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» P izza muss einfach mit Ananas und Pfirsich belegt sein und eine dicke Schicht Käse haben, die alles überdeckt. Pancakes zum Frühstück sind das Beste, obwohl das so richtig amerikanisch ist, aber meistens esse ich dann doch Brot oder Müsli. Mayonnaise und Ketchup mische ich immer, bevor ich meine Pommes hineintunke, und ich liebe es, zu kochen. Letzteres mache ich bloß selten für mich allein.«
Fassungslos starre ich ihn an und weiß nicht, was ich sagen soll. Casper hat mich mit seinem plötzlichen Redeschwall völlig verblüfft und sprachlos gemacht. Aber … Moment!
»Die einzig wahre und leckere Pizza ist Margarita. Einfach dieser bloße Käsegeschmack ohne irgendwelche Verfälschungen«, erwidere ich und frage mich gleichzeitig, warum Casper mir all das erzählt hat.
Als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkt, erklärt er: »Jetzt weißt du 4 Dinge über mich, die zu mir gehören, und kennst mich etwas besser. Es sind nicht die großen Entscheidungen, die uns zu der Person machen, die wir sind, sondern die kleinen Details.«
Unwillkürlich muss ich grinsen. Als ich eben in die Küche gekommen bin, habe ich damit gerechnet, dass Casper mich fragt, wo die anderen sind oder ob alles gut ist. Stattdessen hat er mir ein Messer gegeben und mir Zutaten gereicht, damit ich sie unter seinen Anweisungen schneide. Er ist irgendwie anders als die anderen, denke ich. Einfach ausgeglichener .
»So, nun schuldest du mir auch noch 4 Dinge, die dich ausmachen«, reißt er mich aus meinen Gedanken.
Ich öffne meinen Mund, schließe ihn jedoch schnell wieder. In meinem Kopf rasen Ideen herum. Doch keine dieser scheint mich richtig zu charakterisieren. Die kleinen Dinge machen uns zu den Menschen, die wir sind, wiederhole ich seine Worte innerlich und spüre, wie er mich betrachtet und den Kopf schief legt.
»Denk nicht so viel, red einfach drauf los«, ermutigt Soleas Mitbewohner mich.
Seine Worte haben etwas in mir geregt und auf einmal sprudeln meine nur so aus mir heraus: »Ich liebe – und damit übertreibe ich nicht, weil ich dafür in die Hölle und zurückgehen würde – Kuschelsocken. Sobald ich zuhause bin, schlüpfe ich in sie. Außerdem kann man damit so toll über den Boden rutschen, was mich an meine Kindheit erinnert. Joker ist mir extrem ans Herz gewachsen und immer, wenn er mich anschaut und niemand anderes hinsieht, gebe ich ihm eine Kleinigkeit. Einfach, weil er so süß ist. Außerdem hasse ich es, wenn Filme kein Happy End haben, weil mich das aufregt. Wenn es schon im echten Leben nicht unbedingt immer rosig ist, soll wenigstens im Film alles gut enden. Ich brauche manchmal einfach dieses: Und sie lebten glücklich bis zu ihrem Lebensende. Das habe ich mir auch immer gewünscht.«
Gedankenverloren streiche ich über die Maserung vom Holzbrettchen, auf dem das bereits halb zerteilte Gemüse liegt. Früher habe ich immer gedacht, dass alles gut wird und meine Familie nicht so klischeebelastet ist, dass sie mir mein Happy End verbauen.
»Das waren jetzt nur 3 Fakten«, räuspert sich Casper. In seinem Blick sehe ich eine wilde Mischung aus Neugierde, die er scheinbar ziemlich unterdrückt, und Mitgefühl.
»Ich liebe Schokoladen-Fondue und besitze auch einen Schokoladenbrunnen dafür, aber es ist mir immer zu viel Arbeit, weshalb ich es selten mache.«
Erleichtert atme ich aus. Selbst wenn es nur Kleinigkeiten waren, fühle ich mich befreiter. Als würde er mich verstehen und ich wäre nicht mehr so allein.
»Ich koche auch gerne«, zähle ich eine 5. Sache auf und widme mich wieder dem Salat.