. Also wird es folgendermaßen laufen. Sobald du wieder laufen kannst, gehst du mir aus den Augen und raus aus meinem MC.«
Ich stand auf. Gerade als ich nach dem Türknauf griff, hörte ich den Mistkerl heiser sagen: »Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte … ich würde es nicht mehr tun … ich hätte mich nicht gegen euch gestellt … ich werde das für den Rest meines Lebens bereuen.«
Meine Muskeln wölbten sich, als ich seine verräterische Stimme und seine Worte hörte. Doch ich gab keine Antwort. Ich ging hinaus auf den Korridor, wo Mae und Bella warteten. Bella drängte sich an mir vorbei und ging wieder hinein.
Die Tür schlug zu.
Ich fuhr mir übers Gesicht.
Total. Verrückte. Braut.
Als ich aufblickte, stand Mae grinsend vor mir. »Du hast den Pfad der Vergebung gewählt?« Ich schüttelte frustriert den Kopf. Es war nur ihretwegen. Immer nur ihretwegen. Ky hatte recht: Ich war ein totales Weichei.
Stand unter ihrem Pantoffel. Aber so was von.
Mae stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihren Mund auf meinen. Ich stöhnte an ihrem Mund, drückte sie an die Wand und eroberte ihre vollen Lippen. Mae stöhnte und löste sich dann von mir. Meine Hände legten sich an ihre Taille, und ich spürte, dass sie mich direkt ansah.
Mae holte tief Luft. »River?« Mein Herz hämmerte immer total los, wenn sie mich so nannte. Ich nickte. »Ich denke, es ist Zeit.«
Ich runzelte die Stirn. Zeit wofür?
Mae umfasste meine rauen Wangen und beantwortete meine unausgesprochene Frage. »Dass ich ganz und gar dir gehöre … dass ich endlich Mrs Nash werde.«
Ich erstarrte. Ich erstarrte zur verdammten Salzsäule und kniff die Augen zusammen. »W-Wann?«, fragte ich barsch und wollte, dass es am liebsten gestern so weit war.
»Sobald wir können«, sagte sie und legte meine Hand auf ihren Bauch. »Bevor unser Kind zur Welt kommt. Wenn sich alles hier wieder beruhigt hat.«
Ich wollte am liebsten losfahren, den ersten Scheißpastor kidnappen, den ich fand, und seinen heiligen Arsch zum Clubhaus schleifen, damit er uns traute.
Aber stattdessen beschloss ich, mit meiner baldigen Ehefrau zurück in unsere Hütte zu gehen und sie da zu vögeln, bis sie vor Lust schrie.
Und genau das tat ich auch.