Volda, 1999, Tag 73
Trine rannte weg. Sie spurtete so schnell davon, wie ihre etwas zu kurzen Beine sie tragen konnten. Sie rannte genauso, wie sie es am vergangenen Mittwoch getan hatte. Um ihr Leben.
Die intensive Angst hatte sich nicht direkt gemeldet, nachdem sie aus dem Bus gestiegen und wieder zurück in Volda gewesen waren. Am Busbahnhof hatten sie sich noch ein paar Minuten unterhalten, dann hatte er auf die Uhr gesehen und gesagt, dass er langsam nach Hause sollte, weil er wegen der Arbeit früh aufstehen müsste. Danach war er mit langen, bedächtigen Schritten nach Osten geschlendert, ohne sich noch einmal umzublicken. Sie war stehen geblieben, bis er in Richtung Krankenhaus und Hochschule im Dunkeln verschwunden war. Trine war nach Norden gegangen, hoch zu den Studentenblöcken.
Jetzt spürte sie den Puls in den Schläfen hämmern, während ihre Schuhsohlen auf den Asphalt knallten. Sie spürte es. Spürte den Geschmack einer so großen Angst, dass ihr Herz aus dem Takt geriet und ihre Sinne sich gleichzeitig schärften. Und letzten Mittwoch war sie ganz real gewesen. Die Angst. Denn jemand war hinter ihr gewesen. Sie hatte die Umrisse eines Körpers gesehen, als sie die Straße am Kreisverkehr überquerte. Ein Körper, der sich plötzlich schneller bewegte, nachdem sie das Tempo erhöht hatte. Eine Gestalt, die ihr folgte.
Ihre Zähne klapperten, als sie den letzten Hügel zu den Studentenwohnungen hinauflief. Obwohl niemand zu sehen war, konnte sie es dennoch spüren. Jemand war in ihrer unmittelbaren Nähe. Vielleicht hatte Rebekka Ähnliches gefühlt, als sie so weit nach Elvadalen hineingekommen war, dass Umkehren nicht mehr infrage kam. Dass derjenige, der sie getötet hatte, dort auf sie wartete. Vielleicht war es gar nicht so gewesen, wie die aktuelle Theorie der Polizei besagte: dass jemand ihr von der Straße aus gefolgt war, sondern dass der Tod dort drinnen auf sie gewartet hatte. Genauso wie Trine davon überzeugt war, dass er jetzt auf sie wartete.