KAPITEL 9
Als ich die Augen öffnete, fielen sanfte Sonnenstrahlen durch das Rollo. Ich war allein in dem großen, nach Sex duftenden Bett. Als ich an die vergangene Nacht dachte, überlief es mich heiß. Ich wusste nicht, ob ich richtig entschieden hatte, aber es war passiert, also konnte ich das Gegrübel genauso gut sein lassen.
Tatsache war: Massimo hatte mir die vergangenen Tage über gefehlt, und er hatte mir das Leben gerettet. Immerhin behandelte er mich jetzt, wie ich es wünschte: wie etwas Wertvolles und Wichtiges. Ich lag da und überlegte, warum ich gestern so hasserfüllt gewesen war. Dass er meine Familie bedrohte, war wirklich inakzeptabel. Sicher hatte er gemeint, wenn er mich nicht in seine Gewalt brachte, würde ich davonlaufen und uns nicht die Chance geben, einander besser kennenzulernen. Konnte das sein? Ich wusste es nicht.
Die Schlafzimmertür öffnete sich, und ein lächelnder Massimo stand da. Er hatte weiße Shorts an und ein Tank Top, auch in Weiß, war barfuß und hatte nasse Haare. Bei seinem Anblick stöhnte ich auf, rekelte mich und zog mir mit den
Füßen die Decke vom Leib. Er kam zum Bett und betrachtete mich von Kopf bis Fuß.
»Schlafen ist wohl deine Lieblingsbeschäftigung, was?«, sagte er und küsste mir die Stirn.
Ich hob die Hände über den Kopf und streckte lüstern meinen Körper aus.
»Ich schlafe gerne«, stöhnte ich mit einem Lächeln.
Massimo nahm mich an den Hüften, drehte mich auf den Bauch und gab mir einen Klaps auf die nackten Pobacken. Er hielt mit der freien Hand mein Genick, drückte mein Gesicht ins Kissen und flüsterte an meinem Ohr:
»Du provozierst mich schon wieder, Kleines.« Dieses Mal hatte er absolut recht.
Die Hand, die auf meinem Hintern ruhte, wanderte abwärts und spreizte meine Schenkel. Zwei Finger schlüpften sanft in mich hinein.
»Woran hast du gedacht, dass du so nass bist?«, fragte er.
Ich zog die Knie an und wölbte meinen Hintern nach oben, während sich seine Finger langsam in mir bewegten. Er erhob sich, und ich beobachtete über die Schulter, was er machte.
»Ich dachte daran, dass ich, wenn ich nicht dieses Implantat hätte, mitten im Eisprung und deshalb die ganze Zeit nass wäre«, antwortete ich lächelnd und wackelte mit dem Hintern.
Massimos Gesichtsausdruck veränderte sich – er war offensichtlich sehr zufrieden.
»Ich würde jetzt gerne meine Hose ausziehen«, sagte er und zog die Finger aus mir heraus, »und dich von hinten ficken, während du am Fenster lehnst.
«
Er drückte einen Knopf an einem Panel, und Licht flutete die Kajüte.
»So könntest du die Aussicht genießen, während ich dich nehme, aber du bist noch ganz wund von letzter Nacht, und außerdem wartet ein Typ auf uns, mit dem wir tauchen gehen. Ich habe also nicht so viel Zeit, wie ich gerne hätte.« Genüsslich leckte er die beiden Finger, die eben noch in mir gesteckt hatten, ab. »Fabio hat ihn zu früh hergebracht. Komm.«
Er schnappte mich und warf mich über seine Schulter. Auf dem Weg durchs Schlafzimmer griff er nach dem Bademantel und bedeckte damit meinen nackten Körper. Er ging den Flur entlang, und ich hing über seiner Schulter und lachte mich kaputt. Wir kamen an weiteren identischen Türen und überraschten Crewmitgliedern vorbei. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht sehen, aber ich vermutete, dass er sehr ernst dreinblickte. Nach einiger Zeit kamen wir zu meiner Kajüte. Er stellte mich auf den Boden und warf den Bademantel aufs Bett.
»Vielleicht sollte ich die Crew entlassen, damit du immer nackt herumlaufen kannst«, sagte er und gab mir noch einen Klaps auf den Hintern.
Auf einem Tisch stand ein Tablett mit Essen, daneben eine Kanne Tee, eine mit Kakao, ein Milchkännchen und nicht zu vergessen eine Flasche Moët Rosé.
»Interessantes Frühstück«, sagte ich und schenkte mir etwas Kakao ein. »Ich finde, der Champagner sollte jeden Morgen auf meinem Frühstückstablett stehen.«
»Dass du Champagner magst, weiß ich schon. Und dass du die anderen Sachen magst, ahne ich.
«
Ich sah ihn fragend an, und er lehnte sich an die Scheibe und verzog leicht das Gesicht.
»Als meine Leute deine Sachen in Warschau gepackt haben, standen im Spülbecken Gefäße: ein Glas mit einem Rest Kakao, die Teetasse war fast voll.« Ich zuckte die Schultern. »Jedenfalls magst du eines von diesen Getränken. Außerdem hast du in Rom nach dem Aufwachen auch Tee mit Milch getrunken, also war es nicht so schwierig«, schloss er und ging zum Champagnerkühler.
»Und du trinkst, wie ich vermute, auch schon am Morgen?«, fragte ich und genoss einen prickelnden Schluck.
Massimo holte den Kübel mit der Flasche vom Tisch und stellte ihn auf den Fußboden.
»Nein. Ich mache nur Platz«, antwortete er. »Ich dachte, ich komme zurecht, aber wenn du nackt vor mir herumläufst, kann ich mich schlecht konzentrieren, also werde ich dich gleich auf den Tisch legen und dich sanft, aber sehr entschlossen nehmen.«
Ich stand wie angewurzelt da und sah zu, wie er alles auf dem Tisch beiseite räumte. Ich musste ziemlich verdutzt geguckt haben, denn als er mich auf den Tisch legte, lachte er lauthals. Er spreizte meine Beine, kniete sich dazwischen und schob seine Zunge in mich hinein. Das machte er allerdings nicht lange, und es war auch nicht zu meinem Vergnügen gedacht, sondern um mich feucht zu machen. Dann tat er das, was er angekündigt hatte, sanft und entschlossen.
Ich kam aufs Deck, nur mit einer Sonnenbrille und einem wunderschönen weißen Bikini von Victoria’s Secret bekleidet.
Am Heck lag die Tauchausrüstung, und der junge Mann, der sich daran zu schaffen machte, sah überhaupt nicht wie ein Italiener aus. Er hatte blonde Haare und feine Gesichtszüge. Das schmale Gesicht wurde von zwei großen blauen Augen und einem strahlenden Lächeln erleuchtet. Massimo stand auf der anderen Seite des Decks und unterhielt sich gestikulierend mit Fabio. Ich wollte sie nicht stören und ging zu dem Taucher. Auf der Treppe stolperte ich und wäre fast wieder ins Wasser gefallen.
»Verdammt, irgendwann bringt mich dieses Boot noch um«, murmelte ich auf Polnisch.
Der Mann hörte das und strahlte. Er streckte die Hand aus und sagte in schönstem Polnisch: »Ich bin Marek, aber alle hier sagen Marco. Sie glauben gar nicht, wie schön es ist, Polnisch zu hören.«
Ich blieb wie angewurzelt stehen, dann grinste ich glückselig. »Glaub mir, du hast keine Ahnung, wie ich mich freue, meine Muttersprache zu hören. Mein Hirn ist schon kaputt von dem ganzen Englisch. Ich bin Laura, und duze mich bitte.«
»Wie gefallen dir deine Ferien in Italien bis jetzt?«, fragte er und wandte sich wieder der Ausrüstung zu.
Ich musste ein wenig über die Antwort nachdenken. »Eigentlich sind das keine Ferien«, stammelte ich. »Ich habe einen Vertrag für ein Jahr auf Sizilien und bin hierhergezogen.« Ich setzte mich auf die Treppe. »Ist das ein Zufall, dass du hier bist, oder haben sie dich speziell für mich ausgesucht?«, fragte ich und nahm die Sonnenbrille ab.
»Ein Zufall, aber zumindest für dich und mich ein glücklicher. Eigentlich sollte Paolo mit euch tauchen, doch er hat
sich gestern das Bein gebrochen, und ich vertrete ihn.« In diesem Moment richtete sich Marek auf, das Lächeln schwand aus seinem Gesicht.
Ich wandte mich um und sah Massimo oben auf der Treppe stehen. Er kam langsam herunter. Die beiden Männer gingen aufeinander zu, begrüßten sich und wechselten einige Worte auf Italienisch. Dann drehte sich Massimo zu mir um.
»Es tut mir leid, aber ich muss mich mit jemandem treffen. Deshalb kann ich nicht mit euch tauchen gehen«, sagte er.
»Treffen?« Ich sah mich um. »Wir sind doch mitten auf dem Meer!«
»Ich werde von einem Hubschrauber abgeholt. Wir sehen uns später.«
Ich drehte mich zu Marco um und sagte auf Polnisch: »Jetzt sind wir allein. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.«
Massimo stand da und sah uns an. In seinen Augen loderte die Wut.
»Marco ist aus Polen, das ist doch toll, oder? Ich werde einen tollen Tag haben«, sagte ich und küsste Massimo auf die Wange.
Als ich mich von ihm abwandte, nahm er mich beim Arm und flüsterte so leise, dass nur ich es hören konnte: »Ich mag es nicht, wenn du in meiner Gegenwart Polnisch sprichst, weil ich dann nichts verstehe.« Seine Hand zerquetschte beinahe meinen Arm.
Ich entriss ihm meinen Arm und zischte zurück: »Aber wenn du Italienisch sprichst und ich nichts verstehe, ist das kein Problem, oder?« Ich sah ihn wütend an und ging zu dem
Motorboot, in das Marco gerade die Ausrüstung lud. Ich trat zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und fragte auf Polnisch, ob ich ihm helfen solle, ob wir alles hätten und was wir noch bräuchten. Dann winkte ich Massimo betont lässig zu und wollte mich ins Boot setzen.
Vielleicht konnte sich Massimo teleportieren, jedenfalls hatte ich mich kaum bewegt, da nahm er mich bei der Schulter und küsste mich heftig. Er neigte sich über mich und hob mich an den Pobacken an. Sein Mund umfing den meinen so gierig, als müsste er sich für immer von mir verabschieden. Erst das Geräusch des sich nähernden Hubschraubers riss ihn aus diesem Taumel.
Er hielt mein Gesicht, setzte ein strahlendes Lächeln auf, zwinkerte mir zu und flüsterte: »Ich bringe ihn um, wenn er dich anfasst.« Dann küsste er mich auf die Stirn und ging zum Helikopter hinauf.
Ich sah ihm nach. Was er gesagt hatte, gefiel mir überhaupt nicht. Leider war er dazu fähig, das wusste ich. Und ich hatte nicht vor, Verantwortung für ein fremdes Leben zu übernehmen.
»Er ist ziemlich verliebt, stimmt’s?« Marco reichte mir die Hand.
»Wohl eher dominant«, antwortete ich und setzte mich ins Motorboot.
Wir fuhren los, und ich drehte mich um und sah zu Massimo zurück, dem der Luftstrom des landenden Helikopters die Haare zerzauste. Er war wütend, das sah ich an seiner Haltung: breitbeinig, verschränkte Arme – das ließ nichts Gutes ahnen
.
»Arbeitest du gern als Tauchlehrer?«, fragte ich Marco, als wir uns ein Stück entfernt hatten.
Er lachte auf und drosselte die Geschwindigkeit, damit wir nicht so laut schreien mussten.
»Schon, das macht Spaß, aber ich verdiene damit nicht mehr mein Geld. Ich hatte großes Glück und habe eine Marktlücke gefunden. Jetzt habe ich ein eigenes Unterwasserreich«, er lachte fröhlich. »Stell dir vor, ein Pole hat in Italien die größte Firma für Tauchausrüstung und allen dazugehörigen Schnickschnack.«
»Warum bist du dann heute hier?«, fragte ich amüsiert.
»Ich sage ja, Schicksal und ein gebrochenes Bein. Es sollte so sein!«, rief er aus und ließ den Motor aufheulen. Das Boot schoss vorwärts.
Die Sonne ging leuchtend orange am Horizont unter, als Marco die Ausrüstung zusammenpackte.
»Das war fantastisch«, schwärmte ich und nahm einen Bissen Wassermelone.
»Gut, dass du schon tauchen konntest. Sonst hätten wir mehr Zeit zum Üben gebraucht.«
»Wo sind wir eigentlich?«
»Nicht weit von Kroatien.« Marco zeigte auf einen Schatten in der Ferne. »Es ist schon sehr spät. Ich muss heute noch nach Venedig.«
Als wir zur Yacht zurückkamen, wurde es gerade dunkel. An Bord der Titan
erwartete Fabio mich und half mir beim Aussteigen. Ich verabschiedete mich von Marco und ging zur Treppe
.
»Ein Friseur und ein Stylist warten am Jacuzzi. Soll ich etwas zu essen bringen?«, hörte ich Fabios Stimme hinter mir.
»Ein Friseur? Warum das denn?«, fragte ich erstaunt.
»Sie gehen heute zu einem Bankett mit anschließendem Ball. In Venedig finden momentan die Internationalen Filmfestspiele statt. Don Massimo hat eine Mehrheitsbeteiligung bei einer Produktionsfirma. Weil Sie so spät zurückgekommen sind, haben Sie nur anderthalb Stunden Zeit, sich fertig zu machen.«
Na toll, dachte ich. Ich plantsche den ganzen Tag in Salzwasser und schlage dann mit Schildkrötenhaut auf dem Ball auf. Verärgert schüttelte ich den Kopf und nahm mir vor anzuregen, dass ich unsere Pläne künftig früher erfahren und vielleicht selbst Einfluss darauf nehmen könnte. Immer noch kopfschüttelnd ging ich nach oben.
Poli und Luigi waren das beste Beispiel für ein homosexuelles Paar. Wunderbar, großartig und fantastisch. Und sie liebten Frauen! Spielend und in weniger als einer Stunde wurden sie mit dem Nest auf meinem Kopf und den Schuppen in meinem Gesicht fertig. Hinterher ging ich zu meiner Kajüte, um etwas zum Anziehen herauszusuchen. Als ich das Schlafzimmer betrat, sah ich ein Kleid von Roberto Cavalli auf einem Bügel gegenüber dem Bad hängen, das ich mir in Taormina ausgesucht hatte. Es war wunderschön und sehr gewagt. Aus schwarzem, fast durchsichtigem netzartigem Stoff, mit Einsätzen, die wie Reißverschlüsse oder Schnüre aussahen. Die langen Ärmel ließen die Arme schlanker erscheinen, der Rücken war frei, das Kleid wurde nämlich nur durch einen schmalen Streifen über den Schulterblättern
zusammengehalten, der Stoff traf erst knapp über dem Po wieder zusammen.
»Einen Slip kann ich damit nicht tragen«, bemerkte ich mit einer Grimasse, als ich vor dem Spiegel stand.
Roberto Cavalli hatte das vorhergesehen, an den kritischen Stellen war der Stoff nicht durchsichtig. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass ich gern zumindest ein Fädchen von einem Slip getragen hätte.
Ich nahm die Handtasche, betupfte mich noch mit Parfum, schlüpfte in elegante Sandalen und ging zur Tür. Dann drehte ich mich noch einmal zum Spiegel um. Ich sah unglaublich aus. Das wunderbare dunkle Make-up mit den Gold-Akzenten passte hervorragend zu meiner braungebrannten Haut. Der Dutt aus einem Kilo künstlicher Haare, der oben auf meinem Kopf saß, verlieh mir Klasse. Behutsam strich ich über die meisterhafte Konstruktion.
Ich stieg an Deck und sah mich um. Auf einem Tisch stand eine Flasche Champagner – inzwischen Standard. Daneben ein gefülltes und ein leeres Glas. Also war Massimo irgendwo hier. Ich schenkte mir ein. Dann ging ich über das Deck und sah mich um. Niemand war da. Stattdessen entdeckte ich verwundert, dass die Titan
nahe der Küste lag. Vor meinen Augen erstreckte sich eine Kette aus flimmernden Lichtern.
»Das ist der Lido von Venedig«, hörte ich eine mir bekannte Stimme.
Ich drehte den Kopf. Wenige Schritte von mir entfernt stand Domenico und trank Champagner.
»Ich wusste, dass dieses Kleid perfekt sein würde. Du
siehst faszinierend aus, Laura.« Er kam zu mir und küsste mich auf beide Wangen.
»Du hast mir gefehlt, Domenico«, antwortete ich und drückte ihn an mich.
»Nicht zu heftig, meine Liebe, sonst müssen Poli und seine Freundin Luigi wieder von vorne anfangen«, sagte er und führte mich zum Heck, wo ein Motorboot wartete. Ich setzte mich auf den lederbezogenen Sitz.
»Wo ist Don Massimo?«, fragte ich und nahm noch einen Schluck.
Domenico blickte mich entschuldigend an. Erst jetzt sah ich, dass er einen Smoking trug, was bedeutete, dass mich Massimo ein weiteres Mal versetzte.
»Er musste …« Ich hob die Hand, und Domenico brach mitten im Satz ab.
»Wir werden uns betrinken und Spaß haben«, sagte ich mit fester Stimme und leerte das Glas.
Das Boot fuhr langsam über das ruhige Wasser der Adria und dann in einen Kanal hinein, und ich überlegte, ob ich mehr wollte, als von Massimo zu bekommen war. Er würde immer der bleiben, der er nun einmal war. Jetzt, wo er mich besessen hatte, würde er mich vielleicht freilassen. Aber wollte ich überhaupt zurück? Warum fehlte er mir? Domenico riss mich aus meinen Gedanken.
»Wir sind da. Bist du bereit?«, fragte er und reichte mir die Hand.
Ich stand auf diesem schmalen Boot und hatte plötzlich Angst angesichts der Lichter vor mir, der Menschen und des ganzen Luxus
.
»Nein, ich bin nicht bereit, und ich möchte es auch nicht sein. Domenico, warum mache ich das?«, fragte ich entsetzt, als das Boot an den Steg vor einem Hotel stieß.
»Für mich«, hörte ich eine Stimme, die mir durch Mark und Bein ging. Ich schlotterte, mir war heiß. »Entschuldige das Durcheinander, Kleines. Ich dachte, ich schaffe es nicht, aber wir haben uns ohne größere Probleme geeinigt. Und hier bin ich.«
Ich hob den Blick – auf dem Steg stand mein bezaubernder Entführer. Er trug einen schwarzen Zweireiher und sah wunderbar aus. Ich konnte keinen Schritt in seine Richtung tun, so schön war er. Das weiße Hemd kontrastierte mit seiner dunklen Haut, die kleine Fliege gab dem Outfit den letzten Schliff.
»Komm.« Er streckte mir die Hand hin und zog mich herauf.
Ich strich mein Kleid glatt und suchte seinen Blick. Er hielt meine linke Hand und stand einfach nur reglos da. Offensichtlich war er genauso benommen wie ich.
»Laura! Du …« Er brach ab und runzelte die Stirn. »Du siehst heute so bezaubernd aus, dass ich gar nicht weiß, ob ich will, dass dich jemand so sieht.«
Ich lächelte entrückt.
»Don Massimo!« Domenicos Stimme riss uns aus unserem gegenseitigen Entzücken. »Wir müssen gehen. Man hat uns sowieso schon gesehen. Und hier, die Masken.«
Wer hat uns gesehen, und warum müssen wir gehen?, fragte ich mich und nahm eine spitzenbesetzte Maske entgegen
.
Massimo band sie mir fest und strich mit der Nase darüber. »Spitzen und du … das mag ich«, flüsterte er und küsste mich sanft.
Bevor er seine Lippen von meinem Mund lösen konnte, erhellten Blitze von Kameras die Nacht. Panik erfasste mich.
Den Arm um meine Taille gelegt, drehte er uns zu den Fotografen um. Er lächelte nicht, sondern wartete ruhig, bis sie fertig waren. Die Paparazzi riefen etwas auf Italienisch, ich versuchte, so würdevoll auszusehen, wie das mit meinen weichen Knien möglich war.
Massimo hob die Hand zum Zeichen, dass es genug war, dann gingen wir über den Teppich zum Eingang. Wir durchquerten eine Lobby und betraten einen Ballsaal mit eleganten, hohen Säulen. Auf runden Tischen waren Kerzen und weiße Blumen arrangiert. Die meisten Gäste trugen Masken, was mir nur recht war, denn auf diese Weise konnte ich mich halbwegs entspannen.
Wir setzten uns an einen der Tische, an dem man uns zunickte, offensichtlich hatten nur noch wir gefehlt. Kurz darauf erschienen Kellner und servierten die Vorspeise.