Epilog
5 Jahre später
I ch küsse ihn noch ein letztes Mal, bevor ich mich wirklich abwende. Ich will nicht, dass er zu dieser Technik-Messe fährt und gleichzeitig wünsche ich mir nichts sehnlicher für ihn. Caspers Liebe für alles rund um die neusten und innovativsten Technologien wird sich wohl nie ändern. In unserer gemeinsamen Wohnung stapeln sich auch schon die Kartons, die voll von kleinen Drähten, Platinen und Transistoren sind. Lächelnd erinnere ich mich an den Tag, an dem wir den Mietvertrag übernommen haben. Es fühlte sich dennoch wie ein großer Schritt an. Die vielen Entscheidungen, die getroffen werden mussten. Von der richtigen Einrichtung bis hin zur Aufteilung der Räume. Stress pur. Und trotzdem habe ich das Gefühl, erst jetzt richtig zu leben. Mit den Menschen, die ich liebe, an meiner Seite.
Mein Lächeln schwindet, als ich auf die Uhr schaue. Nur noch eine Stunde, bis ich auf der Arbeit erscheinen muss, denke ich panisch und schnappe mir die Schlüssel. Meine Tasche werfe ich mir über und flitze raus. Ich wohne nah genug, um zu Fuß zu ihr laufen zu können. Fast schon sprintend kürze ich über eine Wiese ab und klingele an der Tür eines Mehrfamilienhauses.
»Du bist spät dran«, tadelt mich meine beste Freundin scherzhaft.
Ich grinse sie an und trete ein. Ihre neue Wohnung ist deutlich kleiner, aber genau das, was ihr Therapeut ihr empfohlen hat. Sie soll erst zu sich selbst finden, bevor sie auch zu anderen findet. Selbstliebe. Das ist etwas, was viele unterschätzen, und ich muss gestehen, dass einige ihrer Erzählungen von den Sitzungen auch an mich appelliert haben.
Jetzt, wo sie ausgezogen ist, ist es unsere Tradition, zusammen zu frühstücken. Nervös streicht sie ihren Rock glatt und ich schaue ihr tief in die Augen: »Du schaffst das heute!«
»Das so oder so«, erwidert sie so lässig wie möglich. »Und wie läuft es bei dir?«
Ich schnappe mir einen Donut und beiße einmal herzhaft herein, bevor ich antworten kann: »Wir sind fast ausgebucht und sie überlegen, mich zur neuen stellvertretenden Leitung zu benennen.«
Schreiend fällt sie mir in die Arme und drückt genau das aus, was ich fühle. Unendliche Dankbarkeit, dass mein Studienabbruch mir geholfen hat, mich neu zu orientieren. Mich selbst zu finden. Mir war es eigentlich schon lange vorher klar, dass ich im Hotel und Restaurant arbeiten möchte, aber ich konnte es mir nicht eingestehen.
Lächelnd begutachtet Solea mich und ich bin froh, sie wieder so glücklich zu sehen. Wenn ich dachte, dass sie am Anfang unserer Freundschaft strahlte, dann ist sie jetzt die ganze Sonne. Sie scheint heller als alles Vergleichbare und ich bin jeden Tag dankbar dafür.
»Musst du nicht gleich schon los?«, erinnert sie mich wieder an den Zeitdruck, der mir heute im Nacken hängt. Nickend greife ich schon wieder nach meiner Jacke.
»Also, du besorgst das Eis und ich die anderen Snacks. Ich komme nach meinem Termin zu dir?«, fasst meine beste Freundin noch mal unseren Plan für heute Abend zusammen.
»Warte mal. Ich besorge das Eis?«, hake ich nach, woraufhin sie streng nickt. Normalerweise ist es andersherum. Aber Veränderungen sind manchmal vielleicht gar nicht so schlecht. Sogar notwendig.
»Okay. Hab dich lieb und bis später.«
»Hab dich lieb«, höre ich sie mir noch hinterherrufen, als ich schon aus der Tür verschwinde.