Pest, Piraten und erneut die Türken
Historische Fassade am Canal Grande
Wenige Jahre nach der kräftezehrenden Seeschlacht von Lepanto (1571) raffte die erste große Pestepidemie (1575/76) einen Großteil der Einwohner Venedigs dahin und bewirkte einen völligen Stillstand des Handels, der anschließend jedoch umso heftiger auflebte. Um die Jahrhundertwende importierten venezianische Kaufleute wieder Seide aus Aleppo, Baumwolle aus Smyrna, und über das Rote Meer und den Persischen Golf trafen auch wieder Gewürze in Venedig ein. Doch die mittlerweile im Atlantik und im Mittelmeer verkehrende spanische, englische und niederländische Konkurrenz war den Venezianern überlegen geworden - im Handel und im Schiffbau. Nachdem die Engländer und die Holländer Mitte des 17. Jh. mit Spanien Frieden geschlossen hatten und die Straße von Gibraltar infolgedessen gefahrlos passieren konnten, verkehrten ihre Handelsschiffe auch in der Adria, wo sie sogar den venezianischen Kaufleuten ihre Dienste anboten.
Ganz abgesehen von der Konkurrenz litt der venezianische Osthandel in den ersten Jahrzehnten des 17. Jh. vor allem unter dem florierenden Piratentum. Das gesamte Mittelmeer war ein Tummelplatz für Seeräuber aus aller Herren Länder geworden. Uskoken, Korsaren aus den von den Türken eroberten Gebieten Dalmatiens waren es in erster Linie, die in der Adria ihr Unwesen trieben und zahlreiche venezianische Handelsschiffe kaperten. Dieser kaum zu bekämpfende Umstand führte außerdem dazu, dass die Prämien für Schiffsversicherungen drastisch anstiegen und die Handelsgewinne erheblich schrumpften. Hinzu kam, dass der Dreißigjährige Krieg (1618-48) den Handel mit Deutschland lähmte, womit Venedig einen seiner wichtigsten Absatzmärkte verlor. In der Lagunenstadt selbst brach 1630 die zweite große Pestepidemie aus, die der Stadt fast 50.000 Einwohner raubte.
Pest und Piraten bedrohen Venedig heute nur noch zur Karnevalszeit
Nachdem das Osmanische Reich am Anfang des 17. Jh. kurzfristig einen Teil seines eroberten Gebietes eingebüßt hatte, flammten die Feindseligkeiten Mitte dieses Jahrhunderts erneut auf. 1645 griffen die Türken Kreta an und zogen Venedig wiederum in einen langen Mittelmeerkrieg. Das Kriegsglück wechselte mehrmals die Seiten, bis Venedig Kreta 1669 endgültig verlor. Es blieben jedoch einige wichtige Stützpunkte auf Morea, wie der Peloponnes damals hieß. Mehr und mehr weitete sich der türkisch-venezianische Mittelmeerkrieg zum internationalen Konflikt aus. 1683 standen die Türken vor Wien, wurden von den verbündeten Österreichern und Polen aber weit zurückgedrängt. Auch Russland beteiligte sich schließlich an der antitürkischen Allianz, woraufhin Venedig erfahrene Schiffszimmerleute für den Bau einer russischen Galeerenflotte entsandte. 1699 verschaffte der Frieden von Karlowitz den Kriegsparteien eine mehrjährige Atempause, bis sich die Türken 1714 an die Wiedereroberung des Peloponnes machten. Ein westliches Bündnis, das von Österreich angeführt wurde, drängte die Türken erneut zurück, und die finale Seeschlacht von Kap Matapan an der Südspitze des Peloponnes führte 1718 zum Frieden von Passarowitz. Als unumstrittener Sieger erhielt Österreich große Gebiete auf dem Balkan, während Venedig den Peloponnes gänzlich preisgeben musste. Und als 1719 eine Explosion die letzte venezianische Festung auf Korfu zerstörte, zog sich die einstige Seemacht fast vollständig aus dem östlichen Mittelmeer zurück.