Dienstag, 27. November

Als die Schüler von Myers Holt am nächsten Morgen aufwachten, fragten sie sich gespannt, was heute auf sie zukommen würde. Sie schlangen das Frühstück hinunter, eilten in die Glashalle und kraxelten über den Hügel. Am Pool erwartete sie ein junger Mann in einem roten Trainingsanzug.

»Ihr kommt eine Minute zu spät«, sagte er stirnrunzelnd und tippte mit dem Finger auf seine Armbanduhr. »Mir ist nie ein Mann begegnet, der des Morgens lang im Bette blieb und dennoch Größe oder Berühmtheit erlangte.«

»Hä?«, machte Rex.

»Jonathan Swift«, sagte Philip.

»Ich bin beeindruckt, junger Mann«, sagte der Lehrer streng, »aber ich wäre noch beeindruckter, wenn ihr pünktlich hier gewesen wärt. Seid ihr vollzählig?«

Die Kinder nickten.

»Gut. Ich bin Mr Green. Bei mir habt ihr jeden Tag Sport.«

»Jeden Tag?«, fragte Rex.

»Ohne Fleiß kein Preis«, sagte Mr Green lächelnd.

»Ein Preis ohne Fleiß ist mir lieber«, erwiderte Rex. »Ich denke, ich lasse die Stunde aus.«

»Und ich denke, du machst sie mit«, beharrte Mr Green und nahm ihn am Arm. Rex stöhnte, sträubte sich aber nicht.

»Die Umkleideräume sind da drüben.« Mr Green deutete auf eine Klinke an einem der Bildschirme der Glashalle. »Eure Badesachen und Handtücher liegen da drin. Ich erwarte euch in fünf Minuten zurück.«

Kurze Zeit später kamen die Kinder schlotternd wieder. Mr Green bedachte sie mit einem missbilligenden Blick und forderte sie auf, in das warme, klare Wasser zu steigen und Bahnen zu schwimmen. In der folgenden Stunde, in der sie Bahn um Bahn zogen, rief er ihnen unermüdlich aufmunternde Zitate zu. Die meisten waren an Rex gerichtet, der sich hustend und prustend im Hundepaddelstil von Beckenrand zu Beckenrand quälte. Dagegen legte Sebastian die ganze Zeit über kaum eine Pause ein und glitt wie ein Fisch durchs Wasser.

Schließlich war die Stunde vorbei und die Kinder kletterten erschöpft aus dem Nass.

»Sagt mir jetzt nicht, dass ihr euch nicht besser fühlt«, bemerkte Mr Green.

Rex, der vornübergebeugt dastand und angestrengt keuchte, schaute zu ihm auf und zog die Augenbrauen hoch.

»Ich nehme das als ein Ja«, lachte Mr Green und reckte die Daumen. »Gut gemacht, von euch allen. Jetzt, wo ihr euren Kreislauf in Schwung gebracht habt, wird es Zeit, dass ihr auch etwas für eure grauen Zellen tut. Zieht euch rasch um und trinkt etwas. Wir sehen uns dann morgen wieder … und seid pünktlich!«

Die Kinder saßen bereits auf ihren Plätzen, die Haare noch feucht, und schwatzten, als Ms Lamb ins Klassenzimmer trat. Sie knallte die Tür zu, um auf sich aufmerksam zu machen, und als die Köpfe sich nach ihr umdrehten, stand da eine kleine Frau in hochhackigen Stiefeln aus türkisfarbenem Leder, die nicht so aussahen, als könnten sie die stämmige Person, die in ihnen steckte, wirklich tragen. Nie hatte ein Name weniger zu seiner Besitzerin gepasst, denn von einem Lamm hatte sie wahrlich nichts. Sie trug ein grünes Lederkostüm, das für jemand viel Kleineres und Jüngeres gemacht schien, und ihre Augen umrahmte so viel schwarzes Make-up, dass sie aussah wie ein verkleideter Pandabär. Und als wäre das noch nicht genug, hätte Chris schwören können, dass sie einen Schnurrbart hatte.

Chris hörte, wie Rex hinter ihm ein Lachen unterdrückte.

»Guten Morgen«, sagte sie, ohne zu lächeln. »Setz dich gerade hin und lass die Albernheiten«, bellte sie Rex an. »Ich bin Ms Lamb, und ich werde euch beibringen, wie ihr mit eurer GABE Gedanken lesen könnt.« Sie ging zu ihrem Tisch und setzte den Stapel Bücher, den sie mitgebracht hatte, darauf ab. »So …«, sie musterte einen nach dem anderen, »mit euch muss ich also arbeiten.« Sie wirkte nicht beeindruckt.

»Du.« Sie deutete auf Sebastian. »Was weißt du übers Gedankenlesen?«

»Ich … nichts wissen«, antwortete Sebastian.

»Woher auch. Sonst jemand?« Sie sah die anderen an. Niemand rührte sich.

»Hätte ich mir denken können.« Ms Lamb verdrehte die Augen.

»Du da, das Mädchen in Rosa: Was ist Telepathie?«

»Ich … ich weiß nicht«, antwortete Daisy, sehr nervös.

»Telepathie ist die Fähigkeit, Gedanken zu übermitteln und zu empfangen. Sprecht es mir nach.«

»Telepathie ist die Fähigkeit, Gedanken zu übermitteln und zu empfangen«, wiederholten die Kinder.

»Das ist die wichtigste Fähigkeit, die ihr durch eure GABE erlangt.«

»Wir können Gedanken lesen?«, rief Rex.

»Sei still, Junge«, brüllte Ms Lamb. »Du da«, sagte sie zu Philip und deutete auf den Bücherstapel. »Austeilen.«

Philip stand auf und verteilte die Bücher. Chris sah sich sein spiralgebundenes Exemplar an. Es hatte einen verblichenen roten Einband und war mit demselben Schaubild bedruckt, das an die Wand gemalt war. Und darunter stand in dicken schwarzen Lettern »Trainingsanleitung für die GABE«.

»Wir hatten nicht genug Zeit, um die letzte, 1962 gedruckte Ausgabe auf den neuesten Stand zu bringen. Vieles darin ist überholt, denn ihr werdet es in den Thinktanks lernen. Für unsere Zwecke sind nur Kapitel vier und folgende von Interesse. Schlagt die entsprechende Seite auf.«

Chris blätterte bis zum Anfang von Kapitel vier. Das Schaubild des Einbands nahm hier zwei ganze Seiten ein.

»Das ist eine Karte des menschlichen Bewusstseins. Natürlich ist es keine genaue Abbildung, aber es ist die einfachste Art, die Informationen, auf die ihr zugreifen müsst, übersichtlich zu gliedern. Schaut euch die Karte an und prägt sie euch ein.« Sie wartete ein paar Sekunden. »Du da, das Mädchen mit dem Wuschelkopf.«

»Lexi.«

»Interessiert mich nicht. Sieh mich an und sage mir, was in dem ersten länglichen, gelben Kasten unten auf der Karte steht.«

»Rezeption«, antwortete Lexi pampig.

»Endlich mal eine richtige Antwort. Dort bewahrt ihr die augenblicklichen Gedanken auf. Alles, was ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt denkt, befindet sich dort. Hinter der Rezeption«, fuhr Ms Lamb fort, während die Klasse aufmerksam lauschte und mitzukommen versuchte, »ist ein kompliziertes Netz von Räumen, die alle miteinander verknüpft sind. Diese Verknüpfungen sind auf der Karte durch Straßen dargestellt. Wenn ihr in die Gedanken eines anderen eindringt, stellt ihr euch einfach vor, durch eine Stadt zu spazieren, das erleichtert die Orientierung. Die bunten Karrees solltet ihr euch als Gebäude vorstellen. Jedes dieser Gebäude ist voller Aktenschränke, die alle Informationen enthalten, die in dem Gehirn gespeichert sind. Das, woran sich die Person am lebhaftesten erinnert, befindet sich im Erdgeschoss. Je höher ihr steigt, desto ungenauer werden die Erinnerungen und Informationen. Im ersten Stock befinden sich die Akten mit Informationen, auf die eine Person nur mit einer gewissen Anstrengung zugreifen kann: Dinge, die einem auf der Zunge liegen, aber nicht auf Anhieb einfallen – die befinden sich in diesem Stockwerk. Das oberste Stockwerk birgt Informationen, deren sich die Person nicht bewusst ist und die nur dann den Weg ins Erdgeschoss finden, wenn ein äußeres Ereignis dem Gedächtnis auf die Sprünge hilft. Könnt ihr mir folgen?«

Alle nickten.

»Gut. Bevor wir mit unserer Lektion beginnen, müsst ihr lernen, wie ihr einen anderen daran hindert, in eure Gedanken einzudringen. Wenn jemand die GABE gegen euch einsetzt, hört ihr ein Klingeln in den Ohren, sobald er in eure Rezeption eindringt. Dieses Klingeln wird umso lauter, je tiefer die Person in euer Gehirn vordringt. Je stärker die GABE der Person, desto leiser ist das Klingeln in euren Ohren. Wann auch immer ihr ein Klingeln in euren Ohren hört, könnt ihr es dadurch stoppen, dass ihr in eurer Rezeption unverzüglich eine Sperre errichtet. Eine Sperre ist ein Gedanke, der stark genug ist, um einen Eindringling aufzuhalten. Beispiele für gute Sperren sind Kinderreime oder Kinderlieder, die euch bestens vertraut sind. Konzentriert euch darauf, sie immer wieder in Gedanken zu wiederholen, bis sich der Eindringling zum Rückzug gezwungen sieht, dann hört das Klingeln in euren Ohren auf. Eine solche Sperre kann jeder errichten, dazu muss man nicht zwölf Jahre alt sein. Falls ihr also auf die Idee verfallen solltet, eure GABE an mir oder einem anderen Mitglied des Lehrkörpers auszuprobieren, werdet ihr sofort gestoppt und habt die Konsequenzen zu tragen. Verstanden?«

»Ja«, antworteten die Kinder.

»Gut. Du, du und du«, sie deutete auf Chris, Lexi und Rex, »schließt eure Bücher. Die anderen schlagen die nächste Seite im Handbuch auf. Dort seht ihr eine Liste von Gegenständen. Ihr sollt euch so auf die Liste konzentrieren, dass in eurem Rezeptionsbereich ein Bild jedes Gegenstands erscheint. Ich gebe euch dafür ein paar Minuten Zeit. Dann werde ich euren Sitznachbarn auffordern, die Gegenstände aufzuzählen, an die ihr denkt. Um in die Gedanken eures Partners eindringen zu können, müsst ihr ihn ansehen und euch auf seine Schläfe konzentrieren. Ganz einfach. Und jetzt erst einmal keine Sperre errichten. Ihr könnt anfangen.«

Chris wandte Philip das Gesicht zu und Philip schaute in sein Handbuch. Chris blickte auf Philips Seitenscheitel, und bevor er noch dazu kam, sich irgendeine Karte oder einen Raum vorzustellen, sah er die Liste der Gegenstände so klar und deutlich, als würde er selbst ins Handbuch schauen.

»Los, Chris, fang an«, flüsterte Philip.

»Ich bin schon fertig«, antwortete Chris.

Philip blickte verwirrt. »Aber ich höre kein Klingeln.«

»Hört auf zu tuscheln!«, sagte Ms Lamb.

»Wir sind schon fertig«, erklärte Chris und blickte zu Lexi, die Sebastian, und Rex, der Daisy anstarrte.

»Unsinn«, fuhr ihn Ms Lamb an. »Ihr sollt die ganze Liste lesen.«

»Das habe ich«, erwiderte Chris.

»Na schön, dann schieß los.«

»Schere, Kerzenhalter, Apfel, Büroklammer, Lastwagen und Sonne.«

Ms Lamb blickte zunächst erstaunt, dann verärgert. »Mit Gedankenlesen hat das nichts zu tun«, brauste sie auf, »wenn dir der andere die Liste vorliest.«

»Das … das habe ich nicht«, erwiderte Philip verdutzt und ein wenig verwirrt. »Es ist nur so, dass ich überhaupt kein Klingeln gehört habe.«

Ms Lamb überlegte einen Moment. »Nun, dann hast du offensichtlich nicht aufgepasst. So, die anderen können jetzt aufhören. Du – ja, du – sag mir, was auf der Liste steht.«

Lexi schloss die Augen. »Äh … Schere, Kerzenhalter, Apfel und Büroklammer.«

»Und weiter …?«, fragte Ms Lamb.

Lexi stutzte. »Das ist alles.«

»Nein, das ist nicht alles. Du mit den Sommersprossen, was noch?«

Rex blickte nervös. »Lastwagen und Sonne?«

»Richtig. Gut. Wenigstens einer in der Klasse ist zu etwas nutze.«

Rex strahlte. Er wandte sich an Lexi und grinste: »Hä, hä, ich bin Rex, der Gedankenleser. Du darfst dich vor mir verneigen.«

Lexi schürzte die Lippen und drehte sich empört von ihm weg. Chris wunderte sich, dass Ms Lamb keinen Kommentar abgab.

»Nun werden wir dasselbe mit der Liste auf der gegenüberliegenden Seite machen, nur sollt ihr diesmal versuchen, den anderen zu blocken, sobald ihr ein Klingeln hört.«

Philip strich sein Jackett glatt und blickte auf die gegenüberliegende Seite. Wieder sah Chris auf Anhieb die komplette Liste.

»Ich höre nichts«, sagte Philip, auf die Seite starrend.

»Ich bin ja auch schon fertig«, flüsterte Chris und setzte eine entschuldigende Miene auf.

»Schon wieder? Ich habe mich noch gar nicht entschieden, was ich als Sperre verwenden will.«

Chris zuckte mit den Schultern und schaute nach vorn zu Ms Lamb, die ihn missbilligend anstarrte.

»Was habt ihr schon wieder zu tuscheln? Ihr seid wohl schon wieder fertig, wie?«

»Äh … ja. Es war nicht meine Absicht, aber ich war fertig, bevor Philip angefangen hat, mich zu blocken.«

»Du solltest doch eine Sperre errichten«, sagte Ms Lamb zu Philip.

»Schon, aber ich habe wieder nichts gehört. Ich bin noch nicht mal dazu gekommen, mir die Liste anzusehen.«

»Hast du das Buch vorher schon mal gelesen?«, fragte Ms Lamb und sah Chris durchdringend an.

Chris errötete. »Nein, ehrlich. Ich weiß auch nicht, was los ist.«

»Na schön, wenn du dich für so schlau hältst, dann komm nach vorn und gib uns eine Kostprobe deines Könnens.«

Chris rutschte tiefer in seinen Stuhl. »Es tut mir leid, ich …«

»Ich habe gesagt, du sollst nach vorn kommen.«

Chris stand auf und ging zu ihr.

»Ihr könnt alle aufhören«, rief Ms Lamb, und der Rest der Klasse schaute auf. Chris stand mit gesenktem Kopf neben ihr.

»Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand schummelt«, fuhr Ms Lamb fort. »Das hilft niemandem und verschwendet nur unser aller Zeit.«

»Aber ich habe nicht geschummelt«, protestierte Chris betroffen.

»Das werden wir ja sehen. Wenn du so brillant bist, müsstest du mühelos meine Gedanken lesen können, bevor ich dich blocke. Ich gebe dir eine Minute Zeit, um herausfinden, welche Farbe ich am wenigsten mag. Die Antwort findest du in dem Gebäude ABNEIGUNGEN, das sich neben …«

»… den ÄNGSTEN UND PHOBIEN befindet«, fiel ihr Chris ins Wort.

»Richtig«, sagte sie irritiert. »Fang an.«

Chris schaute Ms Lamb an und versuchte, den Haarflaum auf ihrer Oberlippe zu ignorieren. Er blickte zu ihrer Schläfe und sofort sah er sich in einem Raum mit einer Tür. Er ging geradewegs zu der Tür, öffnete sie und trat auf eine leere Straße, die von Häusern unterschiedlicher Größe und Farbe gesäumt war. Weitere Straßen zweigten in alle Richtungen ab, aber Chris hatte sich die Karte gut eingeprägt und wusste genau, wo er war. Er rannte geradeaus, wobei er vor dem Überqueren der Straße aus Gewohnheit erst nach rechts und dann nach links schaute, und dann eine andere Hauptstraße entlang auf ein grünes Haus zu, das vor ihm zwischen anderen emporragte. Dort angekommen, schaute er nach oben. Über der Tür hing ein Schild, auf dem ABNEIGUNGEN stand. Er stürzte hinein und gelangte in einen Raum, in dem mehrere Reihen Aktenschränke standen. Er lief an den Schränken entlang und las dabei die weißen Schilder, die an ihnen angebracht waren.

SPEISEN … ORTE … VERKEHRSMITTEL … MENSCHEN, sagte Chris zu sich selbst, wobei ihm auffiel, wie groß der Schrank mit der Aufschrift MENSCHEN war. Aha. Vor einem kleinen Schrank mit einer einzigen Schublade, auf der FARBEN stand, blieb er stehen und zog die Schublade auf. Sie enthielt nur einen einzigen Ordner. Er schlug ihn auf. Vor ihm explodierte eine orangefarbene Wolke.

Begeistert über seinen Erfolg, rannte er zurück in Richtung Rezeption, da stach ihm das Schild am Nachbargebäude ins Auge: ÄNGSTE UND PHOBIEN.

Ein kurzer Blick könnte vielleicht nicht schaden, dachte er sich, stürmte durch den Eingang und öffnete die unterste Schublade des ersten großen Aktenschranks, den er sah. Er nahm einen prall gefüllten Ordner heraus. Als er ihn vorsichtig aufschlug, erschien eine Szene vor ihm: eine trostlose graue Landschaft, in der Ms Lamb ganz allein an einem Tisch saß und weinte. Und über allem schwebte das Wort EINSAMKEIT.

Chris machte ein betretenes Gesicht, klappte den Ordner wieder zu, rannte auf die Hauptstraße hinaus und zurück in die Rezeption, wo Ms Lamb gerade »London’s Burning« sang und mit ihrer Stimme den Raum erfüllte. Chris ging geradeaus weiter und trat durch die Tür hinaus ins helle Licht. Er blinzelte, dann öffnete er die Augen – und sah direkt in Ms Lambs Gesicht. Er schaute schnell weg.

»Erbärmlich … wirklich erbärmlich!«, sagte Ms Lamb. »Du hast es nicht mal probiert. Ist wohl nicht so einfach, wenn man kein Buch zum Spicken hat, junger Mann?«

Chris öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Ms Lamb hob die Hand und gebot ihm zu schweigen.

»Deine Ausreden kannst du dir schenken. Du solltest meine Gedanken lesen und versuchen, die Information zu beschaffen, um die ich dich gebeten habe. Wenn du es nicht einmal bis in die Rezeption schaffst, verschwendest du in meinem Unterricht nur deine Zeit.«

»Aber ich war schon drin«, sagte Chris.

»Nein, warst du nicht. Für wen hältst du mich? Ich kann ein Klingeln in den Ohren hören, wenn du in meine Gedanken eindringst.«

»Doch, ich war drin!«, beharrte Chris, der langsam sauer wurde.

»Na schön. Also: Welche Farbe mag ich am wenigsten?«

»Orange«, antwortete Chris in herausforderndem Ton.

Ein Ausdruck der Verwirrung huschte über Ms Lambs Gesicht. »Ein Zufallstreffer, sonst nichts. Setz dich.«

»Und am meisten Angst haben Sie vor dem Einsamsein«, setzte Chris wütend hinzu und bedauerte es schon in der nächsten Sekunde.

Ms Lamb funkelte ihn an und ihr Gesicht wurde rot vor Verlegenheit und Zorn. »Du … du … was fällt dir ein?«

Chris hörte, wie die anderen Kinder nach Luft schnappten, wagte es aber nicht, sich umzudrehen.

»Raus hier! Alle. Nehmt die Bücher mit und übt für die morgige Stunde.«

Chris konnte gar nicht schnell genug fortkommen. Er schnappte sein Buch und rannte zur Tür hinaus in die Glashalle. Am Fuß des Hügels wartete er auf die anderen, die etwas später nachkamen. Bei seinem Anblick brachen sie in Gelächter aus, und obwohl er wusste, dass er Ärger bekommen würde, lachte er mit.