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17. Kapitel

Eveline räumte den Frühstückstisch ab, erleichtert, dass die Eier, die sie von Pittsburgh mitgebracht hatte, nur wenig Schaden gelitten hatten. Durch das offene Fenster ertönte das Krähen eines Hahns von einer entfernten Farm. Eveline streckte sich und lauschte. Dann trat Stille ein. Keine Straßenbahnen. Keine ratternden Wagen auf den Steinstraßen der Stadt. Keine gurrenden Tauben vor den Fenstern. Stille. Sie konnte durchatmen, bei offenem Fenster schlafen, und heute Morgen waren ihre Laken nicht rußig gewesen. Sie wischte sich über die Augen. Die Last, die seit ihrer Ankunft auf ihr lag, wirkte leichter. Sie war erschöpft gewesen und die Reise lang. Aber heute war ein neuer Tag.

Sie blickte hinauf zu dem rissigen Putz an der Decke, hörte die Schritte ihres Mannes, der Möbel verschob und Fußleisten anbrachte. Seit dem Unfall war Wilhelm ein anderer Mensch, und sie wusste, dass der Umzug aufs Land und der Verlust seiner Arbeit und des Hauses mit all seinem Komfort ihn auslaugten. Aber wenn er erst sähe, wie schön das Leben auf dem Land sein konnte, würde es ihm besser gehen. Eines Tages würden seine Augen wieder leuchten; seine Haut würde von der Sonne gebräunt werden und nicht vom giftigen Ruß. Und er würde sich wieder wie ein Mann fühlen, weil er das Land zähmen und daraus ihren Lebensunterhalt gewinnen konnte.

Eveline verließ die Küche und ging im Wohnzimmer zu den großen Fenstern, die den verzierten Kamin säumten. Sie beschloss, heute die Vorhänge aufzuhängen, die Fenster zu putzen und dann die Spitzengardinen und darüber die rosenfarbenen Volants anzubringen. Sie würde Blumen pflücken und sie in einer Vase auf den Tisch stellen. Es gab noch viel zu tun, aber heute würde sie das Haus gemütlich machen.

Vom Fenster aus sah sie, wie jemand ihre zerklüftete Zufahrt herunterkam. Eveline betrachtete sich kurz mit leicht zusammengekniffenen Augen in der Spiegelung der Fensterscheibe und seufzte.

»Wilhelm!« Sie eilte die Treppe hinauf, um dem Besucher zuvorzukommen. »Wir bekommen Besuch.«