Wir verulken die Lehrerin

Als die Weihnachtsferien zu Ende gingen, war noch immer gutes Schlittenwetter, sodass wir mit dem Schlitten zur Schule fahren konnten. Wir haben drei Schlitten. Manchmal binden wir sie alle hintereinander.

Unsere Lehrerin sagte, dass es sehr schön sei, uns wiederzusehen. Ich fand auch, dass es schön war, die Lehrerin zu sehen. Sie ist so nett. Weil es der erste Tag war, bot sie allen Kindern Bonbons an. Diese Bonbons waren in Stockholm gekauft. Fräulein Lundgren war während der Weihnachtsferien dort gewesen. Das ist das einzige Mal gewesen, dass ich Bonbons gegessen hab, die in Stockholm gekauft waren.

Es war auch schön, alle Kinder aus Storbü wiederzutreffen. In den Pausen tauschten wir Oblaten. Die Jungen natürlich nicht. In unserer Klasse ist ein Mädchen, das heißt Anna-Greta. Sie hat sehr viele Oblaten. In der ersten Pause nach den Weihnachtsferien tauschte ich mit ihr. Sie bekam einen Blumenkorb und einen Zwerg von mir und ich bekam eine Prinzessin von ihr. Es war beinahe die schönste Oblate, die ich je gesehen hatte. Ich denke, ich habe einen guten Tausch gemacht.

Die Jungen machen im Winter meistens Schneeballschlachten in den Pausen. Im Frühling spielen sie Marmeln. Dann spielen wir Seilspringen. Wenn die Jungen nichts anderes zu tun haben, prügeln sie sich. Und während des Unterrichts treiben sie eine ganze Menge Unfug, ob es nun Winter oder Frühling ist. Die Lehrerin sagt, sie glaube, den Jungen kribbele es immer in den Fingern, sodass sie es nicht lassen können, Unfug zu machen.

Ich glaube, dass es besonders Lasse in den Fingern kribbelt. Ratet, was er einmal gemacht hat! Von Bosse hatte er zu Weihnachten ein kleines, komisches Schwein bekommen. Es war aus Gummi, und man konnte es aufblasen. Wenn man dann die Luft herausließ, quiekte das Schwein hell und laut. Und eines Tages nahm Lasse das Schwein mit in die Schule. Lasse geht nicht in dieselbe Klasse wie ich, aber weil wir nicht mehr als dreiundzwanzig Kinder in der ganzen Schule sind, sitzen wir alle im selben Klassenzimmer. Es gibt nur ein Klassenzimmer. Und nur eine Lehrerin.

Daher weiß ich, wie das mit dem Schwein war. Unsere Klasse hatte Vorlesen. Es ist das schönste Fach in der Schule, finde ich. Ich war gerade an der Reihe, vorzulesen. Es handelte von Gustav Vasa.

»Da brach der König in Tränen aus«, las ich. Und gerade als ich das gesagt hatte, hörte man ein entsetzlich trauriges Quieken, sodass man beinahe glauben konnte, es wäre Gustav Vasa, der quiekte. Aber er war es nicht. Es war das Schwein, das unter Lasses Bank stand. Lasse hatte den Pfropfen, der im Hinterteil des Schweins steckte, herausgenommen, damit die Luft herauskonnte. Alle Kinder kicherten. Es sah aus, als wollte Fräulein Lundgren auch lachen, aber sie tat es nicht. Lasse musste die ganze Stunde in der Ecke stehen. Das Schwein auch.

Aber es ist nicht nur Lasse, der Unfug macht. Alle Jungen sind ungefähr gleich. Einmal musste die Lehrerin zu einer Besprechung, und wir sollten allein bleiben und rechnen und zeichnen. Fräulein Lundgren sagte zu Britta, sie solle sich nach vorn ans Pult setzen und sie vertreten. Denn Britta ist so tüchtig in der Schule. Aber die Lehrerin war kaum zur Tür hinaus, da fingen die Jungen auch schon an zu krakeelen.

»Fräulein, Fräulein!«, schrien sie, hoben die Arme und schnipsten mit den Fingern.

»Was wollt ihr?«, fragte Britta.

»Wir wollen raus!«, schrien alle zusammen. Und ein Junge, der Stig heißt, knipste mit den Fingern und schrie:

»Fräulein, Fräulein, wie viele Frikadellen gehen auf eine Kuh?«

Bosse meldete sich und sagte: »Haben Sie schon gehört, Fräulein, dass die Kartoffeln dieses Jahr gut wachsen?«

Britta sagte: »Ja, stell dir vor, ich habe es gehört!«

Und da sagte Bosse: »Sie haben aber ein unheimlich gutes Gehör, Fräulein.«

Lasse hob die Hand hoch und fragte, ob er der Lehrerin nicht zeigen dürfe, was er gezeichnet habe. Und dann ging er mit seinem Zeichenblock nach vorn zu Britta. Aber die ganze Blockseite war mit schwarzer Farbe vollständig übermalt.

»Was soll denn das sein?«, fragte Britta.

»Das sind fünf schwarze Katzen in einer dunklen Kammer«, antwortete Lasse.

Britta fand es überhaupt nicht lustig, Lehrerin zu sein. Sie war froh, als unsere richtige Lehrerin zurückkam. Fräulein Lundgren fragte sie, ob die Kinder artig gewesen wären. Und da sagte Britta: »Die Jungen nicht.«

Und die Lehrerin schimpfte die Jungen aus und sagte, nun müssten sie alle zusammen nachsitzen und eine ganze Stunde lang rechnen. Und denkt nur, in der Pause kam dieser Stig zu Britta und sagte: »Alte Petze!«, und warf ihr seine Schultasche an den Kopf. Das war doch wohl ungerecht?

Als wir nach Hause gingen, sagte Britta zu Inga und mir, sie wolle nie mehr in ihrem Leben Lehrerin sein.

Aber wir trödelten auf dem Heimweg, sosehr wir konnten, damit Lasse, Bosse und Ole uns einholen konnten. Denn wenn sie eine ganze Stunde später gekommen wären als wir, hätten sich die Mütter sicher gewundert, und dann hätten die Jungen noch mehr Ärger gekriegt. Und die Strafe, die sie von der Lehrerin bekommen hatten, reichte, fanden wir.

Einmal hatten wir besonders viel Spaß in der Schule. Das war am ersten April. Da führten wir die Lehrerin an. Was man ja am ersten April machen soll. Ja, vielleicht soll man es nicht gerade tun, aber man darf es – und man wird dafür nicht bestraft.

Gewöhnlich fängt die Schule morgens um acht Uhr an. Aber am Tag vor dem ersten April verabredeten wir Kinder, am nächsten Morgen schon um sechs Uhr in der Schule zu sein.

An der Wand im Klassenzimmer hängt eine Uhr. Kurz bevor die Lehrerin nach der letzten Schulstunde vor dem ersten April das Klassenzimmer abschloss, lief Lasse hinein und drehte den großen Zeiger dieser Uhr um zwei Stunden weiter.

Und am nächsten Tag kamen wir alle zur Schule, als es sechs Uhr war. Wenn auch die Uhr an der Wand im Klassenzimmer natürlich acht Uhr zeigte.

Wir trampelten und machten so viel Krach, wie wir konnten, im Vorraum der Schule, damit die Lehrerin uns hören sollte. Sie wohnte im oberen Stockwerk des Schulhauses.

Lasse rannte hinauf und klopfte an ihre Tür. Und da fragte Fräulein Lundgren ganz verschlafen: »Wer ist da?«

»Hier ist Lasse«, sagte Lasse. »Ist denn heute keine Schule?«

»Oh, liebes Kind, habe ich verschlafen?«, rief Fräulein Lundgren. »Ich komme sofort.«

Natürlich hat die Lehrerin auch bei sich oben eine Uhr, aber sie hatte es wohl so eilig, dass sie gar nicht hinguckte.

Die Uhr im Klassenzimmer war zwanzig Minuten nach acht, als die Lehrerin kam und uns hineinließ.

»Ich verstehe gar nicht, dass mein Wecker nicht geklingelt und mich geweckt hat«, sagte die Lehrerin. »Das ist wirklich ärgerlich.«

Oh, wie war es schwer, das Lachen zu verbeißen! In der ersten Stunde hatten wir Rechnen. Und gerade als wir besonders tüchtig rechneten, hörten wir oben bei der Lehrerin den Wecker rasseln.

Da war es richtig sieben Uhr. Aber die Uhr im Klassenzimmer war neun.

»Was ist denn nun los?«, sagte Fräulein Lundgren erstaunt.

»April, April, nur Dumme führt man an, soviel man will!«, schrien wir alle.

Nur am ersten April darf man so mit seiner Lehrerin reden.

»Diese Kinder!«, sagte Fräulein Lundgren.

Als wir alle Unterrichtsstunden hinter uns hatten, die auf dem Stundenplan standen, dachten wir natürlich, dass wir nach Hause gehen dürften, wenn es auch erst ein Uhr war. Aber da sagte Fräulein Lundgren:

»April, April, ein Stündchen sitzen wir noch still!«

Und so mussten wir noch eine Stunde bleiben. Aber es war nicht schlimm, denn die Lehrerin las uns lustige Geschichten vor.

Auf dem Heimweg sagte Ole plötzlich zu Lasse:

»Ja, aber Lasse, du hast ja ein großes Loch hinten in deiner Hose.«

Lasse verrenkte sich fast den Hals, um das Loch sehen zu können, und als er so beschäftigt war, rief ihm Ole zu: »April, April!«

Ole war ganz begeistert darüber, dass er es geschafft hatte, Lasse anzuführen. Etwas später trafen wir den boshaften Schuhmacher, der auf halbem Weg zwischen Storbü und Bullerbü wohnt. Und da war Ole noch so in Fahrt mit seinem Anführen, dass er sagte: »Herr Nett, da sitzt ein Fuchs im Busch!«

Aber Nett sah gar nicht hin, sondern sagte nur: »Und wie ich sehe, läuft ein Haufen Rotznasen auf dem Weg herum.«

Da lachte Lasse.

Am Nachmittag, als wir unsere Schulaufgaben gemacht hatten, lief Lasse zum Südhof und sagte zu Ole:

»Ole, ein Lumpensammler ist in den Nordhof gekommen. Er kauft Steine auf.«

»Steine kauft er auf?«, fragte Ole, der ganz vergessen hatte, dass erster April war. »Was denn für Steine?«

»Na, solche Steine, wie ihr sie im Garten habt«, sagte Lasse.

Und Ole fing an, so viele Steine, wie er konnte, in einen Sack zu sammeln. Und dann schleppte er den vollen Sack zum Nordhof. Dort war wirklich ein Mann, aber der kaufte nur Lumpen und Flaschen.

»Bitte, hier haben Sie noch mehr Steine«, sagte Ole. Er hielt dem Mann den Sack entgegen und sah ganz verzückt aus.

»Steine?«, sagte der Mann und begriff nichts. »Sagtest du Steine?«

»Und ob«, sagte Ole und sah noch verzückter aus. »Richtige prima Feldsteine sind es. Ich habe sie selbst in unserem Garten aufgesammelt.«

»Ach so«, sagte der Mann, »da haben sie dich aber schön angeführt, mein kleiner Freund.«

Da erinnerte sich Ole, dass ja erster April war. Sein Gesicht lief rot an, und er nahm den Sack und zog damit wieder nach Hause, ohne ein Wort zu sagen. Aber hinter dem Zaun stand Lasse und schrie laut: »April, April!«, dass es in ganz Bullerbü zu hören war.