Der Tag von Taylors Brautparty war da. So nannte ich es insgeheim – Taylors Party –, denn sie und ihre Mom hatten alles organisiert. Die Einladungen, die die beiden verschickt hatten, waren schöner als meine eigentlichen Hochzeitsanzeigen.
Vor ihrem Haus standen schon jede Menge Autos. Ich erkannte Marcy Yoos silbernen Audi und den blauen Honda von Taylors Tante Mindy. Weiße Luftballons schwebten an Schnüren über dem Briefkasten, und ich musste an all die vielen Geburtstagsfeiern bei Taylor denken. Immer hatte sie leuchtend rosa Ballons gehabt. Immer.
Ich trug ein weißes Sommerkleid und Sandalen und hatte Mascara und Rouge und rosa Lipgloss aufgetragen. »Sehr hübsch«, hatte Conrad gemeint, als ich von Cousins aufbrach, und ich hatte »Danke schön« gesagt. Eine ganz normale Unterhaltung also – unsere erste seit unserem Stopp am Pfirsichstand.
Ich läutete, was ich sonst nie bei Taylor tat. Aber da es sich um eine Party handelte, kam es mir richtig vor.
Taylor machte auf. Sie trug ein rosa Kleid mit hellgrünen Fischen, die am Saum entlangschwammen, und hatte sich die Haare am Hinterkopf zusammengesteckt. Man hätte meinen können, sie sei die Braut, nicht ich. »Hübsch siehst du aus«, sagte sie und umarmte mich.
»Du auch«, antwortete ich und trat ein.
»Es sind schon fast alle da«, sagte sie und ging voraus in Richtung Wohnzimmer.
»Lass mich noch mal eben schnell aufs Klo gehen«, sagte ich.
»Aber mach schnell, du bist der Ehrengast.«
Ich beeilte mich, dann wusch ich mir die Hände und fuhr mir mit den Fingern durch die Haare. Zum Schluss trug ich noch ein bisschen Lipgloss auf. Irgendwie war ich nervös.
Taylor hatte im Wohnzimmer Hochzeitsglocken aus Krepppapier an die Decke gehängt, und die Stereoanlage spielte Going to the Chapel.
Unsere Freundinnen Marcy, Blair und Katie saßen da, außerdem Taylors Tante Mindy, Mrs. Evans von nebenan und Lucinda, Taylors Mom.
Und neben ihr auf dem kleinen Zweiersofa saß, in einem hellblauen Hosenanzug, meine Mutter.
Als ich sie sah, traten mir die Tränen in die Augen.
Wir sind nicht quer durchs Zimmer aufeinander zugerast, wir haben auch nicht angefangen zu weinen. Ich habe die Runde gemacht, alle umarmt, und als ich bei meiner Mutter ankam, haben wir uns fest und lange in den Arm genommen. Sagen mussten wir nichts, wir wussten auch so Bescheid.
Am Buffet drückte Taylor mir die Hand. »Glücklich?«, flüsterte sie mir zu.
»Überglücklich«, flüsterte ich zurück, während ich mir einen Teller nahm. Ich war so unglaublich erleichtert. Alles wurde wieder gut. Ich hatte meine Mom zurück. Es war wirklich wahr.
»Gut«, sagte Taylor.
»Wie ist das passiert? Hat deine Mom mit meiner geredet?«
»Mhm«, sagte sie und blies mir einen Kuss durch die Luft zu. »Und meine Mom hat gesagt, es sei gar nicht schwierig gewesen, sie zu überreden.«
In der Mitte von Lucindas Esstisch stand ihr legendärer weißer Kokoskuchen. Außerdem gab es Zitronensprudel, Würstchen im Schlafrock, Babymöhren und einen Zwiebeldip – lauter Lieblingsgerichte von mir. Mom hatte ihre berühmten Zitronenwürfel beigesteuert.
Ich lud mir den Teller voll und setzte mich zu meinen Freundinnen. Ich biss in ein Würstchen und sagte: »Vielen, vielen Dank, dass ihr gekommen seid, Mädels.«
»Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du wirklich heiratest«, sagte Marcy und schüttelte beeindruckt den Kopf.
»Ich auch nicht«, sagte Blair.
»Ich auch nicht«, sagte ich.
Das Allerbeste war das Geschenkeauspacken. Ich kam mir vor, als hätte ich Geburtstag. Von Mary bekam ich Cupcake-Backförmchen, von Blair Trinkgläser, von Tante Mindy Gästehandtücher, von Lucinda Kochbücher, von Taylor eine Glaskaraffe und von meiner Mutter eine Daunendecke.
Taylor saß neben mir, schrieb auf, wer mir was geschenkt hatte, und sammelte die Geschenkbänder ein. Sie stach Löcher in einen Pappteller und zog die Bänder hindurch.
»Wozu soll das denn gut sein?«, fragte ich.
»Das wird dein Brautstrauß für die Generalprobe«, sagte Lucinda. Sie strahlte mich an, und ich sah, dass sie vormittags noch in der Sonne gelegen hatte – ihre Sonnenbrille hatte weiße Spuren hinterlassen.
»Oh, wir machen kein Probeessen«, sagte ich. Im Ernst – was gab es bei uns schon groß zu proben? Wir würden am Strand heiraten, alles ganz schlicht und unkompliziert, so wie wir es beide wollten.
Taylor reichte mir den Pappteller. »Dann musst du ihn eben jetzt als Hut tragen.«
Lucinda stand auf, setzte mir den Teller auf den Kopf und band ihn mit den Bändern fest wie eine altmodische Haube. Wir mussten alle lachen, als Mary ein Foto von mir machte.
Taylor stand auf. Sie hielt ihr Notizbuch in der Hand. »Okay, jetzt hören wir, was Belly in ihrer Hochzeitsnacht sagt.«
Ich hielt mir den Bänderhut vors Gesicht. Von diesem Spiel hatte ich schon gehört. Dafür muss die Brautjungfer alles mitschreiben, was die zukünftige Braut beim Auspacken ihrer Geschenke sagt.
»Oh, ist der hübsch!«, rief Taylor, und die Gäste kicherten.
Ich versuchte, ihr das Notizbuch wegzuschnappen, aber sie hielt es hoch über meinen Kopf und las: »Jeremiah wird total begeistert sein!«
Nach dem Wettbewerb um das schönste Brautkleid aus Klopapier halfen wir beim Aufräumen. Als alle anderen schon gegangen waren, brachte ich meine Mutter zum Auto.
»Danke, dass du gekommen bist, Mom«, sagte ich verlegen. »Es bedeutet mir sehr viel.«
Sie strich mir die Haare aus dem Gesicht. »Du bist doch mein Mädchen«, sagte sie nur.
Ich warf die Arme um sie. »Ich hab dich so, so lieb!«
Sobald ich in meinem Auto saß, rief ich Jeremiah an. »Wir heiraten!«, brüllte ich ins Telefon. Nicht, dass das etwas Neues gewesen wäre, aber trotzdem. Der Streit mit meiner Mutter, die Trennung von zu Hause, die Hochzeitsvorbereitungen, das alles hatte schon eine Wahnsinnsanspannung für mich bedeutet. Aber jetzt, da ich meine Mutter an meiner Seite wusste, hatte ich endlich wieder das Gefühl, frei atmen zu können. All meine Sorgen hatten sich in Luft aufgelöst. Ich fühlte mich wieder wie ein ganzer Mensch. Ich fühlte mich allem gewachsen.
In dieser Nacht schlief ich zu Hause. Steven und Mom und ich sahen eine Sendung auf Crime TV, eine jener Shows, in denen Verbrechen nachgestellt werden. Wir heulten wie die Wölfe, weil die Schauspieler so grottenschlecht waren, wir aßen Chips und die restlichen Zitronenwürfel meiner Mutter. Es war so schön.