Edgar und Will kehrten mit Hosentaschen voller rot-weißer Pfefferminzbonbons aus der Stadt zurück. Wilhelm brachte Säcke mit Mehl, Zucker und Salz mit, dazu Eier, Milch, Käse, Rind- und Lammfleisch. Er hatte den Wagen mit Farbe, neuen Sägen, Meißeln, Hämmern, Metallplatten und Teerdachbahnen beladen. Er trug einen Eisblock für den Eisschrank ins Haus, der in Zeitungspapier eingeschlagen und in Sägespänen gelagert worden war. In seiner Hand hielt er eine drei Seiten lange Liste mit Vorräten, die er für die Farm bestellt hatte. Eis und Brot würden zweimal die Woche geliefert werden, Milch und Eier alle zwei Wochen, bis die Farm selbst genügend produzierte. Aber gegen die zwei neuen Familienmitglieder Otto und Harold Kiser verblassten alle Eindrücke aus der Stadt.
Da Eveline nicht still liegen konnte, hatte sie sich gewaschen und angezogen und wartete auf ihre Familie. Zwar hatte sie noch Schmerzen nach der Geburt, aber das war nichts im Vergleich zu dem Unbehagen, das ihr die gegen ihren Bauch boxenden Zwillinge beschert hatten.
Als Wilhelm zurückkehrte und sie mit seinen neu geborenen Söhnen im Schaukelstuhl sitzen sah, blühte er zum ersten Mal, seit er entlassen worden war, wieder auf.
»Ich fahre morgen noch mal in die Stadt und bringe einen Arzt mit«, versprach er, als er die winzigen Jungen im Arm hielt, die in Edgars alte Babydecke gewickelt waren.
»Nicht nötig.« Eveline stand auf und streckte sich vorsichtig. »Ich danke Gott, dass Lily Morton da war.«
»Hätte dich nicht allein lassen dürfen«, bemerkte Wilhelm knapp.
»Sie hat mich nicht allein gelassen.« Eveline berührte eines der winzigen Händchen, die sich zu Fäusten schlossen und wieder öffneten. »Das arme Mädchen hat unsere Kinder geholt! Du hättest ihren Gesichtsausdruck sehen sollen, als sie ging. Man hätte meinen können, die Wehen hätten ihr schlimmer zugesetzt als mir.«
»Ich meine nicht das Mädchen.« Wilhelm presste die Lippen zusammen. »Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen.« Sein Blick huschte kurz zu ihr und dann wieder zu den Babys. »Was, wenn sie nicht da gewesen wäre?«
»Dann hätte Andrew seinen Enkeln eine gute Geschichte erzählen können.« Sie rieb sich über den Bauch. »Er hätte sich darum gekümmert. Schließlich hat er schon genügend Tieren geholfen, ihre Jungen zu Welt zu bringen, um zu wissen, was zu tun ist.«
»Das bezweifle ich.«
Da hielt sie inne und bemerkte seine finstere, verbitterte Miene. »Ist in der Stadt etwas vorgefallen?«
»Wusstest du, dass alle deutschen Speisen umbenannt werden? Ich dachte, das wäre nur in Pittsburgh so. Als ich mit den Jungs essen ging, hießen die Hamburger plötzlich Liberty Sandwichs und aus Sauerkraut wurde Liberty Cabbage.« Er lachte leise und freudlos. »Bevor wir uns versehen, ändern sie auch noch unseren Namen.«
»Sind doch nur Speisen, Wilhelm.«
Er hörte ihr gar nicht zu, sondern fiel ihr ins Wort. »Aber jetzt weiß ich, warum Frank Morton mich unbedingt in den Ort bringen wollte.« Als er Otto etwas zu fest an sich drückte, krächzte das Baby leise. Daraufhin übergab er es seiner Frau, und die wiegte es, bis es sich wieder beruhigte.
»Er ließ mich ganz schlecht dastehen, Eve.« Wieder spannte er sich an, achtete aber darauf, den schlafenden Harold nicht zu wecken. Eve wiegte Otto und konzentrierte sich auf das, was Wilhelm zu sagen hatte.
»Morton hat uns tatsächlich erst mal rumgeführt. Hat uns zum Postamt begleitet, zum Schlachter, zur Brauerei, zum Laden von Campbell. Hat ständig über meinen neuen Traktor und meine Investitionen geredet.« Eve hörte ihrem Mann aufmerksam zu, weil sie nicht wusste, worauf er hinauswollte.
»Dann fing das Gerede an.«
»Welches Gerede denn?«
»Über den Krieg, Eve! Was denn sonst.«
»Rede nicht so mit mir«, warnte sie ihn. Sie hatte gerade zwei Kinder zur Welt gebracht und würde diesen Ton nicht dulden.
»Entschuldige.« Wilhelm verzog bedauernd den Mund. »Es war nur so, dass mich auf einmal der halbe Ort fragte, wie viele Kriegsanleihen ich denn kaufen wolle. Und wie viele Sparmarken von der Post. Wie viel ich fürs Rote Kreuz spenden würde. Ich stand da wie jemand, der nichts für die Alliierten tut, weil er aus Deutschland kommt.« Er reichte Eveline das andere Baby. »Frank hat mich reingelegt.«
Männer! Eveline brauste auf. »Frank Morton hat dir geholfen, Wilhelm Kiser. Er war so freundlich, dich und die Jungen in die Stadt zu fahren und ein gutes Wort für dich einzulegen. Du solltest ihm danken, anstatt gegen ihn zu wettern.«
»Nein.« Wilhelm blickte starr geradeaus. »Ich hab solche Männer schon kennengelernt, Eve. Die machen nichts ohne Hintergedanken.« Dann lachte er. »Aber er hatte sich verrechnet. Du hättest die Gesichter sehen sollen, als ich im Laden keinen Kredit brauchte. Hab sie ganz schnell in ihre Schranken verwiesen.« Sein Blick flackerte, als er murmelte: »Liberty Sandwichs, verdammt noch mal.«