8. KAPITEL

Devin hatte nie zuvor darüber nachgedacht, wie praktisch es war, einen Privatjet zu besitzen. Sie hatten nicht nach Flügen suchen oder ins Reisebüro gehen müssen, Lucas hatte einfach nur seinen Piloten angerufen und ihm gesagt, dass sie nach Dallas wollten.

Doch die ganze Reise über blieb Lucas distanziert und auch noch nach ihrer Ankunft am Abend. Und die Größe von Byrons Anwesen machte ihm das leicht. Zu der Ranch gehörten mehrere Häuser und kleine Cottages, und von der Anhöhe aus blickte man auf den malerischen Lake Hope.

Am Morgen hatte Lexi erklärt, sie wolle reiten lernen, und war mit Byron zu den Ställen aufgebrochen. Teresa erkundete mit Amelia den Ententeich, und Lucas hatte erklärt, er müsse in seinem Haus einige Anrufe erledigen.

So blieb Devin allein zurück. Eigentlich sollte sie an ihrem Buch arbeiten. Sie hatte sogar ihren Laptop dabei, hatte es sich im Wohnzimmer in einem der großen Ledersessel bequem gemacht. Eine angenehm warme Brise strömte durch die offenen Fenster herein, aber zu viele Gedanken hielten sie vom Schreiben ab.

Was dachte Lucas sich dabei, am einen Tag mit ihr zu schlafen und sie am nächsten zu ignorieren?

Sie hatten Dinge zu besprechen. Das Kindermädchen. Steve. Müssten sie nicht Strategien entwerfen? Nachforschungen anstellen? Informationen sammeln? Anträge ausfüllen?

Sie würde nicht länger tatenlos herumsitzen.

Lucas war nicht in seinem Haus, also stieg sie eine kleine Anhöhe hinauf und erspähte ihn am Ententeich.

Er trug Jeans und ein graues T-Shirt, saß auf dem Boden, die Knie hochgezogen, während Amelia sich an einer seiner Schultern festklammerte und eine Ente beobachtete, die auf sie zuwatschelte.

Teresa war weit und breit nicht zu sehen.

Lucas warf ein paar Brotkrumen zu Boden, und die Ente watschelte näher.

Amelia quietschte vor Vergnügen, was die Ente wieder in die Flucht trieb.

Schnell krabbelte Amelia ihr hinterher, und Devin verlangsamte unwillkürlich ihre Schritte, betrachtete die außergewöhnliche Szene. Lucas spielte mit Amelia. Sie waren ganz allein. Und sie sahen beide glücklich aus.

Etwas schnürte ihr die Brust zusammen. Aber sie wusste nicht, ob es Glück oder Bestürzung war. Lucas würde der beste Vater sein, den Amelia je haben konnte. Sie, Devin, sollte froh darüber sein, dass die beiden eine Beziehung zueinander entwickelten. Aber sie liebte Amelia so sehr, sie wollte kein Bisschen von der Kleinen an Lucas verlieren.

Amelia richtete sich auf und stand auf wackligen Beinen. Dann warf sie, was immer sie in der Hand gehalten hatte, der Ente hin. Von ihrem Beobachtungsposten aus konnte Devin nicht sehen, ob Lucas ihr Brotkrumen gegeben hatte oder nicht. Der Ente ging es offensichtlich ebenso, denn sie watschelte näher heran, um zu inspizieren, was dort lag, spreizte die Flügel und schüttelte den leuchtend grünen Kopf, während sie den Boden absuchte.

Wieder warf Amelia ihr etwas hin, drehte sich dann um und strahlte Lucas an, als wollte sie sich seiner Anerkennung versichern.

„Kluges Mädchen“, gurrte Lucas mit tiefer, zärtlicher Stimme.

Amelia machte einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen und noch einen. Sie lief, bis sie in Lucas’ Armen lag, stolz lachend angesichts ihrer Leistung.

Devin schluckte. Amelias erste Schritte.

Und Amelia war mit ihnen auf Lucas zugegangen, nicht auf sie.

In diesem Augenblick entdeckte er sie, und sein Gesichtsausdruck wurde ernst, als er sie anschaute.

Amelia wand sich aus seinen Armen, und Devin zwang sich zu einem Lächeln, legte die letzten Meter zu ihm zurück. Sie sagte sich, dass es noch jede Menge anderer erster Momente in Amelias Leben geben würde, und sie würde bei jedem davon dabei sein. Es war ja auch nicht so, als hätte sie die ersten Schritte verpasst. Sie hatte sie eben nur aus der Entfernung gesehen.

„Offenbar mag sie Enten“, sagte sie, um das unangenehme Schweigen zu durchbrechen.

Amelia krabbelte auf sie zu und griff nach ihrem Bein. Devin setzte sich hin, damit Amelia auf ihren Schoß krabbeln konnte. Gleich fühlte sie sich besser.

Sie sah zu, wie die Enten wieder auf den Teich hinausglitten, und entschloss sich, gleich zum Thema zu kommen. „Ich bin hier, weil ich dich fragen wollte, was wir als nächstes unternehmen.“ Sie half Amelia auf die Füße und klammerte sich an ihre Wut auf Steve, an ihre Entschlossenheit, für Amelia da zu sein. „Was kann ich tun, außer mich hier zu verstecken?“

Er musterte sie, die Pupillen klein vor Ärger. „Du kannst damit anfangen, dich von meinen E-Mails fernzuhalten.“

Devin stockte der Atem, und ihr wurde kalt.

Er wusste es.

Er wusste es.

Wie in aller Welt konnte sie das erklären? „Ich wollte nicht …“

„Du wolltest was nicht?“, höhnte er. „Meine E-Mails nicht lesen oder keinen Sex mit mir haben, um es zu vertuschen?“

Es rauschte in ihren Ohren. Mehrere Enten erhoben sich in die Luft, während Amelia am Gras zupfte.

„Ich bewundere deine Hartnäckigkeit, wirklich“, fuhr er im Plauderton fort. „Eine andere Frau hätte vielleicht zugegeben, dass sie rumgeschnüffelt hat, oder Kopfschmerzen vorgetäuscht oder einfach nein gesagt, aber nicht du, Devin, nein, du hast dich der Herausforderung …“

„Hör auf!“

„Womit? Die Wahrheit zu sagen? Dich bei deinen kleinen Spielchen zu ertappen?“

„Ich habe nicht …“ Sie zögerte. Was konnte sie ihm sagen? Dass sie ein zweites Mal mit ihm hatte schlafen wollen? Dass sie seine Berührungen vermisst hatte? Dass sie in dem Moment, als er sie geküsst hatte, E-Mails und alles andere vergessen hatte?

Er würde ihr niemals glauben. Sie straffte die Schultern, streckte ihr Kinn vor. „Sag mir einfach, wie ich Amelia helfen kann.“

Er starrte sie weiter wütend an, aber sie gab nicht nach.

„Du kannst Amelia helfen, indem du nicht gegen mich kämpfst“, sagte er.

„Gut“, stimmte sie kurz angebunden zu.

„Du musst dem Richter schreiben, der Großvaters Testament prüft. Du musst bestätigen, dass Amelia die rechtmäßige Erbin ist.“

„Anders gesagt, du verlangst, dass ich lüge. Einem Richter gegenüber.“ Darauf würde es wohl immer hinauslaufen.

„Nein“, blaffte er. „Ich will, dass du aufhörst, davon überzeugt zu sein, dass Konrad ein Lügner war. Hör auf, nach Beweisen zu suchen, die es nicht gibt. Er hat Amelia geliebt, und er hat Monica geliebt, und als sie ihn verlassen hat, hat sie ihm das Herz gebrochen.“

„Was ist mit den Firmenanteilen? Was ist mit dem Gespräch? Das, bei dem Konrad dir gesagt hat, dass er Steve mit Amelia ausgetrickst hat?“

„Das hat Monica falsch verstanden.“

„Das ist deine Rechtfertigung?“

„Hat Monica Konrad geliebt?“

Die Frage nahm ihr den Wind aus den Segeln.

Im Staccato sprach Lucas weiter. „Lüg mich nicht an, Devin. Hat Monica ihn geliebt?

„Ja.“ Sie war überzeugt, dass ihre Schwester Konrad von ganzem Herzen geliebt hatte.

Lucas’ Stimme wurde weicher. „Und woher weißt du das?“

„Weil ich meine Schwester kenne. Ich habe ihr bei all dem zur Seite gestanden. Ich habe gesehen, was er ihr angetan hat.“

„Und ich kenne meinen Bruder. Ich habe gesehen, was es ihm angetan hat. Aber das ist irrelevant. Du musst schreiben, dass Monica ihn geliebt hat. Sag dem Richter, dass sie ein Kind bekommen haben, weil sie Eltern werden wollten. Und sag ihm, dass du absolut keinen Beweis hast …“

Devin öffnete den Mund, wollte widersprechen, aber Lucas redete weiter. „Nicht einen konkreten Beweis, dass Konrad jemals die Absicht hatte, Monica reinzulegen.“

„Was ist mit diesem Gespräch?“

„Hörensagen. Du hast es nicht selbst gehört, und Monica kannte den Zusammenhang des Gesprächs nicht.“

„Eine weite Auslegung der Wahrheit.“

„Es ist die Wahrheit. Konrad war nur ironisch. Er hat gesagt, dass Monica zu heiraten und zu schwängern, der perfekte Plan gewesen wäre. Nicht, dass es der perfekte Plan gewesen war. Wir haben über Steve gelacht und nicht über Monica. Schreib das.“

„Damit du es dann dokumentiert hast.“

Lucas seufzte gequält.

„Und wenn ich wegen Amelia gegen dich vor Gericht ziehe, benutzt du meinen Brief gegen mich?“ Eine rein rhetorische Frage, auf die sie keine Antwort erwartete.

„Ich kann immer nur ein Problem nach dem anderen lösen“, erklärte er und warf einen Stein in den Teich.

„Mir scheint es eher, als würdest du alle Probleme auf einen Streich lösen.“

Lucas blickte zu Amelia, die im Gras hockte und die runden lila Köpfe vom Klee zupfte. „Willst du ihr erklären, wie wir ihr Erbe verloren haben, sobald sie 21 ist?“

„Nein. Aber ich will auch nicht, dass ich mich ihr erst vorstellen muss.“

Lucas kam auf die Füße, ließ die Hände sinken. „Das wird nie passieren. Ich werde dich nicht von ihr fernhalten.“

Devin stand ebenfalls auf und strich ihren Rock glatt. Sie wollte ihm ja glauben. Wollte sie wirklich. Die Entscheidung wäre so viel leichter, wenn sie Lucas vertrauen könnte. „Ich soll dir also einfach so glauben?“

Er machte zwei Schritte auf sie zu. „Ich bin nicht derjenige, der in Schlafzimmer einbricht und in fremden Computern herumschnüffelt.“

„Du bist auch nicht derjenige, der darauf vertrauen muss, dass ich mein Wort halte. Aber ich soll deinem Wort glauben.“

„Ja, zum Glück. Deine bisherige Bilanz ist ziemlich jämmerlich.“

Dagegen konnte sie nichts sagen.

Ihr Kampfgeist verflüchtigte sich, und ihre Stimme war leise. „Ich weiß nicht, warum ich überhaupt mit dir streite.“

Lucas sah sie verwundert an, zog die Augenbrauen zusammen.

„Ich bin nicht hierhergekommen, um mit dir zu streiten“, sagte sie zu ihm. „Ich weiß, wer der wirkliche Schurke ist.“ Sie presste eine Hand gegen ihre Stirn. „Ich wollte dich nur bitten, Steve aufzuhalten.“

„Bist du wirklich dabei, dich in Byron zu verlieben?“ Devin starrte in Lexis glänzende Augen, auf ihre rot leuchtenden Wangen. In einen flauschigen weißen Bademantel gehüllt saß Lexi auf der Bettkante.

„Ist doch nur eine Party“, gab Lexi zurück. „Er hat mich nicht zu einem wilden Wochenende auf St. Kitts eingeladen.“ Obwohl der Ausdruck in ihren Augen verriet, dass sie auch das nicht abgelehnt hätte.

„Du fliegst nur für eine Party nach Houston?“

„Wir fliegen für eine Party nach Houston. Byron will, dass wir alle vier hingehen.“

„Ich kann nicht nach Houston.“

„Mach dich nicht lächerlich.“ Lexi tätschelte ihr Knie. „Teresa wird sich gut um Amelia kümmern. Du musst für dein Buch über reiche Menschen recherchieren, und ich muss ausnutzen, dass jemand mit mir ausgehen will, der einen Privatjet besitzt.“

„Du bist käuflich“, warf sie Lexi spielerisch vor.

„Er hat mir aufs Pferd geholfen“, sagte Lexi und biss sich kurz auf die Unterlippe. „Und er hat mir beim Absteigen geholfen. Und dabei haben seine Hände auf meiner Hüfte gelegen. Ich weiß nicht, warum sich das so verdammt sexy angefühlt hat, aber das hat es.“

Devin blinzelte. „Du denkst drüber nach, mit Byron zu schlafen?“

Lexi wurde rot. „Vielleicht.“ Sie kämmte sich die langen Haare mit den Fingern. „Ich weiß nicht. Ich hab jedenfalls drüber nachgedacht, ihn zu küssen. Vielleicht morgen Abend auf der Party.“ Sie beugte sich vor. „Du musst mitkommen, Devin.“

Die Vorstellung, nach Houston zu fliegen, war absolut nicht verlockend. Und der Gedanke, mit Lucas auf eine Party zu gehen, noch weniger. „Ich hab nichts anzuziehen.“

Lexi grinste. „Wir gehen shoppen.“

„Aber …“

Lexi winkte ab. „Byron hat mir schon gesagt, dass ich kaufen soll, wonach immer mir der Sinn steht. Wir können einen Einkaufsbummel in Dallas machen oder in Houston. Komm schon, Devin. Designerkleider. Die Kreditkarte eines reichen Mannes, der es nicht mal merkt, wenn große Summen abgezogen werden.“

„Käuflich“, wiederholte Devin.

„Es wird toll werden.“

Sie brachte es nicht fertig, Lexi zu enttäuschen. Seit Ricks Tod hatte sie Lexi nicht mehr so glücklich gesehen. Also würde sie ein Kleid kaufen, ein bisschen Smalltalk machen und es irgendwie in Lucas’ Gesellschaft aushalten. Es war ja nicht so, als könnte seine Meinung von ihr noch schlechter werden.

Lucas konnte sein Unbehagen darüber, dass er in einem pinkfarbenen Sessel in der Unterwäsche-Abteilung von Desmonde in Houston saß, nicht überwinden. Er zischte Byron zu: „Wir kaufen Abendkleider.“

Offenbar mehr als zufrieden mit sich, lehnte Byron sich zurück. „Na, weiß ich, wie man ein kleines Fohlen bei Laune hält, oder nicht?“

„Können wir nicht gehen? Und sie später abholen?“

„Du warst noch nie verheiratet, Lucas, oder?“ Natürlich wusste Byron das ganz genau. „Vertrau mir, ich weiß, was ich tue.“

„Aber ich will das kleine Fohlen nicht bei Laune halten.“ Er war ja bereit, zu der Party zu gehen. Sie wurde von der staatlichen Handelskammer ausgerichtet, also würde man möglicherweise gute Geschäftskontakte knüpfen können.

„Schau dir das an“, rief Byron mit einer Begeisterung, die durch den gesamten Laden dröhnte. „Hast du je etwas Hübscheres gesehen?“

Lexi war aus den Ankleideräumen gekommen und schritt nun wie ein Model über den Laufsteg. Sie trug ein leuchtend blaues Kleid, und an ihrer Taille glänzte ein juwelenbesetzter Gürtel.

Byron pfiff bewundernd, und Lexi grinste.

„Diese Schuhe sind ein Muss“, sagte die Verkäuferin und deutete auf die silbernen Sandalen mit hohen Absätzen.

„Gefallen dir die Schuhe, Schätzchen?“, fragte Byron.

„Ich liebe sie“, sagte Lexi.

„Wir nehmen die Schuhe“, informierte Byron die Verkäuferin. „Und das Kleid. Das gefällt mir besonders gut.“

„Ich hab doch noch gar kein anderes anprobiert“, protestierte Lexi.

„Dann probier ein paar mehr“, sagte Byron und winkte lässig. Er senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, als er sich an die Verkäuferin wandte: „Eine Frau kann nie genug Kleider haben. Zumindest hab ich so eine noch nie kennengelernt.“

Die Verkäuferin tätschelte ihm die Schulter, erkannte offensichtlich einen guten Kunden, wenn sie ihn sah. „Habe ich auch noch nicht“, stimmte sie zu.

Devin zeigte sich, aber Lucas erhaschte nur einen kurzen Blick auf ihr schwarzes Cocktailkleid, bevor die Verkäuferin sie zurück in die Umkleide scheuchte und an ihm vorbei zur Unterwäscheabteilung stürmte. Dort schnappte sie sich einen mit Spitzen verzierten schwarzen Push-up-BH und einen Tanga. „Nichts ruiniert den Eindruck dieses Rue-de-Femme-Kleides mehr, als wenn sich die Unterwäsche darunter abzeichnet“, erklärte sie laut, während sie zu den Umkleiden eilte.

Lucas spähte unbehaglich zu Byron hinüber.

„Zu viel Information“, sagte er schließlich.

„Teufel auch“, stimmte Byron zu.

Wenig später tauchte Devin wieder auf. Der rechteckige Ausschnitt des eng anliegenden schwarzen Kleides ließ nur einen Ansatz von Brust sehen, die schmalen Träger betonten Devins schlanke Arme. Normalerweise hätte Lucas das Kleid keineswegs bemerkenswert gefunden. Aber Devin trug es, und alles, woran er denken konnte, war die sexy Unterwäsche auf diesem fantastischen Körper.

Die Verkäuferin trat einen Schritt zurück und musterte Devin kritisch. „Dieser Ausschnitt schreit geradezu nach Diamanten.“

Offensichtlich erschrocken legte Devin eine Hand auf ihren bloßen Ausschnitt.

Aber Byron schlug sich aufs Knie. „Ich bezahle“, verkündete er herzhaft. „Lassen Sie die Diamanten sehen.“

„Den Teufel wirst du tun“, zischte Lucas, während die Verkäuferin zur Schmuckabteilung huschte.

„Nette Schuhe“, sagte Byron nur.

„Ich werde keine Diamanten annehmen“, erklärte Devin.

Lucas senkte die Stimme, sodass nur Byron ihn hören konnte. „Und du wirst nicht für Devins Unterwäsche zahlen.“

Byron warf ihm einen Blick zu. „Ein Hahn zu viel im Hühnerhaus?“

„Wenn du für Unterwäsche zahlen willst, kauf welche für Lexi.“

Die Verkäuferin kam mit drei Samtkästchen zurück. Sie öffnete das erste, und Juwelen glitzerten unter den hellen Lampen.

„Die hier heißt Licht der Morgenröte“, sagte sie. „Tropfenförmige, dreifarbige Diamanten – blau, gelb und rosa – mit rechteckig weißen, die in die Kette eingearbeitet sind – lupenrein. Alles in allem sieben Karat.“

Bevor Devin etwas sagen konnte, legte die Verkäuferin ihr die Kette um.

Byron lehnte sich zu Lucas hinüber. „Ich vermute mal, du bestehst auch darauf, die Diamanten zu bezahlen?“

Lucas wusste, dass er sich darüber ärgern sollte, so in die Ecke manövriert zu werden, aber der Ausdruck auf Devins Gesicht nahm ihn völlig gefangen. Und die Kette war wirklich atemberaubend schön.

„Lass mal sehen.“ Er winkte Devin näher heran.

Die Verkäuferin strahlte bis über beide Ohren.

Devin ging zögernd ein paar Schritte. Dann trat sie von dem Laufsteg hinab und zischte: „Wag ja nicht, sie zu ermutigen.“

„Steht dir aber gut.“ Er gönnte der Kette nur einen kurzen Blick, viel mehr zog ihn die schwarze Spitze an, die aus Devins Ausschnitt hervorblitzte.

„Sie ist viel zu protzig“, sagte Devin laut.

Die Verkäuferin zuckte zusammen. „Wir haben viele andere …“

„Wir nehmen sie“, sagte Lucas. Kühn strich er über die Diamanten, berührte dabei Devins warme, weiche Haut. „Definitiv.“

„Nein“, sagte Devin.

„Oh doch.“ Er hatte bislang nicht daran gedacht, ihr Schmuck zu kaufen. Aber plötzlich wollte er, dass sie genauso aussehen würde auf der Party. Er wollte ihre sinnlichen Bewegungen in dem hautengen Kleid beobachten, wollte sie lächeln sehen, sie hören und so tun, als hätten sie ein echtes Date.

„Du wirst den Duke von Rothcliff treffen“, sagte er. „Ich erweitere unser Geschäftsfeld in Europa, und ich muss ihn beeindrucken.“

„Das ist lächerlich.“

„Es ist eine altehrwürdige Tradition. Ich trage den immerselben langweiligen Anzug, und du bist das Aushängeschild für meinen Reichtum.“

„Nein zur Kette“, sagte Devin.

Aber er zog bereits seine Kreditkarte. „Ja zur Kette“, sagte er der Verkäuferin. „Ja zum Kleid. Und ja zu allem anderen, was sie trägt.“

Devin hätte nie gedacht, dass sie sich von Berühmtheiten beeindrucken lassen würde, aber ein Mitglied der englischen Königsfamilie zu treffen, brachte Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Flattern. Plötzlich war sie dankbar für das Designerkleid und den Schub für ihr Selbstbewusstsein, den die Diamantenkette ihr verlieh.

„Machst du so was oft?“, fragte sie Lucas, als sie aus dem Ballsaal hinaus auf die Veranda des Oak Point Country Club traten. Der Abend war angenehm lau. Kleine weiße Lichter dekorierten die Geländer und Palmen. Fußwege führten zu einem schmalen Fluss und einer kleinen Brücke hinüber zu den beleuchteten Gärten auf der anderen Seite.

„Zu Abend essen oder Mitglieder der königlichen Familie treffen?“ Lucas stoppte am Geländer.

„Mit dem Who’s who abhängen.“ Sie ahnte die Antwort bereits. „Vergiss es“, sagte sie schnell.

„Du siehst wunderschön aus“, sagte er, die Augen sanft unter der dezenten Beleuchtung.

„Das liegt an der Frisur.“

„Und an dem Gesicht.“

„Drei Profis waren nötig, damit ich so aussehe.“

„Das hab ich nicht gemeint.“

Unbehaglich stützte sie ihre Arme auf das Geländer und ließ ihren Blick über das Gelände schweifen. „Flirtest du mit mir?“

„Absolut.“ Er trat näher an sie heran.

„Glaubst du, das ist eine gute Idee?“

„Nein.“ Er strich über ihre nackten Arme. „Wenn wir flirten, ist die Chance, dass wir im Bett landen, einfach viel zu hoch.“

Bevor sie widersprechen konnte, sprach er bereits weiter.

„Und, nachdem wir uns geliebt haben, ist die Chance, dass wir uns streiten, noch viel höher.“ Er holte tief Luft. „Und mir gefällt nicht, worauf das hinausläuft.“

Ein Windstoß fuhr durch die Palmen und brachte die Blätter zum Rascheln. Partygäste gingen hinunter in den Garten, redeten und lachten, und aus dem Saal drangen die Klänge des Streichquartetts.

Lucas hatte recht. Sie war mit Diamanten geschmückt, trug fantastische Schuhe, war auf einer schicken Party mit aufregenden Gästen, und stand hier mit dem attraktivsten Mann, dem sie je begegnet war. Und sie wollte nichts mehr als jede Vorsicht fallen lassen, die Nacht in vollen Zügen genießen.

Aber zuerst schuldete sie ihm die Wahrheit.

„Es tut mir wirklich leid, Lucas.“

Er nickte und trat ein Stückchen zurück. „Verstehe.“

„Ich hätte niemals nach Konrads E-Mails suchen dürfen“, fuhr sie fort. „Das war falsch. Das war mir auch damals schon klar. Und, bitte glaub mir, ich wollte schon aufhören.“ Sie schloss die Augen. „Aber für einen Moment schien es, als würden die Ergebnisse das Vorgehen rechtfertigen.“

„Und du möchtest, dass ich auf dein Wort vertraue?“

Sie blickte ihn an. „Ja.“

„Okay.“

„Du glaubst mir?“

„Ja.“

„Wirklich?“ Ihr fiel ein Stein vom Herzen.

„Ich glaube dir. Wirst du mir jetzt auch etwas glauben?“

Sie zögerte. „Was?“

„Du bist umwerfend schön, und das hat absolut nichts mit den Diamanten, dem Kleid oder den Schuhen zu tun.“

Ihre Haut prickelte in der schwül feuchten Luft, und sie legte eine Hand auf die Kette, die von ihrer Haut erwärmt worden war.

„Obwohl ich zugeben muss, dass ich voreingenommen bin, was deine Unterwäsche angeht.“

„Woher weißt du, dass ich sie trage?“, neckte sie ihn.

„Der Slip zeichnet sich nicht ab.“ Er musterte ihren Ausschnitt. „Und ich kann die Spitzen deines BHs sehen.“

Devin hielt den Atem an, als Lucas nähertrat und eine Hand auf ihren Rücken legte. Die Spitzenunterwäsche fühlte sich mit einem Mal wunderbar sündig an. Sie sog den Duft seiner Haut ein, schwelgte im Klang seiner tiefen Stimme und kämpfte darum, unter seinen federleichten Berührungen stillzuhalten.

„Ich hätte niemals mit dir geschlafen“, sagte sie, „wenn ich es nicht gewollt hätte.“

„Bin froh, das zu hören.“ Er zog sie an sich.

„Nicht hier“, flüsterte sie, verfluchte, dass alle Partygäste sie sehen konnten.

„Fürchtest du, wir könnten die königliche Familie schockieren?“

„Ich fürchte, du hast mehr im Sinn als einen Kuss.“

„Ich habe viel mehr im Sinn als nur einen Kuss.“

„Das wird warten müssen, bis wir zu Hause sind.“

„Definiere zu Hause.“

„Die Ranch.“

Lucas Griff zog sie näher an sich heran. „Oh-oh. Keine Chance.“ Er deutete mit dem Kopf zu einer Seite. „Siehst du das Gebäude da drüben? Das ist das Gulf Port Grand Hotel.“

„Wir übernachten nicht in Houston.“

„Oh doch. Du kannst mich nicht so reizen und dann erwarten, dass ich es bis zurück nach Dallas schaffe.“

„Reizen?“

„Die Unterwäsche.“

„Du hast die Unterwäsche gekauft.“

„Du hast sie angezogen.“

„Sie passt zum Kleid.“

Sein Blick schweifte wieder zu ihrem Ausschnitt. „Du kannst dich glücklich schätzen, wenn ich es bis zum Hotel schaffe.“

„Was ist mit Lexi und Byron? Es ist sein Flugzeug.“

„Glaubst du, ich könnte mein Flugzeug nicht hierher beordern? Und Byron hat sowieso schon im Hotel reserviert.“

„Hat er nicht.“

Lucas strich mit dem Daumen über ihr Schlüsselbein. „Er hat ihr drei Kleider und eine Smaragduhr gekauft, glaubst du ernsthaft, dass er nicht auf einen romantischen Ausklang des Abends hofft?“

Devin gestattete sich ein kurzes Erschauern unter seiner Berührung, bevor sie seine Hand entschlossen wegschob. „Du hast mir eine Diamantenkette gekauft“, klagte sie ihn an.

Er lachte. „Und ich erwarte, dass du mit Sex bezahlst.“

„Willst du Streit?“

„Nein. Ganz und gar nicht.“ Er flocht ihre Finger zusammen. „Warum? Wirst du sauer?“

„Nein“, gab sie zu. Sie strich seinen schwarzen Seidenschlips glatt und fuhr über sein Hemd, spürte das sinnliche Lächeln auf ihren Lippen. „Und, nur damit du es weißt, ich werde zahlen.“

„Oh Mann.“ Heftig stieß er den Atem aus, seine Hand auf ihrer bebte. „Bring mich zu unserem Wagen.“