Das Wort »Protein« leitet sich ab vom griechischen Begriff »proton«, was so viel bedeutet wie »das Erste« oder »das Wichtigste«. Der Begriff passt! Denn anders als Kohlenhydrate haben Eiweiße viele verschiedene Funktionen im Körper. Sie dienen beispielsweise als Baustoff für Zellwände, Muskeln, Blut sowie Botenstoffe und Enzyme. Auch die Antikörper unseres Immunsystems bestehen zu einem großen Teil aus Proteinen. Und schließlich nutzt der Körper in Ausnahmefällen Eiweiße zur Energiegewinnung. Die verschiedenen Proteine setzen sich dabei aus 20 Aminosäuren zusammen, von denen unser Körper zwölf selbst herstellen kann. Die übrigen – sogenannte »essenzielle Aminosäuren« – müssen wir ihm über die Nahrung zuführen. Und zwar regelmäßig: Speichern kann unser Organismus Eiweiße nicht.
Das Gute: Proteine stecken in beinahe jedem Lebensmittel. Forscher unterscheiden sie primär nach ihrer Quelle:
Tierisches Eiweiß stammt, wie der Name nahelegt, aus tierischen Produkten. Besonders viele Proteine liefern etwa Fisch, Fleisch und bestimmte Milchprodukte wie Quark und körniger Frischkäse. Tierisches Eiweiß zeichnet sich durch eine hohe sogenannte »biologische Wertigkeit« aus. Das bedeutet: Es liefert sämtliche essenziellen Aminosäuren, die unser Körper über die Nahrung aufnehmen muss – und ähnelt in seiner Zusammensetzung den Proteinen im Körper.
Dadurch kann unser Organismus tierisches Eiweiß leicht verwerten, muss also wenig Aufwand betreiben, um etwa die Proteine aus Lachs in körpereigenes Eiweiß umzuwandeln.
Allerdings: Tierische Produkte enthalten nicht nur viel wertvolles Protein, sondern häufig auch potenziell ungünstige Stoffe, wie etwa gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und Salz. Mitunter finden sich in tierischen Eiweißquellen sogar schädliche bis giftige Substanzen, beispielsweise Antibiotika-Rückstände und Blei.
Pflanzliches Eiweiß dagegen stammt, auch hier legt es der Name nahe, aus nichttierischen Quellen. Besonders viel steckt in Hülsenfrüchten, Nüssen, Pseudogetreide wie Buchweizen, außerdem in Pilzen sowie einigen Gemüsesorten, etwa Rosenkohl und grünen Bohnen.
Dieser Proteintyp hat eine deutlich geringere biologische Wertigkeit: Zum einen enthält er nicht alle essenziellen Aminosäuren, zum anderen benötigt unser Körper mehr Zeit und Energie, um aus den vorhandenen Aminosäuren nutzbare körpereigene Proteine herzustellen.
Wer jedoch verschiedene pflanzliche Eiweißlieferanten kombiniert, kann damit die biologische Wertigkeit dieser Proteine so erhöhen, dass sie jener der tierischen Variante nahekommt.
Pflanzliche Eiweißquellen haben nämlich einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie enthalten keine oder kaum potenziell schädliche Stoffe, dafür aber umso mehr weitere wertvolle Substanzen wie Antioxidantien, Vitamine und Mineralien. Und stärken damit Studien zufolge unsere Gesundheit.
+ + + Weil Eiweiße schwerer verdaulich sind als etwa Kohlenhydrate, verbleiben sie länger in Magen und Darm. Erreichen Aminosäuren den Dünndarm, beginnt dieser mit der Produktion von Hormonen, die Sättigungssignale ans Gehirn funken – wie etwa Cholecystokinin, PYY und insbesondere GLP-1. All das macht Eiweiß, insbesondere aus pflanzlichen Quellen, zum besten Sattmacher unter den Nährstoffen.
+ + + Proteine sättigen zudem am schnellsten und nachhaltigsten. Der Grund: Weil Eiweiß für unseren Körper den wertvollsten Nährstoff darstellt, ist das Sättigungsgefühl direkt an die Proteinaufnahme geknüpft. Der Körper misst beim Essen permanent, wie viel Eiweiß im Magen landet. Und erst wenn der Bedarf gedeckt ist, meldet er: »Danke, es reicht!« Wissenschaftler nennen diesen Mechanismus »Protein-Leverage-Effect« (engl. »leverage« = dt. »Einfluss«).
+ + + Eiweißreiche Lebensmittel beeinflussen den Blutzuckerspiegel kaum. Dies beugt Heißhungerattacken vor, sorgt für niedrigere Insulinspiegel und macht den Fettabbau wahrscheinlicher.
+ + + Um die komplexen Proteinmoleküle zu verwerten, muss unsere Verdauung sehr viel Zeit und Energie aufwenden – und verbrennt auf diese Weise bereits ein Viertel der Kalorien, die Eiweiß liefert. Im Gegensatz zu Kohlenhydraten und Fetten weisen Proteine zudem eine hohe sogenannte Thermogenese auf. Das bedeutet: Unser Organismus wandelt viel vom Energiegehalt des Eiweißes in Wärme um anstatt in Fett. Verglichen mit den anderen beiden Makronährstoffen wird so bei der Verdauung von Proteinen drei- bis siebenfach mehr Wärme freigesetzt.
+ + Proteinreiche Lebensmittel bremsen nahrungsspezifische Belohnungsreaktionen im Gehirn: Die Lust, immer weiterzuessen, sinkt – wir können eine Mahlzeit leichter beenden.
+ + Proteine machen Durst und regen uns damit zu ausreichendem Trinken an. Auch das verhindert dick machendes Snacken: Denn die Flüssigkeit füllt den Magen und beruhigt das Sättigungszentrum. Dieses liegt im Gehirn übrigens direkt neben dem Durstzentrum – was erklärt, weshalb unsere Psyche bei Wassermangel Durst schnell mit Appetit verwechselt.
+ + Eiweißreiche Produkte liefern jene Aminosäuren, die für die Produktion von Glückshormonen nötig sind.
+ + Eiweiße helfen, bestehende Muskelmasse zu erhalten und neue aufzubauen. Damit wirkt Eiweiß dem Muskelabbau im Alter aktiv entgegen und unterstützt so das Abnehmen – denn Muskeln verbrennen deutlich mehr Energie als Fettgewebe.
+ Eiweißgenuss macht die menschliche Psyche toleranter. Der archaische Hintergrund: Wer genug Eiweiß gegessen hatte, gab auch anderen eine Chance zuzugreifen – und sicherte so das Überleben der ganzen Gruppe.
– – Nehmen wir extrem viel Eiweiß aus tierischen Quellen zu uns, kann dies den Körper mit schädlichen Nebenstoffen belasten. Beispielsweise mit Purinen, die der menschliche Organismus zu Harnstoff umbaut: Ist zu viel davon im Körper, entstehen besonders bei Übergewicht entzündliche Krankheiten wie Gicht.
– – Der Körper kann pro Mahlzeit nur etwa 30 bis 40 Gramm Eiweiß ideal verwerten. Übersteigt die Eiweißzufuhr den Bedarf regelmäßig, kann dies die Nieren belasten.
Dass Eiweiß ein echter Kilo-Killer ist, bestätigen immer neue Studien. Besonders erkenntnisreich ist dabei eine systematische Übersichtsarbeit, für die Forscher verschiedene bereits veröffentlichte Untersuchungen auswerteten. Auf diese Weise konnten sie die verschiedenen Annahmen zu positiven Effekten des Nährstoffs belegen: Eiweiß sättigt besonders gut, kurbelt den Stoffwechsel an – und kann damit effektiv helfen, Gewicht zu verlieren. Brandneu ist folgende Erkenntnis: Ein höherer Eiweißkonsum kann die Vielfalt und die Zusammensetzung der Bakterien in unserer Darmflora verbessern. Beides entscheidet mit darüber, ob wir eher dick sind oder schlank.
Ein überraschendes Detail: Das sonntägliche Frühstücksei ist der Forschung zufolge ein echter Abnehmtrick. So ließen Ernährungswissenschaftler der University of Connecticut für ihre – kleine – Studie 21 Männer morgens entweder ein proteinreiches Frühstück essen, mit Rührei und wenig Toast, oder aber einen kohlenhydratreichen Bagel mit Frischkäse und einem Joghurt. Beide Varianten lieferten die gleiche Energiemenge. Die Folge: Die Teilnehmer der Ei-Fraktion nahmen anschließend über den Tag hinweg 400 Kalorien weniger zu sich als jene Männer, die den Bagel gefrühstückt hatten.
Doch obwohl Eiweiß also ein echter Abnehmhelfer ist, sollte sich niemand jeden Abend ein Steak auf den Teller legen, sondern im Gegenteil versuchen, den Anteil tierischer Proteine deutlich zu reduzieren. Sonst werden Übergewichtige unter Umständen zwar schlanker – aber auch kränker. Der Grund: Wer viel tierische Proteine zu sich nimmt, erhöht damit Studien zufolge sein Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, sofern er bereits einen Risikofaktor aufweist, wie eben beispielsweise Übergewicht oder Bewegungsmangel. Zu diesem Ergebnis kam ein Forscherteam der Harvard T. H. Chan School of Public Health, das für eine Kohortenstudie die Eiweißaufnahme von mehr als 130 000 Teilnehmern analysierte.
Umgekehrt zeigte die Untersuchung: Viel pflanzliches Protein zu konsumieren reduziert nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – sondern das Sterberisiko insgesamt. Beide Erkenntnisse konnten Forscher mit einer weiteren Studie bestätigen.
Eiweiß ist DER Makronährstoff schlechthin für Abnehmwillige.
Der Tagesbedarf an Proteinen liegt bei mindestens 1 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht – 1,2 wären besser. Die Bezugsgröße bildet dabei das (angestrebte) Normalgewicht. Ein höherer Konsum bringt für normale Menschen keinen zusätzlichen Nutzen, kann aber die Nieren belasten. Daher sollten nur Leistungssportler ihre tägliche Eiweißzufuhr steigern – je nach Sportart auf bis zu zwei Gramm pro Kilo Körpergewicht. Wichtig bei so hohen Proteinaufnahmen: eine gute Nierenfunktion! Nur so ist gewährleistet, dass der im Eiweiß enthaltene Stickstoff ordnungsgemäß ausgeschieden wird. Nierenkranke sollten ihren Eiweißkonsum entsprechend reduzieren, auf etwa 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Weniger sollte es nicht sein, sonst leidet die Muskulatur.
Vor allem pflanzliche Proteine empfehlen sich für Ihr Abnehmvorhaben.