Andrew bekam das kleinste Zimmer im Haus. Nachdem er mit Will und Edgar die Wände gestrichen hatte, stapelten sie seine Habseligkeiten und Bücher auf dem Schreibtisch. Will nahm Andrews Football, dessen rissiges Leder an den Spitzen geflickt war. »Du spielst Football?«, fragte er.
»Früher.« Andrew presste kurz den Deckel auf die Farbdose und hämmerte den Rand fest. »Wenn du willst, kannst du den haben.«
Der kleine Junge strich über den Ball. »Spielst du mit mir? Mit Edgar und mir?«, fragte er zögernd.
»Es ist schon zu spät. Morgen vielleicht«, antwortete Andrew halbherzig und zerstreut. Er war schon den ganzen Tag gereizt gewesen. »Geht doch jetzt ins Bett. Ich mach das hier allein fertig.«
Will trat näher zu ihm. »Ich könnte dir helfen.«
Ich brauch keine Hilfe, hätte er am liebsten gebrüllt, presste aber nur die Lippen zusammen und ignorierte das Angebot des Jungen.
Will warf den Ball leicht in die Höhe, aber als er ihn wieder auffangen wollte, landete er auf einem der Pinsel und katapultierte ihn auf den Boden, so dass weiße Farbe auf die Dielen spritzte.
»Tut mir leid …« Will jagte dem Ball nach, aber Andrew erwischte ihn als Erster.
»Hau jetzt einfach ab«, knurrte Andrew. Ohne Vorwarnung geriet er in Rage. »Haut beide ab. Lasst mich einfach mal in Ruhe, ja?«
Edgar und Will ließen die Köpfe hängen. »Wir wollten doch nur helfen«, maulte Will.
Andrew wandte sich ohne eine Antwort ab und fing an, die Farbspritzer auf den Dielen mit einem alten Lappen wegzureiben. Da schoben sich zwei Ärmchen von hinten um seine Taille. »Tut mir leid«, ertönte eine leise Stimme. Dann verließen die beiden Jungen das Zimmer und zogen die Tür hinter sich zu.
Andrew warf den Lappen auf die Dielen, ließ sich zu Boden sinken und rieb sich über die Stirn. Er starrte auf die frisch gestrichenen Wände, auf die Flecken und unregelmäßigen Streifen an den Stellen, die seine Cousins gestrichen hatten. Er hätte nicht so schroff zu ihnen sein dürfen. Als er an Wills zerknirschte Miene dachte, bekam er ein schlechtes Gewissen. Schließlich waren es an den meisten Tagen diese beiden Jungen, die ihn die Schmerzen, die Trauer und das Heimweh vergessen ließen, die stets in ihm lauerten.
Aber heute hatten ihm nicht mal die beiden helfen können. Denn am Morgen war ein Telegramm von seiner Mutter eingetroffen. Darin stand nur eine Adresse, sonst nichts. Kein Wort über die Reise. Kein Wort vom Krieg oder ihrer Gesundheit. Keine Erinnerung an seinen Vater, keine Erwähnung seiner Verletzung. Nur ihre Adresse. Offenbar war der Schmerz über die Verletzung ihres Sohnes nach dem Verlust ihres Mannes mehr, als sie ertragen konnte.
Andrew würde es morgen wiedergutmachen und mit seinen Cousins spielen, bis es dunkel wurde. Aber er wusste, dass er nicht nur wegen des Telegramms die Fassung verloren hatte. Er kam dieser Familie zu nahe. Ein Leben im Kohlerevier hatte ihn rasch gelehrt, dass es gefährlich war, sein Herz zu verschenken; in den Minen konnte auf jede Begrüßung ein grausamer unerwarteter Abschied folgen. Er hatte seine Lektion gelernt: Das Leben nahm einem oft, was man am meisten liebte.
Andrew säuberte die Farbdosen, die Pinsel und den Boden. Danach stützte er die Hand in die Hüfte und begutachtete sein Zimmer. Sein Zuhause. Dabei hatte er sich nie heimatloser gefühlt.
Sein Fenster stand weit offen, und die milde Nachtluft duftete süß nach Flieder und Geißblatt. Andrew zog sein T-Shirt aus, um sich abzukühlen, setzte sich im Schneidersitz auf die Bettdecke und ließ die Erkennungsmarke seines Vaters wie ein Pendel zwischen den Fingern schwingen. Er dachte an seine Unfähigkeit, seine Aufgaben schnell und effizient auszuführen. Er hatte an diesem Tag versucht, Felsbrocken für die neue Steinmauer zu schleppen, konnte sie aber nicht mit einer Hand festhalten. Also hatte er kleinere Steine genommen, um sie mit der Schubkarre zu transportieren. Doch als er sie anhob, kippte sie zur Seite, und die Steine kullerten wieder hinaus. Das Dach konnte er nicht decken, weil er sich nicht festhalten konnte. Er war der Erste, der morgens aufstand, und der Letzte, der abends zu Bett ging, und doch schaffte er nur einen Bruchteil dessen, was er früher zustande gebracht hatte.
Andrew hörte auf, die Erkennungsmarke hin und her zu pendeln, und starrte auf das verbogene Metall, als wollte er dort Antworten finden. »Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll«, flüsterte er seinem Vater zu. »Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.«
Er zwang sich, seine linke Schulter anzusehen. Alles in ihm sträubte sich dagegen, doch er hielt den Blick fest auf das unnatürlich wulstige Fleisch, die hässlichen Narben gerichtet. Allein vom Anblick der Amputation wurde ihm speiübel, dabei war dieser Körper doch alles, was ihm geblieben war. Diese Narben würde er für den Rest seines Lebens nicht mehr los.
Schließlich löste er den Blick davon und ließ die Erkennungsmarke auf den Quilt fallen. Weit entfernt in den Wäldern heulte klagend ein Kojote. Ein zweiter stimmte ein, und dann erfüllte gespenstisches Gebell die eben noch so stille Nacht. Er spähte aus dem Fenster, konnte aber nirgends Licht oder ein Haus erkennen. Er fragte sich, ob er als Einziger noch wach war.
Er schob die Anstrengungen des Tages und die Gedanken an das Telegramm beiseite und dachte stattdessen an Lily mit ihren grünen Augen und den goldenen Haaren, die weiter die Straße hinauf wohnte. Ob sie schon in ihrem Bett schlief ? Grinsend spürte er, wie sich seine Stimmung hob. Lily Morton hatte etwas Wildes und gleichzeitig Anmutiges an sich: eine schlichte, natürliche Schönheit, die die Hoffnung ausstrahlte, dass dieses Land niemals gezähmt werden könnte, sondern immer ungehindert blühen würde.
Gott sei Dank hat sie die Babys auf die Welt geholt, dachte er wohl zum hundertsten Mal. Er ließ sich auf sein Kissen fallen und fuhr sich so ungestüm mit den Fingern durch die Haare, dass sie zu allen Seiten abstanden. Er wusste, dass Lily genauso viel Angst gehabt hatte wie er selbst.
Er wartete darauf, dass ihn der Schlaf überwältigte, während seine Gedanken weiterhin um das Mädchen in dem zerrissenen grünen Kleid und den alten Arbeitsstiefeln kreisten, und musste unwillkürlich lächeln. Lily war wie eine Blumenwiese. Als er sich auf die Seite drehte, prickelten seine Nerven unangenehm an der verletzten Schulter. Und er, dachte er mit sinkendem Mut, war wie ein Baumstumpf am Rand.
Die Kühe von der Milchfarm im Cumberland County trafen ein und wurden in den Stall gebracht. Dahinter grunzten die neuen Schweine. Das Pferd und die Hühner sollten in wenigen Tagen kommen. Familie Kiser gewöhnte sich allmählich an das Farmleben, in dem es ständig etwas zu tun gab. Zuerst fiel ihnen die Umstellung vom Leben in der Stadt schwer, doch sie fügten sich rasch in die neuen Abläufe.
Andrew und Wilhelm reparierten die Risse in der Scheune mit neuen Brettern. Sie verstärkten das Fundament mit Steinen und Mörtel. Wilhelm deckte die Löcher im Dach mit neuen Schindeln, die Andrew ihm hochreichte. Frisches, staubiges Heu bedeckte den Heuboden und stapelte sich an den Wänden der Scheune. Da die Zufahrt immer noch unpassierbar war, mussten die Heuballen erst mit Forken und Gabeln vom Wagen gehievt und dann mit Schubkarren weitertransportiert werden, was mühsam und langwierig war.
Weil die Sickergrube längst voll war, rief man Facharbeiter, die sie zuschütteten, eine neue gruben und das morsche Holzhäuschen darüberzogen.
Nach dem Abendessen arbeitete Andrew im Hühnerstall und schaufelte den fast dreißig Zentimeter hohen Belag aus Hühnermist und Getreidehülsen vom Boden. Zwar stank der längst nicht mehr, aber von den Federn und Hinterlassenschaften der Hühner juckte ihm die Haut. Gerade hob er eine Schaufel voll Dreck an und stemmte sich den Holzgriff gegen die Schulter, da kam Will den Hügel heraufgerannt.
»Andrew!«, brüllte er schon von Weitem. Der kleine Edgar folgte ihm dichtauf. Andrew lehnte die Schaufel gegen den Hühnerstall.
»Da drüben ist jemand«, rief Edgar. Die beiden Jungen kamen atemlos vor ihm zum Stehen und sahen ihn aus furchtsam aufgerissenen Augen an. »Der schmeißt Steine auf uns!«
»Große Steine und Stöcke und so«, stieß Will keuchend hervor und präsentierte eine kleine Schramme auf seiner Wange. Dann zeigten beide den Weg hinunter.
»Ich guck mal, was das soll«, sagte Andrew.
Will packte ihn am Arm. »Aber der Mann ist groß. Wie ein echter Menschenfresser.«
Edgar nickte. »Wie ein großer, zotteliger Menschenfresser.«
»Schon verstanden.« Andrew tätschelte Edgars Kopf. »Bleibt hier, ich bin in einer Minute zurück.«
Aber die Jungen sahen sich panisch um. »Wir können nicht hierbleiben. Was ist, wenn er uns findet?«, jammerte Will. Andrew grinste. »Okay, dann kommt mit. Zeigt mir, wo ihr das Ungeheuer gesehen habt.«
Er ging ruhig den Weg hinunter, während Will und Edgar sich hinter seinem Rücken versteckten. Sie wirkten wie eine kleine Parade.
»Aua!« Edgar rieb sich den Arm.
»Was ist denn – au!« Ein kleiner Stein traf Andrew an der Brust und kurz darauf noch einer an der Stirn. Will schrie auf und flüchtete Richtung Haus.
Andrew packte Edgar am Kragen und zog ihn hinter die Scheune in Sicherheit. Noch mehr Steine flogen durch den Himmel. Andrew schob Edgar in einen der Ställe. »Du bleibst hier. Klar?«
Andrew schlich sich hinten aus der Scheune heraus und bemerkte einen großen Mann, der an der Ecke kauerte. Andrew sah sich um, fand ein schmales Metallrohr und schlich auf Zehenspitzen näher an die massige Gestalt heran. Mit dem Rohr drückte er dem Mann zwischen die schaufelartigen Schulterblätter und befahl: »Steh auf.«
Der Mann erstarrte, fing an zu zittern und wollte sich umdrehen.
»Kopf nach vorn!«, befahl Andrew. »Und Hände hoch!«
Als der Mann sich zu seiner vollen Höhe erhob, musste Andrew schlucken. Er war deutlich größer als er selbst. Doch seine erhobenen Hände zitterten.
»Wer bist du?«
Die Arme zitterten noch heftiger.
»Ich fragte, wer du bist!« Andrew stieß ihm das Rohr noch fester zwischen die Schultern.
Ein Wimmern entrang sich dem Riesen. »Schieß mich nicht tot«, heulte er auf. Dann schluchzte er heftig. »Es tut mir leid!«
Andrew zog das Rohr weg. »Dreh dich um.«
Langsam wandte sich der Mann zu Andrew um. Sein Gesicht war rot und tränennass, es war pummelig und hatte fast kindliche Züge. »Tut mir leid«, wimmerte er. »Ich wollte keinem wehtun. Tut mir leid.«
»Herrgott noch mal, Fritz!«, ertönte eine andere Stimme, und dann kam eine Gestalt den Weg heruntergerannt.
Fritz stürzte dem Mann entgegen, beugte sich vor und schluchzte an seiner Schulter: »Tut mir leid, Peter! Tut mir leid!«
»Verdammt noch mal, Fritz, was hast du jetzt schon wieder angestellt?« Peters Zorn schwand jedoch sichtlich, während er Fritz sanft den Rücken tätschelte. »Jetzt beruhige dich, ja?« Er sah Andrew direkt in die Augen und verzog entnervt das Gesicht. »Tut mir leid. Manchmal weiß mein Bruder nicht, was er tut. Aber er hat doch niemanden verletzt, oder?« Fritz hob den Kopf und sah Andrew flehend an.
Andrew ließ das Rohr fallen und kickte es weg. »Er hat nur mit Steinen geschmissen. Die Kinder haben Angst gekriegt.«
Da kam Edgar aus der Scheune und zeigte auf Fritz. »Der da hat Steine auf mich und Will geworfen. Und mich sogar an der Stirn getroffen.«
Peter schüttelte den Kopf. »Warum zum Teufel bewirfst du Kinder mit Steinen, Fritz?« schimpfte er, wieder aufbrausend. »Du müsstest es doch besser wissen! Was zum Teufel geht in dir vor?«
Daraufhin sank Fritz zu Boden, umklammerte mit beiden Armen die Knie und fing an, sich vor und zurück zu wiegen.
Edgar warf Andrew einen Blick zu und näherte sich Fritz. »Mir ist nichts passiert«, sagte er vorsichtig. »Hat eigentlich nicht weh getan.« Er wühlte in seiner Tasche herum und holte ein Bonbon heraus, das nicht mehr eingepackt und daher ziemlich flusig war. »Hier.« Er gab es Fritz. »Ein Toffee.«
Fritz starrte blinzelnd auf die ausgestreckte Hand und grinste dann breit. Er nahm das schmutzige Toffee, steckte es sich in den Mund und starrte den kleinen Jungen voller Zuneigung an.
»Und, was sagt man jetzt?«, bemerkte Peter.
Munter und zufrieden saugte der Mann an dem Bonbon. »Tut mir leid, dass ich euch mit Steinen beschmissen hab. Ich mach’s auch nicht wieder.« Er kaute auf dem klebrigen Toffee herum. »Fritz macht nie wieder Ärger.«
Edgar, den die Aussicht auf einen neuen Freund so aufmunterte, dass er alle Steine vergaß, packte Fritz an der Hand. »Komm, du kannst mir helfen, den Hühnerstall auszumisten.«
Peter sah den beiden nach, bis sie um eine Ecke verschwanden. Hin- und hergerissen zwischen Belustigung und Verlegenheit, rieb er sich den Nacken. »Tut mir leid. Er ist nicht böse, weiß es aber manchmal nicht besser.« Mit der Spitze seines Stiefels zog er einen Strich in der Erde. »Wenn man ihn anschaut, würde man’s nicht glauben, aber er ist sanft wie ein Lamm. Wahrscheinlich hielt er das Ganze für ein Spiel. Er weiß es einfach nicht besser.« Er streckte die Hand aus. »Peter Mueller.«
»Andrew Houghton.«
»Houghton? Ich dachte, euer Name wär Kiser.«
»Das ist der Name meines Onkels. Wilhelm Kiser.«
Der junge Mann schüttelte Andrew herzlich die Hand. »Ich wär ja schon früher vorbeigekommen, aber wir haben meine Schwester besucht, die gerade ihr fünftes Kind bekommen hat. Ich war auf dem Weg zu euch, um euch alle zum Abendessen einzuladen, da lief Fritz schon mal vor. Ma wollte nicht stören, weil sie dachte, deine Tante hätte das Haus noch nicht für Gäste bereit. Frauen sind in solchen Dingen komisch, findest du nicht? Ich brauch nur einen Stein zum Sitzen, dann bin ich schon zufrieden.«
Peter war etwa so alt wie er, vielleicht ein bisschen älter. Er hatte blonde Haare und Sommersprossen auf Stirn und Nase. Jetzt zeigte er auf den neuen Schweinepferch hinter der Scheune. »Kann ich mir eure Schweine mal ansehen? Ich kenn mich ein bisschen aus. Wir haben mehr, als wir zählen können. Habt ihr schon mal von der Mueller-Wurst gehört? Die verdammt beste deutsche Wurst im ganzen Staat. Pa ist in Nürnberg aufgewachsen und hat es da gelernt.« Er zog stolz die Augenbrauen in die Höhe. »Nach einem geheimen Familienrezept.«
Andrew führte ihn zum Pferch, wo sich zwei riesige Säue im Schlamm suhlten. »Sehen gut aus«, nickte Peter beeindruckt. »Man weiß nie, was man kriegt, wenn man sie liefern lässt. Selbst bei einer Auktion kann’s noch passieren, dass sie beim Beladen ausgetauscht werden.«
Er seufzte tief und fügte hinzu: »Eine unserer Jungsauen hat zu früh geworfen und kann nicht alle zwölf Ferkel säugen. Hat nur Milch für zwei oder drei.«
Andrew goss spritzend frisches Wasser von der Regentonne in den Trog. »Was macht ihr mit denen?«
»Nichts. Die sterben sowieso in ein paar Tagen.«
»Könnt ihr die nicht mit der Flasche aufziehen?«
»Hat keinen Zweck. Die schaffen’s nicht.«
Andrew dachte nach und warf einen Blick zu den beiden großen Schweinen. »Hättest du was dagegen, wenn ich die Kümmerlinge nehme?«
»Wofür denn das?« Mit gerunzelter Stirn starrte Peter ihn an.
»Vielleicht kann ich ein paar retten.«
Belustigung zeigte sich in Peters Miene. »Na dann, gerne. Kümmerlinge dahinsiechen zu sehen, ist kein schöner Anblick. Aber wir wollen sie auch nicht ertränken. Die quieken zum Herzerweichen.«
Andrew warf den leeren Eimer neben die Regentonne. »Ich hab schon Kälber aufgezogen, das unterscheidet sich bestimmt nicht so sehr von Ferkeln.«
»Dabei bist du ein bisschen flachbrüstig«, witzelte Peter und stieß ihn in die Rippen. »Weißt du was? Komm einfach zu uns, schnapp dir die Kümmerlinge, und wenn sie überleben, gehören sie dir. Natürlich werden deine Nippel danach nie mehr wie früher sein.«
»Sehr komisch«, sagte Andrew und musste lachen. Peter erinnerte ihn an seine Freunde aus der Mine: gutmütig, schlagfertig und unbekümmert.
»Unter uns: Wir sind mächtig froh, dass noch andere Deutsche hierhergezogen sind.« Peter sah sich verstohlen um. »Durch den Krieg werden die Leute unruhig und brauchen einen Sündenbock. Schätze, das sind dann wohl wir.«
Peter warf einen Blick über die Felder. »Herrgott, da oben wächst ja nur Unkraut und ein bisschen Fingerhirse. Hat Frank Morton euch reingelegt?«
»Soweit ich weiß, wusste mein Onkel, worauf er sich einlässt.«
»Na, ob das mal stimmt«, sagte Peter lachend. »Also, kommt morgen Abend zum Essen zu uns, ja? Ma macht für euch die allerbeste Wurst, die ihr je gegessen habt. Und ich bereite schon mal die Kümmerlinge für den Transport vor.« Dann senkte er plötzlich die Stimme und wies mit dem Kinn auf Andrews linke Seite. »Wie hast du deinen Arm verloren?« Das fragte er so leichthin, als spräche er über das Wetter.
»Bin vom Zug gefallen.«
»Autsch!« Peter verzog das Gesicht. »Tja, wir haben alle unser Päckchen zu tragen, wie?« Sein Blick verdüsterte sich leicht, als er zu seinem Bruder schaute, der mit Will und Edgar offenbar spielte. »Lasst euch von Fritz dabei helfen, den Hühnerstall auszumisten. Mit seinen Muskeln braucht er dafür nur eine Stunde. Das wird ihn lehren, nicht mit Steinen auf kleine Kinder zu schmeißen.« Er setzte sich wieder in Bewegung. »Schick ihn einfach nach Hause, wenn er fertig ist.«
Er marschierte los, wirbelte nach einem kurzen Stück herum und rief Andrew zu: »Kiser, was?« Er lachte laut. »Ich dachte schon, wir wären schlecht dran. Aber das ist ein teuflischer Name, mein Freund. Ein wahrhaft teuflischer Name!«