Donnerstag, 21. November
Aus einer Joggingtour war nichts geworden. Anton war stattdessen über eine Stunde spazieren gegangen. Erst nach Norden, vorbei am Cosmopol und der Oper, dann in östliche Richtung und ins Einkaufszentrum Nordstan. Dort hatte er einen Kaffee getrunken, während er die vorbeieilenden Leute auf dem Bürgersteig draußen betrachtet hatte. Dann war er an dem sternförmigen Festungsgraben entlang zurück zum Hotel gegangen.
Er stieg aus der Dusche und trocknete sich ab. Ein bärtiges Gesicht starrte ihn aus dem Spiegel an. Der Laptop auf dem Schreibtisch gleich neben dem Badezimmer spielte »Under Pressure« von Queen. Anton nahm ein paar saubere Sachen aus dem Rucksack. Dunkle Jeans und ein weißes, bügelfreies Hemd, das er von Alexander zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Er stopfte es erst in den Hosenbund, entschied sich dann aber anders und ließ es lose herunterhängen.
Anton trat an den Laptop und überprüfte die Uhrzeit in der Ecke des Bildschirms. Das Cosmopol öffnete in fünf Minuten. Er holte ein Paar Socken hervor, zog sie an und schlüpfte in die Schuhe. Auf dem Nachttisch klingelte das Handy. Mit drei langen Schritten trat er näher und sah auf das Display. Eine nicht gespeicherte Nummer. Mit dem Handy in der Hand stand er da, bis der Anrufer aufgab. Dann markierte er die Nummer und kopierte sie in das Suchfeld der Online-Auskunft. »Die Nummer ist entweder geheim, darf im Internet nicht angezeigt werden oder ist in unserer Datenbank nicht verzeichnet«, erschien auf dem Bildschirm.
Drei! Noch drei Minuten, bis die grau gekleideten Wachleute die schweren Türen aufschließen würden. Anton aktivierte die Tastensperre, steckte das Ladekabel ins Handy und legte es auf den Nachttisch. Er würde es nicht brauchen. Denn heute existierte nichts anderes als die Karten.