Ein Leben lang bleibt Sexualität ein Thema, das eng verknüpft ist mit der Existenz eines Partners, der aber, falls vorhanden, eventuell gar nicht mehr sexuell interessiert oder interessant ist - und dann? Ist Untreue eine Alternative, macht es einen Unterschied aus, wenn diese vom Partner »legalisiert« wird, oder ist ein Arrangement mit der Situation gefragt? Alle diese Möglichkeiten erfordern einen Neuanfang im weitesten Sinne, und wenn die Entscheidung fällt, einen neuen Sexualpartner zu suchen, zeigt sich, dass der im fortgeschrittenen Alter nicht mehr einfach »von selbst« zu finden ist wie mit Anfang zwanzig.
DIE SACHE MIT DER TREUE
Das Leben bringt manchmal Probleme mit sich, für die ungewöhnliche Lösungswege beschritten werden müssen. Wenn es dabei um unerfüllte Bedürfnisse geht, die sich nur außerhalb der Partnerschaft erfüllen lassen, bekommen viele Menschen erst einmal Angst, die Beziehung könnte darunter leiden oder gar daran zerbrechen. Damit es überhaupt funktioniert, sind große Klarheit und verlässliche Absprachen auf allen Seiten vonnöten.
Was für viele ein absolutes Tabu ist, wird von anderen von Anfang an gelebt: Es gibt Beziehungsmodelle, die prinzipiell mehrere Partner einschließen. Dabei handelt es sich um sogenannte »offene Beziehungen«, die auch mit dem Fachbegriff Polyamorie bezeichnet werden. Das bedeutet grundsätzlich, dass ein Mensch gleichzeitig mehrere Partner liebt. Gemeint ist aber in den meisten Fällen, dass mit verschiedenen Menschen Sexualität gelebt wird, während gleichzeitig eine feste Beziehung mit einem einzigen Partner besteht. Diesem Hauptpartner gehören das Herz und das tägliche Leben, er soll weder verletzt noch verlassen werden. Die anderen sind Nebenbeziehungen. Für viele mag das Untreue sein, aber im Unterschied dazu passiert hier nichts hinter dem Rücken des Partners. Er kennt die Absprache und hat zugestimmt. Der Wunsch, polyamorös zu leben, gründet meist auf der Auffassung, dass nicht Untreue, sondern falsch verstandene Treue Beziehungen zerstört. Der Mensch braucht verlässliche emotionale Bindungen, aber sexuell betrachtet ist er nicht für Monogamie geschaffen. Wer es trotzdem damit versucht, bezahlt mit seiner Libido.
Wer den polyamorösen Beziehungsstil leben will, sollte im Vorwege alle Rahmenbedingungen besprechen, damit möglichst keine Unklarheiten Unsicherheit schaffen und niemand nur notgedrungen mitmacht. Das Thema wirft viele Fragen auf, und die sollten konkret formuliert werden: Wie oft findet Sex mit anderen statt? Wie viele Treffen darf es geben - mehr als eins? Was möchte der Partner davon überhaupt mitbekommen? Möchte er Details hören? Gibt es Grenzen? Darf er ein Veto einlegen? Darf es auch emotional werden? Bis ins Detail sollten für alle Eventualitäten vertragsähnliche Absprachen gelten, die gewissenhaft eingehalten werden, denn sonst wird schnell ein zäher Kampf daraus: Viel Liebe bedeutet nicht automatisch weniger Eifersucht. Wer sich scheut, mit seinem Partner offen darüber zu reden, dem wird es kaum gelingen, das Mehrpartnermodell zu leben, denn dafür müssen die beiden Hauptbeteiligten besonders reif und differenziert sein. Polyamorie ist aber eine denkbare Lösung, wenn zwei Menschen zum Beispiel ihre Beziehung unbedingt erhalten wollen, obwohl Bedürfnisse vorhanden sind, die nicht befriedigt werden können oder die einer der Partner nicht befriedigen will. Allgemeingültige Richtlinien gibt es dafür nicht, aber verschiedene Möglichkeiten, um glücklich und erfüllt zu leben. Natürlich gibt es immer auch Grauzonen, nicht wenige Paare leben Beziehungen, in denen beide mehrgleisig fahren und nie darüber sprechen. Wer allerdings zu lange dem Partner nicht mitteilt, was ihm fehlt, wird von Frust und unbefriedigter Lust getrieben vielleicht wirklich zum »Fremdgeher«, sobald sich eine Gelegenheit bietet.
Nach wie vor ranken sich um das Thema Untreue viele Vorurteile und Rechtfertigungen, von »Jemand ist untreu, weil er den Partner nicht mehr liebt« über »Jeder macht es!« bis zu »Es ist gar keine Affäre, wenn es keinen Sex gibt«. Untersuchungen zufolge erlebt jedes dritte Paar Untreue, die sowohl sexuell als auch emotional sein kann, nicht immer definiert Sex mit einem anderen den Begriff: Wenn ein Partner sich generell lieber ausgiebig mit einer anderen Person beschäftigt und die eigentliche Beziehung vernachlässigt, kann auch das Untreue sein. Mussten Fremdgeher sich früher treffen, Briefe schreiben oder telefonieren, um in Kontakt zu bleiben, genügt in Zeiten von Internet und SMS ein lautloser Klick. Viele sind überrascht, wie schnell es passieren konnte. Es wird gechattet, getextet, gemailt und geskypt, mit Worten, Bildern und kleinen Filmchen geflirtet und gespielt, und weil so viel Nähe und Intimität nicht ohne Folgen bleibt, ist auf einmal Verliebtheit im Spiel. Abgeschirmt durch Smartphone oder Computer wähnt man sich in Sicherheit, und viel intimere Dinge werden mit dem unsichtbaren Dritten geteilt als jemals mit dem Partner zu Hause, der emotional regelrecht verhungert, während der ständige Kontakt mit dem Flirtpartner fortgesetzt wird, von überall und zu jeder Zeit.
Obgleich Untreue zunächst fast immer negative Auswirkungen auf die Beziehung hat, kann sie im Nachhinein durchaus Positives bewirken, denn sie rüttelt auf. Und wer anständig mit der Situation umgeht oder sogar professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, um das eigentliche Problem herauszufinden, dem bietet der aufgearbeitete Seitensprung vielleicht eine Chance, den Partner besser kennen- und verstehen zu lernen und endlich eine ehrlichere und intimere Beziehung zu entwickeln.
Die einst verbreitete Überzeugung, nur Männer gingen fremd, ist längst überholt, wenn sie denn je gestimmt hat. Frauen tun es allerdings aus anderen Gründen, so zum Beispiel, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Partner sich sexuell nicht mehr für sie interessiert und ihnen nicht mehr zeigt, dass er sie begehrt. Dann muss der Liebhaber noch nicht einmal besser aussehen oder mehr Geld haben - er braucht sie nur zu bemerken.
Europa geht fremd Das dänische Meinungsforschungsinstitut »YouGov« hat ermittelt: Die Dänen und die Finnen sind die untreusten Europäer. Jeder Dritte von ihnen geht fremd. In puncto One-Night-Stand halten die Dänen die Spitzenposition: 51 Prozent haben auf diesem Gebiet Erfahrung. Die französische Untersuchung Ifop hingegen erklärte Franzosen und Italiener zu den größten Fremdgehern Europas: Mehr als jeder zweite Mann und etwa jede dritte Frau bekannte sich in einer Befragung zum Seitensprung. Die französische Studie fand außerdem heraus, dass der Anteil fremdgehender Männer in protestantischen Ländern wie zum Beispiel Deutschland und Großbritannien geringer ausfällt als in katholisch geprägten. Und: Untreue ist im Norden gleichmäßiger auf Männer und Frauen verteilt als im Süden Europas: Während in Deutschland immerhin 43 Prozent der Frauen einräumten, bereits fremdgegangen zu sein, waren es in Italien nur 34 und in Frankreich lediglich 32 Prozent.
Vielen ist nicht klar, wie häufig Frauen ihre Lust in der Dauerbeziehung nicht ausleben können, weil ihre Partner aus unterschiedlichen Gründen keine Sexualität mehr wollen. Das ist vermutlich immer schon so gewesen. Neu ist, dass Frauen ihre Bedürfnisse inzwischen häufiger aussprechen. Sie bestehen vielleicht sogar auf Sex und erklären dem Partner, sich anderweitig umzuschauen, sollte die sexuelle Abstinenz zum Dauerzustand werden. Obgleich das auch für Männer gelten kann, geben untreue Gatten häufig selbst an, dass eine Affäre in erster Linie der Politur ihres Egos diene. Sie fühlen sich zu Hause nicht ausreichend wertgeschätzt und emotional ausgehungert.
Ein häufiger Beweggrund zum Fremdgehen weiblicher- wie männlicherseits ist die generelle Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Sex wird dann als Fluchtmöglichkeit und Betäubungsmittel gebraucht wie Süßigkeiten, Shopping, Feiern oder Alkohol und andere Drogen. Ein Seitensprung hat also manchmal gar nichts mit Defiziten in der Beziehung oder Unzufriedenheit mit dem Partner zu tun. Vielmehr geht es darum, sich selbst zu verlassen beziehungsweise den, der aus einem geworden ist, als man damit beschäftigt war, sich auf den Partner einzustellen.
Wer untreu wird und das Gespräch mit dem Partner weiterhin meidet, weil die Angst oder das Unbehagen davor größer ist als das Risiko, durch ein Auffliegen der Untreue alles zu verlieren, verschenkt eine Möglichkeit, eine gemeinsame, differenzierte Entwicklung in Gang zu bringen. Durch all die Vertuschungsmaßnahmen auf Teufel komm raus wird unbewusst das eigene Versorgungssystem geschützt. Untreue ist also in den meisten Fällen eine feige Wahl, die aus egoistischen Motiven getroffen wird. Vertrauensverlust, zerstörte Hoffnungen und gebrochene Herzen sind oft der Preis für die Unfähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt miteinander zu reden.
PARTNERSUCHE FÜR FORTGESCHRITTENE
Je älter jemand ist, desto besser kennt er sich und seine Charaktereigenschaften, könnte gemutmaßt werden, doch das Gegenteil ist oftmals der Fall. Nach einer langen Partnerschaft sind viele Menschen nicht mehr sie selbst und wollen auch nicht mehr darüber nachdenken, wer sie mal waren oder was sie heute wirklich ausmacht.
Für die Partnersuche allerdings wäre es hilfreich, sich genau darüber ein paar Gedanken zu machen. Um den eigenen Stärken und Schwächen auf die Spur zu kommen, können Familie und Freunde befragt werden: »Wie würdet ihr mich beschreiben?« Auch die Profile anderer auf Dating-Portalen im Internet können anregen und inspirieren: Wie beschreiben sie sich? Dafür ist zwar eine Anmeldung erforderlich, diese kann aber unverbindlich, das heißt ohne Foto und mit Pseudonym, erfolgen - und ist vor allem bei einigen Anbietern kostenlos. Aufschlüsse über die eigene Persönlichkeit kann der angebotene Fragebogen geben, der vorab ausgefüllt werden kann.
Für das Gelingen einer neuen Partnerschaft kann es ausschlaggebend sein, als Nächstes genau darüber nachzudenken, wer zu einem passen könnte. Erstaunlicherweise beschäftigen sich auch damit nur wenige - sie lieben, wen oder was das Leben mit sich bringt. Jeder Mensch entwickelt im Laufe des Lebens Vorlieben. Ebenso wichtig wie die Eigenschaften, die ein Partner nicht haben sollte, sind die, die er auf jeden Fall mitbringen muss. Die Annahme, dass Gegensätze sich anziehen, trifft nur in der Werbungsphase zu. Untersuchungen belegen immer wieder, dass Beziehungen nach dem Motto »Gleich und Gleich gesellt sich gern« eine deutlich längere Haltbarkeit haben. Bei der Suche nach einem passenden Partner bieten Dating-Foren den Vorteil, dass Wünsche hinsichtlich der Beziehung, aber auch sexuelle Vorlieben angegeben werden können, bevor irgendein Kontakt stattfindet. Es lohnt sich, Zeit zu investieren, um seine Vorstellungen möglichst genau zu beschreiben - je klarer, desto größer die Wahrscheinlichkeit, sein Glück zu finden.
WIE BEIM ERSTEN MAL
Es kommt der Tag, an dem das erste Treffen vor der Tür steht, und du selbst stehst vor dem Badezimmerspiegel, voller Verwunderung, dass sich alles fast genauso anfühlt wie damals vor der ersten Verabredung mit fünfzehn. Wie wird der andere mich finden? Wird schon beim ersten Date geküsst? Kommt es heute Abend zum Sex? Fragen über Fragen: Wie soll das überhaupt gut gehen? Es ist schließlich schon so lange her! Müssen Kondome besorgt werden? Meine Güte, mein Körper sah auch mal anders aus.
Dabei lässt sich alles genießen, angefangen bei den Vorbereitungen auf das erste Treffen bis hin zum ersten Sex. Wenn die Stunde dann endlich gekommen ist, kann es sein, dass alles, was in der Vorstellung spannend und romantisch war, wie weggeblasen ist. Die Unsicherheit stellt einem auf der Zielgeraden noch einmal ein Bein. Hoffentlich stimmt die Chemie, denn genau darum geht es bei der ersten Begegnung zwischen zwei Menschen: In Sekundenschnelle läuft im Gehirn ein Pheromontest ab, der ermittelt, wie gut die potenziellen Partner zueinanderpassen. Fällt der Test negativ aus, wird das Treffen garantiert kein Erfolg, aber das Gute daran ist, dass auch nichts schiefgehen kann: Man geht eben einfach wieder auseinander.
Es zahlt sich aus, von Anfang an authentisch zu sein und dem Partner in spe zum Beispiel davon zu erzählen, wie man sich in der Situation gerade fühlt - schrecklich nervös, unsicher oder überglücklich. Ehrlichkeit lässt oft Intimität entstehen, und genau die ist Voraussetzung dafür, sich fallen zu lassen. Die Sorge, dass der andere bei solchen intimen Dingen lieber weghören würde, kann man vergessen, denn dann ist er oder sie ohnehin für das Projekt Partnerschaft ungeeignet - und vielleicht auch für den Sex. Entscheidend ist, eigene Grenzen zu kennen und zu respektieren, aber auch Wünsche preiszugeben, damit im Anschluss nichts bereut wird. Kannte der frühere Partner viele der eigenen Bedürfnisse aus langjähriger Erfahrung, beginnt nun alles wieder bei null. Der andere kann schließlich keine Gedanken lesen, und es passiert gerade beim sexuellen Miteinander schnell, dass etwas mitgemacht wird, nur um dem anderen zu gefallen. Dieses Risiko, sich selbst nicht treu zu bleiben, besteht übrigens in jedem Alter. Es braucht Mut, um eine Stimmung oder Situation zu unterbrechen, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt - zum Beispiel Sex ohne Kondom.
Apropos »Kondom«: Präservative schützen in jedem Alter vor Geschlechtskrankheiten. Neuere Untersuchungen zeigen, dass in der Altersgruppe der über 70-Jährigen die Rate der Aids-Neuerkrankun- gen gestiegen ist. Übrigens sind Kondome längst nicht mehr Männersache, auch die Frau von heute darf sie durchaus in der Tasche haben. Und wenn es mit dem Überziehen des Kondoms nicht gleich klappt, weil die Erektion nicht mehr ist, was sie früher einmal war, nicht enttäuscht aufgeben, hier schlummert Potenzial: Das Überziehen und die Stimulation des Penis mit Kondom können beim Onanieren geübt und das Verbinden der neuen Empfindungen mit Lust gelernt werden. Wenn alles »im Alleingang« klappt, wird auch der Partner für einen spielerischen Umgang damit gewonnen.
SEXY FÜR SICH
Wer im Alltag sexy bleibt, beschert sich oft selbst schöne Momente und Begegnungen. Es ist wichtig, sich attraktiv und auch mal wie ein sexuelles Wesen zu fühlen, Partner hin oder her. Die Gefühle, die jeder von uns für sich selbst hegt, haben Einfluss auf das eigene Wohlbefinden und die Ausstrahlung. Es tut gut festzustellen, dass die Umwelt einen wahrnimmt. Viele sind überrascht, wie häufig sie ein Lächeln oder einen frechen Blick von anderen ernten, sobald sie darauf achten. Vielleicht ergibt sich auch ein kurzes Gespräch oder sogar ein kleiner Flirt.
Das Gefühl für die eigene weibliche oder männliche Sexyness kann zum Beispiel durch Kleidungsstil, Frisur, Schmuck oder Parfum unterstützt und bestärkt werden. Auch Verhalten, Körperhaltung, Gestik, Mimik und der Gang spielen wichtige Rollen: Wie stehst du? Sitzt du mit übergeschlagenen Beinen da? Wie erhebst du dich? Lachst du viel? Zeichnen sich Gefühle für andere sichtbar in deinem Gesicht ab? Wie bewegt sich dein Gesäß beim Gehen? Was spürst du dabei? Betonst du Merkmale an dir gebührend, die du gern magst? Aufschlussreich ist es auch, sich zu fragen, welcher Schauspieler oder welche Person im Freundeskreis besonders männlich oder weiblich wirkt, und sich zu überlegen, warum.
Für Männer bedeutet das, sich die folgenden Fragen zu stellen: Wie nehme ich mich selbst im Vergleich zu anderen Männern wahr? Wie schätze ich ein, wie mich andere Männer im Vergleich zu anderen Männern finden? Wie finden mich Frauen im Vergleich zu anderen Männern? Wie leicht fällt es mir, als Mann zu verführen? Wie drücke ich meine Männlichkeit in meinen sexuellen Beziehungen aus? Bin ich stolz, mich in meiner Männlichkeit zu zeigen? Alle diese Gedanken und Faktoren sollten ganz bewusst bedacht und beachtet werden, um sich selbst zu spüren (gesunder Narzissmus) und im positiven Sinne auf sich aufmerksam zu machen (gesunder Exhibitionismus), beides ist nötig. Dann heißt es, mit Offenheit der Welt zu begegnen. Wer noch zögert, weil die eigenen Kinder vielleicht nicht damit klarkommen könnten, dass der Vater oder die Mutter wieder auf Freiersfüßen wandeln, dem sei gesagt, dass dieses Problem ganz allein Sache der Sprösslinge ist, die man später immer noch überzeugen kann, wenn der neue Partner präsentiert wird.
PARTNERSUCHE 2.0
Partnersuche im Internet kann auf viele Arten betrieben werden: mit viel oder wenig gedanklicher Vorarbeit, einem kurzen oder ausführlichen Profiltext, mit selbst gemachten Schnappschüssen, Fotos vom Profi oder ganz ohne Bild. Die Szene im Netz ist bunt und hält für jeden etwas bereit - Speed-Dating für Gold Agers, Partnerbörsen für Senioren, Singletreffen für Menschen ab fünfzig und viele andere ähnliche Angebote eröffnen Möglichkeiten zur Begegnung in Hülle und Fülle. Es empfiehlt sich allerdings, zum Internet-Dating einen Ratgeber zu konsultieren, um böse Überraschungen zu vermeiden. Selbstverständlich hofft jeder auf einen guten Fang, aber bevor es so weit ist, stehen sonst vielleicht ein paar unerwartete Begegnungen bevor. Es gibt Leute, die sich in ihren Profilen als toller Hecht oder flinke Sprotte präsentieren mit Bildern, die tatsächlich nicht sie selbst zeigen, oder die sich selbst so darstellen, dass ihr Bild mit der Realität sehr wenig zu tun hat. Natürlich fliegt der Schwindel dann spätestens beim ersten Treffen auf.
Es empfiehlt sich zwar, auch im übertragenen Sinne, ein schönes Bild abzugeben, aber dabei sollte nicht übertrieben werden, um allen Seiten Enttäuschungen zu ersparen. Auch Untertreibung ist nicht ratsam: Wer sein Profil auf »Nummer sicher« anlegt und inhaltlich nicht viel offenbart und auch auf Mails und Fragen von anderen später eher diffus antwortet, um nicht anzuecken oder aufzufallen, kann nicht davon ausgehen, echtes und anhaltendes Interesse bei einem anderen zu wecken. Lieber authentisches Profil zeigen - so kann der Richtige einen überhaupt erst finden, die Wahrheit kommt sowieso immer heraus. Am besten wird der Profilentwurf einem Vertrauten gezeigt: »Komme ich ungefähr so rüber, wie ich wirklich bin?« Genauso sollte es bei den anschließenden Verabredungen gehandhabt werden: Sei einfach, wie du wirklich bist.
Manche allerdings tun genau das, indem sie sich nicht zeigen: Um Reinfälle und Enttäuschungen zu vermeiden, schicken sie einen persönlichen Späher in Form einer Freundin oder eines Freundes vor, um die Lage zu peilen. Entspricht der erste Eindruck dann nicht den Erwartungen, schleichen sie sich klammheimlich und gar nicht höflich davon. Andere haben überhaupt nicht vor, jemals ein Treffen wahrzunehmen, und versetzen die bestellten Kandidaten ein ums andere Mal. Und: Auch Heiratsschwindler treiben sich heute mit einer ganzen Reihe von Profilen und Namen im Netz herum.
Wird überhaupt ein Beziehungspartner gesucht oder eher eine Bettgeschichte - oder vielleicht beides? Es gibt Agenturen, die ausdrücklich damit werben, keine Partnerschaften zu vermitteln, sondern nur für sexuelle oder kurzfristige Begegnungen zuständig zu sein. Vor allem Frauen empfinden es offenbar als angenehm, sich via Internet einen Sexualpartner herunterzuladen, weil sie auf diese Weise auf aufwendiges Zurechtmachen und Sichpräsentieren verzichten können. U nd es gibt eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten: Von Live- Chats und Nackt- Skypen bis zu Swingerclubs oder Mottopartys.
Die digitale Technik bringt also viele Vorteile mit sich: Konnte mancher eine neue Liebe früher nur auf dem Dorfball treffen, steht einem nun virtuell die ganze Welt offen. Abschließend sei noch auf einen Punkt hingewiesen, den zu beachten unnötige Enttäuschungen vermeiden hilft: Menschen ab vierzig sollten sich im Internet am besten gleich in einer Rubrik speziell für die eigene Altersgruppe umsehen - gerade Frauen, denn in der Rubrik »alle Altersstufen« kann es für sie nahezu unmöglich werden, einen gleichaltrigen Mann zu finden.
Double Standard of Aging In dem Film Was das Herz begehrt mit Diane Keaton und Jack Nicholson in den Hauptrollen gibt es eine Szene, in der die Schwester der weiblichen Hauptperson die Dating-Aussichten einer Frau jenseits der fünfzig mit denen eines etwa gleich alten Mannes vergleicht und zu dem Ergebnis kommt: »Alleinstehende ältere Frauen haben demografisch die Arschkarte gezogen.« Das bringt die Lehrerin für feministische Studien so richtig in Fahrt: Sie ereifert sich darüber, dass männliche Singles um die sechzig, die nie verheiratet waren, allgemeine Bewunderung und beinahe Heldenstatus genießen, während für eine Frau gleichen Alters eine derartige Biografie als Super-GAU gelte: Sie wäre dann nichts weiter als eine bemitleidenswerte alte Jungfer. In ihrem Monolog beschreibt die wortgewaltige Mittfünfzigerin dann das Dilemma ihrer Altersgenossinnen, die erfolgreich, selbstversorgend, geschieden und intelligent jeden Abend alleine zu Hause verbringen, weil gleich alte Männer nach einer Partnerin Ausschau hielten, die ihre Tochter sein könnte. Die ganze Dating- Szene werde dominiert von älteren Männern, die kein Interesse an gleich alten Frauen hätten. Das Resultat seien produktive, ältere Frauen, die, weil sie so viel Zeit haben, noch produktiver und dadurch auch noch interessanter würden, was sie aber noch weniger begehrenswert mache, weil speziell ältere Männer eine höllische Angst vor solchen Frauen hätten.
GETRENNT ZU ZWEIT ODER GEMEINSAM?
Oft können Menschen nicht recht unterscheiden, ob sie noch aus Liebe oder eher aus Gewohnheit zusammen sind. Sie bleiben in Beziehungen gebunden, die längst keine Freude, Geborgenheit und Liebe mehr bieten. Unter diesen Voraussetzungen findet auch kein Sex mehr statt. Sind Menschen in solchen sexabstinenten Beziehungen weniger glücklich? Die Antwortet lautet: »Meistens ja.« Es gibt tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Sex haben und Zufriedenheit. Leute in sexlosen Partnerschaften denken zum Beispiel häufiger über Trennung nach, denn Sex ist auch ein Beziehungsklebstoff.
Wenn Paare nach längerer Abstinenz wieder Sex miteinander haben wollen, ist das oft nicht so einfach. Je mehr Zeit seit dem letzten Mal vergangen ist, desto schwieriger wird es. Irgendwo auf dem gemeinsamen Weg haben die Partner das Gefühl dafür verloren, körperlich aufeinander zuzugehen, und nun ist der andere sexuell ein Fremder. Wie den ersten Schritt machen? Wie verführen? Wo und wie anfassen, und wann geht es weiter? Unsicherheiten behindern selbst die kleinsten Schritte auf dem Weg. Hier kommen heutzutage glücklicherweise Paar- und Sexualtherapeuten zum Zuge, die beinahe jeden in puncto Verführung und allem, was dazugehört, wieder zum Sex inspirieren können. Bevor es aber so weit ist, muss das Paar womöglich erst seine Ziele und Motivationen erneut definieren, damit beide wieder »Ja« zueinander sagen können. Dann erst lohnt es sich wirklich, den Sex zurückzuerobern.
Es kostet Mut und Überwindung, wahrzunehmen und anzuerkennen, wie anders der Partner ist, und herauszufinden, dass er eventuell nicht mehr zu einem passt. Sollte es keinen gemeinsamen Weg aus der Beziehungskrise geben, ist es das Schwierigste für viele, die Tatsache auszuhalten, selbst derjenige zu sein, der die Trennung ausspricht. In vielen Köpfen steckt der Gedanke, dass, wer sich trennt, aufgibt und gescheitert ist. Auch schreckt das Gefühl ab, bald allein zu sein. Im Grunde aber geht es darum loszulassen, und wer das fertigbringt, ist schon auf dem besten Weg. Spätestens jetzt gilt die Devise: »Ich liebe mich, lass uns Schluss machen.«
Jeder Mensch wird in einer Paarbeziehung über kurz oder lang an bestimmte Grenzen stoßen: Attraktivitätsverlust, Routine, Langeweile, Aversion gegen Sex, Schonhaltung, Streit, Verlustangst, Bedürfniskontrolle, Temperamentsunterschiede, Zugehörigkeitskonflikte, Untreue, unterschiedliche Entwicklungen und Reaktionen auf das Alter, Bedeutungs- und Wertekonflikte und umfassende Kommunikationsstörungen. Es gibt aber auch die angenehme Seite der Langzeitbeziehungen: Vertrautheit, Zuneigung, Erfahrung, Aufgehobensein, eine gemeinsame Lebensgeschichte, weniger Leistungsdruck und Anforderungen, Zugehörigkeit, Geduld und Gelassenheit, Vorhersehbarkeit und neue Wege, die gewagt werden, gerade weil beide sich so lange kennen.
Jedem sollte die Frage erlaubt sein, wie es weitergeht, wenn in einer Partnerschaft etwas Wichtiges fehlt beziehungsweise verloren gegangen ist. Wird man jemals wieder Sex und Zärtlichkeit in der vorhandenen Beziehung erleben, oder sollte dieser Wunsch lieber aufgegeben und Stabilität durch Verzicht gewählt werden? Wäre ein Neuanfang tatsächlich eine Alternative, oder ist die Angst vor einer Enttäuschung mit einem neuen Partner zu groß? Wie auch immer die Entscheidung ausfallt, ob das Unternehmen »Erhalt der Beziehung« als hoffnungslos eingeschätzt wird oder nicht - herausfinden wird es nur, wer sich selbst treu bleibt und dabei ehrlich zu sich ist. Manchmal ist eine Trennung die einzig richtige Lösung.
Für einen Großteil der Älteren allerdings erübrigt sich die Frage nach einem funktionierenden Beziehungsmodell, dem Umgang mit Untreue oder einer eventuellen Trennung, weil das Schicksal zuschlägt und der Partner stirbt. Manche Frauen erfahren diese Art von Verlust sogar mehrmals, überleben vielleicht den zweiten oder dritten Mann und sehen sich wiederholt vor Herausforderungen gestellt, die ihnen zuvor abgenommen wurden. Versicherungsunterlagen, Verträge, Bankgeschäfte, eben »typische Männerangelegenheiten«, kommen plötzlich auf die Witwe zu und erzeugen mitunter das Gefühl der totalen Überforderung. Andere Menschen reagieren hingegen auf neue Situationen im Alter mit Organisationstalent und passen ihr Leben an, statt sich selbst - ohne auf irgendetwas zu verzichten: »Ambulant kommt mir vielleicht mal eine ins Haus, aber stationär in keinem Fall mehr!« Mit dieser Aussage beschrieb ein 70-jähriger Mann, Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau, seinen Umgang mit Damenbesuch und fügte mit Bestimmtheit hinzu: »Ich lasse mir meine Fernbedienung nicht mehr wegnehmen.« Viele verwitwete Menschen entschließen sich, nicht noch einmal die Rolle zu spielen, auf die sie jahrzehntelang in ihrer Ehe festgelegt waren, sondern wollen sich endlich nur noch um sich kümmern. Wenn überhaupt, dann möchten sie eine Beziehung auf Distanz. Die veränderte Lebenssituation kann also auch zu einer ganz neuen, lange ersehnten Selbständigkeit und Freiheit führen. Und vielleicht findet sich dann ja doch noch unerwartet jemand, der zu einem passt: »ein Verrückter, der nach dem Sex nackt auf Inlineskatern durch den Flur fährt, obwohl der Hintern nicht mehr ganz so stramm ist wie früher«, wie eine 63-jährige frisch verliebte Klientin einmal in der Sexualberatung ihren neuen Partner beschrieb.
Es lebe die Liebe. Es lebe der Sex. Make More Love.