Kapitel 1

D er grüne Mustang war auf dem Viewpoint Drive auf der Südseite von Austin geparkt, ein paar Häuser von dem Landhaus entfernt, das in den Farben von Dreamsicle lackiert war. Blassorange und nicht ganz weiß. Die große Palme im Vorgarten raschelte im Wind, als sich die großen Wedel hoben und in Richtung Osten zeigten.

»Hier endete der magische Regenbogen? Das sieht nicht nach viel aus.« Felix Hagan kniff die Augen zusammen und betrachtete die kaputten Fensterläden an der Fassade des Hauses. »Man sollte meinen, dass jemand, der sich mit dunkler Magie auskennt, das Haus auf Vordermann bringen würde.«

»Die Halskette hinterlässt eine deutliche Spur, der jeder magische Mensch folgen kann. Der Junge hatte sie bestimmt eine Zeit lang, aber jetzt ist sie nicht mehr hier. Es ist aber noch nicht lange her.« Leira konzentrierte sich und sammelte genug Energie, um die helle, glitzernde Spur zu sehen, die sich mit dem schwachen, gewundenen magischen Pfad des Teenagers vermischte. Die Dunkelheit tat bereits ihr Bestes, um den Jungen näher heranzuziehen.

»Sie halten die Kette in Bewegung, um uns und den Silbergreifen immer einen Schritt voraus zu sein. Es wird nicht einfach sein, jemanden zu erwischen, der sie in seinem Besitz hat«, sagte Correk.

»Als ob sie eine riesige Partie Whack-a-Mole mit uns spielen würden.« Hagan zog eine Grimasse, als sein Magen gluckerte.

»Der Drahtzieher hinter all dem hat diesen Jungen aus einem bestimmten Grund ausgewählt. Ich will wissen, warum. Das ist genau das, was uns helfen könnte, der Kette endlich einen Schritt voraus zu sein. Lois hat aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass heute eine Art Treffen mit den örtlichen Anhängern stattfindet. Wir warten und folgen ihnen.« Leira streckte sich und krümmte ihren Rücken. Sie waren schon seit Stunden dort. Der Tipp der älteren Hexe enthielt weder eine genaue Zeit noch einen Ort.

»Eine gute, altmodische Observierung. Das gefällt mir«, sagte Hagan und pustete auf seinen Kaffee.

Es war früh am Morgen und nichts rührte sich außer einer jungen Frau, die mit einem kleinen weißen Chihuahua Gassi ging. Leira beobachtete, wie der Hund ein paar Schritte machte und sich hinsetzte, bis die Frau ein paar Mal an der Leine zerrte. Einen halben Block später gab die Frau auf und hob den Hund hoch.

»Wir sollten Yumfuck auf Spaziergänge mitnehmen. Das wäre gut für ihn.« Leira sah zu, wie die Frau den Hund in ihre Jacke steckte, bis nur noch sein Kopf zu sehen war.

»Yumfuck geht selbst spazieren, wenn wir nicht da sind.« Correk hatte sich auf dem Rücksitz ausgestreckt und trank eine Cherry Dr Pepper. Er trug seine Cowboystiefel und stützte sich mit den Füßen auf dem hinteren Türgriff ab.

»Wie würde das überhaupt aussehen? Würdest du ihm einen kleinen Gurt anlegen, als wäre er ein Kleinkind?« Hagan rutschte auf dem Beifahrersitz hin und her. Seine dunkelblaue PDA-Jacke raschelte, als er sich umdrehte. »Den Leuten sagen, er sei eine südamerikanische Katze? Ich wette, die Leute würden das glauben.«

»Hast du daran gedacht, ihn dieses Mal in seinem Nest zu lassen?« Correk durchsuchte die Tasche neben ihm. Er zog eine Plastikhülle mit gefrorenen Thin-Mint-Cookies heraus und steckte sich einen in den Mund, um ihn langsam auf der Zunge zergehen zu lassen. »Yaaauuummm.«

»Du hörst dich langsam wie Yumfuck an.« Leira griff über die Rückenlehne des Sitzes und nahm sich einen der Kekse. Correk zog eine Augenbraue hoch.

»Okay, damit hast du mich erwischt«, sagte sie. »Es ist ein Thin Mint. Die Liebe zu ihnen ist universell. Wenigstens esse ich ab und zu Gemüse. Du solltest es mit einer Karotte oder einer Rübe probieren. Betrachte es als Forschung über etwas, das wirklich auf der Erde wächst.«

»Ich habe gestern Abend eine Kartoffel gegessen.«

»Chips. Du hast Chips gegessen. Zählt nicht. Wenn man etwas frittiert, zählt es später nicht mehr als Essen.« Leira war immer noch von den Energiespuren abgelenkt. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Sie konnte spüren, wie die Dunkelheit an der Energie des jungen Mannes zerrte. Sie hatte einen vertrauten Geschmack an sich. Dieses Ding aus der Zwischenwelt .

»Ist das eine Regel?«

»Gesunder Menschenverstand.«

»Es ist wahr«, grummelte Hagan und schaute aus dem Fenster. »Das habe ich vor kurzem auch gehört.«

Leira warf ihm einen langen Blick zu.

Correk schob sich einen weiteren Keks in den Mund und starrte Leira an, während er den Keks genüsslich kaute. »Ich habe das kleine Mädchentrio bei ihrer Suche unterstützt.«

Sie schaute zu ihm zurück und schnaubte. »Diese kleinen Mädchen haben dich kommen sehen. Sie sind kleine Genies, die sich über einen Marketingaufkleber beugen. Sie haben sich bei Wag-a-Bag niedergelassen und fangen all die Partygänger ein, die frühmorgens Kaffee holen wollen. Dich.«

»Das ist meine erste magische Observierung. Ich muss sagen, nicht so aufregend, wie ich es mir vorgestellt habe.« Hagan erhob sich ein paar Zentimeter vom Sitz und zog sich die Hose hoch, während er aus dem Fenster schaute und nach etwas Ungewöhnlichem Ausschau hielt. »Wie viel Magie hat der Junge eigentlich?«

»Das ist das dritte Mal, dass du das machst. Irgendetwas ist anders. Warum isst du nicht?« Leira kniff die Augen zusammen und leckte sich die Schokolade von den Fingern. Sie schaute auf seinen Kaffee, als sich ihre Augen weiteten. »Und auch keine Sahne. Endlich hast du es geschafft! Du isst gesund!«

»Errrr …. Gesünder.«

Leira warf ihm einen starren Blick zu.

»Danke, das ist nett.« Hagan lächelte. »Ich weiß das zu schätzen. Du weißt genau, wie du es formulieren kannst, dass du dich um mich sorgst, ohne den Rest zu erwähnen.«

»Sehr rührend. Als würde man zwei Eiszapfen zusehen, die langsam schmelzen«, warf Correk ein.

»Ignoriere ihn. Okay, spuck’s aus, Hagan. Du hast das Verstecken von Lebensmitteln auf das Niveau eines Fassadenkletterers gehoben und jetzt hörst du freiwillig auf – als kalter Entzug. Was ist passiert?«

»Ich habe den Laufbandtest bestanden, aber nur knapp. Der Arzt sagte, wenn ich weiter so esse, werde ich in ein paar Jahren echte Probleme bekommen.«

»Das ist schon ein paar Jahre her, nicht wahr?« Leira griff auf dem Rücksitz nach einem weiteren Keks.

Correk zog wieder eine Augenbraue hoch und schob sie langsam aus ihrer Reichweite. »Nein. Ich habe dir angeboten, dir deine eigenen zu holen und du hast abgelehnt. Davor habe ich dich beim letzten Mal gewarnt, als wir Pizza gegessen haben.«

Leira kniff in sein Bein. »Ich will keine ganze Kiste. Ich will nur ein paar von deinen. Sie werden dir gerne mehr verkaufen.«

Correk schoss einen erbsengroßen Feuerball ab und Leira duckte sich.

»Ihr zwei macht mich fertig.« Hagan runzelte die Stirn, als er zu den Keksen zurückblickte. Er drehte sich zum Fenster, bis er sie nicht mehr sehen konnte. »Wenn du es unbedingt wissen musst, es war erst letzte Woche. Ich habe den Fehler gemacht, Rose mitzunehmen. Als wir nach Hause kamen, holte sie plötzlich unsere Hochzeitsfotos hervor. Sie hängte überall im Haus Bilder von mir auf, auf denen ich jünger und dünner war. Überall, wo ich hinkam, sah ich mein Leben vor meinen Augen aufblitzen. Mein fettes Ich hat sie für die Tür des Kühlschranks aufgespart.«

»Rose sollte Gefangene verhören. Sie schafft es, liebevoll zu wirken, während sie mit deinem Verstand spielt. Letztendlich willst du ihr helfen, dich einzusperren.« Leira starrte Correk an. Er schmierte Sprühkäse auf ein Thin Mint. »Mann, ist das eklig.« Sie rollte mit den Augen und wandte sich ab.

Hagan schaute aus dem Fenster und nippte an seinem schwarzen Kaffee.

»Wenn es dir hilft, du siehst wirklich besser aus«, stellte Leira fest. »Was hast du mit deinem Donut-Vorrat gemacht? Ich fühle mich jetzt wie ein Ernährungsberater.«

»Hmm, nicht schlecht.« Correk holte einen weiteren Keks heraus.

Leira lauschte dem Geräusch des Käsesprays und schloss ihre Augen. »Sieh mal auf dem Rücksitz nach. Es wird deiner Diät helfen.«

»Nein danke. Ich möchte mich an Junk Food auf eine gute Art und Weise erinnern.« Sein Magen gluckste wieder und er stieß einen Seufzer aus. »Ich habe den ganzen Haufen mit aufs Revier genommen, als ich mich verabschieden wollte. Ich fühlte mich wie ein Held, also vielen Dank dafür.« Hagan zog eine Grimasse und warf seine Hände hoch. »Zeit für einen Themenwechsel.« Er warf einen kurzen Blick auf Correk, drehte sich aber schnell wieder um. »Oooh, verdammt, das ist ja übel. Verdirb mir nicht die Erinnerung an das Essen. Hey, ist das nicht der kleine Pisser?«

Leira öffnete ihre Augen und lehnte sich über das Lenkrad. »Endlich. Was macht er da?«

Der junge Mann warf einen verstohlenen Blick in die Runde, während er einen Zauberstab zückte, etwas murmelte und auf die vier Ecken seines Hauses zielte.

Correk setzte sich auf und schwang seine Beine herum, während er die Kekse zurück in die Tasche fallen ließ. »Er macht eine Art Glamour-Zauber, aber in umgekehrter Richtung. Das Haus wird für jeden, der eine Einladung hat, einen Häuserblock entfernt hell leuchten. Offenbar ist das Treffen hier und steht unmittelbar bevor. Dieser Zauber hält nicht sehr lange an.«

Ein blauer Lexus fuhr vor dem Haus vor und ein älterer Mann mit ordentlich zurückgekämmten, silbernen Haaren stieg aus und knöpfte seinen langen Kaschmirmantel zu.

»Ein einzelner Zauberer. Jetzt wird es interessant.« Leiras Handflächen wurden warm. Sie konnte spüren, wie die Energie des Magiers in der Luft pulsierte. »Er hat es in sich.«

»Er sieht nicht wie ein Lakai aus.« Hagan stellte seine Tasse in der Halterung zwischen den Sitzen ab. »Hat er die Halskette dabei?«

Leira zog Energie durch ihre Füße ein und ihre Augen begannen zu leuchten. Sie sandte einen Strom aus, um seine Energie zu untersuchen. Sie war stark und voll von schimmernder Dunkelheit. Das ist das erste Mal.

»Ich habe noch nie so eine starke … Es ist, als hätte er eine Mauer um seine Absichten gebaut … Es ist wirklich schwer, etwas zu erkennen.« Leira ließ ihre Magie nach verräterischen Zeichen suchen und öffnete sich, um auch nur eine Spur der inneren Gedanken des Mannes zu spüren.

»Nicht …« Correk beugte sich vor und legte eine Hand auf Leiras Schulter, aber es war zu spät.

Der Mann blieb plötzlich stehen, drehte den Kopf und blickte finster in Richtung des Mustangs. Schnell hob er seine Arme und sandte einen Energieimpuls aus, der gerade breit genug war, um nur den Mustang zu treffen und ihn heftig auf den Rädern wippen ließ. Leira presste ihre Hände auf den Kopf, als die Kraft der Magie auf sie einschlug und sie mit dem Rücken gegen den Sitz warf.

Hagan schlug hart gegen die Beifahrertür, sein Kopf prallte gegen die Scheibe und raubte ihm den Atem. Er keuchte ein- oder zweimal und versuchte, ein wenig Luft einzuatmen, während er seine Aufmerksamkeit auf den Mann richtete, aber es war zu schwer. Seine Brust fühlte sich an, als würde sie gleich explodieren. »Was … zum Teufel …?« Seine Augen tränten, als er seine Handflächen fest gegen seinen Bauch presste.

Correk schloss seine Augen und blendete jede Ablenkung aus. Er schöpfte aus seinen eigenen Energiereserven und kämpfte gegen den erdrückenden Puls an. Jeder Muskel spannte sich an, als er seinen Arm hob und der Bizeps kräuselte sich vor Anstrengung. Er streckte eine Hand nach Leira aus, bis er ihre Schulter fand, verband sich mit ihrer Energie und leitete einen blau-silbernen Strom um den Mustang, um den dunklen Impuls auszuschalten.

Endlich hörte das Auto auf zu schaukeln. Hagan spürte, wie ein Schwall Luft seine Lungen füllte und ihm schwindelig wurde. Kleine Lichtblitze flammten vor seinen Augen auf. Er blinzelte schnell und versuchte, sie zum Stillstand zu bringen.

Leira spürte, wie sich ihre Schultern hoben und sie endlich ihre Hände vom Kopf nehmen und sich konzentrieren konnte. Correks Magie wirkte beruhigend und sie konnte spüren, wie er sie sanft lenkte.

»Was zum Teufel ist gerade passiert?« Hagan war endlich in der Lage, einen vollständigen Satz zu sagen.

»Leira hat einen Zauberer mit sehr mächtiger dunkler Magie gewarnt, dass wir seine Pläne durchkreuzen würden. Er schlug mit einem einfachen, aber effektiven Energieimpuls zurück.« Correk lehnte sich schließlich gegen den Sitz. Sein ganzer Körper schmerzte.

»War das der verfluchte Schwarze Mann?« Hagan wischte sich den Sabber vom Kinn und versuchte immer noch, sich zu orientieren.

Leira ließ die Magie allmählich abklingen und das Glühen aus ihren Augen verschwinden. »Das tut mir leid. Ich hatte ja keine Ahnung.« Sie schaute aus dem Fenster. Der Mann und sein Auto waren verschwunden. »Ich gehe davon aus, dass der Junge und der Zauberer auch weg sind. Hast du ihn gekannt, Correk?«

»Nein, aber ich habe die Energie oder zumindest seine Art erkannt. Er ist sehr mächtig und übt schon seit langem dunkle Magie aus. Sie sind oft jähzornig und können auf eine Art und Weise zurückschlagen, die wir vielleicht gar nicht kommen sehen. Ob du es glaubst oder nicht, das war nur ein Warnschuss.«

»Eine Warnung!« Hagan schluckte schwer. »Es fühlt sich an, als hätte jemand versucht, meine Eingeweide mit einem Löffel auszuhöhlen!«

»Er ist nicht derjenige, der hinter all dem steckt. Ich konnte es an seiner Energie spüren. Das Wenige, was ich aus ihm herausbekommen habe.« Ihre Gedanken kamen in Bruchstücken zu ihr zurück, während sie sich von dem Energieimpuls erholte. »Er verfolgt jemand anderen.« Leira zog besorgt die Brauen zusammen. »Wenn das ein neuer Anhänger von Rhazdons alten Lehren ist …«

»Wie mächtig ist dann ihr neuer Herr?« Correk beendete ihren Gedanken, ohne zu sagen, was er bereits wusste. Es muss der Verräter unter den Propheten sein.

Leiras Handy surrte und sie schaute nach unten, um zu sehen, wer ihr eine SMS schrieb. »Es ist General Anderson. Es geht um einen Fall. Correk, wir setzen dich zuerst ab. Den nächsten Schritt mit der Halskette klären wir später.«