13.
»Coordinator of Rapid Rupture«

Jetzt konnte ich die gewaltige intellektuelle Stärke Oppenheimers aus erster Hand miterleben, er war der unbestrittene Führer unserer Gruppe. …
Diese intellektuelle Erfahrung war unvergesslich.
Hans Bethe

Oppenheimers kontinuierliche, oft brillante Beiträge zum »Uranproblem«, die er auf allen Treffen, zu denen er eingeladen wurde, lieferte, machten Eindruck. Bald konnte man auf ihn nicht mehr verzichten. Von seinem politischen Engagement abgesehen, war er der perfekte Kandidat für dieses wissenschaftliche Team. Sein Verständnis der Probleme war umfassend, seine Fähigkeit, mit Menschen umzugehen, gewachsen, seine Begeisterung für die Sache wirkte ansteckend. In knapp fünfzehn Jahren hatte sich Oppenheimer durch seine Arbeit und in seinem sozialen Leben vom schüchternen wissenschaftlichen Wunderkind zu einem charismatischen Intellektuellen gewandelt. Es dauerte nicht lange, bis alle, die mit ihm zusammenarbeiteten, überzeugt waren, dass ihm eine wichtige Rolle zufallen müsse, wenn die Probleme beim Bau der Atombombe schnell gelöst werden sollten.

Bereits im Februar 1939 war Oppenheimer und anderen Physikern in Amerika klar, dass es möglich ist, eine Atombombe zu bauen. Aber es brauchte Zeit, das Interesse der Regierung zu gewinnen. Im August 1939, einen Monat vor Kriegsausbruch in Europa, hatte Leo Szilard ein Schreiben an Roosevelt aufgesetzt und Albert Einstein überredet, es mit seiner Empfehlung und seinem Namen zu versehen: Einsteins Autorität sollte den Präsidenten und dessen Berater überzeugen. In diesem Brief hieß es warnend, »… dass äußerst wirkungsvolle Bomben neuer Art gebaut werden können. … Wenn eine einzige Bombe dieses Typs auf einem Schiff in einem Hafen zur Explosion gebracht würde, wären der Hafen und das angrenzende Gebiet völlig zerstört.« Auch die Deutschen arbeiteten an dieser Bombe: »Wie ich gehört habe, hat Deutschland [Hitler hatte die Tschechoslowakei annektiert] den Export des Urans aus den tschechischen Bergwerken eingestellt.« 425

Einsteins Brief hatte Präsident Roosevelt veranlasst, das bereits erwähnte »Urankomitee« ins Leben zu rufen, zu dessen Leiter der Physiker Lyman C. Briggs bestellt wurde. Dann aber geschah fast zwei Jahre lang kaum noch etwas. 426 Jenseits des Atlantiks jedoch konnten die deutschen, nach England geflohenen Physiker Otto Frisch und Rudolph Peierls die britische Regierung von der Dringlichkeit eines Atombombenprojekts überzeugen. Im Frühjahr 1941 schrieb das britische hochgeheime MAUD Committee einen Bericht über die »Nutzung des Urans für eine Bombe«.

Kernaussage war, dass eine Bombe aus Plutonium oder Uran so klein sein werde, dass sie in einem Flugzeug transportiert werden könne, und dass es möglich sei, eine solche Bombe innerhalb von zwei Jahren zu bauen. Etwa gleichzeitig, im Juni 1941, gründete die Regierung Roosevelt das Office of Scientific Research and Development (OSRD) zur Nutzung der Naturwissenschaften für militärische Zwecke. Den Vorsitz übernahm Vannevar Bush, Ingenieur und Professor am MIT, zugleich Präsident der Carnegie Institution in Washington. Anfangs erklärte Bush dem Präsidenten, die Möglichkeit, eine Atombombe herzustellen, läge seiner Meinung nach »in weiter Ferne«. Dann aber, nachdem er den MAUD-Bericht gelesen hatte, änderte er seine Ansicht. Selbst wenn die Angelegenheit noch »sehr abstrus« sei, schrieb er am 16. Juli 1941 an Roosevelt, »ist eines sicher: Eine solche Explosion wäre tausendmal gewaltiger als Explosionen durch herkömmliche Sprengstoffe, und ihr Einsatz könnte kriegsentscheidend sein.«

Damit gerieten die Dinge in Fahrt. Bushs Memorandum veranlasste Roosevelt, Briggs’ Urankomitee durch eine hochkarätige Gruppierung zu ersetzen, die dem Weißen Haus direkt unterstellt war. Zu dieser Gruppe – sie bekam den Decknamen S-1 Committee – gehörten Bush, James Conant aus Harvard, Kriegsminister Henry Stimson, Generalstabschef George C. Marshall und Vizepräsident Henry Wallace. Diese Männer sahen sich im Wettlauf mit den Deutschen, einem Wettlauf, der den Ausgang des Krieges möglicherweise entscheiden konnte. Conant fungierte als Vorsitzender von S-1, und gemeinsam mit Bush begann er im ganzen Land Wissenschaftler für das Bombenprojekt anzuwerben.

Im Januar 1942 erfuhr Oppenheimer zu seiner großen Freude, dass er die Forschungen über schnelle Neutronen in Berkeley leiten sollte – eine Aufgabe, die er als entscheidend für das Projekt betrachtete. Oppenheimer »wäre eine gewaltige Bereicherung in jeder Hinsicht«, hatte Lawrence zu Conant gesagt. »Er kennt die theoretischen Aspekte des Programms genau und verfügt zugleich über einen soliden gesunden Menschenverstand, der ihm allerdings in gewissen anderen Richtungen manchmal fehlt …« 427 Im Mai wurde Oppenheimer von S-1 formell zum Leiter der Erforschung schneller Neutronen bestellt; seine Stelle erhielt den kuriosen Namen »Coordinator of Rapid Rupture« 428 . Unverzüglich begann er, ein hochgeheimes Sommerseminar mit Spitzenleuten der theoretischen Physik zu organisieren. Aufgabe war es, die Grundzüge der Konstruktion einer Atombombe zu erarbeiten. An erster Stelle seiner Einladungsliste stand der Name Hans Bethe. 429 Dieser, in Deutschland geboren und damals sechsunddreißig Jahre alt, war 1935 geflohen und seit 1937 Professor für Physik an der Cornell University. Dort arbeitete Bethe an militärischen Anwendungen des Radars, ein Projekt, dem er sehr viel größeren praktischen Nutzen zusprach als allem, was mit Kernphysik zu tun hatte. Aber er ließ sich überreden, den Sommer in Berkeley zu verbringen. 430 Auch Edward Teller kam, ein in Ungarn geborener Physiker, der an der George Washington University, Washington D.C., lehrte. Weiter konnte Oppenheimer seine Schweizer Physikerfreunde Felix Bloch und Emil Konopinski gewinnen, die inzwischen an der Stanford beziehungsweise der Indiana University arbeiteten. Auch Robert Serber sowie weitere seiner Schüler lud Oppenheimer ein. Seine »Leuchten« nannte er die Gruppe der hervorragenden Physiker, die er zusammengetrommelt hatte.

Bald nach seiner Ernennung zum Coordinator of Rapid Rupture bat Oppenheimer Robert Serber, sein Assistent zu werden, und Anfang Mai 1942 wurden Robert und Charlotte Serber in einem Zimmer über Oppenheimers Garage am Eagle Hill einquartiert. Serber war 1938 an die University of Illinois in Urbana gegangen, doch die beiden hatten sich fast jeden Sonntag geschrieben. In den nächsten Monaten wurde Serber Oppenheimers Schatten, sein Protokollant und allgemein seine rechte Hand.

Das Sommerseminar 1942 fand im Dachgeschoss von LeConte Hall statt, über Oppenheimers Büro in der zweiten Etage. Die beiden Räume hatten große Türen, die auf einen Balkon führten, und so wurde aus Sicherheitsgründen ein dickes Drahtnetz über den Balkon gespannt. Den einzigen Schlüssel zu den Räumen besaß Oppenheimer. Im Lauf der Wochen lernten Oppies »Leuchten« dessen Begabung als Initiator und Berichterstatter schätzen. Mit seiner Diskussionsführung bewies Oppenheimer »Feinfühligkeit, Sicherheit, Ungezwungenheit«, so Edward Teller später, »ich weiß nicht, woher er diese Fähigkeit hatte, mit Leuten umzugehen. Wer ihn seit längerem kannte, war überrascht.« Das sah auch Bethe so: »Jedes Problem verstand er augenblicklich; oft begriff er die ganze Sache schon nach dem ersten Satz.« 431

Zu Beginn ihrer Arbeit untersuchten sie eine frühere, von Menschen verursachte Großexplosion: die Detonation eines vollbeladenen Munitionsschiffes in Halifax, Neuschottland, im Jahr 1917. Bei diesem tragischen Unfall detonierten etwa 5000 Tonnen TNT: Vier Quadratkilometer des Stadtgebiets wurden zerstört, und 4000 Menschen starben. Rasch kam die Gruppe zu der Annahme, dass eine Atomwaffe eine zwei- bis dreimal größere Explosionskraft haben werde.

Dann lenkte Oppenheimer die Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf die Frage, mit welcher Vorrichtung sich die Atomspaltung auslösen lasse. Sie musste so klein sein, dass sie auch militärisch zu nutzen war. Die Gruppe kam zu dem Schluss, dass sich eine Kettenreaktion in einem Bombenkern aus Uran auslösen lassen müsse, der in einer Metallkugel mit einem Durchmesser von nur etwa zwanzig Zentimetern Platz hätte. In ihren Einzelheiten erforderte diese Konstruktion äußerst genaue Berechnungen, aber sie seien damals, so Bethe, auch »auf immer neue Tricks« gekommen. 432

Oppenheimer wurde rasch klar, dass für die Konstruktion dieser Vorrichtung, mit der sich eine schnelle Neutronenreaktion auslösen lässt, keine großen theoretischen Wissenslücken mehr zu füllen waren. Vage dagegen blieb die Berechnung der Menge spaltbaren Materials, mit der eine Kettenreaktion auszulösen ist (die »kritische Masse«); es fehlten einfach verlässliche experimentelle Daten. 433 Fürs Erste jedoch kam man zu der Erkenntnis, dass die für eine Waffe notwendige Menge an spaltbarem Material mindestens doppelt so groß sein müsste wie die Menge, die man dem Präsidenten vor vier Monaten genannt hatte. Das wiederum bedeutete, dass das spaltbare Material nicht im Labor aufbereitet werden konnte, man brauchte vielmehr große Industrieanlagen. Entsprechend teuer würde die Bombe werden.

Den Rest des Sommers saß Oppenheimer über dem zusammenfassenden Bericht. Ende August 1942 lag er Conant vor, der für seinen Gebrauch eine Notiz mit der Überschrift »Status of the Bomb« verfasste. Oppenheimer und seinen Kollegen zufolge würde eine atomare Vorrichtung »mit dem 150-fachen der Energie, von der man bisher ausgegangen war, explodieren«; die erforderliche kritische Masse spaltbaren Materials dagegen sei sechsmal größer als zuvor geschätzt. Kurz: Eine Atombombe war machbar, aber die Vereinigten Staaten müssten riesige technische, wissenschaftliche und industrielle Mittel mobilisieren. 434 Am letzten Abend des Sommerseminars lud Oppenheimer die Tellers zum Essen in sein Haus am Eagle Hill ein. Seine felsenfeste Überzeugung: »Nur eine Atombombe könnte Hitler aus Europa vertreiben«, blieb Teller in lebhafter Erinnerung. 435

Ab September 1942 wurde Oppenheimer bei den zuständigen Stellen immer häufiger als der Kandidat genannt, der am ehesten als Leiter eines geheimen Waffenlabors in Frage kam. Er sei, davon waren Bush und Conant überzeugt, der richtige Mann für diese Stelle; seine Leistungen im Sommerseminar hatten ihr Vertrauen gestärkt. Ein Problem allerdings blieb: Die Army weigerte sich weiterhin, ihm die »Q Clearance« auszustellen, die Unbedenklichkeitsbescheinigung, die ihm Zugang zu den geheimen Unterlagen der Atomforschung gewährt hätte.

Oppenheimer selbst war sich bewusst, dass seine vielen kommunistischen Freunde ein Hindernis darstellten. »Ich löse alle meine kommunistischen Verbindungen«, erklärte er Karl Compton am Telefon, »tue ich es nicht, wird die Regierung Schwierigkeiten haben, mich zu verwenden. Ich möchte aber nicht, dass irgendetwas meinen Dienst am Volk beeinträchtigt.« Gleichwohl erhielt Compton im August 1942 die Mitteilung, das Kriegsministerium habe »in Bezug auf O. mit dem Daumen nach unten gezeigt«. Seine Sicherheitsakte enthalte zahlreiche Berichte über seine »fragwürdigen« und »kommunistischen« Verbindungen. Oppenheimer selbst hatte Anfang 1942 einen Sicherheitsfragebogen ausgefüllt und die vielen Organisationen aufgeführt, in denen er Mitglied war, darunter waren auch solche, die das FBI als kommunistische Frontgruppen betrachtete. 436

Trotz alledem drängten Conant und Bush das Kriegsministerium, für Oppenheimer und andere Wissenschaftler mit einer linken Vergangenheit grünes Licht zu geben. Im September nahmen sie ihren Kandidaten mit nach Bohemian Grove, nordwestlich von San Francisco. Auf diesem Anwesen mit riesigen Redwoodbäumen und in herrlicher Umgebung nahm Oppenheimer zum ersten Mal an einer Sitzung des hochgeheimen S-1-Ausschusses teil. Anfang Oktober teilte Bush Harvey Bundy, dem leitenden Referenten von Kriegsminister Stimson, mit, dass Oppenheimer, obwohl er »politisch entschieden links stehe«, zum Projekt »substantiell beigetragen« habe und zugunsten der weiteren Arbeit für unbedenklich erklärt werden sollte. 437

Gleichzeitig unternahmen Bush und Conant Schritte, um die Militärs in das Projekt einzubinden. Bush wandte sich an General Brehon B. Somervell, den Chef der Armeelogistik. Dieser, der vom S-1-Projekt bereits wusste, teilte Bush mit, er habe einen Mann im Auge, der S-1 überwachen und das Ganze beschleunigen solle. Am 17. September 1942 traf Somervell den sechsundvierzigjährigen Armeeoffizier Oberst Leslie R. Groves auf dem Flur vor einem Anhörungssaal im Kongress. Als Schlüsselfigur des Army Corps of Engineers war Groves zuständig gewesen für den Bau des gerade fertiggestellten Pentagon und hatte nun um seine Versetzung zu einer kämpfenden Einheit in Übersee gebeten. Somervell eröffnete Groves, dass er anderes mit ihm vorhabe: Er müsse in Washington bleiben.

»Ich möchte nicht in Washington bleiben«, sagte Groves ruhig.

»Wenn Sie die Sache schaffen«, gab Somervell zurück, »wird das den Krieg gewinnen.«

»Ach, die Sache.« Groves wusste vom Projekt S-1, das ihn allerdings nicht sonderlich beeindruckte. Er hatte schon viel mehr Geld für Bauvorhaben der Army ausgegeben als die 100 Millionen Dollar, die für S-1 veranschlagt waren. Aber Somervell hatte seine Entscheidung getroffen, und Groves musste sich fügen; immerhin war mit seiner Aufgabe die Beförderung zum General verbunden. 438 Leslie Groves war es gewohnt, andere dazu zu bringen, genau das zu tun, was er wollte – ein Talent, das er mit Oppenheimer teilte. Im Übrigen waren die beiden Männer grundverschieden. Groves, einen Meter achtzig groß und über 110 Kilo schwer, hatte sich durch das Leben geboxt: schroff und geradeheraus, hielt er sich mit Feinheiten der Diplomatie nicht auf. »Wirklich«, sagte Oppenheimer einmal, »Groves ist ein Bastard, aber ein ehrlicher!« 439 Außerdem war er ein Anhänger der Konservativen Partei, der aus seiner Verachtung für den New Deal keinen Hehl machte.

Am 18. September 1942 übernahm Groves die Leitung des Bombenprojekts, das offiziell unter dem Namen Manhattan Engineer District lief, inoffiziell meist nur kurz Manhattan-Projekt genannt. Mit seiner ersten Amtshandlung sorgte Groves dafür, dass 1200 Tonnen hochwertiges Uranerz gekauft wurden. Am zweiten Tag genehmigte er den Erwerb eines Geländes in Oak Ridge, Tennessee, dort sollte die Aufbereitungsfabrik entstehen. Im Lauf des Monats bereiste er alle Labors, in denen die Trennung von Uranisotopen experimentell erforscht wurde. Am 8. Oktober 1942 traf er Oppenheimer in Berkeley bei einem Essen, das der Präsident der Universität gab. Oppenheimer, der begriffen hatte, dass Groves den Zugang zum Manhattan-Projekt bewachte, ließ seinen Charme und seine Brillanz spielen. Sein Auftritt war unwiderstehlich, insbesondere jedoch war Groves beeindruckt von Oppenheimers »grenzenlosem Ehrgeiz«, eine Eigenschaft, von der Groves annahm, sie werde ihn zu einem zuverlässigen, wenn nicht sogar fügsamem Partner machen. Auch von Oppenheimers Vorschlag war er angetan, das neue Labor in einer einsamen ländlichen Gegend zu errichten und nicht in einer großen Stadt – das kam Groves’ Sicherheitskonzept sehr entgegen. Vor allem aber mochte er den Mann, den er, wie er später einem Journalisten sagte, für ein Genie hielt, »ein wirkliches Genie«. Groves hatte viele Wissenschaftler auf seiner Rundreise getroffen, Oppenheimer aber war der erste, dem klar war, dass die Konstruktion einer Atombombe praktische Lösungen forderte, die nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelt werden konnten. Oppenheimer verwies darauf, dass die Gruppen, die in Princeton, Chicago und Berkeley an der Kernspaltung durch schnelle Neutronen arbeiteten, dies zum Teil parallel taten, die Versuche der anderen oft nur wiederholten. Darum müssten alle beteiligten Wissenschaftler an einem zentralen Ort zusammenarbeiten. Das gefiel dem Ingenieur in Groves, und er nickte zustimmend, als Oppenheimer die Idee eines zentralen Labors entwickelte, an dem, wie er später in der Anhörung zu Protokoll gab, »wir an chemischen, metallurgischen, technischen und artilleristischen Problemen arbeiten konnten, die bis dahin wenig Beachtung gefunden hatten«. 440

Eine Woche nach ihrem ersten Treffen ließ Groves Oppenheimer eigens nach Chicago fliegen, um gemeinsam mit ihm weiterzufahren: Sie nahmen den Luxuszug Twentieth Century Limited nach New York, in dem sie ihre Gespräche ungestört fortsetzen konnten. 441 Zu diesem Zeitpunkt hatte Groves Oppenheimer bereits als Kandidaten für die Leitung des vorgeschlagenen Zentrallabors im Sinn, sah allerdings drei Hindernisse: Oppenheimer hatte keinen Nobelpreis, würde aber die Arbeit von Nobelpreisträgern leiten müssen, verfügte zweitens nicht über Verwaltungserfahrungen, und drittens war da der politische Hintergrund, »manches, was uns keineswegs gefiel«. 442

Wie auch Hans Bethe bemerkte, verstand sich nicht von selbst, »dass Oppenheimer die Leitung übernahm, hatte er doch keinerlei Erfahrung damit, eine große Gruppe zu führen«. 443 Alle, denen Groves seinen Kandidaten präsentierte, zeigten sich wenig begeistert: »Ich bekam keine Unterstützung und traf in dieser Zeit bei den führenden wissenschaftlichen Köpfen nur auf Widerstand.« 444 Zunächst einmal war Oppenheimer Theoretiker, und für den Bau einer Atombombe waren gute Experimentalphysiker und Ingenieure nötig. Ernest Lawrence war, sosehr er Oppenheimer bewunderte, erstaunt, dass Groves ausgerechnet ihn ausgesucht hatte. Auch I.I. Rabi hielt den von ihm bewunderten Freund für keine gute Wahl: »Er war ein so unpraktischer Mensch. Er lief herum mit ausgetretenen Schuhen und einem komischen Hut und, wichtiger, er hatte von der technischen Seite, von den Geräten, wenig Ahnung.« Ein Wissenschaftler aus Berkeley sagte gar: »Der könnte nicht mal eine Hamburgerbude leiten.« Natürlich stieß Groves auch beim Military Policy Committee auf Ablehnung. »Nach vielem Hin und Her forderte ich jedes Mitglied einzeln auf, mir einen Namen zu nennen, der eine bessere Wahl wäre. Nach ein paar Wochen war allen klar, dass wir keinen besseren Mann finden würden.« Ende Oktober hatte Oppenheimer die Stelle.


Unmittelbar nach seiner Berufung begann Oppenheimer, einigen Schlüsselfiguren der Wissenschaftlergemeinschaft seine neue Mission zu erklären. Am 19. Oktober 1942 schrieb er Bethe: »War höchste Zeit, dass ich Dir schreibe und von meinen Telefonaten und Aktionen berichte. Dieses Mal fuhr ich nach Osten, um unsere Zukunft klar zu kriegen. Es ist ein sehr großer Auftrag, und ich bin nicht frei, über alles, was ansteht, zu reden. Wir werden ein Labor für militärische Anwendungen bekommen, wahrscheinlich an einem abgelegenen Ort und gebrauchsfertig, hoffentlich in den nächsten Monaten.« 445

Im Herbst 1942 war es ein mehr oder weniger offenes Geheimnis in Berkeley, dass Oppenheimer und seine Studenten an der Frage arbeiteten, ob die Herstellung einer neuen Waffe möglich sei, die mit Atom zu tun hatte. Er selbst hatte gelegentlich über seine Arbeit gesprochen, auch mit zufälligen Bekannten, mit John McTernan etwa, einem Rechtsanwalt, der für das National Labor Relations Board arbeitete und mit Jean Tatlock befreundet war. Er hatte Oppenheimer eines Abends auf einer Party getroffen. Lebhaft erinnerte er sich an diese Begegnung: Oppenheimer »sprach sehr schnell und versuchte, mir seine Arbeit an dieser Explosionsvorrichtung zu erklären. Ich verstand kein Wort. … Als ich ihn aber das nächste Mal traf, gab er mir zu verstehen, dass er nicht mehr darüber sprechen dürfe.« Fast alle, die Freunde im Fachbereich Physik in Berkeley hatten, werden Spekulationen über diese Arbeit gehört haben.

Im Herbst 1942 kam Betty Goldstein zu ihrem Aufbaustudium im Fachbereich Psychologie nach Berkeley und freundete sich mit mehreren Studenten Oppenheimers an; mit David Bohm, der bei Oppenheimer seine Doktorarbeit schrieb, verabredete sie sich häufiger. Bohm, der Jahrzehnte später als Physiker und Wissenschaftstheoretiker weltberühmt wurde, verliebte sich in die zukünftige Frauenrechtlerin Betty Friedan und führte sie bei seinen Freunden Rossi Lomanitz, Joe Weinberg und Max Friedman ein. Sie trafen sich häufig am Wochenende, sahen sich gelegentlich auch in »verschiedenen radikalen Studiengruppen«. »Alle arbeiteten sie an einem geheimnisvollen Projekt«, so Betty Friedan später, »über das sie nicht reden durften, weil es mit dem Krieg zu tun hatte.« 446 Ende 1942 rekrutierte Oppenheimer einige seiner Studenten, und da wurde jedermann klar, dass es sich um den Bau einer sehr großen Waffe handelte. »Viele von uns dachten«, so Lomanitz, »mein Gott, in was für eine Situation kommt man da, [der Welt] eine Waffe wie diese zu bringen, vielleicht bläst sie am Ende die ganze Welt in die Luft. Wir sprachen mit Oppenheimer darüber, und seine Antwort war immer: Und was ist, wenn die Nazis sie als Erste haben?«


Auch Steve Nelson, der als Verbindungsmann zwischen der KP und der Universität fungierte, hörte gerüchteweise von der neuen Waffe; manches sickerte auch an die Öffentlichkeit, Zeitungen zitierten einen Kongressabgeordneten, der sich über die militärische Forschung ausließ, die in Berkeley betrieben wurde. Rossi Lomanitz hörte Nelson in einer öffentlichen Rede sagen: »Ich habe gehört, dass ein paar Kongressabgeordnete davon sprechen, dass hier eine neue große Waffe entwickelt wird. Ich sage euch, die Volkskriege werden nicht durch große Waffen gewonnen.« In seinen Erinnerungen hat Nelson sein Verhältnis zu den Studenten um Oppenheimer beschrieben, zu Lomanitz, Weinberg und anderen: »Ich war für die [politische] Arbeit mit Universitätsleuten zuständig und suchte sie für Fortbildungen und Diskussionen zu gewinnen. Von Oppenheimers Physik-Doktoranden waren einige ziemlich aktiv. Unsere Kontakte fanden mehr nach ihren Bedingungen statt als nach unseren. Sie lebten in einer ziemlich exklusiven Atmosphäre, intellektuell wie kulturell, waren aber freundlich und kein bisschen eingebildet.« 447

Im Frühjahr 1943 hat das FBI ein Mikrophon in Nelsons Wohnung versteckt, und in den frühen Morgenstunden des 30. März 1943 hörten Agenten, wie jemand, den sie nur als »Joe« identifizieren konnten, über seine Arbeit im Radiation Lab sprach. 448 Besagter Joe, so der Bericht, sei um halb zwei Uhr nachts bei Nelson eingetroffen, habe diesen anscheinend dringend sprechen wollen. Die beiden unterhielten sich im Flüsterton. Nelson suchte, wie er sagte, einen »absolut vertrauenswürdigen Genossen«. Und Joe, der behauptete, dieser Mann zu sein, habe davon gesprochen, dass »bestimmte Teile des Projekts in eine abgelegene Gegend, Hunderte Kilometer entfernt, verlagert« würden, dorthin, wo hochgeheime Experimente mit Explosionen durchgeführt werden könnten. Dann hätten die beiden über »den Professor« gesprochen, wobei Nelson gesagt habe: »Er macht sich jetzt Sorgen, und bei uns fühlt er sich nicht mehr wohl.« Joe bestätigte das: Der Professor (aus der Abschrift geht hervor, dass Oppenheimer gemeint war) habe ihn »aus dem Projekt ferngehalten, weil er zwei Dinge befürchtet, erstens dass meine Anwesenheit für größere Aufmerksamkeit sorgt. … Das ist wohl ein Vorwand. Das andere ist, dass er Angst hat, dass ich Propaganda mache. … Merkwürdig, dass ausgerechnet er so etwas fürchtet. Aber er hat sich verändert.«

Nelson: »Ich weiß.«

Joe: »Du glaubst gar nicht, wie sich alles verändert hat.«

Nelson: Er habe stets versucht, den Professor »politisch auf dem Laufenden« zu halten, »aber er ist nicht so in Ordnung, wie er glauben machen will. … Er ist kein Marxist.« Wie das Protokoll vermerkt, lachten Nelson und Joe.

Nelson: Der Professor »wäre gern auf der richtigen Spur, aber jetzt hat er sich von uns entfernt. … Jetzt hat er nur noch eine Sache im Kopf, dieses Projekt, und das wird ihn seinen Freunden entfremden.«

Die beiden seien sich einig gewesen, dass Oppenheimer nicht mit Informationen über das Projekt herausrücken werde, also habe Nelson versucht, Joe zu überreden, Informationen über das Projekt zu liefern, die den Sowjets nützlich sein könnten. Nach dem siebenundzwanzig Seiten starken Abhörprotokoll des FBI – erstellt mit Hilfe einer illegalen Wanze – berichtete Joe dann vorsichtig, ja ängstlich über das Projekt, das für Amerikas Kriegsverbündeten hilfreich sein könnte. Nelson wollte wissen, in welchem Zeitraum eine solche Waffe fertig sein könnte. Joe meinte, es werde mindestens ein Jahr dauern, um genügend spaltbares Material für einen Test herzustellen; »Oppie zum Beispiel«, setzte er unaufgefordert hinzu, »denkt, es könnte auch anderthalb Jahre dauern.«

Darauf Nelson: »So viel also zur Weitergabe von Material. Ich weiß nicht, ob er es schaffen kann, aber das kommt ja ständig vor.« An dieser Stelle findet sich eine Randnotiz des Beamten von FBI oder militärischem Geheimdienst, der das Protokoll analysiert hat: »Gesagt auf eine Weise, die darauf hinweisen soll, dass Oppenheimer übervorsichtig ist, um zu verhindern, dass solche Informationen an Steve gelangen.« Das Protokoll mag nahelegen, dass Joe Informationen an Nelson weitergegeben hat, zeigt aber auch, dass Oppenheimer Sicherheitsfragen inzwischen ernst nahm. Er wollte nicht mehr kooperieren und verhielt sich äußerst vorsichtig, das zumindest war Nelsons Eindruck.


Die FBI-Mitschrift dieses Gesprächs zwischen Nelson und dem damals noch nicht identifizierten »Joe« wurde weitergeleitet an Oberstleutnant Boris T. Pash beim G-2, dem Geheimdienst der Army in San Francisco. Pash, Chef der Spionageabwehr beim Ninth Army Corps an der Westküste, staunte nicht schlecht. Er hatte einen großen Teil seiner Laufbahn der Jagd auf Kommunisten gewidmet. In San Francisco geboren, hatte Pash als junger Mann, während des Ersten Weltkriegs, seinen Vater, einen russisch-orthodoxen Bischof, nach Moskau begleitet. Als die Bolschewiki die Macht ergriffen, trat Pash in die konterrevolutionäre Weiße Armee ein und kämpfte von 1918 bis 1920 gegen die Rote Armee. Verheiratet mit einer russischen Aristokratin kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück. In den 1920er und 1930er Jahren arbeitete er als Footballtrainer an einer Highschool, seine Sommerferien aber verbrachte er als Reserveoffizier des Geheimdienstes der U.S. Army. Nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg war er beteiligt an der Internierung von Amerikanern japanischer Abstammung an der Westküste und wurde dann zum Chef der Spionageabwehr im Manhattan-Projekt ernannt. Seine Bewunderer beschrieben ihn als »schlau und gerissen«, für andere war er nur der »verrückte Russe«. 449 Jedenfalls betrachtete er die Sowjetunion als Amerikas Todfeind und nicht als vorübergehenden Verbündeten im Krieg.

Pash sah im Nelson-Joe-Protokoll sofort einen Beweis für Spionagetätigkeit, zugeich bestätigte es seinen Verdacht gegen Oppenheimer. 450 Gleich am nächsten Tag flog er nach Washington, um General Groves zu berichten. Die Überwachung von Nelsons Wohnung war illegal, also konnten die Behörden keine Anklage gegen ihn oder den geheimnisvollen Joe erheben. Aber sie konnten die Informationen dazu nutzen, den vollen Umfang von Nelsons Aktivitäten und Kontakten im Radiation Lab aufzudecken. Bald darauf wurde Oberstleutnant Pash ermächtigt, weitere Ermittlungen darüber anzustellen, inwiefern das Labor in Berkeley ein Spionageziel war.

Pash gab später zu Protokoll, er und seine Kollegen hätten »gewusst«, dass »Joe« technische Informationen und »Fahrpläne« für das Bombenprojekt an Steve Nelson geliefert habe. Anfangs konzentrierten sich Pashs Ermittlungen auf Lomanitz, dessen KP-Mitgliedschaft bekannt war. Agenten wurden auf ihn angesetzt, und die beobachteten im Juni 1943, wie er mit einigen Freunden vor dem Sather Gate der Universität in Berkeley für einen Fotografen posierte, der den Studenten auf dem Campus seine Dienste anbot. Die jungen Männer legten einander die Arme um die Schultern und ließen sich fotografieren. Nachdem Lomanitz und seine Freunde abgezogen waren, sprachen Geheimdienstagenten den Fotografen an, und dieser ließ sich die Negative abkaufen. Lomanitz’ Freunde waren schnell identifiziert: Joe Weinberg, David Bohm und Max Friedman – allesamt Studenten Oppenheimers. Seit diesem Tag galten die jungen Männer als staatsgefährdend.

Wie Oberstleutnant Pash zu Protokoll gab, stellten seine Ermittler »zunächst fest, dass die vier erwähnten Männer häufig zusammen waren«. Ohne Ermittlungstechniken oder sein operatives Vorgehen preiszugeben, erklärte Pash: »Wir hatten einen nicht identifizierten Mann und wir hatten diese Aufnahmen. Nach unseren Untersuchungen waren wir überzeugt und sicher, dass ›Joe‹ Joseph Weinberg war.« Ihm reichten die Informationen aus, um Weinberg und Bohm als Mitglieder der KP zu bezeichnen. 451

Pash, überzeugt, dass er auf einen geschickt organisierten Ring gerissener Sowjetagenten gestoßen war, setzte entschlossen alle Hebel in Bewegung, um die Verdächtigen zu überführen. Im Juli 1943 berichtete die Außenstelle des FBI in San Francisco, Pash wolle Lomanitz, Weinberg, Bohm und Friedman entführen, auf ein Schiff bringen und sie »nach russischer Methode« verhören lassen. Einer Aktennotiz zufolge verwies man beim FBI darauf, dass auf solche Weise gewonnene Informationen vor Gericht nicht anerkannt würden, »aber offenbar hatte Pash gar nicht im Sinn, dass nach dem Verhör noch irgendjemand der Justiz zur Verfügung steht«. So weit wollte das FBI nicht gehen: »Es wurde Druck ausgeübt, um diese Aktion zu unterbinden.« 452 Gleichwohl verstärkte Pash die Überwachung Nelsons. Das FBI hatte, schon bevor seine Wohnung verwanzt worden war, auch in Nelsons Büro ein Mikrophon angebracht, und aus den abgehörten Gesprächen ging hervor, dass er systematisch Informationen über das Radiation Lab in Berkeley sammelte; seine Informanten waren einige junge Physiker, von denen er wusste, dass sie mit den sowjetischen Kriegsanstrengungen sympathisierten. In einem abgehörten Gespräch zwischen ihm und Lloyd Lehman, einem Funktionär der Young Communist League, der im Radiation Lab arbeitete, war auch von »Opp.« die Rede: Er sei »nervös«, und »die Regierung lasse ihn nur wegen seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten in Ruhe«. Den Hinweis seines Gesprächspartners, dass er doch in der Lehrergewerkschaft aktiv gewesen sei, kommentierte Nelson trocken: »Er kann seine Vergangenheit nicht verbergen.«


Im Frühjahr 1943, David Bohm war dabei, seine Dissertation über Kollisionen zwischen Protonen und Deuteronen fertigzustellen, wurde ihm plötzlich mitgeteilt, seine Arbeit falle unter die Geheimhaltung. Und weil er nicht über die notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung verfügte, wurden seine Berechnungen beschlagnahmt und er mit dem Verbot belegt, seine Forschungen zu Ende zu führen. Er wandte sich an Oppenheimer, der mit einem Brief bestätigte, sein Student habe die Voraussetzungen für eine Promotion erfüllt. Allein auf dieser Grundlage wurde Bohm im Juni 1943 promoviert. Als Oppenheimer nun persönlich Bohms Versetzung nach Los Alamos beantragte, lehnte die Army rundweg ab, ihm die Clearance zu erteilen. Als Begründung erfuhr Oppenheimer zu seinem Erstaunen, Bohm habe Verwandte in Deutschland. Doch das war nur ein Vorwand: Tatsächlich ging es um Bohms Verbindungen zu Weinberg.

Vom Manhattan-Projekt war Bohm ausgeschlossen, konnte aber weiterhin als Physiker arbeiten. Lomanitz und einige andere dagegen hatten weniger Glück. Kaum hatte Ernest Lawrence Lomanitz als Verbindungsmann zwischen dem Radiation Lab und der Uranfabrik des Manhattan-Projekts in Oak Ridge eingesetzt, erhielt dieser einen Einberufungsbefehl der Army. Lawrence und Oppenheimer intervenierten – ohne Erfolg. Lomanitz verbrachte den Rest des Krieges an verschiedenen inländischen US-Standorten. 453 Max Friedman wiederum wurde, wie er später erzählte, vorgeladen und verlor seine Stelle im Radiation Lab. Wie Lomanitz hielt man auch ihm Gewerkschaftsarbeit für die Ortsgruppe 25 der FAECT vor. Der Geheimdienst der Army betrachtete dies als subversive Tätigkeit, und von da war es nicht weit zu der Entscheidung, Lomanitz und Friedman unschädlich zu machen. 454 Weinberg wiederum wurde weiter eng überwacht, und als kein weiteres Beweismaterial auftauchte, das ihn der Spionage überführte, wurde auch er eingezogen und auf einen Armeeposten in Alaska versetzt. 455

Kurz bevor Oppenheimer nach Los Alamos abreiste, bat er Steve Nelson telefonisch um ein Treffen in einem Restaurant. »Er war sichtlich erregt, geradezu nervös«, schrieb Nelson später. Bei einem großen Becher Kaffee habe Robert gesagt: »Ich wollte dir nur auf Wiedersehen sagen. … Ich hoffe, wir sehen uns wieder, wenn der Krieg vorbei ist.« Er könne nicht sagen, wohin er gehe, es habe mit dem Krieg zu tun. So konnte Nelson nur noch fragen, ob Kitty mit ihm gehe. Dann sprachen die Freunde über die letzten Kriegsberichte. Beim Abschied sagte Robert noch, es sei schade, dass die spanischen Volksfrontkämpfer nicht noch ein bisschen länger ausgehalten hätten, »dann hätten wir Franco und Hitler im gleichen Grab beerdigen können«. Dies sei, so Nelson in seinen Erinnerungen, das letzte Mal gewesen, dass er Oppenheimer gesehen habe, »denn Roberts Verbindung zur Partei war allenfalls lose«. 456