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8. Kapitel

Zu Beginn des Frühlings wurden Andrews Habseligkeiten nach Pittsburgh geschickt: ein paar saubere Hemden und Hosen, ein Wollmantel, seine Bücher und Hefte. Alle Möbel waren verkauft. Kaum hatten die Houghtons das braune Schindelhaus verlassen, strömten die neuen Bewohner, eine böhmische Familie, hinein.

Am Bahnsteig umarmte Andrew seine Mutter zum letzten Mal. Zumindest fühlte es sich wie das letzte Mal an. Er fühlte sich seltsam taub. Selbst Pittsburgh kam ihm so entlegen vor wie der Mond; die Niederlande, in die seine Mutter zurückkehrte, waren dagegen wie ein ferner Planet.

Beim Anblick der silbernen Gleise, die sich endlos in beide Richtungen erstreckten, zog sich sein Herz zusammen. Hier konnte er nicht mehr bleiben. Es gab kein Zurück. Aber Frederick Houghton war immer noch in der Mine, auf ewig begraben unter den Steinhaufen, die seinen Körper zerschmettert hatten.

»In Pittsburgh wartet dein Onkel auf dich«, unterbrach Andrews Mutter seine Gedanken. »Und sobald ich in Holland bin, schicke ich dir ein Telegramm.«

Carolin Houghton legte die Hand an seine Wange und sah ihn eindringlich an, als wollte sie sich jeden Zentimeter seines Gesichts einprägen. Als sich ihre Augen mit Tränen füllten, spürte er ein Brennen in seiner Brust. Er wollte, dass der Zug jetzt kam und sie den Abschied hinter sich brachten.

Auf der anderen Talseite ertönte der wehmütige Pfiff der Dampflok. Über dem gesenkten Kopf seiner Mutter waren in der Ferne die ersten Rauchwolken zu sehen. Die Wartenden erhoben sich von den Bänken und suchten ihr Gepäck zusammen. Zum Abschied wurden die Bewegungen hektischer und die Stimmen schriller. Wieder ertönte der Pfiff, noch deutlicher jetzt, und zerrte an Andrews zum Zerreißen gespannten Nerven.

Immer wieder kam ihm der Gedanke, dass er das Kohlerevier nun endlich verlassen würde. Ein Gefühl der Freiheit breitete sich dabei in ihm aus. Er ließ es hinter sich. Zum ersten Mal seit dem Tod seines Vaters wurde ihm klar: Er ließ seinen Vater nicht im Stich, sondern hielt nur sein Versprechen.

Andrew umfasste die Hände seiner Mutter und massierte sanft ihre Knöchel. Zum ersten Mal erkannte er ihre Entscheidung als ein Geschenk: Sie ermöglichte ihm damit ein neues Leben jenseits der rußigen Kohlereviere.

»Ich werde ein besseres Leben für uns aufbauen«, sagte er entschlossen. »Ich verspreche es.« Für die Universität konnte er immer noch sparen. Er konnte immer noch studieren.

Als die riesige schwarze Dampflok in Sicht kam, wurde der graue Rauch immer dichter. Das Kreischen der Bremsen schrillte in seinen Ohren. Er drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Wange.

Funken sprühend knirschte Metall auf Metall, bis das stählerne Ungetüm stehen blieb und nach der langen Fahrt laut schnaufte.