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»Musste irgendwann kommen«, brummte Ronald Voight.

Auf dem Bildschirm lief das Interview von Douglas Turners Frau, in dem sie Arthur Jones Tatenlosigkeit und Schwäche vorwarf. Sie forderte den ICC auf, ihren Mann sofort freizulassen. Er habe für das großartigste Land der Welt, für die Freiheit und Sicherheit des Westens gekämpft. Dafür gehöre er nicht ins Gefängnis, sondern mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

»Wrights Team wird das auf und ab spielen«, tobte Arthur auf seinem Bildschirm.

»Wir arbeiten auf allen Ebenen an der schnellstmöglichen Lösung«, versicherte Derek.

Von dem Monitor im Lagezentrum der Athener US -Botschaft aus blickte Arthur Jones ihnen zornig entgegen.

»Das Berufungsgericht tagt schon morgen«, erklärte William Cheaver. »Und es wird sich mit den Vorwürfen gegen den Richter in Den Haag auseinandersetzen müssen. Die anderen Punkte wurden von der ersten Instanz schon geklärt.«

»Mit dem Ergebnis, dass Turner immer noch in diesem Loch sitzt«, unterbrach ihn Arthur barsch.

»Die Richter hatten keine Wahl«, erklärte William. »Wenn der Staatsanwalt Berufung einlegt … Sie haben ohnehin die Frist zur Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof auf das Minimum verkürzt.«

»Der Vorsitzende des Berufungsgerichts ist ein anderes Kaliber«, sagte Catherine Pellago. »Ihm werden höhere Ambitionen nachgesagt. Politische. Er versteht, dass dieser Fall nicht nur juristische Dimensionen hat.«

»Inhaltlich erwarte ich mir nicht mehr viel«, fügte Cheaver hinzu. »Der Staatsanwalt will wahrscheinlich auf die Besonderheiten des Verfahrens im Namen des Strafgerichtshofs pochen. Da wünsche ich ihm viel Glück.«

»Und wenn sie doch das Video haben?«, fragte Derek. »Dafür brauchen wir irgendeine Strategie.«

William lächelte.

»Haben wir«, sagte er. »Sonst wäre ich nicht so ruhig. Ist zwar tricky, aber sollten wir hinbekommen. Schließlich wollen die Griechen das ja auch.«

»An diesem Steve Donner bleiben wir aber schon noch dran«, sagte Trevor. »Falls er der Verräter ist. Was ich inzwischen stark annehme.«

»Natürlich«, sagte William. »Sicherheitshalber. Außerdem willst du ja den Verräter schnappen, falls er es ist.«

»Wir sollten trotzdem eine Befreiungsaktion in Betracht ziehen«, mischte sich General Nestor Booth ein. »Soll heißen, Sie sollten die explizite Freigabe erteilen für den Fall, dass vor Gericht morgen doch etwas schiefgeht.«

»Ich denke«, sagte Derek, »das können wir morgen immer noch entscheiden.«

»Da könnte es zu spät sein«, gab nun auch noch Trevor seinen Senf dazu.

»Weshalb?«, fragte der Präsident.

»Im Fall einer Haftbestätigung müssen die Griechen mit einer Aktion unsererseits rechnen«, entgegnete Nestor. »Die Sicherheitsvorkehrungen würden drastisch gesteigert werden. Die Überstellung nach Den Haag würden sie auch so schnell wie möglich vollziehen. Die beste Möglichkeit für einen Zugriff wäre wahrscheinlich unmittelbar nach einer Haftbestätigung. Da hätten sie die Verteidigung womöglich noch nicht vollständig oben.«

»Mit denen werden unsere Jungs doch so oder so fertig«, sagte Arthur.

»Ich möchte hinzufügen«, sagte Derek, »dass wir gute Verbindungen zu den griechischen Behörden haben, die uns in allen Fällen nicht zu viele Hindernisse in den Weg legen würden. Weshalb ich gegen übereilte Entschlüsse bin. Und so schnell wird es mit der Überstellung nicht gehen. Die Griechen brauchen erst das offizielle Ersuchen des Strafgerichtshofs. Dort sind sie ja wohl ein wenig überfordert, anständige Unterlagen zusammenzustellen, wie wir heute gesehen haben. Der vorläufige Haftbefehl war wohl ein nicht ganz durchdachter Schuss aus der Hüfte. Obwohl …«

»Wie wahrscheinlich ist es«, unterbrach ihn der Präsident, »dass Turner morgen nicht freikommt?«

»Sehr unwahrscheinlich«, sagte Derek, »aber ein Restrisiko bleibt natürlich.«

»Wir können kein Restrisiko brauchen!«, polterte Arthur. »Ich bin innenpolitisch inzwischen unter schwerem Dauerbeschuss. Meine Umfragewerte sind im Keller. Wenige Wochen vor der Wahl! Ehrlich gestanden finde ich das Szenario inzwischen reizvoll. Ein Spezialteam, das Turner in einer spektakulären Aktion raushaut, würde mir die Wiederwahl sichern. Das haben unsere Statistiker in einer Umfrage herausgefunden.«

»Mister President «, begann Derek, doch Arthur unterbrach ihn.

»Ihre Leute sollen sich bereit machen, General. Sollte Douglas Turners Haft morgen bestätigt werden, können wir nicht länger warten.«

»Das heißt, wenn das Gericht morgen zu dem Entschluss kommt, Turner an Den Haag auszuliefern, schicken wir unsere Teams los?«, fragte General Booth.

»Die letzte Entscheidung liegt bei mir«, erwiderte Arthur. »Bereiten Sie alles vor. Ich erwarte eine Benachrichtigung unmittelbar nach dem Urteil. Dann gibt es nur mehr No oder Go.«