EPILOG

Das Brain Adrenalin, Dopamin und Aminosäuresynthese-System (B.A.D.A.S.S.)

von Adelaide Emerson
Wie dem Athenian-Award-Komitee
am 14. Oktober an der
Cornell University, Ithaca, New York vorgetragen.

»Ladys und Gentlemen vom Athenian-Komitee, es ist mir eine Ehre und ein Privileg, heute als Nominierte für den hoch angesehenen Athenian-Award vor Ihnen zu stehen. Da jeder von Ihnen ein Papier meiner Forschungsergebnisse und die Videodokumentation der interagierenden Paare aus meinen drei Versuchsreihen vorliegen hat, wäre es wenig effizient zu wiederholen, was bereits festgestellt wurde.

Stattdessen würde ich diese Gelegenheit gern dazu nutzen, Ihnen einen Überblick über die Entwicklung der jeweiligen Beziehungen nach dem Ablauf der Einreichungsfrist zu geben. Ich beginne mit dem ersten Paar, das ich zur Wahrung der Anonymität Ted und Bess nenne. Obwohl Ted gleich zu Beginn über das Experiment informiert wurde, geschah das bei Bess nicht. Zumindest nahmen wir das beide an.

Offenbar folgerte Bess, dass sie sich aufgrund künstlich stimulierter Neurohormone zu ihm hingezogen fühlte, sie beschloss jedoch, ihre Entdeckung nicht offenzulegen, weil sie befürchtete, der Beziehung dadurch Schaden zuzufügen. Dies stimmt vollkommen mit meiner These überein, dass künstlich stimulierte PEA-Ausschüttungen dennoch zur Produktion langfristiger »Liebes«-Hormone – wie Endorphinen und Oxytocin – führen können. Die beiden Probanden sind immer noch verbunden und einander zugetan, obwohl bis Thanksgiving nichts völlig sicher ist. Dann werden sie sich zum ersten Mal wiedersehen, seit Ted die Academy zum Studium an der Universität verlassen hat. Dass er eine Universität besucht, deren inoffizielles Motto »Hier kommt der Spaß zum Sterben her« lauten könnte, vermag sich für Bess als durchaus vorteilhaft erweisen.

Anders als Bess und Ted, war Kris, Lauren und Alex bekannt, dass sie an einem Experiment teilnahmen. Sie hatten sich als Freiwillige gemeldet, um im Gegenzug eine Verbesserung ihrer Benotung und andere unentgeltliche Kompensationen zu erhalten. Obwohl es anfangs so schien, als fühle Lauren sich mehr von Alex angezogen – trotz der geringen Adrenalinausschüttungen bei ihren Sitzungen –, entwickelte sie für Kris – wie von meiner These korrekt prognostiziert – etwas, das unter Laien als ›verknallt sein‹ bezeichnet wird, nachdem sie ihn bei hochriskanten Aktivitäten beobachten konnte. Fotos und Videoaufnahmen, die sie beim Schulball und darauf folgend in einem einsam gelegenen Teich zeigen, finden Sie in der Anlage. Lauren war nicht in der Lage, die Beziehung mit Kris weiterzuverfolgen, da er anderweitig engagiert war.

Und damit komme ich zum dritten, deutlich kontroverseren meiner Experimente, das bereits Thema hitziger Debatten unter Neurowissenschaftlern ist. Kollegen haben mich gefragt, wann ich beschlossen habe, Kris in mein eigenes, persönliches Experiment einzubeziehen – und die Wahrheit ist, dass ich die Gelegenheit schon auf unserem Flug nach Boston wahrnahm. Er besaß zahlreiche Qualitäten, die ihn zu einem hervorragenden Kandidaten machten: Er reagierte viszeral auf Adrenalinstimulation, was sein Hyperventilieren während der Turbulenzen belegte, und er war freundlich zu einem fremden Kind, womit er Empathie zeigte.

Schlussendlich war – ist – Kris attraktiv – und die Vorstellung, mit ihm in engen physischen Kontakt zu treten, widerstrebte mir nicht.

War es falsch von mir, einer Wissenschaftlerin, dieses nichts ahnende Versuchskaninchen zu meinem persönlichen Nutzen in die Irre zu führen? Wie mein früherer Laborpartner einst so eloquent bemerkte: Die Verfolgung wissenschaftlicher Ziele erfordert Opfer. Ich brauche Sie nicht an die zahllosen Tiere zu erinnern, die ihr Blut lassen mussten, die vergiftet, unter Drogen gesetzt, infiziert und letztendlich getötet worden sind auf dem Weg zu einer besseren Medizin. Man hat sie nie über Versuche aufgeklärt oder um ihr Einverständnis gebeten, an solchen Experimenten teilzunehmen.

Sind wir Menschen so viel anders?

Doch der wahre Grund, aus dem ich meine Theorie auf Kris angewendet habe, war viel ursprünglicher: Ich mochte ihn. Ich mochte ihn wirklich – und ich wollte sehen, wie weit wir gehen konnten. Was hätte es denn für einen Sinn, wenn das Ziel meiner Forschung lediglich das wäre zu verstehen, wie man sich verliebt, während ich tatsächlich den süßesten Jungen der Schule dazu motivieren könnte, sich in mich zu verlieben?

Sollte das gegen wissenschaftliche Standards verstoßen, dann sei es so. Ich bin jetzt glücklicher als je zuvor, und das nicht nur, weil ich letzten Monat beim Hochschuleignungstest die volle Punktzahl erreicht habe und vom Dekan meiner Traumuniversität Harvard zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden bin.« (Pause für Applaus.)

»Ich bin vielmehr glücklich, weil mein Gehirn aufgrund einer dauerhaften Beziehung mit Endorphinen überschüttet wird, ein Luxus, den ich nicht für möglich gehalten hatte, als mir mitgeteilt wurde, dass Kris einen Schulverweis erhalten hatte.

Zum Glück ist unser Rektor zu der weisen Einsicht gelangt, dass Kris’ persönliches Opfer, während eines gefährlichen Gewitters auf der Insel zu bleiben, um mich zu retten, bei Weitem alle anderen Handlungen aufwiegt, die er Monate zuvor, während einer Phase radikaler neurologischer Umstrukturierungsprozesse, begangen oder nicht begangen haben mochte. Dazu kam – um die Dinge transparent zu machen –, dass ein sehr prominentes Schauspielerpaar, deren Tochter die Academy 355 besucht, drohte, ihre großzügigen jährlichen Spenden an die Academy einzustellen, wenn er gehen müsste.

Zusammenfassend kann ich daher sagen, dass ich Ihnen ein multidimensionales Projekt präsentiere, das hoffentlich zu unserem Verständnis beiträgt, wie das Gehirn die Illusion von Liebe erschafft, indem es die stärksten und gefährlichsten Drogen zur Anwendung bringt, die die Menschheit zur Verfügung hat. Drogen, die nicht in einem Labor hergestellt werden, sondern von unseren eigenen Gehirnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«