Satan
Perplex starre ich Oliver an, beobachte, wie er sich hastig anzieht und verschwindet, ohne mich nennenswert zu regen.
Sobald ich die Wohnungstür ins Schloss fallen höre, fällt die Starre von mir ab und ich springe auf, als hätte der Sessel vor mir Feuer gefangen.
Was war denn das jetzt?
Ich blinzle mehrfach und sehe an mir herab.
Nackt, definitiv nicht mehr erregt … Das Gummi loszuwerden ist ziemlich einfach.
Ich mache es, gehe ins Bad, um es zu entsorgen und suche danach meine Kleidung zusammen. Ich bringe sie ins Schlafzimmer und hole mir Kuschelklamotten heraus.
Vielleicht eine blöde Idee, immerhin könnte ich jetzt, da im wahrsten Wortsinne nichts mehr ansteht, auch zu meinen Freunden vom Club Loveshack gehen und mit ihnen im Applepie feiern, oder nicht?
Unschlüssig halte ich damit inne, in eine Jogginghose zu steigen und betrachte mich nachdenklich im Spiegel des Kleiderschrankes.
Soll ich? Soll ich nicht?
Nein, bevor ich irgendetwas tun kann, muss ich sortieren, was hier passiert ist.
Ich ziehe die Hose richtig an, streife mir ein Longsleeve über und vervollständige mein Outfit durch ein Paar Socken, bevor ich ins Wohnzimmer zurückkehre und alles einsammele, das dort nichts zu suchen hat.
Die leere Spritze, das Handtuch, beides landet im Bad, anschließend räume ich die Bierflaschen weg und stehe unschlüssig in meiner Küche.
Der Fernseher lockt mich nicht wirklich, aber ich beschließe, eine meiner Lieblingsserien via Streamingdienst weiterzuschauen.
Ob und wie viel ich dabei von der Handlung verpasse, ist mir egal. Mein Kopf ist sowieso nicht aufnahmefähig.
Nach der ersten Folge hole ich mir eine Cola aus der Küche und verfeinere sie großzügig mit meinem liebsten weißen Rum, hole mir eine Tüte Erdnuss-Cashew-Mix mit Salz und Honig, und verziehe mich wieder aufs Sofa.
Der Sessel, an dem heute so viel mehr hätte geschehen können, starrt mich anklagend an, verspottet mich mit seiner Leere, weshalb ich ihn tunlichst ignoriere.
Dass ich Oliver ohne irgendwelche Nachfragen habe gehen lassen, nun ja, flüchten lassen trifft es wohl besser, liegt schlicht daran, dass ich einfach nicht wusste, was ich hätte sagen sollen.
Er wirkte nicht, als würde er mir zuhören oder mich noch wahrnehmen.
Dabei war er so anschmiegsam, so weich, während ich ihn gestreichelt habe …
Ein tiefes Seufzen rollt durch meine Kehle.
Es waren Ausrutscher, diese Streicheleinheiten. Simpler instinktiver Ausdruck meiner wahren Gefühle für ihn.
Ich bin keine hirnlose Fickmaschine, sondern ein fühlendes Wesen! Wieso, verdammt noch mal, darf ich diesen Gefühlen keinen zärtlichen Ausdruck verleihen?!
Tja, ganz einfach: Sobald ich es tue, geht Oliver auf Abstand.
Sieht man ja …
Dabei wünsche ich mir – nein, ihm! – doch nur, dass er wieder in eine gesunde Normalität zurückkehren kann! Seine Trancen sind weg, das weiß ich aus den letzten zwei Wochen sehr genau.
Er hat also keine glücklichen Erinnerungen mehr an wen-auch-immer.
Stattdessen hat er ein neues Ritual begonnen. Eines mit mir.
Stumpfsinnige Ficks, die nicht einmal annähernd das bieten, was ich ihm wirklich gern geben würde.
Dazu müsste er mich aber erst mal lassen …
Die halbe Nacht liege ich wach und voller Gedanken auf dem Sofa, ohne auch nur eine Sekunde lang das Gefühl zu haben, dass ich Klarheit über irgendetwas erlangen könnte.
Kurz vor dem Einschlafen, für das ich nicht ins Schlafzimmer wechsele, schreibe ich ihm eine Nachricht.