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1. Kapitel

Still jetzt.« Die Wörter hallten von den Wänden als Echo wider. »Lass nur die Augen zu.«

Andrew gehorchte seinem Vater, klammerte sich an seine Hand und vergrub seine winzigen Finger in der schwieligen Handfläche. Blindlings tappte er abwärts. Um sich herum hörte er das hohle Tropfen von Wasser und spürte die kühle, feuchte Luft auf der Haut, die ihn an den Morgennebel im Tal erinnerte.

Dann blieb sein Vater stehen und entzog ihm die Hand. »Jetzt mach die Augen auf.«

Andrew tat es, konnte jedoch nichts sehen. Wieder und wieder blinzelte er, doch die Dunkelheit war so undurchdringlich und endlos wie in einem Brunnenschacht. Er rieb sich die Augen, doch er konnte seine Hände nicht sehen. Panik stieg in ihm auf, und er schnappte nach Luft. Von allen Seiten schoben sich die Wände auf ihn zu und bedrängten ihn. Die Schwärze drückte schwer auf seine Lungen. Andrew streckte auf der Suche nach seinem Vater die Hände aus, griff aber ins Leere.

»Papa!«

»Ich bin hier, mein Sohn.« Sofort spürte er, wie ihn warme, starke Arme umschlangen. »Ich bin direkt vor dir.«

Andrew klammerte sich an das raue Hemd seines Vaters, vergrub den Kopf an seiner Brust und sog den vertrauten Geruch nach Tabak und frisch gehacktem Holz ein. Er schloss die Augen.

Sein Vater umfasste seine Schultern und beugte sich zu ihm herab. »Ich wollte nur, dass du es siehst.«

»Aber ich sehe gar nichts!«

»Du solltest nur erfahren, wie es hier unten ist.« Andrew hörte, dass sein Vater lächelte. Er vernahm ein Kratzen, ein Zischen, und dann flammte Licht auf. Mit dem Streichholz zündete sein Vater die Kerze auf dem Helm an, und Andrew sah die tropfenförmigen Spuren von Wachs. Der brennende Docht warf einen kleinen gelben Lichthof, so dass er gerade so die Stirn, die Augen und die Nase seines Vaters sehen konnte.

Dann spürte er seinen drängenden Händedruck. »Du sollst wissen, dass dies hier nicht dein Leben wird. Ich lasse nicht zu, dass mein Sohn unter Tage geht. Hörst du, Andrew?« Seine Stimme war leise und flehentlich. »Du wirst hart arbeiten. Fleißig lernen. Wenn du älter bist, wirst du dir ein eigenes Leben aufbauen. Aber nicht hier. Ich lasse nicht zu, dass du nach Kohle schürfst. Verstanden?«

»Ja, Sir.«

»Sorge für deine Familie, Andrew. Immer.« Er schluckte hart. »Aber nicht so.«

»Ja, Sir.«

Die Augen seines Vaters musterten ihn eindringlich. »Du hast etwas Besseres verdient«, sagte sein Vater schließlich. »Lass dir von niemandem etwas anderes einreden.«

Andrew versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er wieder nach Hause, ans Licht wollte. »Ja, Sir.«

Da erhob sich sein Vater. »Du wirst nie wieder hier runtergehen. Versprochen?«

Andrew versprach es.