Warum hatten die Direktoren ihre Meinung über eine Zusammenarbeit mit der Föderation geändert? Wesley lehnte sich in den Kommandosessel zurück und beleuchtete diese Frage von allen Seiten – etwa so, wie ein Juwelier einen kostbaren Edelstein betrachten würde.
Aber auch dies brachte ihn der Antwort nicht näher. Er wusste nicht genug über die Denkweise der Rithrim, um auch nur eine Einschätzung vornehmen zu können.
Vielleicht hatte Uhura unten in Girin Gatha mehr Glück. Sie hatte Köpfchen und schien Spaß an einem Dialog mit den Einheimischen zu haben. Wenn überhaupt jemand …
»Commodore?«
Wesley ruckte aus seiner Träumerei hoch und wandte sich an den jungen Offizier, der an der Kom-Station saß. »Ja, Mr. Ling?«
»Ich habe eine Subraumnachricht vom Flottenkommando erhalten, Sir. Einen Einsatzbericht, von dem man meint, Sie sollten ihn sich ansehen.«
»Unbeschränkter Zugriff?«, fragte Wesley.
»Aye, Sir. Unbeschränkt.«
»Dann legen Sie's auf den Schirm, Mr. Ling.«
Kurz darauf war Jim Kirk auf dem Hauptschirm zu sehen. Welch eine Überraschung. Wesley lächelte. Er fühlte sich verlockt, etwas Humoriges zu sagen, aber dann fiel ihm ein, dass er eine Aufzeichnung sah, keine Direktübertragung.
»Hier ist Captain James T. Kirk von der Enterprise«, begann die Botschaft. Kirk wirkte ernst – sehr ernst.
Läuft wohl nicht alles so glatt, wie es sollte, was, Jim?
»In Übereinstimmung mit meinen Befehlen informiere ich Sie über das, was sich in den Xaridia-Systemen tut. Ich nehme an, Sie werden dies an alle Schiffe in der Umgebung weiterleiten.« Kirk hielt inne. »Punkt eins: Wir hatten eine Auseinandersetzung mit den unbekannten Angreifern, freilich ohne zufriedenstellendes Resultat. Es ist uns zwar gelungen, einen der Fremden von seiner Flotte zu trennen, aber er hat sich vernichtet, statt sich von uns gefangen nehmen zu lassen.« Eine erneute Pause. »Unser Chefingenieur nennt sie ›geborene Krieger‹, was ich für eine passende Beschreibung halte. Man könnte sie aber auch als ›verfluchte Mörder‹ bezeichnen.«
Der Commodore brummte leise. Unerfreuliche Zeitgenossen. Na ja, aber er hatte auch nichts anderes erwartet.
»Leider«, fuhr Kirk fort, »haben wir noch keine Möglichkeit gefunden, ihre Spur aufzunehmen. Wir haben auch noch keine Vorstellung, wie wir sie schlagen können, falls wir sie aufspüren. Allerdings haben meine Leute gerade eine Theorie über ihre Motivation aufgestellt.«
Wesley beugte sich im Sessel vor. Das wollte er hören.
»Allem Anschein nach sind in der Kolonie Alpha Xaridia II diverse Materialien und Instrumente verschwunden. Wir haben zuerst angenommen, sie seien vernichtet worden, aber nun sehen wir die Sache anders. Wie sich gezeigt hat, stimmt die Liste der verschwundenen Materialien mit dem Wunschzettel des Parath'aa-Volkes überein, das sich vor nicht allzu langer Zeit um eine Aufnahme in die Föderation bemüht hat – erfolglos, wie ich hinzufügen sollte. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, fragen Sie Ihren Bordcomputer. Aber eins kann ich Ihnen sagen: Bei der Art und Weise, wie auf dem Planeten der Parath'aa die Rechte der Bevölkerung mit Füßen getreten werden, hätte selbst Herr Pol Pot sich übergeben. Die Herren dieses Planeten sind die letzen, von denen ich möchte, dass sie sich ins Fäustchen lachen.«
Die Parath'aa? Sehr interessant, dachte Wesley.
»Natürlich ist Parathu'ul nicht gerade wegen seiner militärischen Tapferkeit bekannt. Der einzig logische Schluss ist, dass die Führer dieser Welt die schmutzige Arbeit von Söldnern verrichten lassen.«
Kirks Gesichtszüge verhärteten sich. »Wir sind jetzt nach Parathu'ul unterwegs, um festzustellen, ob wir eine Verbindung der Söldner zu den Herrschenden beweisen können. Wenn wir Glück haben, bringen wir noch mehr in Erfahrung. Vielleicht finden wir sogar eine Methode, diese Killer aufzuhalten. Wenn nicht …« – er zuckte die Achseln – »können wir noch immer auf das alte Ouija-Brett{1} zurückgreifen. Kirk, Ende.«
Wesley lächelte grimmig. Tja, das Ouija-Brett. Er kannte Jim Kirk. Sticheleien wie diese waren seine Art des Dampfablassens. Die Tatsache, dass er dies in eine Botschaft an das Flottenkommando eingefügt hatte, war ein Hinweis auf seine heftige Frustration.
Nun ja, Wesley nahm es ihm nicht übel. An Kirks Stelle wäre auch er ganz schön frustriert gewesen. Verdammt, es frustrierte einen schon, sich so was nur anhören zu müssen.
Bei diesem Gedanken wechselte der Schirm wieder zum Abbild Rithras. Wesley seufzte. Viel Glück, Jim, sagte er stumm.
»Die Botschaft ist beendet«, meldete der Funkoffizier.
»Ja, Mr. Ling, hab ich bemerkt. Bestätigen Sie den Empfang der Nachricht.«
»Aye, Sir.«
Der Commodore machte sich die geistige Notiz, Samuels, Uhura und Baila über die Lage der Enterprise zu informieren. Besonders Uhura. Sie würde bestimmt gern wissen wollen, was auf ihrem alten Schiff los war.
»Mein Gott«, sagte Baila, als er durch das Visor auf den rotglühenden Lavastrom schaute, der an der unsichtbaren Barriere entlangfloss. Dann schaute er zum Meer, auf die Dampfwolken. Und wieder: »Mein Gott.«
Uhura lächelte. »Ich weiß. Da fällt einem wirklich nichts mehr ein, was?«
Baila nickte. »Ja. Ja, so ist es.«
Auf der anderen Seite der welligen Wiese dirigierte Samuels den Wiederaufbau der Schirmgeneratoren. Doch der Erste Offizier hatte Baila und sie nicht bemerkt, und Uhura sah keinen Grund, ihn zu stören.
Sie nahm Baila am Arm und zog ihn in Richtung Zeugungszentrum. »Kommen Sie. Wollen wir doch mal sehen, ob wir mit Dab reden können.«
Baila wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute sie an. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Uhura: Warum haben Sie mich mitgenommen? Schließlich sprechen Sie doch ihre Sprache. Wenn sie uns überhaupt etwas erzählen, dann doch höchstwahrscheinlich Ihnen.«
Uhura zuckte die Achseln. »Wissen Sie's noch nicht? Dass vier Augen mehr entdecken als zwei?«
Baila musterte sie durch das Visor. Sein Blick war argwöhnisch. »Das ist doch nicht der Grund.«
»Nein? Welchen könnte ich sonst haben?«
»Keine Ahnung. Vielleicht wollen Sie das Bild, das der Commodore von mir hat, ein wenig aufpolieren?«
»Vielleicht aber auch Ihr Selbstbild?«, erwiderte sie.
Baila murmelte etwas, und als sie auf das Gebäude zugingen, marschierte er an ihr vorbei. »Ich hab nicht um Mitleid gebeten, als ich Sie eingeweiht habe, Uhura.«
Uhura holte ihn ein. »Wer hat denn was von Mitleid gesagt? Ich möchte doch nur, dass Sie Ihren eigenen Wert erkennen – erkennen, dass Sie, trotz allem, was Ihre Familie vielleicht annimmt, etwas aus sich gemacht haben.«
Baila runzelte die Stirn. Seine schwarzen Augen glühten im Licht des Lavastroms. »Was habe ich denn aus mir gemacht? Eine Null?«
»Einen Kom-Offizier auf einem Schiff der Constitution-Klasse, der unter einem der besten Skipper der Flotte dient. Nach meinem letzten Wissensstand ist das nichts, worüber man die Nase rümpft.«
»Ich glaube nicht, dass Wesley mich für eine Kanone hält.«
»Ich glaube, Wesley würde sagen, dass Sie eine Kanone sein könnten, wenn Sie nur aufhören, mit halber Kraft zu arbeiten.« Sie packte seine Schulter und riss ihn herum. »Verdammt noch mal, Baila, Ihre Familie hatte unrecht mit dem, was sie über Sie gesagt hat. Sie hatte verdammt unrecht! Nur weil sie Beccah Talulu ihre Seele verschrieben hat, bedeutet es doch nicht, dass sie ihr auch die Ihre verschreiben können!«
Baila schaute sie an – nicht verärgert, sondern wie ein Kind. Auf seiner Stirn stand der Schweiß. »Was sagen Sie da?«
Sie berührte seine Schulter noch einmal, diesmal etwas sanfter. »Siehst du es denn nicht, mein Freund? Nicht du bist tot – die anderen sind es. Vergiss sie jetzt, Amuntu. Sei ein Mensch.«
Baila holte tief Luft, dann atmete er aus. »Sei ein Mensch«, wiederholte er.
Uhura nickte.
In seinem Inneren schien sich irgend etwas aufzurichten, als erwache sein Geist von neuem und zerschlüge die Bande des schlechten Gewissens und der Selbstzweifel. Die Veränderung war so deutlich, dass Uhura die Luft anhielt.
Vielleicht war dies alles gewesen, was Baila gebraucht hatte: jemanden, der ihn wieder auf Kurs brachte.
Natürlich hatte er noch einen weiten Weg vor sich. Aber nicht nur die Asiaten kannten ein Sprichwort über diesen ersten Schritt. Die Bantu-Philosophen kannten auch einen.
Baila schüttelte den Kopf. »Verdammt, Mädchen, du hast was drauf, weißt du das? Jetzt weiß ich, warum sie dich Freiheit getauft haben.«
Uhura lächelte.
Das Tor zum Zeugungszentrum glitt vor ihnen auf und enthüllte ein völlig schmuckloses Foyer. Es wurde von Beleuchtungskörpern an der Decke erhellt, die das Muster einer Doppelhelix bildeten. Als Uhura Baila hineinführte, fiel ihr auf, wie still es hier drinnen war.
Nicht, dass man gar nichts gehört hätte. Sie vernahm das Klacken ihrer Absätze auf dem Steinboden und den fernen Klang dünner Stimmchen, die sie daran erinnerten, dass sie sich in einer Säuglingsstation aufhielten. Doch im Vergleich mit dem, was draußen vor sich ging, herrschte im Zeugungszentrum die absolute Stille. Und dies gefiel Uhura, denn sie hatte schon beim ersten Besuch in Girin Gatha genug Lärm zu hören bekommen.
Es war niemand da, der sie in Empfang nahm, aber damit hatte sie auch nicht unbedingt gerechnet. Die Korridore, die vom Foyer abzweigten, hätten jedoch nach ihrer Ansicht mit ›Schwestern‹ bevölkert müssen, die sich um die jungen Rithrim kümmerten.
Baila schaute Uhura an. »Glauben Sie, man nimmt es uns übel, wenn wir reingehen?«
Uhura zuckte die Achseln. »Nicht, wenn wir uns zu benehmen wissen.«
Baila deutete auf den mittleren Gang. »Wie wär's mit dem da?«
»Er ist so gut wie jeder andere«, sagte sie.
Und so machten sie sich zusammen auf, um jemanden zu suchen, der sie herumführen konnte. Sie waren noch nicht weit gegangen, als sie am Fenster eines Zimmers vorbeikamen.
Der Raum dahinter sah nicht viel anders aus als in einer Säuglingsstation auf der Erde. Uhura rechnete fast damit, einen Haufen Eltern und Verwandte zu sehen, die sich um die Neugeborenen scharten.
Natürlich sahen die Säuglinge hinter der Scheibe nicht im geringsten menschlich aus. Ihr Teint war von einem weitaus intensiveren Rosa, ihre Augen waren zu klein, und kein Stammhalter auf der Erde hatte je, wie die Rithrim, einen Kamm auf dem Kopf getragen.
»Zu welcher Kaste mögen sie wohl gehören?«, sagte Baila.
Uhura lauschte dem Gewimmer, das die transparenten Wände zwischen ihnen und den Kleinen dämpfte. »Ernter«, sagte sie.
Baila schaute sie an. »Woran erkennt man das?« Und dann, bevor sie ihm antworten konnte, erkannte er es selbst. »Na klar! An der Stimmlage.«
Bei den Rithrim war die Stimmlage angeboren, was aber nicht für andere körperliche Charakteristika galt. Dies war die Methode der Natur, dafür zu sorgen, dass Neugeborene kastenidentifiziert und sofort getrennt werden konnten, bis ihre Kasteneigenheiten feingeschliffen waren.
Baila lugte durch das Fenster und schüttelte den Kopf. »Ist es nicht komisch? Wenn man genau hinhört, klingen sie eigentlich eher wie Erwachsene.«
»Es ist wirklich komisch«, bestätigte Uhura.
»Kann ich Ihnen helfen?«, sagte genau hinter ihnen eine Stimme.
Uhura fuhr herum und erblickte eine Zeugerin, die die Hände an ihre Brust presste. Sie hatten sich so auf die Kleinen konzentriert, dass sie sie nicht hatten kommen hören.
»Ja, gern«, erwiderte sie und tat ihr Bestes, um sich von ihrer Überraschung zu erholen. »Wir suchen Dab.«
»Dab?«, wiederholte die Zeugerin. Dann fügte sie hinzu: »Ich kann Sie zwar zu ihr bringen, aber …«
»Gibt es ein Problem?«, fragte Uhura. »Wir haben erst vor kurzem mit ihr gesprochen, als wir auf unserem Schiff waren.«
Die Rithrim schien kurz nachzudenken. Schließlich deutete sie mit den Händen an, dass sie einen Beschluss gefasst hatte, wenn auch einen ungewissen.
»Nein«, sagte sie. »Kein Problem. Kommen Sie bitte mit.«
Sie folgten der Zeugerin durch den Gang. Bevor sie auch nur fünfzig Schritte zurückgelegt hatten, kamen sie an zwei weiteren Säuglingsstationen vorbei: eine für die Kinder der Baumeister – und eine für die neugeborenen Direktoren.
Zwischen ihnen und der Tür befand sich jedoch ein Fenster mehr. Wie auf allen anderen Stationen wimmelte es auch hier von brüllenden Kleinen.
Uhura lauschte aus reiner Neugier ihrer Stimmlage. Wenn man nach Bailas geneigtem Kopf urteilte, schien er das gleiche zu tun.
Doch hier war etwas eigenartig. Die Kleinen schrien in einer Tonart, die sie nicht einstufen konnte.
Uhura blieb stehen und lauschte angestrengter, nur um ganz sicherzugehen. Doch sie hatte schon beim ersten Mal den richtigen Schluss gezogen. Die Stimmlage war anders – nicht nur bei einem oder zwei Kindern, sondern bei allen.
Baila war ebenfalls stehengeblieben. Er musterte sie eingehend. »Hörst du es auch?«
Uhura nickte. »Und ich habe ein gutes Gehör für solche Dinge.«
Die Zeugerin schaute zu ihnen auf. »Stimmt etwas nicht?«, fragte sie.
»Eigentlich nicht«, versicherte Uhura ihr. »Wir wundern uns nur über die Kinder hier. Ihre Stimmen sind zu tief für Direktoren – und zu hoch für Ernter.«
Die Zeugerin schaute sie hilflos an. »Ich verstehe Ihre Frage nicht.« Ihre Hände blieben völlig stumm – ein äußerst ungewöhnlicher Umstand für eine Rithrim. »Vielleicht kann Dab sie beantworten.«
Uhura nickte. »Vielleicht.«
Die Zeugerin eilte nun so schnell durch die Tür, dass diese kaum Zeit hatte, sich zu öffnen. Uhura und Baila tauschten einen Blick, dann folgten sie ihr hinein.
Silva, ihr Führer auf Parathu'ul, lächelte dünn. Aber natürlich konnte er nicht anders lächeln. Er legte die Spitzen seiner langen, schlanken Finger aneinander und schaute durch den Raum auf die Besucher, die im Augenblick nichts sagten.
»Sie machen eine Spaß mit mich, ja?«, erkundigte er sich freundlich.
»Wir machen uns keine Spaß mit Sie«, erwiderte Kirk. Neben ihm stand Spock, hauptsächlich aus Gründen des Effekts. Kirk war aufgefallen, dass die bloße Anwesenheit des undurchschaubaren Vulkaniers schon ausreichte, um jedermann nervös zu machen, den man aufgrund einer Unregelmäßigkeit verhörte.
Doch die Parath'aa konnten ihr Entsetzen offenbar unterdrücken. Silva stieß sogar einen Laut aus, der wie ein Kichern klang. »Dies ist wirklich eine Überraschung, Captain. Wir sind offen und ehrlich bezüglich unsere Wissen über die Angreifer, das – zugegeben – minimal ist. Und nun Sie machen uns Vorwürfe. Sie sagen, dass wir nicht nur wissen, wer sie sind, sondern sie auch unterstützen – oder sogar ihre Auftraggeber sind.«
»Der Gedanke ist uns gekommen«, sagte Kirk.
Silva schüttelte seufzend den Kopf. »Was für Enttäuschung wir nun spüren, Captain. Was für Trauer. Wir sind hoffnungsvoll auf einen Beitritt in die Föderation, und Sie benehmen sich so.«
»Ich finde, es ist ein interessanter Zufall«, sagte Kirk, »dass Ihr neuer Antrag auf Mitgliedschaft erst kurz nach den Angriffen der Unbekannten auf dieses System in der Föderation eintraf. Man könnte die bemerkenswerte zeitliche Übereinstimmung erörtern. Sie könnten einerseits Ihr Verlangen nach Technologie durch Mittel der Eroberung verfolgen, während Sie andererseits versuchen, das Misstrauen von sich abzulenken, indem Sie sich der Föderation mit scheinbar friedlichen Absichten annähern.«
»Faszinierend, wie Ihr Geist arbeitet, Captain«, sagte Silva gelassen. Er stand auf, schaute aus dem Fenster und ließ den Blick über den großen Platz schweifen. »Was mir angeht, so möchte ich gern darauf hinweisen, dass das Hiersein der Unbekannten vielleicht nur besagt, welch gefährlicher Ort die Galaxis sein kann und wie wichtig es ist, Freunde zu haben und Schutz zu genießen. Ist diese Erklärung von die Ereignisse nicht ebenso vernünftig wie Ihre eigene? Was meinen Sie, Mr. Spock?«
»Sie ist nicht unvernünftig«, sagte Spock vorsichtig.
»Na bitte!«, sagte Silva triumphierend. »Sie ist nicht unvernünftig. Welch höhere Einstufung kann man verlangen als die von eine Vulkanier.«
Kirk warf Spock einen Blick zu, den dieser jedoch unbeeindruckt erwiderte. »Sie ist nicht unvernünftig, Captain«, wiederholte Spock.
»Außerdem«, fügte Silva hinzu, »gibt es keine absolut endgültige Beweis, dass irgendwelche Ausrüstungsgegenstände von Alpha Xaridia II verschwunden sind. Sie sagen selbst, dass die andere angegriffene Welten nicht ausgeraubt wurden. Man hat Verwüstungen angerichtet, ja, schreckliche Verwüstungen …« Er schüttelte sich leicht, als hätte er Mitgefühl. »Aber nichts wurde geraubt. Und nun frage ich Sie: Warum sollten die Unbekannten eine Welt berauben und andere nicht? Andere Welten haben andere Technik, die uns Parath'aa gefällt. Warum werden sie nicht auch bestohlen?«
»Ja, genau darüber habe ich auch nachgedacht«, sagte Kirk. »Ich habe sogar sehr lange darüber nachgedacht. Und wissen Sie, was mir eingefallen ist?«
Silva schüttelte freundlich den Kopf.
»ABC-Mörder«, sagte Kirk.
Silva setzte eine völlig verständnislose Miene auf. Er musterte seine Gefährten, damit sie ihm eine Erklärung lieferten, aber niemand rührte sich. »Wie bitte?«
»Eine Methode, jemanden umzubringen, bei der man sein Motiv verschleiert«, sagte Kirk. »Angenommen, ich will A ermorden. Doch ich befürchte, dass die Tat unweigerlich auf mich selbst als Täter hindeutet – denn jeder, der durch As Tod Vorteile hat, wird zweifellos überprüft.«
»Ja, zweifellos«, bestätigte Silva, obwohl er Kirk noch immer nicht folgen konnte.
»Also ermorde ich A, und kurz darauf B. Und dann C, D, E. Und so weiter. Man geht dabei immer nach dem gleichen Schema vor, was den Behörden zweifellos auffällt. So werden sie den falschen Schluss ziehen, man hätte es mit einer Art Serienkiller zu tun – und nicht mit jemandem, der eigentlich nur einen anderen umbringen will. All dies tut man, um seine Spur zu verwischen.«
»Ich verstehe die Parallele nicht ganz«, sagte Silva.
Kirk ging langsam auf ihn zu und blieb knapp dreißig Zentimeter vor ihm stehen. »Ach, ich glaube, Sie verstehen sie ganz gut«, sagte er. »Die Angreifer haben auf der ersten Kolonialwelt den größten Teil dessen bekommen, was sie haben wollten – wenn nicht gar alles. Aber sie wollen nicht zu erkennen geben, dass sie Instrumente gestohlen haben, die sie mit Ihnen in Verbindung bringen würden. Deswegen greifen sie weitere Kolonien an und konzentrieren sich dort auf reine Zerstörung. Sie rauben nichts. Diesem Kurs folgen sie, bis sie – und Sie – sicher sind, dass die zu Ihnen führende Spur eiskalt ist. Habe ich mich nun klar genug ausgedrückt, Silva?«
Silva schien einen Moment lang zu erbeben, dann sagte er mit leiser und bedrohlich klingender Stimme: »Captain, wir sind freundliche Gastgeber. Aber Sie sind eine unhöfliche Gast. Wir bitten Sie zu gehen.«
Kirk musterte ihn durch zusammengekniffene Augen und wartete darauf, dass der Führer der Parath'aa sich verriet. Doch leider war auch dieses Unternehmen nicht von mehr Erfolg gekrönt als die Strategie, den Vulkanier mitzunehmen. Die Parath'aa waren allem Anschein nach nicht aus der Ruhe zu bringen.
Ohne Silva aus den Augen zu lassen, schnippte Kirk seinen Kommunikator auf. »Kirk an Enterprise. Beamen Sie uns hoch.« Er schloss das Gerät. »Wir behalten Sie im Auge, Silva«, sagte er.
»Genießen Sie die Aussicht, Captain«, sagte Silva gelassen.
Als Kirk und Spock von der Transporterplattform traten, wurden sie von McCoy erwartet. »Nun? Wie ist's gelaufen?«
»Sie haben alles gestanden und sich unserer Gnade völlig ausgeliefert«, erwiderte Kirk.
McCoy grunzte. »Sie waren also verschlossen wie 'ne Auster, was?«
»Kann man wohl sagen.«
Der Wandkommunikator meldete sich. Palmers Stimme erklang. »Brücke an Captain.«
Kirk erkannte schon an ihrem Tonfall, worum es ging. Er trat schnell an das Wandgerät und drückte einen Knopf. »Hier ist Kirk. Wer wird diesmal angegriffen?«
Palmer zögerte nicht einmal, um sich über seine telepathischen Kräfte zu wundern. »Beta Xaridia IV.«
»Kurs eingeben. Maschinenraum informieren, dass wir Warp acht brauchen. Diesmal ist kein Schiff da, das sie ein wenig aufhalten kann. Ich bin unterwegs nach oben.« Er schaltete ab und drehte sich zu Spock um. »Es sieht so aus«, sagte er, als sie aus dem Transporterraum eilten, »dass die Glückssträhne der Administratorin Jarvis und der Kolonisten von Beta Xaridia IV gerade zu Ende geht. Ich kann nur hoffen, dass wir rechtzeitig dort sind, um diesen Prozess zu stoppen.«