Chapter Opener

Im Laufe ihres Lebens werden Frauen aufgrund ihres - vermeintlichen - Hormonstatus von ihrer Umwelt immer wieder gern mit vorschnellen Urteilen abqualifiziert. Aus dem leichtfertigen Vorwurf »Du hast wohl deine Tage!« wird irgendwann die abfällige Bemerkung: »Ach, die ist doch bestimmt in den Wechseljahren.« Gedankenlose Etikettierungen wie Wechseljahre und Menopause verkleistern die erotische Identität einer Frau, und hartnäckig hält sich das Vorurteil, das größte Problem, das Frauen in sexuell-erotischer Hinsicht in ihrer zweiten Lebenshälfte bekommen, bestehe in der Austrocknung ihrer Scheidenschleimhäute, so dass Geschlechtsverkehr nur noch unter Schmerzen möglich sei. Was ist wirklich dran am Phänomen »Trockenpflaume«?

Es ist ein Mythos, dass bei Frauen ab fünfzig hormonbedingt permanente Sexflaute herrscht, weil sie ohnehin ausgetrocknet sind. Bei der Mehrheit der Frauen treten in dieser Hinsicht nur geringe Veränderungen auf, die keine oder nur leichte Beschwerden nach sich ziehen. Folgt man dem Gedanken, dass die trockene Gereiztheit durch einen Hormonmangel in der Lebensmitte ausgelöst wird, müsste sie logischerweise mittels Hormontherapie verschwinden. Tatsächlich konnte bisher kein Zusammenhang zwischen einer solchen Substitution und einer verbesserten Lubrikation oder gar weniger Schmerzen bei der Penetration festgestellt werden. Kirsten von Sydow und Christian Reimer bewiesen 1995, dass sexuelle Erregung der entscheidende Faktor für die Lubrikation ist, und die funktioniert unabhängig vom Alter und dem Hormonstatus der Probandinnen. Sehr wohl helfen Hormongaben generell bei der Regeneration der Schleimhäute und lindern damit deren Reizbarkeit. Ob eine Frau aber feucht genug für schmerzlosen Geschlechtsverkehr wird, hängt von hormonunabhängiger Durchblutung ab. Der Umstand, dass ältere Frauen beim Sex nachweislich häufiger Probleme mit Trockenheit haben als junge, liegt einfach daran, dass es nun auffällt, wenn sie beim Sex nicht erregt genug sind. Bis zu den Wechseljahren reicht die normale, un-erregte Feuchtigkeit der Vagina, Ruhetranssudation genannt, für problemlosen Geschlechtsverkehr aus. Diese Erkenntnisse könnten betroffene Paare vielleicht dazu animieren, ihre Verhaltensmuster beim Sex zu überdenken. Gleitcremes und Massageöle können auch dabei gute Dienste leisten - und damit sind ausdrücklich nicht hormonhaltige Salben gemeint, sondern reine Schmierstoffe. Das Eincremen von Penis und Vulvina kann außerdem den Spaßfaktor beim Sex erhöhen. Ebenso kann aber ein geübter Beckenboden als Vaginalbefeuchter oder als Erektionsstabilisator eingesetzt werden; mehrfaches Zusammenkneifen und Wiederloslassen wirkt manchmal Wunder. Die Durchblutung steigt, und somit kommt bei der Frau die Lubrikation in Gang, beim Mann nimmt die Steifheit des Penis zu.

Zusammenfassend seien hier ein paar einfache Kniffe aus der Trickkiste genannt, die dabei helfen, wieder reibungslosen Sex zu haben:

•  das Benutzen von Gleitcremes und Massageölen beim Geschlechtsverkehr,

•  gezielte Bewegungen des Beckenbodens zur Durchblutungssteigerung, siehe Übung auf S. 287,

•  »manuelle Lubrikation«: Von weiter oben in der Vagina, wo anfängliche Erregung sich als Erstes verflüssigt, verstreicht man mit ein oder zwei Fingern etwas Feuchtigkeit Richtung Scheideneingang.

Bei sehr trockenen Schleimhäuten der Vagina kann es hilfreich sein, von Zeit zu Zeit im Abstand von ein paar Tagen Östrogencremes einzumassieren, um die Regeneration zu unterstützen. Diese Maßnahme bietet sich rein prophylaktisch und unabhängig vom Sex an und ist besser wirksam als Hormone zum Schlucken.

Das Klingeling der Hormonumstellung In jedem Kulturkreis herrschen unterschiedliche Auffassungen und Überzeugungen in Bezug auf die Wechseljahre vor, wie eine Untersuchung an der Charité Berlin im Jahr 2002 gezeigt hat. Sind hierzulande Hitzewallungen und trockengelegte Feuchtgebiete oft gedankliche Assoziationen, die dieser Lebensabschnitt hervorruft, wird er in fremden Kulturen mit ganz anderen Symptomen und Wertungen in Verbindung gebracht. Für türkische Frauen ist beispielsweise das Ausbleiben der Menstruation, die als monatliche Reinigung des Körpers angesehen wird, häufig ein großer Belastungsfaktor, und im Vergleich leiden sie stärker unter Hitzewallungen als ihre deutschen Geschlechtsgenossinnen. Im Japanischen hingegen gibt es nicht einmal ein Wort für Hitzewallungen. Stattdessen gelten dort und in Korea steife Schultern und ein Klingeln in den Ohren als körperliche Zeichen für das Klimakterium. Generell scheint der hormonelle Übergang dort weit weniger dramatisch empfunden zu werden als in der westlichen Welt - vielleicht, weil in diesen Ländern Disziplin und Selbstbeherrschung als hohe Tugenden gelten. Hieraus resultierende Überforderung und Verkrampfung können ihrerseits eventuell einen größeren Beitrag zu schmerzenden Schultern und Tinnitus leisten als hormonelle Veränderungen. Dennoch betrachtet man die Wechseljahre im Asiatischen eher als Initiationsgeschehen für eine spirituellere Existenz. In manchen Ländern verbessert sich für Frauen ab der Menopause sogar ihr gesellschaftlicher Status. Angesichts solcher kulturellen Rahmenbedingungen bieten die Wechseljahre mitunter durchaus verlockende Aussichten.

Viele Frauen wenden sich bei Problemen in den Wechseljahren hilfesuchend an die Ärzteschaft, schließlich - so denken viele - kennt die sich mit sexuellen Vorgängen im menschlichen Körper bestens aus. Die Realität ist leider oft eine andere: Ärztliche Gespräche über Sexualität finden sehr selten statt. Eine Studie der Psychologin Kirsten von Sydow hat gezeigt, dass sich 71 Prozent der jüngeren Frauen wünschen, von ihrem Gynäkologen nach eventuellen sexuellen Problemen befragt zu werden - nicht zuletzt, weil der Großteil der Patientinnen sich nicht traut, dieses Thema selbst anzusprechen. Nur 23 Prozent der 50- bis 70-Jährigen hat sich überhaupt schon einmal mit einem Frauenarzt über Sexualität ausgetauscht. Insbesondere zwei Faktoren stehen einem solchen Gespräch im Weg: Zum einen werden Gynäkologen in Sexualangelegenheiten nicht fachlich ausgebildet, zum anderen fehlt ihnen innerhalb einer normalen Untersuchungseinheit schlicht die Zeit, ein so großes Thema angemessen zu eröffnen und auch wieder abzuschließen. Häufig hören die Patientinnen nämlich, wenn sie erst einmal die Gelegenheit bekommen, darüber zu sprechen, nicht so schnell wieder damit auf. Hier sind eher Sexualtherapeuten die geeigneten Ansprechpartner. Wünschenswert wäre daher eine engere Zusammenarbeit der beiden Disziplinen in diesem Bereich. In puncto Hormonfragen hingegen sind Gynäkologen oder darauf spezialisierte Heilpraktiker die richtige Adresse. Dieser Aspekt erfordert umfassende Kenntnisse und eine kritische Darstellung von Nutzen und Risiken der verschiedenen Therapiemöglichkeiten sowie Einfühlungsvermögen für die individuellen Wünsche und Befindlichkeiten der Patientinnen, um eine erfolgreiche Beratung der Frauen zu gewährleisten.

LUST UND FRUST

Die Natur hat es so eingerichtet, dass Frauen in der Phase um den Eisprung mehr Geschlechtshormone im Blut und damit mehr Lust auf Sex haben. Bis zu diesem Zeitpunkt steigt der Spiegel des Lusthormons Testosteron, aber auch von Progesteron und Östrogen, im Lauf eines vierwöchigen Zyklus an, um anschließend bis zur Regelblutung stetig wieder abzusinken. Viele Frauen bemerken in dieser Zeit, dass ihre Lust zunimmt, manchen allerdings passiert das auch kurz vor ihrer Menstruation. Eine Ursache hierfür ist der bereits beschriebene Erregungsreflex - unmittelbar vor den »Tagen« sind alle Schleimhäute besser durchblutet denn je. Es handelt sich dabei allerdings um ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren, und da Ausnahmen bekanntlich die Regel bestätigen, gibt es natürlich auch Frauen, die trotz eines hohen Testosteronspiegels Probleme mit der Lust haben, und solche, die eine niedrige Konzentration des Hormons im Blut aufweisen und trotzdem eine erfüllte Sexualität genießen - vielleicht ein weiteres Zeichen dafür, dass die mehr oder minder entwickelte (und erlernte!) Fähigkeit, die eigene Erregung zu spüren, für den Genuss am Sex eine tragende Rolle spielt. Wer seinen Körper nicht kennt, wird tendenziell auch beim Sex weniger spüren und daher seltener Lust in sich aufkommen fühlen. Kein Wunder, dass manche Frauen diese Art von Sexualität langweilig finden und sich, meist unbewusst, davon distanzieren. Dabei kommt ihnen die Menopause gerade recht. Hormonelle Argumente gibt es dafür indes keine: Testosteron wird nämlich vom weiblichen Körper auch nach der Menopause weiterhin produziert. Zwar sinkt die Menge verglichen mit dem Testosteronstatus von 20-Jährigen um etwa 60 Prozent, aber da die entgegenwirkenden Hormone ebenfalls deutlich an Präsenz und Einfluss verlieren, kann das Lusthormon seine Wirkung ganz anders entfalten.

Zudem entspannt sich die allgemeine Lebenssituation: Die Kinder sind aus dem Haus, man hat den eigenen Körper akzeptiert, und die Amygdala kann nun häufiger ihre Zustimmung zum Sich-fallen- Lassen und Sexgenießen geben. So geben manche Frauen zwischen fünfzig und sechzig in der sexualtherapeutischen Praxis an, sich wie »neugeborene Sex-Freaks« zu fühlen. Anhaltende oder sogar gesteigerte Lust nach der Menopause ist kein seltenes Phänomen. Selbst Frauen, denen die Eierstöcke entfernt wurden, können noch hormonbedingte Lust empfinden, denn über 90 Prozent des Testosterons wird nach den Wechseljahren in den Nebennierenrinden produziert. Hätten Östrogen, Progesteron und Testosteron ausschließlich die Aufgabe, den Fortpflanzungsapparat des Menschen in Gang zu halten, würden die Geschlechtshormone spätestens nach der Menopause ganz aus dem Körper verschwinden. Stattdessen schnellen im Lauf der Wechseljahre die Werte verschiedener Sexualhormone in die Höhe und bleiben auch nach dem Umbruch auf diesem Niveau. Vielleicht hat Mutter Natur gute Gründe, den Menschen sexuell aktiv zu halten, ohne dass er sich noch vermehren kann - schließlich soll Lust das Leben auf angenehme Art verlängern.

Für eine erfüllte Sexualität der Frauen viel bedeutender als die Hormone ist aber die Qualität der Paarbeziehung: Gibt es ungelöste Konflikte oder immer wiederkehrende Streitigkeiten? War Untreue jemals ein Thema? Wie lange ist das Paar schon zusammen? Gibt es ein Zuviel an Nähe, oder ist man eher gemeinsam einsam? Wie ist es um die körperliche und geistige Gesundheit beider Partner bestellt? Treten beim Partner Erektionsprobleme auf? Werden sexuelle Wünsche und Bedürfnisse offen zur Sprache gebracht? Von Sydow bestätigte in ihren Untersuchungen, dass die Mehrheit der Frauen oft bis Ende siebzig sexuell rege und masturbatorisch aktiv bleibt: Zwar wird das von Angehörigen der älteren Generation oft noch tabuisiert, bei Umfragen aber immerhin zugegeben - und zwar von bis zu 40 Prozent der über 80-jährigen Frauen. Ein Drittel von ihnen berichtet von erotischen Träumen im Schlaf. Eine weitere interessante Entdeckung machte von Sydow 1994, als sie herausfand, wie unterschiedlich Frauen das Ende ihres sexuellen Beziehungsdaseins beschreiben. Die Äußerungen reichten von »Ich war ganz froh, dass endlich Schluss mit dem Sex ist« bis zu »Manchmal habe ich darum geweint«.

Bedauerlicherweise gibt es kaum Untersuchungen, die sich mit den sexuellen Problemen und Wünschen von gesunden, also beschwerdefreien 50- bis 90-jährigen Frauen beschäftigen. Auch liegen bisher kaum Informationen über lesbisch lebende Frauen und ihre klimakterischen Erfahrungen vor. Ein weiterer Kritikpunkt an den meisten Studien ist, dass dabei im Allgemeinen nur die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs als Indikator für gelebte Sexualität dient. Nach den gerade für Frauen relevanten Streicheleinheiten, dem Küssen und viele anderen sexuellen Spielarten, der empfundenen Nähe zum Partner und der allgemeinen Zufriedenheit wird üblicherweise nicht gefragt. Anders in einer Studie von Beate Schulz-Zehden, die 1998 an 50- bis 70-jährigen Frauen, die in Partnerschaften lebten, sechs verschiedene Sexualprofile beschrieb.

Über die Hälfte der Probandinnen, nämlich 53 Prozent, gehörten demnach zu den insgesamt drei »sexuell positiv« eingestellten Gruppen. Die größte Gruppe waren die Zärtlichkeitsorientierten, die angaben, dass ihnen Zärtlichkeit wichtiger sei als der Sex an sich. An nächster Stelle kamen die sexuell Befreiten, die ihre Wechseljahre wie einen zweiten Frühling erlebten und ihre Partnerschaft als besonders glücklich beschrieben. Die dritte Gruppe wurde als die sexuell Emanzipierten charakterisiert, die besonders häufig die Initiative ergriffen und sexuell überaus aktiv waren. Alle drei Gruppen beschrieben ihr sexuelles Interesse und den Genuss am Sex für die Zeit vor und nach den Wechseljahren als unverändert. Ihre Sexfrequenz war konstant geblieben oder hatte sich nur leicht verringert, und fast alle hatten noch Geschlechtsverkehr. Von menopausalen Problemen war bei diesen Probandinnen kaum die Sprache, und sie verfügten über gute sexualkommunikative Fähigkeiten.

Die übrigen 47 Prozent zeigten ein weniger freudvolles Verhältnis zum Sex. Wieder ließen sich verschiedene Untergruppen differenzieren. Die sexuell Unbefriedigten wünschten sich mehr Sex, bezeich- neten den, den sie innerhalb ihrer Partnerschaft erlebten, jedoch als langweilig oder einfallslos. Als sexuell Zurückgezogene wurden diejenigen benannt, die im Grunde keinen Sex mehr hatten und froh über diese Abstinenz waren. Gehörten die Frauen zu den sexuell Desinteressierten, hatten sie zwar keine Lust, ließen aber in den meisten Fällen die Penetration noch über sich ergehen und machten dann »einfach mal mit«. Fast ist es überflüssig zu erwähnen, dass Frauen aus den »freudlosen« Gruppen angaben, sowohl ihr sexuelles Interesse und ihre sexuelle Aktivität als auch ihr Genuss am Sex seien immer geringer geworden, wenn nicht ganz versiegt. Bemerkenswerterweise klagten viele dieser Frauen über ausgeprägte menopausale Beschwerden. Sie neigten eher als die positiv eingestellten Teilnehmerinnen der Studie dazu, den Hormonwandel für ihre sexuellen Defizite verantwortlich zu machen, und hatten häufiger Schwierigkeiten damit, überhaupt von Sex zu sprechen.

Zum Glück ist beinahe jede Frau in der Lage, von der einen in die andere Gruppe zu wechseln, wenn und wann sie will. Das jeweilige Gruppenprofil beschreibt einen Zustand, kein Schicksal. Und der Umstand, dass Wechseljahrbeschwerden abnehmen und sogar verschwinden, wenn eine Frau Sexualität oder Zärtlichkeit genießt, könnte ein weiterer Ansporn dazu sein, die eigene Gruppenzugehörigkeit in Frage zu stellen. Hat man als junger Mensch Spaß am Sex, tendiert man auch im Alter dazu, sexuell aktiv zu bleiben. Eine Ausnahme bilden die sexuell Verlassenen. Wer zu dieser Gruppe gehört, leidet unter einem unfreiwilligen Mangel an sexuellem Kontakt. Bei den Singles unter ihnen liegt der Grund dafür auf der Hand: die Abwesenheit eines Sexualpartners. Der weitaus größere Teil der Frauen in dieser Gruppe jedoch ist verheiratet und muss mit Unlust, Potenzproblemen oder Krankheit des Partners zurechtkommen. Tatsächlich wird sexuelle Aktivität durch das höhere Alter des Mannes und dessen Begleiterscheinungen häufig beeinträchtigt, zumindest in heterosexuellen Beziehungen.

»NEHMEN SIE DOCH EIN EXTRAHANDTUCH MIT, WENN SIE SO SCHWITZEN«

Laut der Psychologin Colette Mergeay sind die Wechseljahre ein sehr individueller Prozess und Beschwerden in dieser Phase so wenig ein Versagen wie Beschwerdefreiheit ein Verdienst. Statistisch betrachtet haben rund zwei Drittel aller Frauen »mittlere Beschwerden«, einige merken weniger, andere leiden mehr.

Die Nummer eins unter den Plagegeistern sind sicherlich Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Immerhin zwei Drittel aller Frauen machen im Laufe der Wechseljahre ihre Bekanntschaft. Durch die Schwankungen des Östrogenspiegels gerät das Temperaturzentrum des Körpers durcheinander, was zu plötzlichen Wärmeschüben verbunden mit Herzrasen und starkem Schwitzen führt. Manch einer Frau fällt das Atmen so schwer, dass sie regelrechte Beklemmungsgefühle entwickelt. Meistens dauern die Wallungen nur wenige Minuten, längstens eine halbe Stunde. Danach frösteln viele Frauen. Wieder lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen machen: Das Phänomen kann zu jeder Tages- oder Nachtzeit mehrmals täglich einsetzen oder auch nur einmal pro Woche. In der Regel treten die Wärmeschübe über einen Zeitraum von zwölf Monaten bis zu fünf Jahren auf, teils aber auch länger. Nicht selten landen Frauen in den Wechseljahren mit klopfendem Herzschmerz in der Notaufnahme, aus der sie ebenso oft ohne Befund wieder entlassen werden, im schlimmsten Fall begleitet von einem Kopfschütteln wegen der vielen Aufregung um nichts. Die Unvorhersehbarkeit und das Unkontrollierbare der verschiedenen Symptome können sogar dazu führen, dass sich eine Frau nicht mehr in Gesellschaft traut.

Eine weitere häufige Folge der sinkenden Östrogenproduktion sind Schlafstörungen. Etwa die Hälfte aller Frauen hat in den Wechseljahren Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen. Wo früher das Östrogen für Tiefschlaf und die allnächtliche Verarbeitung des tagsüber Erlebten sorgte, wird man nun von Ängsten und Sorgen bis in den Schlaf verfolgt. Und es ist kaum ein Trost, dass Störungen des Schlafrhythmus in dieser Lebensphase kein exklusiv weibliches Problem sind - auch Männer schlafen aufgrund der Hormonumstellung schlechter. Vielleicht kann also geteiltes Leid in diesem Fall wirklich halbes Leid bedeuten, wenn sich die Partner mal wieder gemeinsam eine Nacht um die Ohren schlagen.

Außerdem kann sich die abnehmende Östrogenversorgung in schmerzenden Gelenken und trockener Haut bemerkbar machen. Im Zuge der Wechseljahre wächst durch die radikale Verlangsamung des Stoffwechsels die Tendenz des Körpers, Fett einzulagern, was sich häufig in Form eines »Rettungsrings« um die Körpermitte abzeichnet. Bauchfett ist aber nicht nur optisch aus der Mode, sondern stellt auch ein echtes Gesundheitsrisiko dar. Zwei Faustformeln können helfen zu erkennen, ob die eigenen Pölsterchen bedenklich sind.

Rettungsring-Koeffizient Je mehr Bauchfettzellen ein Mensch aufweist, desto höher ist sein Risiko, an Diabetes, Herzproblemen, Bluthochdruck, Brust- und Gebärmutterkrebs, Gallen- und Nierensteinen, Arthritis, Inkontinenz, Schlaganfällen und Atemaussetzern im Schlaf zu leiden. Mit einem einfachen Test lässt sich errechnen, wie hoch das eigene Risiko ist: Zunächst misst man den Gesäßumfang an der stärksten Stelle und den Umfang der Taille an der schwächsten. Dann teilt man den Taillenwert durch den des Gesäßes. Ein Wert unter 0,8 gilt bei Frauen als gesund, ideal ist ein Ergebnis von 0,74. Mit einem Wert von mehr als 0,85 gehört man hingegen zur Risikogruppe. Bei Männern sollte der Wert weniger als 1,0 betragen.

Ein anderer Indikator ist der Body Mass Index (BMI), den man errechnet, indem man die eigene Körpergröße (in Metern) mit sich selbst multipliziert und dann das eigene Körpergewicht (in Kilogramm) durch das Ergebnis teilt. Unbedenklich ist hier jeder Wert, der 25 nicht übersteigt.

LEIDENSWEGE UND LÖSUNGSANSÄTZE

Eine Reihe von körperlichen und psychischen Beschwerden können Frauen die Lust am Sex verleiden und auch außerhalb der Wechseljahre auftreten. Häufig allerdings machen sie sich gerade in dieser Lebensphase bemerkbar, weil ihnen die Umstände den Weg ebnen.

So klagen rund 13 Prozent aller älteren Frauen über wiederholte Harnwegsinfektionen. Diese stellen nicht unbedingt ein sexuelles Problem dar, können aber durchaus zu einem werden. Wer die Erfahrung macht, dass sich regelmäßig nach dem Sex bestimmte Symptome einstellen, wird vorsichtig und entwickelt eventuell sogar ein gewisses Maß an Unlust. Dabei ist es wenig tröstlich zu wissen, dass die bakteriellen Störenfriede bei Frauen jeden Alters in fast allen Fällen aus der eigenen Darmflora in die Blase eingewandert sind. Diese Bakterien landen relativ leicht in der Vagina; werden sie dort in jungen Jahren jedoch zügig vom herrschenden Milieu unschädlich gemacht, wandern sie bei älteren Frauen ungehindert durch die Harnröhre in die Blase ein. Darüber hinaus kann es zu Reizungen und Entzündungen der Harnröhre kommen, wenn Frauen, die nicht erregt genug sind und dadurch Schmerzen beim Sex haben, den Beckenboden anspannen oder aktiv versuchen, die Scheide beim Geschlechtsverkehr zu verengen, um erneuten Schmerz zu vermeiden. Muskelverkrampfungen aufgrund von schlechter Haltung, falschem Beckenbodentraining oder emotionalen Gründen bis hin zu traumatischen Störungen sind weitere bekannte Gründe für Anspannungen, die der Harnröhre zusetzen. Der erste Schritt bei wiederholt auftretenden Blasenentzündungen in der Postmenopause ist eine Östrogenbehandlung der Vagina, vor allem der Scheidenvorderwand, hinter der die Harnröhre liegt. Sinnvoll könnte ebenfalls sein, ein gutes Buch über den Beckenboden zu lesen, um ihn kennen- und nutzen zu lernen. Generell hilft es, viel zu trinken und vor allem direkt nach dem Sex auf die Toilette zu gehen, um die Blase wirklich vollständig zu entleeren. Übertriebenes Waschen tut dem natürlichen Milieu im Vagina- und Blaseneingang ebenso wenig gut wie Intimsprays, Diaphragmen oder Spermizide. Hingegen hat die Flüssigkeit, die bei Berührung und Erregung der weiblichen Prostata aus den Drüsen tritt, antibakterielle Wirkung.

Ein anderer Dämpfer für genussvollen Sex ist der sogenannte Vaginismus, das heißt die unwillkürliche Verkrampfung oder Verspannung des Beckenbodens und des äußeren Drittels der Vaginalmuskulatur, wodurch der Scheideneingang eng oder wie verschlossen erscheint. Manche nennen es »Scheidenkrampf«, andere vermuten fälschlicherweise, das Phänomen hänge mit Frigidität oder Scheidentrockenheit zusammen und sei bei der davon betroffenen Frau immer schon latent vorhanden gewesen. Der nächste Schritt besteht dann häufig darin, diese Frauen mit verschieden großen Dilatoren und etwas Gleitgel auszustatten. Die Idee dabei ist, dass sie sich langsam an das Gefühl gewöhnen soll, dass ihre Vagina sich immer weiter dehnt und öffnet. Damit wird das Problem jedoch ganz und gar nicht gelöst, denn die Frauen machen sich noch mehr Sorgen. Sie haben Schmerzen und ganz offensichtlich Beschwerden, während sie von der Außenwelt vielfach die Rückmeldung bekommen, dass es dafür eigentlich gar keinen Anlass gebe - »sie sollen sich doch einfach mal entspannen«. Dabei ist der Zusammenhang meist ein ganz anderer.

Denn die meisten Frauen haben durchaus einen triftigen Grund dafür, dass ihr Beckenboden »dicht macht«. Ursache kann entweder die unbewusste Angst vor Schmerzen sein oder ein tatsächlich auftretendes unangenehmes Gefühl beim Eindringen. Für beides schafft die Menopause ein empfänglicheres Umfeld als die hormongesättigten Jahre zuvor. Mangelnde Erregung kann für Schmerzen beim Sex sorgen, im Fachjargon spricht man von Dyspareunie. Und weil der Körper schlau ist, spannt er beim nächsten Mal unter Umständen vorab schon mal an, um dem Schmerz zuvorzukommen. Auf diese Weise kann die Frau in einen Teufelskreis geraten, der bis zum Vaginismus führt. Ihn zu durchbrechen beginnt oft mit dem bewussten Spüren und Wahrnehmen des eigenen Körpers. Dazu ist es nützlich, wenn man ihn kennt und über Muskelspannung, Erregung und Beckenboden Bescheid weiß. Zudem muss die Vagina lernen, Berührungen (wieder) lustvoll statt schmerzhaft zu erleben.

Eine dritte Bremse für lustvollen Sex in den Wechseljahren können Depressionen sein. Durch die Hormonumstellung geraten vor allem Frauen, die ohnehin eine genetische Veranlagung dazu haben, unter Belastung depressiv zu reagieren, emotional aus dem Gleichgewicht. Der fallende Östrogenspiegel tut in dieser Phase ein Übriges: Stimmung und Laune gehen in den Keller, und die häufigen schlaflosen Nächte verschlimmern das Befinden. Das gesamte System gerät durcheinander, und wie aus dem Nichts treten Depressionen auf, die in der Regel nach dem Ende der hormonellen Umstellung so unvermittelt wieder verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Bis es so weit ist, können Hormongaben in manchen Fällen Linderung bringen; bei schweren klinischen, Depressionen sind Antidepressiva jedoch das gebotene Mittel. Leider schlagen diese manchmal auf die sexuelle Lust, dann kann eventuell ein Medikamentenwechsel Abhilfe schaffen.

HORMONTHERAPIE - JA, VIELLEICHT, ODER DOCH EHER NIE?

Geplagt von den unterschiedlichen Begleiterscheinungen der Wechseljahre kommen viele Frauen an den Punkt, an dem sie sich fragen, ob die Einnahme von Hormonen eventuell Besserung für sie bedeuten könnte. Die Frage ist komplex und schwierig zu beantworten, letztlich muss jede Frau selbst entscheiden und ausprobieren, was ihr guttut.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde mit Hormonen von Rindern und trächtigen Stuten experimentiert, um natürliche Extrakte zu gewinnen. Erst sieben Jahrzehnte später kam eine Vielzahl zugelassener Produkte auf den Markt, die, auf synthetische Art hergestellt, den natürlichen Hormonen der Frau sehr ähnlich waren. Damit kam der Siegeszug der hormonellen Substitutionstherapie in Gang. Einer ihrer glühenden Verfechter war der Amerikaner Robert A. Wilson, Verfasser wissenschaftlicher Abhandlungen und Autor des Bestsellers Die vollkommene Frau - Östrogengeschenk der Wissenschaft: Keine kritischen Jahre mehr, in dem er die Auffassung vertrat, dass Frauen mit der Wunderdroge Östrogen nicht nur einen Jungbrunnen in Tablettenform geboten bekämen, sondern auch noch der - ohnehin überflüssigen - Menopause ein Schnäppchen schlagen könnten. Die amerikanische Pharmaindustrie war verständlicherweise begeistert von Wilson und seinen Thesen - und er von ihren finanziellen Zuwendungen. Immer neue Studien, darunter die große Nurse-Health-Untersuchung 1976 bis 1987, schienen den Hormonenthusiasten zu bestätigen. Demnach beugten Östrogene schweren Krankheiten wie beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfall, Alzheimer und Osteoporose vor, förderten Wachstum und Regeneration der Zellen und wirkten wie eine Rundum-sorglos-Kur für die Blutgefäße. Noch bis Mitte der 1990er Jahre galten Östrogene praktisch als Allheilmittel gegen Beschwerden in den Wechseljahren und wurden bedenkenlos verschrieben. Im Jahr 2000 nahm fast jede zweite Frau zwischen 55 und 60 Jahren diese Hormone.

Ende der 1990er Jahre ergab die Heart and Estrogen Replacment Study - eine Untersuchung, deren Probandinnen herzkranke Frauen waren - dann jedoch, dass der vermeintlich positive Effekt des Östrogens auf das Herz nicht bestätigt werden konnte. Und acht Jahre später lösten die Erkenntnisse der Women’s Health Initiative Study (WHI) eine regelrechte Schockwelle aus, als man - im krassen Widerspruch zu den früheren Untersuchungen - herausfand, dass Östrogene unter anderem bei der Entstehung von Krebs, Herzinfarkten, Schlaganfällen und tödlich verlaufenden Thrombosen eine maßgebliche Rolle spielen. Innerhalb kürzester Zeit ging daraufhin in den Vereinigten Staaten die Nachfrage für verschreibungspflichtige Hormone um 70 Prozent zurück. Wenig später lieferte die Million Women Study in Großbritannien ähnliche Resultate. Der Schreck saß allerorten tief. Eine Erklärung für die alarmierende Widersprüchlichkeit der Untersuchungsergebnisse wurde schließlich gefunden, als man sich mit deren jeweils ganz verschiedenem Aufbau im Hinblick auf Probanden, Parameter und Fragestellungen befasste. Inzwischen weiß man, dass es sehr viele unterschiedliche Aspekte gibt, die bei derartigen Erhebungen berücksichtigt werden müssen, und die Bewertung der Ergebnisse stark vom Erkenntnisinteresse beeinflusst wird.

Bald kam denn auch berechtigte Kritik an der WHI-Studie auf. So waren die Probandinnen mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren überwiegend längst postmenopausal. Inzwischen geht man davon aus, dass mit einer Substitution eher begonnen werden sollte, nämlich zu Beginn der Wechseljahre. Je jünger eine Frau bei der Ersteinnahme von Hormonen ist, desto gesünder sind Gefäße, Herz und der Körper insgesamt, so dass sich die Präventivwirkung der Hormone optimal entfalten kann. Ein anderer Punkt der WHI-Untersuchungen, an dem Kritik geübt wurde, war die Verabreichungsform: Als Tablette oral eingenommen, wie bei der WHI-Studie, landen die Hormone direkt in der Leber, wodurch sich die Thrombosewahrscheinlichkeit erhöht. Über die Haut, beispielsweise in Form einer Salbe, zugeführt, kommt es deutlich seltener zu dieser Nebenwirkung.

Ein leichtfertiger Einsatz von Hormonen ist also nicht empfehlenswert. Die frühere Hormon-Propaganda hat sich längst umgekehrt, und heute gilt weniger die Losung »Mehr Schutz als Schaden« als vielmehr die Warnung »Mehr Schaden als Schutz«. Natürlich lassen sich Untersuchungsergebnisse sehr unterschiedlich darstellen, je nachdem, welche Zwecke damit verfolgt werden: Wenn eine Studie zu dem Ergebnis kommt, dass bei 8 von 10 000 Frauen nach Einnahme von Hormonen Brustkrebs diagnostiziert wurde, während von den Probandinnen, die keine Präparate eingenommen hatten, nur 4 erkrankten, wird daraus schon mal die reißerische Schlagzeile gemacht: »Brustkrebsrate mit Hormonen doppelt so hoch wie ohne!« Tatsächlich sind von insgesamt 10 000 Frauen 8 statt 4 an Brustkrebs erkrankt - und ausschlaggebend dafür war vielleicht etwas ganz anderes als die Hormongaben; 10 000 Frauen wurde jedoch gegen ihre Beschwerden in den Wechseljahren geholfen - auch denen, die Krebs bekamen. Bei den bisherigen Erhebungen lagen die Nebenwirkungen im Allgemeinen in einem sehr niedrigen Prozent- oder (wie in diesem Beispiel) im Promillebereich. Die Vorteile einer Hormonbehandlung können also durchaus überwiegen. Jede Frau sollte daher selbst entscheiden, welche Prioritäten sie setzt, wie stark ihre Beschwerden sind und welche Risikofaktoren von ihr in Kauf genommen werden.

Hormone mit Nebenwirkungen Die folgende Übersicht zeigt ein paar der bekanntesten schädlichen Folgen, die hormonelle Substitution nach sich ziehen kann:

Brustkrebs ist grundsätzlich eher altersabhängig als eine Folge der Hormontherapie. Auch scheinen gute oder schlechte Gene deutlich weniger verantwortlich für die Diagnose als gemeinhin angenommen. Sport senkt das Risiko, Übergewicht schadet. Nach der Einnahme von Kombinationspräparaten tritt Brustkrebs häufiger auf als nach reinen Östrogengaben. Auch der Zeitpunkt der Ersteinnahme hat bekanntermaßen Einfluss: Laut der MARIE-Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf verdoppelt sich das Brustkrebsrisiko, wenn die Kombination von Östrogen-Gestagen länger als fünf Jahre verabreicht wird. Natürliches Progesteron scheint hier weniger problematisch als synthetische Gestagene. Östrogen alleine verabreicht erhöht das Risiko auf Gebärmutterhalskrebs; gegen diese Krebsart werden wiederum Hormonkombinationen empfohlen. Manche Experten raten, Hormone nicht länger als ein bis zwei Jahre zu nehmen. Es spielt eine Rolle, wie viele die jeweilige Frau generell in ihrem Leben schon zu sich genommen hat und wie ihr ureigener Hormonhaushalt aufgestellt ist.

Frauen mit einem gesunden Herz-Kreislauf-System genießen einen präventiven Schutz durch Hormone, vorausgesetzt, sie beginnen zum richtigen Zeitpunkt mit der Einnahme - sonst bleibt die positive Wirkung aus oder kehrt sich sogar um und die Hormongabe fördert Herzerkrankungen. Das Schlaganfallrisiko erhöht sich durch hormonelle Substitution vor allem, wenn bereits hoher Blutdruck oder krankhafte Gefäßveränderungen vorliegen. Rauchen, schlechte Ernährung, Stress oder Diabetes leisten ebenfalls einen Beitrag zum Ausbruch der genannten Krankheiten.

Es wird behauptet, dass eine rechtzeitig begonnene Hormonbehandlung Demenz verhindern kann; ist sie bereits vorhanden, können Hormone die Erkrankung jedoch verschlimmern.

Der Anteil der Frauen, die in den Wechseljahren Hormone einnehmen, liegt bei etwa 10 bis 20 Prozent und entspricht damit in etwa dem Anteil derer, die über heftige Beschwerden klagen. Studien zufolge hat ein Drittel aller Frauen starke Wechseljahrsymptome, ein weiteres Drittel gibt an, davon mäßig beeinträchtigt zu werden, während das verbleibende Drittel zwar die Folgen der Hormonumstellung wahrnimmt, darunter aber nicht leidet. Die Gründe, aus denen Frauen in Arztpraxen selbst die treibende Kraft sind, wenn es um die Verschreibung von Hormonpräparaten geht, mögen überraschend klingen: Neben dem »Wunsch nach Beschwerdefreiheit« ist das vor allem die »Sorge, anderen mit ihrem Leid zur Last zu fallen«. Manche erhoffen sich den »Erhalt von Attraktivität und Jugendlichkeit«, und die eine oder andere fragt sogar aus reiner »Bequemlichkeit« nach einem Rezept. Machten früher die Wechseljahre viele Frauen »unsichtbar«, weil sie sich aus der Öffentlichkeit zurückzogen, versuchen heutzutage viele, den Spieß umzudrehen und die Wechseljahre an sich selbst unsichtbar werden zu lassen. Es ist längst nicht immer nur der Arzt, der eine Hormonbehandlung initiiert.

Man muss kein Mathegenie sein, um sich eben ausgerechnet zu haben, dass etwa zwei Drittel aller Frauen entweder nur mäßige Beschwerden haben oder kaum unter ihnen leiden. Diese Gruppe ist erstaunlicherweise bislang wissenschaftlich weitgehend unbeobachtet geblieben. In einer Studie mit dem Namen FrauenLebenGesundheit aus dem Jahr 1997 gaben solche Frauen mit geringen oder wenigen Symptomen auf die Frage »Welches waren für Sie persönlich die wichtigsten Veränderungen im Zusammenhang mit den Wechseljahren?« durchaus hoffnungmachende Antworten wie zum Beispiel: »Mehr Ruhe und Distanz zum alltäglichen Kleinkram«, »Mehr Spaß am Sex«, »Ein neues Gefühl von Freiheit« oder »Eine zweite Eheschließung«. Wenn man allerdings das Klimakterium ausschließlich als Chance und Gelegenheit, die Weichen neu zu stellen, auffasst, können auch Druck und Probleme entstehen. Gelassenheit, Aufgeschlossenheit und eine positive Grundeinstellung sind zwar eine gesunde Basis, aber kein Allheilmittel. Wie Frau den Wechseljahren begegnet, liegt maßgeblich an ihr. Manche mag es dabei beruhigen, dass sie in der Regel bei der Wahl ihrer Waffen gegen die Beschwerden eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung hat, darunter nicht zuletzt natürliche Alternativen zur hormonellen Substitution. Und welchem Ansatz sie folgt, bleibt dabei jeder selbst überlassen.

NATÜRLICH NATÜRLICH

Bevor es eine pharmazeutische Industrie mit ihren bestellten Studien und kommerziellen Interessen gab, verließen sich Frauen auf ihre Intuition, bewährte Hausmittel und Mutter Natur, um sich und ihre Familien gesund zu erhalten. Was damals wirkte, funktioniert auch heute noch. Heilpflanzen und bestimmte Nahrungsmittel können den Körper auf verschiedenen Ebenen dabei unterstützen, sich im Gleichgewicht zu halten. Zudem sind sie eine Alternative für Frauen, die auf der einen Seite Beschwerden lindern wollen, andererseits aber ein erhöhtes Krebsrisiko aufgrund der Einnahme von Hormonpräparaten fürchten.

Eine ausgewogene Ernährung wird in den Wechseljahren wichtiger denn je, weil der Körper auf eine ungesunde Lebensweise nun heftiger reagiert. Raffinierte Kohlenhydrate, wie sie zum Beispiel in Weißmehl und Kristallzucker enthalten sind, verschärfen sämtliche klimakterischen Probleme, da sie sich direkt auf die Hormonbalance auswirken. Körperliche Bewegung bleibt in diesem Zusammenhang wichtig, auch wenn damit häufig nicht mehr die gleichen Erfolge erzielt werden wie vor dem Hormonumbruch, weil sich Fettverbrennung und Stoffwechsel umstellen.

Viele Anhängerinnen der pflanzlichen Hormontherapie vertreten die Auffassung, dass sie lieber Heilpflanzen und Nahrungsmittel zum Wiederherstellen ihrer allgemeinen körperlichen und seelischen Balance nutzen wollen, als mit einer einzigen Pille gegen ein kleines Symptom vorzugehen. Wie bereits erwähnt, stellt sich zu Anfang der Wechseljahre meist ein Überschuss an Östrogenen im Körper ein. Gegen die damit verbundenen Symptome - Brustempfindlichkeit und das Gefühl von Aufgeschwemmtsein - empfehlen sich Gewächse aus der Familie der Kreuzblütler wie zum Beispiel Kresse, verschiedene Kohlsorten und Raps. Gleichzeitig senken sie das Brustkrebsrisiko, indem sie Östrogene im Körper umwandeln und deren Wirksamkeit schwächen. Den gleichen Effekt haben Phytoöstrogene, natürliche Hormone aus Pflanzen, die eine ähnliche, wenn auch viel mildere Wirkung haben als die »echten« Hormone. Da sich Phytoöstrogene mit Hilfe der in ihnen enthaltenen Bioflavonoide (das sind die natürlichen Blütenfarbstoffe und Wachstumsregulatoren der Pflanzen) auf die Östrogenrezeptoren des Körpers setzen, gleichen sie das System nach Bedarf aus: Ist der Östrogenspiegel hoch, blockieren sie die körpereigenen Hormone, ist die Konzentration jedoch zu niedrig, haben sie einen östrogenisierenden Effekt. Die Phytohormone finden sich beispielsweise in Möhren, Pflaumen, Weizen, Oliven, Kartoffeln, Teeblättern, Kaffeebohnen, Sonnenblumensamen und Äpfeln. Auch in Soja und gemahlenen Leinsamen kommen diese Stoffe vor.

Soja hat Untersuchungen zufolge eine ganze Reihe von Effekten auf diverse Beschwerden: So soll es Hitzewallungen sowie depressive Verstimmungen lindern und damit eine klassische Hormontherapie wirkungsvoll unterstützen. Auch Haut, Haare und Nägel reagieren oft positiv auf Sojazufuhr. Die Scheidenfeuchtigkeit reguliert sich, Stimmungsschwankungen werden generell abgemildert, die PMS verringert, Migräne und unregelmäßige Perioden beeinflusst. Soja senkt nachweislich den Calciumverlust, wodurch sich die Knochendichte verbessert. Bei menopausalen Frauen reduziert es außerdem das Fettgewebe und fördert den Aufbau von Muskelmasse. Auch das Risiko einer Erkrankung der Herzkranzgefäße wird gesenkt. Die Lager teilen sich jedoch, sobald es um Soja im Zusammenhang mit Krebs geht: Vertreten die einen die Auffassung, dass die Phytoöstrogene des Soja eine hemmende Wirkung auf Zellwucherungen haben, warnte andererseits das Bundesinstitut für Risikobewertung 2007vor einem zu hohen und längerfristigen Konsum des Lebensmittels, da ein erhöhtes Brustkrebsrisiko nicht auszuschließen sei. Es scheint, dass Unterschiede bei der körperlichen Sojaverwertbarkeit unter anderem damit zusammenhängen, ob das Sojaprodukt fermentiert ist oder nicht, was im asiatischen Raum häufiger der Fall ist als in Europa. Für diese Annahme spricht, dass Frauen in Asien weniger über Beschwerden in den Wechseljahren klagen und seltener an Brust- und Gebärmutterkrebs erkranken als ihre europäischen Geschlechtsgenossinnen. Bei Soja-Unverträglichkeit sind gemahlene Leinsamen eine bewährte Alternative. Auch ihnen eilt der Ruf voraus, mittels der in ihnen enthaltenen Lignane einen wichtigen Beitrag zur Krebsprophylaxe zu leisten und das Herz-Kreislauf-System zu unterstützen. Ihre Ballaststoffe helfen außerdem bei Verstopfung und senken das Diabetesrisiko.

Heilende Kräuter So manches Kraut ist gegen die Beschwerden in den Wechseljahren gewachsen. Don Quai (auch unter dem Namen Angelica oder Engelswurz bekannt) wird als Ginseng der Frauen bezeichnet. Es steigert die Energie und das Wohlbefinden, wirkt schmerzstillend sowie antiallergisch und entspannt die Muskulatur. Eine ähnlich große Wirkungspalette wird der Yamswurzel zugeschrieben. Dieses natürliche Progesteron ist im rohen Zustand giftig, man sollte sich deshalb vor Einnahme ausreichend informieren. Vor allem zu Beginn der Wechseljahre kann Mönchspfeffer (Keuschlamm) sich positiv auf die Menstruation auswirken. Er regt die Hypophyse an, sorgt für vermehrte Durchblutung der Organe, vermindert den Appetit, verbessert den Schlaf und hilft bei Depressionen. Bei der Einnahme von Wanzenkraut (Traubensilberkerze) verringern sich Hitzewallungen, nächtliche Schweißausbrüche und Emotionsschwankungen. Auch kann man es gegen Scheidentrockenheit einsetzen. Sibirischer Rhabarber gilt als allgemein verträgliches Mittel gegen Wärmeschübe. Süßholz tut gut bei Erschöpfungszuständen. Generell gilt, dass pflanzliche Wirkstoffe oft eine gewisse Zeit brauchen, bis der Organismus auf sie reagiert. Dafür treten Nebenwirkungen selten bis gar nicht auf. Es kann allerdings zu Unverträglichkeiten und Wechselwirkungen mit anderen Mitteln kommen.

Viele Frauen schwören auf Hormon-Yoga, das die körpereigene Hormonbildung aktivieren soll. Die Übungen beugen Osteoporose vor, lindern Hitzewallungen, helfen bei Schlafstörungen und Schweißausbrüchen sowie bei Unruhe im Zusammenhang mit Herzflattern. Außerdem haben sie einen positiven Einfluss auf Migräne, Depressionen und Gelenkschmerzen. Frauen mit hormonabhängigen Tumoren sollten dagegen kein Hormon-Yoga machen, um das Zellwachstum nicht unnötig anzuregen.

Zum Abschluss dürfen Omas kluge Worte nicht fehlen: »Kinder, esst mehr frisches Obst und Gemüse!« Die darin in Form von Vitaminen und Mineralien enthaltenen Antioxidantien bekämpfen Zellschäden, die oft an Herz- und Krebserkrankungen schuld sind.

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