9. KAPITEL

In der riesigen Badewanne ihrer Suite im Gulf Port Grand Hotel reichte er Devin ein Glas eisgekühlten Champagners. Lucas hatte noch nie zuvor ein Schaumbad genommen, er genoss das Gefühl, die nackte Devin in seinen Armen zu halten. Sie schmiegte sich an seine Brust, sodass er sein Kinn sanft auf ihr duftendes Haar stützen konnte.

„Was feiern wir?“, fragte sie und nahm das Glas. Kerzenlicht flackerte in allen Ecken des Raums, und ihre Haut schimmerte im Lichtschein.

„Auf die Veränderung unseres Verhaltensmusters“, schlug er vor.

„Wir streiten uns definitiv nicht“, stellte sie fest.

Er hoffte, dass es auch so bleiben würde. Sie stießen an und tranken.

„Wer hätte gedacht, dass wir Steve mal dankbar sein würden.“

Er verschluckte sich am Champagner und hustete. „Steve verdient keinen Dank für irgendwas.“

Devin nahm eine Erdbeere aus der Glasschüssel auf dem Rand der Badewanne. „Ich habe beschlossen, ihn mir so vorzustellen: allein in seinem sterilen Penthouse, wie er sich die knauserigen Hände reibt, ohne zu ahnen, dass er ein einsames und verzweifeltes Leben vor sich hat.“

„Nette Vorstellung.“ Lucas schmunzelte. „Gefällt mir.“

„Du und ich hingegen“, fuhr Devin fort und rieb ein nasses Bein entlang der Innenseite seiner Schenkel, „wir machen das Beste aus unserer erzwungenen Partnerschaft.“

„Tun wir das?“

„Wie würdest du es nennen?“

„Lass mich nachdenken.“ Er gab vor zu sinnieren und schlang seinen freien Arm um ihre Taille, genoss die Hitze ihrer Haut und die Art, wie sie perfekt zu seinem Körper passte. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und küsste sie. „Glück“, sagte er schließlich.

Sie aß noch eine Erdbeere. „Glück für uns. Verzweiflung für Steve.“

„Und Gerechtigkeit für Amelia.“

Devin legte ihren Kopf zurück. „Ich denke, das würde Monica gefallen.“

„Konrad auch.“ Lucas beobachtete das Flackern des Kerzenscheins auf den dottergelben Wänden. Das Licht wurde von dem großen Milchglasfenster reflektiert und zeichnete Muster an die Decke. „Ich danke dir, Devin.“

Sie drehte sich in seinen Armen um. Wasser spritzte gegen die Seitenwände der Wanne. „Wofür?“

„Dafür, dass du den Brief schreibst. Dafür, mir zu vertrauen.“

„Vermisst du Konrad?“, fragte sie und schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, sodass sie ihn anschauen konnte.

„Sehr.“ Lucas trank einen Schluck Champagner. „Es mag abgedroschen klingen, aber es ist wirklich einsam an der Spitze. Die ganze Zeit bin ich von Leuten umgeben, die etwas von mir wollen. Ich weiß nie, wem ich trauen kann. Ich weiß nie, wer wirklich mein Freund ist. Aber Konrad war immer da. Und jetzt ist er es nicht mehr.“ Er schwieg.

„Ich habe Monica vermisst, als sie geheiratet hat“, sagte Devin. „Und ein kleiner, gemeiner Teil von mir war froh, als sie Konrad verlassen hat und nach Hause zurückgekommen ist.“

„Du bist ganz und gar nicht gemein“, betonte er. Sie war mitfühlend und beschützend, hilfsbereit und liebevoll, und Amelia hatte Glück, sie in ihrem Leben zu haben.

„Vielleicht“, sagte Devin. „Natürlich hätte ich sie voll und ganz unterstützt, wenn sie zu ihm hätte zurückkehren wollen. Aber ich habe die meiste Zeit meines Lebens mit ihr verbracht. Bis jetzt.“

„Und deine Eltern?“

„Dad ist schon vor Jahren verschwunden. Mit seiner Sekretärin, wenn ich die Streitereien damals richtig verstanden habe. Ich habe meine Mom nie gefragt, was genau passiert ist. Und ich hab keine Ahnung, wo er ist.“ Sie atmete tief durch. „Mom ist gestorben, als ich zwanzig war. Monica war neunzehn.“ Sie seufzte. „Amelia scheint mir immer noch ein kleines Wunder zu sein.“

„Da stimme ich dir zu.“ Er lächelte, als er an seine kleine bezaubernde Nichte dachte. „Hab ich dir schon erzählt, dass ich gestern eine schmutzige Windel gewechselt habe?“

„Niemals.“

„Doch wirklich“, bekräftigte er.

Devin stieß ihn spielerisch mit einem Ellbogen an. „Hast du Beweise?“

„Frag Teresa.“

„Teresa arbeitet für dich.“

„Du glaubst, sie würde lügen?“

„Ich glaube, sie würde sagen, was immer du ihr aufträgst.“

„Du beschuldigst mich einer Verschwörung wegen einer schmutzigen Windel?“

„Ich hab gesehen, wie du bleich geworden bist angesichts einer schmutzigen Windel.“

„Tja, ich bin härter geworden seitdem.“

Devin stellte ihr Glas ab und tauchte eine Hand unter Wasser. „Wo wir gerade von hart sprechen.“

Lucas hielt den Atem an. „Machst du Witze?“

„Keine Witze.“ Sie setzte sich auf seinen Schoß. Ihre Brüste lagen auf der Wasseroberfläche … glatt, seifig und verlockend.

Eilig stellte er sein eigenes Glas zur Seite, als sein Körper auf den Anblick reagierte. Automatisch legte er die Hände auf ihren Po, zog sie näher zu sich heran. Sie beugte sich zu ihm, küsste ihn, ihr Mund war heiß, und um sie herum stieg Dampf auf, füllte den Raum.

Er umschloss ihr Gesicht, küsste sie tief.

Irgendwo in den Untiefen seines Verstandes fragte er sich, was zum Teufel er hier trieb. Er sollte sich zurückhalten, Raum zwischen ihnen lassen. Aber es schien, als sei alles, was er tun wollte, Devin noch näher an sich zu ziehen, sie noch näher an sich heranzulassen, sie in Geheimnisse einzuweihen, die er ein Leben lang für sich behalten hatte.

Er lehnte sich zurück und blickte sie an. Ihre blauen Augen waren dunkel wie die Nacht. Ihre Wangen waren gerötet und von Wasser benetzt, ihr feines Haar war feucht vom aufsteigenden Dampf. Mit einem Daumen strich er sanft über ihre geschwollenen roten Lippen. Dann küsste er sie, schlang seine Arme ganz um sie und drang in sie ein.

Er wisperte ihren Namen, und sein Herz zog sich zusammen.

„Lucas“, flüsterte sie zurück. „Oh, Lucas.“

Sie presste ihren schlanken Körper an seinen, und er schwor, er würde sie niemals wieder loslassen.

Devin wusste, dass sie von Lucas beeinflusst wurde. Aber sie konnte nichts dagegen tun. Von der breiten Ranchveranda aus konnte sie ihn beobachten, wie er einen Ball für Amelia über den Rasen rollte, während Amelia vergnügt quietschte und ihm hinterhertapste.

„Ich weiß, dass er sich schnodderig und großspurig gibt“, sagte Lexi. „Aber in Wirklichkeit ist er sehr sanft und respektvoll.“

Ihr Laptop stand vor ihr, und Devin hatte seit einer halben Stunde versucht, den Brief an den Richter zu formulieren.

„Sprichst du von letzter Nacht?“ Sie musste einfach fragen, denn wie sie und Lucas hatten auch Lexi und Byron die Nacht im Gulf Port Grand Hotel verbracht.

„Letzter Nacht, gestern, heute Morgen.“ Lexi trank einen Schluck. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“

Devin blickte sich schnell um, vergewisserte sich, dass sie allein waren. „Also, ihr beide habt …“

Lexi beugte sich vor. „Ich habe mit Byron geschlafen.“ Sie presste die Lippen aufeinander, versuchte ein breites Grinsen zu verbergen. „Und ich war nicht mal nervös. Ich hab mich nicht unwohl gefühlt. Ich hab mich nicht mal geschämt.“ Sie lehnte sich wieder zurück. „Ich schwör dir, Devin, wenn du mich vor einem Monat gefragt hättest, ob wir dieses Gespräch führen würden, ich hätte dir glatt ins Gesicht gelacht.“

„Das ist doch toll.“

„Ist es, oder?“ Lexi starrte eine Weile gedankenverloren in die Ferne. „Ich habe keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht. Ich meine, er hat davon geredet, wieder mit nach Seattle zu kommen, für eine Weile jedenfalls. Aber eigentlich haben wir uns ja gerade erst kennengelernt.“

Devin deutete auf Lexis Handgelenk. „Lass mich mal die Uhr sehen.“

Lexi schaute auf das mit Diamanten besetzte Ziffernblatt und das zierliche Armband aus Smaragden und Gold. „Für ihn ist das nichts Besonderes, glaub ich.“

„Ich glaub schon“, sagte Devin. „Dich auszuführen, war etwas Besonders für ihn. Dich mit hierherzunehmen, war etwas Besonderes. Lucas hat mir erzählt, dass Byron sich seit dem Tod von Lucas’ Mutter kaum verabredet hat.“

„Wir haben darüber geredet“, sagte Lexi. „Er vermisst sie, so wie ich Rick vermisse.“

„Das ist so süß.“

Lexi deutete auf Lucas und Amelia. „Das da ist süß.“

„Das ist überraschend.“ Obwohl sie zugeben musste, selbst als sie die Worte aussprach, dass es ihr schon gar nicht mehr seltsam vorkam, Lucas so zu sehen, wie er mit Amelia spielte.

„Und wie war deine Nacht?“ Lexi zog sie Augenbrauen hoch.

„Machst du Witze? Wir waren in einer Luxushotelsuite. Champagner, Erdbeeren, eine Badewanne so groß wie ein Pool, und der Blick über die City war einfach nur atemberaubend.“

„Danach hab ich nicht gefragt.“

„Es war merkwürdig“, gab sie zu.

Lexi setzte sich aufrechter hin, beugte sich näher zu ihr, und ihre Augen glänzten. „Wie merkwürdig?“

Devin warf ein Kissen nach ihr. „Nicht die Art von merkwürdig.“

„Ich fälle keine Urteile.“

„Da gibt es auch nichts zu verurteilen. Wir …“ Sie hielt inne. Lexi musste ja nicht erfahren, dass sie sich in der Badewanne geliebt hatten. „Merkwürdig war, dass es sich so vertraut angefühlt hat, mit Lucas zusammen zu sein.“

Mit Lucas zu schlafen, mit ihm zu reden, in seinen Armen einzuschlafen, selbst neben ihm aufzuwachen und mit ihm zu duschen, um dann mit Byron und Lexi zu frühstücken, hatte sich irgendwie komplett normal angefühlt. Was keinen Sinn ergab.

Sie starrte auf den halbfertigen Brief auf ihrem Bildschirm. Sie würden weiter über Amelias Zukunft streiten. Aber erst nachdem sie Steve auf seinen Platz verwiesen hatten.

„Was schreibst du?“, fragte Lexi.

„Einen Brief an den Richter. Ich versuche, die richtigen Worte zu finden. Natürlich will ich Steve überführen. Aber ich will Lucas auch keine Munition für später liefern.“ Sie trommelte auf den Armlehnen ihres Sessels herum.

„Glaubst du, er wird noch immer versuchen, dir Amelia wegzunehmen?“

„Ich bin mir sicher. Er glaubt, er tut das Richtige.“ Und auf eine Art musste sie ihn dafür sogar bewundern. „Er denkt, dass er der Einzige ist, der sie auf lange Sicht beschützen kann. Laut ihm ist Steve nicht die einzige Bedrohung. Wenn ich die Vormundschaft bekomme, werden die Geier nie aufhören, uns zu verfolgen.“

„Glaubst du wirklich, dass er dich von Amelia fernhalten will?“

„Stehst du jetzt auf Lucas’ Seite?“

„Ich frage doch nur.“ Lexi ließ die Eiswürfel in ihrem Glas kreisen. „Er ist nicht so übel, wie ich dachte. Und ich glaube, er mag dich. Vielleicht kannst du ihm sogar vertrauen.“

Devin funkelte Lexi an. Dann schaute sie hinüber zu Lucas, der ihren Blick bemerkte und ihr zuwinkte. Er sagte etwas zu Amelia und bedeutete ihr ebenfalls zu winken. Ihr Herz zog sich zusammen.

Konnte sie es wagen, Lucas zu vertrauen?

„Diese Art von Verrat sollte bestraft werden.“ Byron knallte die Zeitung aus Seattle, die per Kurier eingetroffen war, auf den Tisch.

„Kein Widerspruch“, sagte Lucas und ließ den Single Malt Whisky in seinem Glas kreisen.

Steve hatte ein Interview mit einer Reihe falscher Anschuldigungen gegen Konrad gegeben, hatte Lucas als Mitwisser bezeichnet und Monica als unschuldiges Opfer dargestellt, Amelia hingegen als Eindringling. Neben dem Artikel war ein Bild von Steve und seiner hübschen Verlobten. Es zeigte sie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung, wie sie einen großen Scheck überreichten.

„Du musst schnell reagieren“, sagte Byron.

Lucas stimmt ihm zu. „Devin schreibt einen Brief an den Richter für mich.“

„Ein gelungener Streich.“

„Du sagst es.“ Lucas trank einen Schluck Whisky.

„Was hat sie geschrieben?“

Er zuckte mit den Schultern. „Sie hat heute daran gearbeitet. Ich erwarte keine Wunder.“

„Nicht mal nach letzter Nacht?“

Er funkelte Byron an. Seine intime Beziehung zu Devin würde er nicht diskutieren. Auch wenn letzte Nacht mehr als spektakulär gewesen war.

Aber es ging dabei nicht einmal um den Sex.

Wenn er an diese Nacht dachte, erinnerte er sich an ihren Humor, den Ausdruck in ihren Augen, als sie über Monica und ihre Mutter gesprochen hatte, an die Freude, die sie offensichtlich daraus zog, sich um Amelia zu kümmern. Und er erinnerte sich an das Gefühl seiner Eifersucht. Das war das Merkwürdigste bei allem gewesen. Er wollte zu Devins innerstem Kreis gehören, und mit ihr zu schlafen, brachte ihn nicht dorthin.

„Du weißt, was ich für deine Mutter empfunden habe.“ Byrons Stimme klang nachdenklich, und Lucas blickte auf.

„Ich weiß“, bestätigte er.

„Wir hatten unsere Höhen und Tiefen. Ein ungehobelter Cowboy aus Texas, der es wagt, einer der reichsten Frauen aus dem Norden den Hof zu machen. Einer Frau, die zehn Jahre älter war als er.“

„Du bist nicht ungehobelt.“

„Ich bin nicht weltmännisch.“

Dem konnte man nicht widersprechen.

„Was ich sagen will“, fuhr Byron fort, „ist, dass wir beide wussten, dass es die Sache wert war. Den ganzen Herzschmerz, den Spott, die Kritik … obwohl, glaub mir …“ Er gestikulierte mit seinem Glas. „Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich sie davor beschützt.“

„Das weiß ich.“

„Aber das passiert einem nicht oft.“

Was wollte Byron damit sagen? Dass er Devin festhalten sollte? Sie vielleicht nie wieder gehen lassen sollte?

„Eine Liebe wie diese“, sinnierte Byron, während er die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas betrachtete, „die willst du nicht einfach so gehen lassen.“

Liebe?

Lucas erstarrte.

Dachte Byron, dass er sich in Devin verliebt hätte?

Hatte er sich in Devin verliebt?

Wie sollte er das wissen? Wie konnte er das feststellen?

„Ich bin mir bei Lexi nicht zu hundert Prozent sicher“, sagte Byron.

Lucas sah überrascht auf.

„Aber ich erkenne die Zeichen.“ Byron leerte sein Glas. „Und ich werde ihr zurück nach Seattle folgen. Und ich werde sie hofieren, bis sie mir sagt, dass ich damit aufhören soll.“

„Lexi? Aber du hast sie doch gerade erst …“

„Kennengelernt?“, fragte Byron. „Wie ich gesagt habe, Lucas. Ich habe das schon einmal erlebt. Es ist ebenso selten wie ein weißer Rabe. Genau wie Lexi. Ich kann nicht fassen, dass noch niemand sie weggeschnappt hat.“

„Es ist dir wirklich ernst.“

„Da kannst du deine Stiefel drauf verwetten. Es ist mir todernst. Ich bin ein ernsthafter Mann. Aber jetzt zurück zu Steve. Er fängt an, mir Sorgen zu machen.“

„Mir auch“, gab Lucas zu. Ein Gericht könnte entscheiden, Amelia zu enterben. Steve könnte heiraten und ein Baby bekommen. Das Machtgefüge im Unternehmen könnte sich zu Steves Gunsten verschieben. Und dann würde Lucas drastische Maßnahmen ergreifen müssen, vielleicht sogar seine Anteile von Pacific Robotics verkaufen und irgendwo einen Neuanfang wagen.

Wenn er sich einen Neuanfang vorstellte, dann sah er Amelia und Devin an seiner Seite. Er malte sich das Bild weiter aus. Amelia im Alter von fünf, zehn, Amelia in der High School und ein Auto fahrend. Sie würde zu einer hinreißenden jungen Frau heranwachsen. So viel wusste er bereits.

Würde Devin ihm erlauben, in ihrer Nähe zu bleiben? Würde sie erwägen, ihre Beziehung fortzusetzen, sie vielleicht sogar dauerhaft zu machen? Fühlte sie wenigstens ähnlich wie er?

Er leerte sein Glas in einem Zug.

„Ich hab die Jungs etwas herumschnüffeln lassen“, sagte Byron. „Sie haben den Namen der Richterin herausgefunden, die endgültig über die Vormundschaft entscheidet, und ihre bisherigen Urteile zusammengestellt. Es sieht nicht gut aus, Lucas. Überhaupt nicht gut.“

„Devin schreibt diesen Brief.“

„Das wird hoffentlich ein teuflisch überzeugender Brief.“

Daran hatte Lucas seine Zweifel. „Und ich habe einen Plan B“, verkündete er. Der war ihm gerade erst eingefallen. In eben diesem Moment. Aber, wie Byron gesagt hatte, wenn es die Richtige war, dann war es die Richtige.

„Lass hören“, forderte Byron ihn auf.

„Devin. Ich. Babys.“

Byron schlug sich aufs Knie und lachte. „Du glaubt, du kannst dieses kleine hübsche Mädchen dazu bringen, Kinder von dir zu kriegen?“

Lucas versuchte, nicht beleidigt zu sein. „Wenn ich muss, kann ich sehr schnell ans Ziel gelangen. Genau wie Konrad, zum Teufel nochmal.“

Und wenn er nicht schnell vorgehen musste, würde er es langsam tun. Er würde Geduld zeigen, romantisch und klug sein, um Devins Liebe zu gewinnen.

Ironischerweise fühlte er sich mit diesen Erkenntnissen besser als in all den Wochen, ja Monaten zuvor. Sollte Steve ruhig sein Bestes geben. Er würde mit allem kämpfen, was in ihm steckte. Und, so oder so, er würde gewinnen. Weil sich seine Ziele gerade verändert hatten. Für Devin und Amelia war er bereit, Pacific Robotics aufzugeben.

„Aber das ist nur Plan B“, sagte er. „Schauen wir erstmal, was sie in diesem Brief schreibt.“

Devin stand am Fuß der Treppe, als sie Lucas’ verräterische Worte hörte. Sie zerriss den bereits unterschriebenen Brief, den sie in den Händen hielt, in zwei Hälften. Dann zerriss sie ihn in immer kleinere Stücke. Sie konnte kaum atmen, Schock und Wut durchströmten sie, während sie sich abwandte. Die Treppe schien ihr unendlich lang, und ihre Schritte waren bleischwer.

Vor Amelias Tür blieb sie stehen und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Lucas benutzte sie. Sie zu schwängern, war sein Plan B? Er hatte sie verführt, mit ihr geschlafen, sie dazu gebracht, etwas für ihn zu fühlen, nur für den Fall, dass Amelia enterbt würde und er ein anderes Baby bräuchte?

Sie stand zwar unter der gerichtlichen Anordnung, aber ganz sicher würde jeder Richter auf der Welt verstehen, warum sie Lucas jetzt verlassen musste.

Wie hatte sie so unglaublich dumm sein können? Sie hätte es kommen sehen müssen. Die Chance, dass er sich in sie verliebt hatte, lag bei Null. Er brauchte Amelia. Und, wenn das nicht funktionierte, nun, jedes andere Baby würde den Zweck erfüllen. Jede andere Frau ebenso.

Bestimmt hatte er sich sehr anstrengen müssen, seinen Würgereflex zu kontrollieren, als er Amelias schmutzige Windel wechselte. Devin zuckte zusammen. Vielleicht hatte er bei ihr auch seinen Würgereflex unterdrückt. Lexi hatte recht, die Reichen waren hinterhältig. Und Lucas Demarco war ein unmoralisches Monster.

Sie könnte seinen Bluff auffliegen lassen. Gleich hier, gleich jetzt. Sie konnte ihn dazu zwingen, zuzugeben, welches Spiel er die letzten Wochen über mit ihr getrieben hatte. Fast wollte sie schon wieder zur Treppe gehen, als ihr die Gefahr dieses Vorgehens bewusst wurde. Er würde es niemals zugeben. Er würde lügen, sich herauswinden, so wie er es immer tat. Sie konnte nicht mit Lucas streiten. Sie musste vor Lucas fliehen.

Sie musste sich Amelia schnappen und verschwinden, sich verstecken, bis es einen Termin für das Vormundschaftsverfahren gab.

Dann würde sie sich der Gnade der Richterin ausliefern.

Sie würde die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit. Sie würde haarklein erzählen, was Lucas und Konrad ausgeheckt hatten.

„Devin?“

Sie erschrak beim Klang von Lexis Stimme und der sanften Berührung an ihrer Schulter.

„Geht es dir gut?“, fragte Lexi.

Sie schüttelte den Kopf, heiße Tränen schossen ihr in die Augen.

Lexi drehte sie zu sich herum. „Schätzchen, was ist los? Du bist blass wie ein Gespenst.“

„Es ist …“ Sie würde weinen müssen. Sie durfte nicht weinen, nicht wegen dieses Monsters. Sie schluckte. „Lucas hat Byron gerade erzählt, dass ich sein Plan B bin.“

Lexi sah sie verwirrt an. „Plan B wofür?“

Devin öffnete die Tür und zog Lexi mit sich ins Zimmer. „Ich verschwinde von hier“, flüsterte sie. „Jetzt gleich. Sofort. Du musst mir helfen.“

„Wovon redest du? Ich verstehe dich nicht.“

„Es war alles eine Intrige. Wie bei Konrad. Es ist ihm von Anfang an immer nur ums Geld gegangen.“ Devin ballte ihre Hände zu Fäusten und schloss die Augen. „Oh, wie habe ich nur auf ihn reinfallen können!“

„Schätzchen, was ist passiert?“

Devin lachte hysterisch auf, dann schlug sie beide Hände vor ihren Mund. „Lucas hat gerade eben zu Byron gesagt, dass, wenn Amelia enterbt wird, sein Plan B ist, ein Kind mit mir zu bekommen. Er meinte, er müsse sich vielleicht dafür anstrengen, aber er könnte dafür sorgen, dass es schnell ginge.“

Lexi stolperte ein paar Schritte zurück. „Das hat er zu Byron gesagt?“

Devin nickte. „Byron hat gefragt, was er meine, wie schnell er es hinkriegen könnte.“

Lexi erblasste. „Also ist Byron an dem Plan beteiligt?“

„Die Demarcos sind ein verschwörerischer Haufen Mistkerle.“

Lexi packte Devins Arm. „Bist du dir sicher?“

„Bin ich.“

„Dann müssen wir dich hier rausbringen.“

„Ich weiß.“

„Hol du Amelia“, sagte Lexi. „Auf dem Hof stehen Pick-up-Trucks. Die Schlüssel stecken.“

„Wir klauen ein Auto?“

„Wir hinterlassen ihnen eine Nachricht. Sie können es am Flughafen wieder abholen. Geh.“

„Also gut“, stimmte Devin zu. Aber dann zögerte sie.

Was würden sie tun? Wohin sollten sie gehen? Und wenn sie Amelia entgegen der Anordnung der Richterin mitnahm, könnte Lucas das gegen sie verwenden?

Ein überwältigendes Gefühl von Hilflosigkeit überkam sie. „Die Richterin hat gesagt, ich müsse im Haus der Demarcos bleiben.“

Lexi stemmte die Hände in die Hüften. „Nun, das geht nicht.“

„Ich kann Amelia nicht entführen. Ich würde alle meine Chancen vor Gericht zunichtemachen.“

Sie starrten einander an. Es gab keinen Ausweg.

„Was wäre, wenn die Anhörung sofort stattfände?“, fragte Lexi.

„Das ist doch kein Termin beim Friseur.“ Sie bezweifelte, dass sie einfach bei Gericht anrufen und sich erkundigen könnten, ob es eine Stornierung gegeben hätte.

Lexi schnalzte mit der Zunge. Dann schnippste sie mit den Fingern.

„Was?“ Devin wagte nicht zu hoffen.

„Es gibt noch eine andere Person, die auf eine schnelle Anhörung baut“, sinnierte Lexi. „Und ich wette, er hat die nötigen Kontakte und den nötigen Einfluss, um es hinzukriegen.“

Devin fühlte, wie das Blut in ihren Adern erstarrte. „Steve.“