Am Anfang war die Lagune
Die Lagune von Venedig ist das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung. Die dynamischen Kräfte des Meeres und der Flüsse aus dem Hinterland haben viele Jahrtausende an ihrer Entstehung gearbeitet. Etsch, Brenta, Sile und Piave heißen einige der größten Flüsse Norditaliens, deren Adriamündungen nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen. Die stetigen Anschwemmungen dieser Al-penflüsse wurden draußen vor den Mün-
dungen durch die Gegenströmung des Meeres wieder in Richtung Festland zurückgespült. In diesem natürlichen Kräftespiel bildete sich langsam eine Lagune, deren typische Sandbänke (lang gezogene Nehrungsinseln, ital.
Lidi bzw. Litorali) das Meer nach und nach abdrängten, bis eine Wasserfläche fast ganz umschlossen war. Nur einige Durchlässe in den vorgelagerten Sandbänken verhindern bis heute, dass sich die Laguna veneta wie ein flaches Binnenmeer zwischen Festland und Adria schließt.
Innerhalb der Lagune haben die Gezeiten des Meeres und der Zustrom der Flüsse eine amphibische Landschaft geformt - halb Wasser, halb Land, 55.000 ha groß, etwa 40 km lang und maximal 15 km breit. Schier Unvorstellbares vollbrachten die Küstenbewohner, als sie begannen, das sumpfige Terrain zu besiedeln und urbar zu machen. Mitten in der Lagune gründeten sie eine Wasserstadt und begannen mit der Kultivierung der „Landschaft“, indem sie Salinen anlegten, Fischteiche eindämmten und Anbauflächen trockenlegten. Jahrhundertelang diente die Lagune den Venezianern als natürliche Lebensgrundlage, und seit der Stadtgründung war das Wissen um die Faktoren, die das Gleichgewicht der Lagune bestimmen, für den Fortbestand Venedigs von größter Wichtigkeit.