Es gab Tage, an denen lief es nicht so gut. Adam und Luise standen unter der Dusche. Nackt, na ja, wer duscht auch schon mit Klamotten. Ed hatte diese besondere Dusche auf dem Gate individuell für sie geschaffen, frisch aus dem Drucker, das Ding konnte wirklich so gut wie jeden Scheiß herstellen.
»Aua!«, schrie Adam. »Du reißt mir die Haut ab!« Leider war überhaupt nichts Sinnliches an dem Duschbad, mit dem Ed versuchte, ihnen das grüne Sporenzeug, also Ohschulus hartnäckigen Fußpilz, von der Haut zu schmirgeln. Keine Chance, da drangen immer neue Sporen durch die Poren.
»Es tut mir leid ...«, erklärte Ed über einen integrierten Lautsprecher, die sie bereits seit einer halben Stunde mit diversen medizinischen Lösungen, ordinärem Scheuerpulver und Hochdruckstrahlern bearbeitete. »Das klappt so nicht.«
»Wie?«, protestierte Luise und zeigte auf ihren hübschen, aber auch verdammt grünen Bauch. »Soll ich etwa ab jetzt die ganze Zeit so herumlaufen?«
»Sicherlich nicht ... es würde keine Rolle spielen, wo ihr seid, ihr wärt schlimmer als eine biblische Plage. Jegliches Leben in eurer Nähe würde vergehen. Die Sporen würden sogar das Gate vernichten. Bis auf reine Energie und puren Granit, gibt es keinen resistenten Werkstoff, der den Sporen widerstehen kann.«
»Biblische Plage?«, fragte sie pikiert.
»Ich wollte nur einen bildhaften Vergleich benutzen, der euch bekannt ist.«
»Ed, lass dir etwas Besseres einfallen!«, rief Luise.
»Ich arbeite daran. Bis dahin werdet ihr weiterhin energetische Kleidung tragen. Ich habe das Konzept verbessert, der Schutz liegt jetzt hauchdünn auf der Haut. Ihr könnt darüber eure normalen Sachen anziehen.«
»Und wenn ich mal ...«
»Vergiss es!« Ed ließ Adam nicht aussprechen. »Du wirst nur in energetische Schutzbeutel pinkeln!«
»Na klasse!« Da hatte sich seine symbiotische Seele das Leben als Mensch angenehmer vorgestellt, als von einer Nessanerin in ein energetisches Ganzkörperkondom gesteckt zu werden.
Etwas später. Adam fühlte sich wie bestellt und nicht abgeholt. Er stand auf der Brücke und sah Ed, Red und Po bei der Arbeit zu. Wo Luise war, wusste er nicht, die machte gerade sonst etwas. Von dem schottischen Dosenbier war auch nichts mehr im Kühlschrank. Ken, der Arsch, hatte in seiner Abwesenheit die letzten Dosen leer getrunken. Dafür durfte er jetzt, um die alte Schüssel in Schwung zu halten, mit den Drohnen durch die Wartungsschächte des Gates kriechen. Das Arcurus Gate, das Tor zwischen den Welten, Adam konnte diesen pathetischen Blödsinn nicht mehr hören.
»Ed, es gibt einen Zwischenfall auf der Erde«, meldete Po aufmerksam. »In Kopenhagen, einer Stadt in Nordeuropa, gab es einen Anschlag. Dabei wurden eine Rutus und zwei ihrer Kinder getötet ...«
Das ging Adam am Arsch vorbei. Er steckte die Hände in die Taschen seiner Jeans und verließ die Brücke. Ken, der einzige Nessaner, der sich für einen männlichen Avatar entschieden hatte, kam ihm dreckig wie Sau entgegen. Überall an ihm klebten Schmierstoffe und auch das eine oder andere kleine Vieh. Der Schönling lächelte mit seinen strahlend weißen Zähnen. Adam war sich nicht sicher, ob Ken schwul war, Red und Po packte er auf jeden Fall nicht an.
»Hallo Adam, ich habe ...«
»Leck mich!« Adam ging weiter, ihm stand gerade nicht der Sinn nach Small Talk.
Adam lag in seiner Kabine und dachte an Luise, es funktionierte weder mit ihr noch ohne sie. Heilige Scheiße, wieso zerbrach er sich wegen Adams Problemen den Kopf. Er war ein Symbiot und half diesem Narren nur, nicht lallend in der Ecke zu sitzen. Verdammt und zum Dank dafür musste er Adams Liebeskummer ertragen. Hatte er gerade wirklich über Liebe nachgedacht? Es war so weit, die Adamisierung hatte einen Witz von einem Symbioten aus ihm gemacht.
Es klopfte an der Tür.
»Ich bin nicht da!« Er wollte allein sein.
»Ich höre dich!«, sagte Luise.
»Dich will ich auch nicht sehen!« Menschen waren Idioten, Männer waren noch größere Narren, aber die Spinner mit gebrochenem Herzen stellten ihre gesamte Spezies infrage.
»Adam!«
»Hau ab!«
»Wir haben Arbeit ...«
»Was?« Adam biss sich fast auf die Zunge, die blöde Kuh kam nur zu ihm, weil Eva ihnen wieder einen verfickt gefährlichen Scheißjob geben wollte?
»Arbeit! Welt retten und so! Kennst du doch!«
»Du bist eine ...«
»Was bitte bin ich?«
»Eine ...« In dem Moment die richtige Beleidigung zu finden, war nicht einfach.
»Ja?«
»Lass mich in Ruhe!« Da wäre jetzt nichts mehr mit dem richtigen Kick gekommen.
»Adam, es ist wichtig. Auf der Erde brennt der Busch, wir müssen helfen. Jetzt!«
Er stand auf. Wieso nur, wieso hörte er immer wieder auf sie? Sie war nicht gut für ihn. Sie war gut für niemanden. Luise war eine Strafe für jeden Mann. Eine Hexe, eingepackt als lockende Versuchung. Eine zuckersüße Honigschnecke für notgeile Idioten. Ja, er war wieder mal der Idiot.
»Jetzt komm schon ...«
Adam öffnete die Tür, Luise sah ihn an, lächelte und gab ihm einen Kuss. Scheiße, diese hinterlistige Schlange sah auch in Grün bezaubernd aus. Wunderschöne, große, lemorianische Augen, kurze blonde und im Nacken rasierte Haare und lindgrüne Haut. Er adamisierte, als Symbiot war er inzwischen eine Schande für seine Art.
»Steht mir mein Look?« Luise hatte sich sogar den Kampfanzug dunkelgrün einfärben lassen. Frauen, das konnte und wollte er nicht verstehen.
»Ja.« Jede andere Antwort war zwecklos und hätte seine Lage noch verschlimmert.
»Ich finde, du solltest auch dunkelgrün tragen. Also mit der Jeans gehst du nicht aus dem Haus. Ich habe dir etwas Passendes aus dem Drucker mitgebracht.«
»Ah ...« Ohne weitere Gegenwehr fügte er sich seinem Schicksal und zog das Zeug an.
Auf der Brücke. Po, Ed und Ken sprachen alle durcheinander. Na gut, die sprachen nicht miteinander, sondern mit anderen: auf der Erde, auf Lemoria, in Del'Narrow und wo sonst es arme Schweine nicht verhindern konnten.
»Adam, wir bekommen schlechte Neuigkeiten von der Erde. Es gab einen weiteren Anschlag ... in der Botschaft, in der Elena Gutierrez Spitzen aus Militär und Politik über ihren Besuch auf der Naar unterrichtet hat. Eva ist vor Ort, die Lage ist ernst, ich habe Red nach London geschickt, um zu helfen.«
»Geht es Elena gut?«, fragte Adam. Er mochte die Journalistin, die nun Botschafterin für die Erde auf der Naar war.
»Sie lebt. Andere nicht. Es gab zahlreiche Tote. Ihr eigener Bodyguard hat geschossen. Das ist das gleiche Muster wie bei dem Anschlag in Kopenhagen.«
»Was können wir tun?«, fragte Luise.
»Und was ist in Kopenhagen passiert?« Adam hätte eben besser zuhören sollen.
»Ein tödlicher Anschlag auf die Frau des Botschafters der Rutus. Sie und ihre beiden Kinder starben in Kopenhagen. Ihr Mann wurde von Dimitri in London während eines zweiten Attentats erschossen«, erklärte Po, die mit blitzschnellen Handbewegungen Dutzende holografische Bedienfelder, die wild um sie herumschwirrten, unter Kontrolle hielt.
»Tote Rutus auf der Erde geben Ärger!«, erkannte Luise. Das verstand sogar Adam.
»Ed, ich habe eine weitere Anfrage von Milena aus Del'Narrow, sie will sofort mit Eva sprechen«, ergänzte die dunkelhaarige Po, bei der gerade einige Dinge zusammenkamen.
»Schon wieder?«, fragte Ed.
»Sie ist beharrlich.«
Milena kann warten!« Ed kam auf Luise und Adam zu. »Hört mir zu, die Rutus laufen nach der Ermordung des Botschafterpaares Amok. Ich kann sie sogar verstehen ... dennoch ist es Evas Politik, Milenas Flotte von der Erde und der Naar fernzuhalten.«
»Verstehe ...« Luise nickte.
»Milena ist mein Job!«
»Ed, wir messen gerade gravitative Interferenzen im Umfeld des Gates, da bilden sich in unserer unmittelbaren Nähe Energiefelder«, rief Po, die den Takt erhöhte.
»Das kann nicht sein! Überprüfe es noch einmal!«, antwortete Ed und wandte sich wieder ihnen zu. »Was sagte ich gerade? Genau, Milena ist mein Job, ich kann die Rutus auf ihrer Welt festnageln. Das kann ich leider nicht mit den Konfliktparteien auf der Erde tun. Die hängen sich bereits würgend an den Hälsen.«
»Waren das Delos? Oder Wächter-KIs, die die Anschläge verübt haben?«, fragte Luise.
»Nein.« Ed schüttelte den Kopf. »Red hat es überprüft ... es gibt keine energetischen Spuren.«
»Ähm ... und was ist mit dem Saatsystem?«, fragte Adam, ohne sich viel dabei zu denken. Irgendwie ging dieser außergewöhnliche Fund in dem ganzen Stress unter.
»Adam?« Luise sah ihn an, solche Fragen kannte sie von ihm nicht. Klar, der echte Adam machte schließlich auch gerade Urlaub im Lala-Land. Sie sollte niemals einen Symbioten unterschätzen.
»Das Saatsystem ... ich habe Eva noch nicht davon berichtet.« Ed wirkte nachdenklich.
»Ed, die gravitativen Interferenzen werden immer größer. Ich kann sieben, nein, acht Spots ausmachen. Das können Wurmlöcher sein, wenn ja, kann ich hoffentlich gleich deren Signaturen auslesen, um die Herkunft zu bestimmen ... ich denke wir bekommen ungebetenen Besuch!« Po trommelte weiter.
»Bist du dir sicher?«, fragte Ed.
»Ja!«, gab Po zurück. »Komm her und sieh es dir an. Ich weiß, wie ein sich aufbauendes Wurmloch aussieht. Der Größe nach würden die Spots ausreichen, um Raumschiffe passieren zu lassen.«
»Und wo soll die ganze Energie herkommen?«, fragte Ed. »Der Bedarf für Wurmlöcher in dieser Größe wäre riesig.«
»Das weiß ich nicht ... warte noch ein paar Minuten, dann sind die Signaturen komplett.«
»Und groß genug für Raumschiffe?« Ed musste Luise und Adam für einen Moment stehen lassen.
»Oh ja.«
»Abwehrmatrix aufbauen. Wir saugen denen die Energie ab und leiten sie um. Die sind so nahe an uns dran, dass ein unkontrollierter Kollaps uns ebenfalls zerstören könnte.«
»Externe Deflektoren ausgerichtet ... die Leitlösung für die Absorption der anvisierten Energiequellen ist aktiviert. Die Unterbrechung sämtlicher offenen Reiseverbindungen erfolgt jetzt. Das Gate schließt seine Pforten. Bis auf wenige Notfallverbindungen ist der komplette Personen- und Warenverkehr unterbrochen. Wir leiten die absorbierte Energie in unsere Deflektoren um, um auch mikroskopisch kleine Angreifer abwehren zu können. Unsere Firewall steht. Wir halten drei Kanäle offen: einen nach Del'Narrow, einen zur Erde und einen zur Naar!«
Adam verfolgte auf einem der Bildschirme, was Po tat. Punkt 1, kein Schwanz durfte gerade von einer Welt auf die andere hüpfen. Klar, darum hieß das Arcurus Gate auch Arcurus Gate, das Ding war die größte Bushaltestelle in der gesamten Milchstraße. Punkt 2, egal wer bei ihnen mit einem selbst initiierten Wurmloch reinschneien wollte, dem saugte Po gerade die Tinte aus dem Füller. Was für ein Weib! Punkt 3, da die Energie, die man den unbekannten Angreifern in beachtlichen Mengen absaugte, auch irgendwohin musste, machte Po mit ihr aus dem Gate eine gleißend hell leuchtende Weihnachtskugel.
»Wieder zu euch!« Ed sah erneut Luise und ihn an. »Das ist ein Angriff! Wenn die Zwischenfälle auf der Erde eine Kommandoaktion abtrünniger Wächter-KIs ist, ist das der korrespondierende Versuch, das Gate auszuschalten.«
»Das schaffen die nicht, oder?«, fragte Adam, der von dem ganzen Scheiß keine Ahnung hatte. Eine Sache war klar, wenn es eine von diesen verwichsten Wächter-KIs schaffen würde, Ed in seinem Einmachglas zu verquirlen, hätte Luises und sein Hintern kurze Zeit später Kirmes. Ravens Kumpel dürften richtig sauer auf sie sein, davon konnte er ausgehen. Die würden einem Symbioten kaum Adams Kadaver für ein schönes Nest hinterlassen.
»Tja, wenn sie mehr Energie einsetzen, als wir konvertieren können, schon ... dann öffnen sich Wurmlöcher und wer dann auch immer Arcurus besuchen möchte, wird es tun.« Sie ging zwei Schritte auf Po zu. »Leite einen Teil der Energie in die Sonne ab, wir werden sonst zu heiß und könnten die Oberfläche von Arcurus versengen.«
»Energieumlenkung aktiviert ... ich leite es direkt in die Sonne.« Po quittierte die Order.
»Ed, sag uns, was wir tun sollen?«, Luise berührte Eds Arm, die Nessanerin wirkte nervös. Wie bereits bei früheren Kämpfen, ihre Phalanx war nicht unüberwindlich.
»Das Problem können wir alleine nicht lösen. Ihr müsst mit dem Wissen über Zenit122 und dem deaktivierten Saatsystem zu Eva.« Ed sah wieder zu Po. »Was machst du da?«
»Ich lasse Drohnen Ausrüstung für Luise und Adam bereitstellen.« Po dachte mit, die gerade an eine zweite Konsole gelaufen war. Reds Arbeitsplatz, ihre rothaarige Schwester war noch unterwegs.
»Hey ... euch kann man auch keine halbe Stunde alleine lassen.« Red tauchte auf der Brücke auf.
»Was machst du hier?«, fragte Ed, die offenbar nicht mit ihrer schnellen Rückkehr gerechnet hatte.
»Eva hat mich zurückgeschickt. Po, ich helfe dir mit der Abwehr der gravitativen Signaturen.« Red fand sich binnen Sekunden in der neuen Situation zurecht.
»Übernimm bitte den rechten Sektor!«
»Geht klar!«
»Ed, Eva lässt dir ausrichten, dass Milena mit ihrer Flotte bleiben kann, wo sie ist. Eva will sie nicht involvieren«, sagte Red, während sie Po unterstützte.
»Po, gib mir eine Verbindung mit Milena.«
»Holografisch?«
»Audio reicht.«
»Kommt ...»
»Ed, schön, dass du Zeit für mich hast! Ich hoffe, dir geht es gut.« Als ob Milena nur auf diesen Moment gewartet hätte. Mal abgesehen davon, dass die Magistratin von Del'Narrow ihre Verbündete war, war sie mindestens genauso falsch wie Raven. Die beiden hatten sich nur in ihren Interessen, selten aber bei der Wahl der Mittel unterschieden.
»Milena, ich danke dir für das Angebot, die Flotte der Rutus in unseren Dienst zu stellen.«
»Aber das tun wir doch gerne ...«
»Ich habe mit Eva gesprochen, die im Moment auf der Erde in diplomatischen Gesprächen gebunden ist. Ich soll dir ihren besonderen Dank aussprechen. Natürlich nehmen wir die Hilfe unserer Verbündeten gerne an.«
»Wir sind bereit!«
»Sehr gut ... ich werde eine Einsatzstrategie ausarbeiten, sobald die fertig ist, werde ich dich kontaktieren.«
»Natürlich.«
»Milena, vielen Dank, ich bin froh, dich und die Rutus an unserer Seite zu wissen.«
»Selbstverständlich.«
Ed zeigte an, die Verbindung nach Del'Narrow zu kappen, was Po auch umgehend tat.
»Das hat Eva ihr nicht mit auf den Weg gegeben ...«, erklärte Adam altklug. Heilige Scheiße, was konnte Ed lügen. Weiber, denen konnte man wirklich nichts glauben.
»Milena weiß es ...«
»Sie weiß, dass du lügst?«, fragte Adam verwundert.
»Klar ... sie ist nicht dumm. So gewinnen wir Zeit und niemand verliert sein Gesicht.«
»Ah ...« Adam, der Symbiot hatte wieder etwas gelernt: Frauen würde er nie verstehen.
Luise und er standen vor dem Tunnel, der sie zur Erde bringen sollte. Die Dynamik der Ereignisse nahm zu. Über Eva wussten sie inzwischen, dass es auf der Erde vor zwölf Jahren einen Zwischenfall mit einem geheimnisvollen Virus gegeben hatte. Das passte zu der Information des Saatsystems, barg aber noch keine Hinweise, wer es aktiviert hatte. Auf der Naar gab es dazu keinerlei Informationen. Zudem hatte sich das Raumschiff zu dieser Zeit nicht in der Nähe der Erde befunden, was ein gutes Alibi darstellte.
Es könnte natürlich Raven oder eine andere Wächter-KI gewesen sein, was die Bedrohung durch einen Virus, der die Persönlichkeit verändern konnte, nicht minderte. Zu aller Überraschung war es damals offenbar einer lokalen Polizeibehörde gelungen, den Virus aufzuhalten. Eine beachtliche Leistung, da es während besagter zwölf Jahre zu keinerlei weiteren Infektionen gekommen war.
Elena und Eva planten, mit den Verantwortlichen zu sprechen. Luise und Adam würden Eds Plan folgen, das verfügbare Wissen zusammenzuführen. Die Nessanerin erwartete davon eine rasche Aufklärung der Anschläge in Kopenhagen und London.
»Fertig?«, fragte Luise.
»Ja.« Adam konnte nicht behaupten, gerade locker zu sein. Es stand zu viel auf dem Spiel.
Mit einem Schritt standen sie in London. Um diese Technologie zu verinnerlichen, würde sein Leben vermutlich kaum ausreichen. Das war der zweite Besuch des Symbioten auf der Erde. Viel hatte sich seitdem verändert, vor allem er.
»Adam Doit, Luise Ruiz del Garbo?«, fragte ein Soldat in Flecktarnuniform. Ein Offizier, was der zweite Blick auf sein Rangabzeichen erkennen ließ.
»Ja«, antwortete Luise. Adam nickte. Bei diesem Einsatz trugen sie keine Waffen und hatten auch bis auf ein implantiertes Kommunikationssystem keine Ausrüstung dabei. Er lächelte, der Offizier, ein gewisser Colonel Samuel Winters, hatte bereits sichtlich mit ihren großen Augen zu kämpfen. Was hätte er erst geschaut, wenn sie beide im Marsmännchen-Look aufgelaufen wären. Was sie nicht taten. Ed hatte ihnen vor der Abreise ihre normale Hautfarbe auf Gesicht und Hände drucken lassen. Die Sporen blieben so sicher und unentdeckt auf ihrer Haut verborgen.
»Ma'am, Sir, bitte folgen Sie mir.« Der Offizier zeigte auf eine Tür, wie auch ein zweiter Soldat an seiner Seite trug er keine Waffe. »Sie werden erwartet.«
»Danke, Colonel.« Luise ging vor. So wie immer. Adam verkniff sich, dazu etwas zu sagen.
»Update vom Gate.« Ed meldete sich in seinem Ohr. »Diese Nachricht ist für Eva, Luise und Adam. Der Angriff auf Arcurus nimmt an Intensität zu. Noch ist kein Urheber festzustellen. Ich habe über vertrauliche Quellen aus Del'Narrow erfahren, dass Milena nicht dafür verantwortlich ist. Ihr ist inzwischen bekannt, dass das Gate sich im Verteidigungsmodus befindet. Sie bietet Hilfe an, um das Gate zu verteidigen.«
Adam wollte sich nicht ausmalen, was passieren würde, wenn das Gate fällt. Weder Luise noch er ließen sich, während sie den beiden Soldaten folgten, etwas anmerken.
»Noch können wir den Versuchen der Angreifer, mehrere Wurmlöcher aufzubauen, trotzen, allerdings droht die Gefahr, dass wir aus der Oberfläche von Arcurus eine leblose Wüste machen. Die Option, eine Verbindung nach Del'Narrow zu öffnen und Milenas Flotte zur Verteidigung des Gates zu rufen, halte ich für bedenklich. Ich wüsste nicht, ob Milena dann jemals wieder gehen würde. Mit der indirekten Kontrolle des Gates durch Rutus würden sich die Machtverhältnisse unwiderruflich verändern. Allerdings wissen wir auch nicht, wer gerade versucht, uns anzufliegen. Für ein Nahbereichsgefecht ist die Raumstation nicht ausgelegt. Uns schützen nur große Entfernungen. Sind diese einmal überbrückt, wären wir quasi wehrlos.«
»Bitte, hier entlang.« Der Colonel zeigte auf eine Treppe, die nach oben führte.
»Wir wären in der Lage, jeden beliebigen Planeten, jede Raumstation oder jegliche Flotte im Umkreis von 1000 Lichtjahren zu vernichten. Wir müssen aber wissen, wo sich unsere Gegner befinden. Also verschafft mir ein Ziel!«
Diesmal hatte Ed sich sehr deutlich ausgedrückt. Das hatte auch Adam verstanden. Die oder wir, das war ein taktisches Szenario, mit dem er umgehen konnte. Dahinter lag die Vermutung, dass die Urheber der Anschläge auf der Erde dieselben waren, die auch gerade dem Gate auf die Pelle rückten.
»Ich vertraue euch ... dennoch muss ich euch darüber in Kenntnis setzen, dass ich voraussichtlich in einer Stunde eine Entscheidung treffen muss. Tue ich es nicht, wird Arcurus verbrennen.«
»Bitte, sie werden erwartet ...« Der Colonel führte Luise und ihn in einen Raum. Eva und Elena warteten bereits, sowie weitere Personen, die Adam nicht kannte.
»Luise, Adam, schön, dass ihr hier seid.« Eva kam auf sie zu, das war eine merkwürdige Situation. Als ob alle in diesem Raum auf sie gewartet hätten.
»Hallo ...« Auch Elena lächelte freundlich, ihr schuldete Adam noch ein Abendessen. Leider war er in der letzten Zeit selten in London gewesen. Er war verwirrt, war das hier nun ein Krisentreffen oder ein gemütliches Kaffeekränzchen?
»Ich möchte euch gerne Dr. Megan Serans vorstellen ... mit ihrem Wissen können wir die Täter identifizieren.« Eva benahm sich, als ob sie die Gastgeberin wäre. Dabei standen noch weitere Personen im Raum. Auch Amerikaner, sie befanden sich immer noch in deren Botschaft in London.
»Ich habe bereits viel über Sie gehört«, erklärte eine Farbige um die Fünfzig, die sich nicht schlecht gehalten hatte. Sie streckte ihm die Hand entgegen. Eine Geste, die ihm unpassend erschien. Das war doch keine Cocktail-Party.
»Ja?«, fragte Luise, die gerade weniger charmant klang. Bei solchen Dingen mussten sie nicht reden, sie verstanden sich auch, ohne Worte zu verlieren. Luise fühlte sich in dieser netten Umgebung genauso unwohl wie er.
»Sie sind Polizistin?« Megan Serans zog die Hand zurück. Luise hielt ihre hinter dem Rücken verschränkt. Deutlicher hätten es auch Worte nicht vermitteln können.
»War.«
»Was ist passiert?«
»Einiges.« Luise sah zu Adam. Er zu Eva. Sie zu Elena. Was passierte hier gerade? Adam versuchte, seine symbiotischen Sinne in Schwung zu bringen, aber er verstand es nicht. Klasse, Ed und den anderen brannte der Arsch und er hatte keinen Plan, was abging.
***