»Wir dachten schon, du hättest uns sitzenlassen«, sagte Sam fröhlich, als ich im Wohnzimmer zu ihnen stieß.
»Soviel Glück habt ihr nicht.« Ich wandte mich an Linn. »Wie geht’s unserer Patientin?«
»Besser«, sagte sie, ohne besonders überzeugend zu wirken.
»Ich wollte gerade Weggehen«, sagte Sam. »Ich bin allerdings froh, daß du wieder da bist. Kriegst du die Sonntagszeitung gebracht, oder holst du dir eine?«
»Du wirst keine Zeit haben, irgendeine Sonntagszeitung zu lesen«, sagte ich.
»Ach, wirklich?«
»Du hast einen Fall.«
»Ich weiß, aber…«
»Also mußt du arbeiten. Komm mit.«
Ich nahm sie mit ins Büro und gab ihr die Anweisung, aus dem Stapel von Papieren, die ich aus Pighees Flaus mitgebracht hatte, eine detaillierte Statistik zu erstellen.
»Oh, Daddy!«
»Mach mir Tabellen. Ich will Tabellen«, sagte ich, »Einkommenstabellen. Die Endsummen, Jahr für Jahr, und alle persönlichen Einnahmequellen. Ich will Gruppen mit allen Unterlagen, die du finden kannst. Dann die Ausgabentabellen. Geh alle eingelösten Schecks durch und ordne sie. Dann sieh dir die nicht abgehefteten Rechnungen an, stell fest, ob sie mit den Schecks übereinstimmen. Wir suchen nach ungewöhnlichen Dingen, aber wir müssen zuerst wissen, was gewöhnlich ist. Eine komplette Analyse also.«
»Komplett?«, fragte sie, ohne recht zu wissen, was ich eigentlich von ihr wollte.
»Genau. Ich schieb dir dein Essen unter der Tür durch, und wenn du Ende der Woche nicht fertig bist, bist du gefeuert.«
»Oh, Daddy!«
Linn lehnte sich mit geschlossenen Augen auf meinem Eßzimmerstuhl zurück.
»Hat sie Ihnen was zu essen gegeben?« fragte ich.
»Ich bin nicht besonders hungrig. Ich esse morgens nicht so gern.«
»Schwanger?«
Sie sah mich an, sagte aber nichts. Dann legte sie ihren Kopf in den Nacken und sagte: »Ich wäre ja so glücklich.«
Ich machte mir an dem Toaster zu schaffen und wärmte Sams Kaffee auf. Dann kämpfte ich mich durch die Biervorräte und holte mir einen Orangensaft aus dem Kühlschrank. Solchermaßen gestärkt, setzte ich mich an meinen Schreibtisch im Wohnzimmer. »Sind Sie jetzt in der Lage, mir ein paar Fragen zu beantworten?«
Ohne die Augen zu öffnen, sagte sie: »Ich glaube schon.«
»Seit er seine Arbeit in den Forschungslabors aufgenommen hat, arbeitete John nur noch Teilzeit im Verkauf. Das ist jetzt - hm, ungefähr zwei Jahre her. Warum ist sein Einkommen nicht gesunken? Ich bin seine Einlagen durchgegangen, und sie steigen regelmäßig an, ohne den kleinsten Knick, der darauf hinweist, daß er irgendwann sein Arbeitsschema geändert hat.«
»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Über seine Geldangelegenheiten weiß ich nicht Bescheid.«
»Wissen Sie, wieviel er verdiente?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Na schön«, sagte ich. »Dann noch etwas anderes. Hatte er einen Wagen?«
»Natürlich.«
»Wo ist er?«
»Ach, du liebe Güte!« sagte sie. Dann zögerte sie. »Steht er denn nicht in der Garage?«
»Nein. Da ist nur Ihrer. Der Ford gehört doch Ihnen, oder?«
»Ja. Sein Wagen steht nicht in der Garage? Oh, Moment mal. Es war ein Firmenwagen - könnte das etwa damit zu tun haben? Ich habe einfach nie darüber nachgedacht. Ich habe auch nicht nachgesehen.«
»Sie waren nicht in der Garage, seit es passiert ist?«
»Nein«, sagte sie. »Ich denke, der Wagen stand wohl noch auf dem Firmengelände. Da haben sie ihn sicher wieder zurückgenommen. Oder so etwas. Vielleicht weiß Walter mehr darüber.«
»Der Anwalt?«
»Johns gesamte Post geht jetzt an ihn.«
Ich nickte. »Als ich am Haus ankam«, sagte ich, »trat Ihre Schwägerin gerade aus der Haustür.«
»Die alte Hexe. Sie hat einen Schlüssel. Ich habe abgeschlossen, bevor ich ging, aber sie hat einen Schlüssel für die Haustür.«
»Was könnte sie im Haus gewollt haben?«
»Herumschnüffeln. Sie will das Haus haben. Ich bin sicher, daß es das ist. Sie hat früher für uns den Haushalt gemacht. Für John jedenfalls. Alles hatte seinen festen Platz. Wie angeschraubt ans Regal. So wie John es gern hatte. Seit dem Unfall schleicht sie sich nur noch manchmal morgens hinein, wenn sie denkt, ich schlafe noch. Es ist nicht so, als könnte ich nicht selbst ein Haus führen, aber sie denkt, John ist von Gott persönlich auserwählt, und sie ist alle dreizehn Apostel gleichzeitig. Im April habe ich eine Mausefalle aufgestellt. Wenn eine Maus reingegangen wäre, hätte ich das Tier für sie in der Diele gelassen. Sie hätte es ohne einen Muckser beiseite geschafft.«
Das war die längste Rede, die ich je von ihr gehört hatte. Und ziemlich unmißverständlich. Da sie gerade in so direkter Stimmung war, fragte ich: »Linn, sind Sie sicher, daß Sie seit dem Unfall das Haus nicht mehr verlassen haben?«
Diese Frage ließ sie hochfahren, und sie sah mich an. »Sie meinen, vor gestern?«
Ich nickte.
»Natürlich bin ich mir da sicher.«
»Auch nicht, um Essen zu kaufen oder so etwas?«
»Das erledige ich telefonisch; ich lasse mir alles liefern. Was soll die Frage, Mr. Albert? Ich sollte doch wohl wissen, ob ich draußen gewesen bin oder nicht.«
»Nicht mal bis zur Garage?«
Sie sah mich einfach nur an.
»Ich habe den Wagen in der Garage angelassen. Ihren Wagen.«
»Und was ist damit?«
»Er ist angesprungen. Sofort. Wenn ihn in den letzten sieben Monaten niemand bewegt hätte, wäre er nicht angesprungen. Wer benutzt den Wagen? Ganz gewiß doch nicht Mrs. Thomas.«
»Sie hat ihn einmal in einen Telefonmast gerammt, nur weil er mir gehört«, sagte Linn. Dann legte sie den Kopf zurück, schloß die Augen und sagte gar nichts mehr.
Ich wartete. Dann sagte ich: »Nun?«
»Das Auto wird manchmal benutzt.«
»Von wem?«
»Es gibt da einen Jungen, der mir meine Medizin bringt…«
»Dougie? Der Basketballspieler?«
»Sie kennen ihn?«
»Ich bin ihm begegnet, als ich das erste Mal bei Ihnen war.«
»O ja«, sagte sie, ohne sich wirklich deutlich zu erinnern.
»Und die Medizin ist Schnaps und kommt mit der normalen Zustellung. Ich sehe nicht, wie das mit der Benutzung des Wagens zusammenhängt.«
»Nun, Dougie hat selbst keinen Wagen, und das Spirituosengeschäft, in dem er arbeitet, führt strenge Tabellen über den Meilenstand in dem Lieferwagen. Also leihe ich ihm manchmal meinen Wagen. Und er macht spezielle Besorgungen für mich. Es gibt ein paar Sachen, die man sich nur schwer ins Haus bringen lassen kann. Er macht einige meiner besonderen Einkäufe. Bücher und Sachen aus dem Drugstore. Er hilft mir ziemlich viel.«
»Und Sie leihen ihm dafür Ihr Auto?«
»Ja«, sagte sie. »Er hat eine Freundin, und es ist gar nicht so leicht hier, ohne Auto. Ich wünschte nur, er würde es öfter benützen, wirklich. Er ist ein sehr vorsichtiger Junge. Ganz anders als die meisten ändern in seinem Alter. Und jedesmal muß Mrs. Stielauge Thomas denken, daß ich es bin, die ausgeht, und das macht mir großen Spaß.«
»Ist die Sache mit dem Wagen alles, was Sie für Dougie tun?«
»Sie meinen Geld?«
»Nein.«
Sie zögerte, bevor sie sagte: »Ich fühle mich einsam. Sehr einsam. Ich bin nicht dafür geschaffen, allein zu leben. Das macht mich ganz krank.« Sie hielt inne. »Denken Sie nicht schlecht von mir.«
»Das tue ich nicht«, sagte ich.
Sie schwieg.
»Sind Sie in der Lage, ein Telefongespräch für mich zu führen?«
»Ein Telefongespräch?«
»Mit Walter Weston. Weil Sie gestern… ein bißchen außer Form waren, konnte ich nicht zu ihm fahren. Ich habe mich gefragt, ob Sie ihn vielleicht bitten könnten, heute nachmittag kurz in sein Büro zu kommen, damit ich diese Papiere von John durchgehen kann.«
»Das wird ihm aber gar nicht gefallen«, sagte sie. Und setzte sich auf. »Wo ist das Telefon?«
Sie sprang ziemlich hart mit ihm um. Drohte, ihre Angelegenheiten woanders hinzubringen, und das war offensichtlich genug, um ihn aus den Trivialitäten eines Tages zu Hause mit der Familie herauszureißen. Sie legte drei Uhr nachmittags als passenden Zeitpunkt fest. Ich spendete ihr eine Runde Applaus, nachdem sie eingehängt hatte.
Aber sie sagte nur ruhig: »Ich mag ihn nicht besonders. Ich mag viele Leute nicht besonders. Kann ich jetzt ins Bett gehen?«
»Klar.«
*
Gegen zwölf brachte ich Sam eine Tasse Kaffee und einen Satz Farbstifte. Sie arbeitete hart und ließ sich auch durch meine Unterbrechung nicht stören. Eines Tages würde sie für irgend jemanden eine gute Privatdetektivin abgeben.
Um halb drei brach ich auf, traf auf der Treppe jedoch einen Besucher, der auf dem Weg zu uns war. Die zunehmend vertrautere Gestalt von Raymond McGonigle.
»Meine Mutter war ein bißchen spät dran mit dem Essen«, sagte er. »Sonst wäre ich früher gekommen.«
Ich nehme an, er hat noch kurz dagestanden und beobachtet, wie ich das Haus verließ.
*
Weston beobachtete mich, wie ich hineinkam. Er ließ keinen Zweifel daran, was er von der Situation hielt.
»Das gefällt mir überhaupt nicht«, sagte er. »Sie scheinen Linn Pighee ja ganz gut im Griff zu haben.«
»Nur, weil sie Fragen stellt?«
»Ich dachte, Sie arbeiten für Johns Schwester.«
»Habe ich auch getan. Jetzt arbeite ich für Mrs. Pighee.«
»Ich habe ja zu meiner Zeit eine Menge mieser Gauner gesehen«, sagte er, »aber Sie scheinen auf einem Niveau zu arbeiten, das mir neu ist.«
Ich sah ihm direkt in die Augen. »Die Sache mit John Pighees Unfall stinkt einfach«, stellte ich fest. »Und ich weiß nicht, ob Sie eine Quelle des Gestanks sind oder ob nur ein wenig davon auf Sie abgefärbt hat. Ich muß mir selbst meine Integrität nicht beweisen. Aber seien Sie nicht allzu überrascht, wenn ich Sie nicht mit Glacehandschuhen anfasse.« Ich zog Linns Brief mit den Anweisungen für ihn heraus und gab ihn ihm. »Ich habe jetzt das Recht, mir die Dokumente anzusehen, die Ihre Klienten John und Linn Pighee betreffen. Würden Sie sie bitte holen?«
Er studierte das Papier. Dann gab er nach und holte mir einen großen, mit einem Band verschlossenen Aktenordner. Während ich ihn öffnete, setzte er sich. »Das sind die wesentlichen Unterlagen aus den sechs Jahren, in denen ich die Pighees jetzt vertrete. Sagen Sie mir, was Sie sehen wollen, und ich sage Ihnen, ob ich es Ihnen zeigen kann.«
»Ich nehme die Akten einfach mit nach Hause, ja, und gehe alles durch, ohne daß Sie hier sitzen und warten müssen.«
»Den Teufel werden Sie tun«, sagte er.
Ich lächelte. Dann fragte ich nach den Entschädigungspapieren. Er suchte mir ein fünfseitiges Dokument heraus. Ich warf einen Blick darauf. Ein privater Vertrag. Der weder Loftus noch irgendeine namentlich genannte Versicherungsgesellschaft einschloß. »Dies ist eine zusätzliche Vereinbarung zu der Basisversicherung durch die Firma, nicht wahr?«
»Ja.«
»Erzählen Sie mir etwas über Pighees Geld. Wird es jetzt direkt an Sie gezahlt?«
»Kopien von allen Unterlagen gehen an Linn«, sagte er, wie zu seiner Verteidigung. »Aber ich verwalte die Konten. Sie schreibt die Schecks aus.«
»Wieviel Geld kommt im Augenblick herein?«
»John erhält seinen vollen Lohn.«
»Und der wäre?«
»Etwa zwölfhundert Dollar brutto im Monat«, sagte er widerwillig.
»Hm«, sagte ich. »Und wo kommt das Geld her?«
»Von der Firma natürlich«, sagte Weston.
»Mit einem Scheck?«
»Nein. Wie ich die Sache verstanden habe, ist John zweigleisig gefahren und wird daher von zwei Abteilungen bezahlt.«
»Wieviel ist das jeweils?«
»Nun, die Bruttobeträge machen von der Verkaufsseite fast siebenhundert aus, und von der Forschungsseite etwas über fünf.«
»Wer stellt die Schecks auf der Forschungsseite aus?«
»Die Schecks?«
»Wer unterschreibt sie?«
»Johns Arbeitgeber. Henry Rush.«
»Sein Arbeitgeber? Ich dachte, Loftus wäre…«
»John hatte einen persönlichen Dienstvertrag mit Henry Rush. Das ist auch der Grund für Rushs Beteiligung an dieser Art Unfallversicherung. Wie er abgesichert ist, weiß ich nicht. Aber John hat den Vertrag unterzeichnet und mir Rushs Unfallpolice übergeben. Er wußte genau, wie er die Dinge haben wollte.«
»Pighee hat also den Entschädigungsvertrag gemacht. Sie haben ihn nicht selbst verhandelt.«
»Das habe ich nie behauptet.«
»Nein«, gab ich zu, »das stimmt. Wie ist die Sache abgelaufen?«
Er seufzte, gab mir jedoch eine Antwort. »Als er anfing, im Labor zu arbeiten, also vor ungefähr zwei Jahren… warten Sie« - er überprüfte das Datum auf den Verträgen »vor zweiundzwanzig Monaten kam er zu mir und erklärte mir, daß er in Zukunft mit gefährlichen Substanzen arbeiten würde.«
»Das hat er gesagt?«
»Ja.«
»Welcher Art waren diese Substanzen?«
»Weiß ich nicht. Nach dem, was geschehen ist, offensichtlich hochexplosiv.«
»Er sagte ›Substanzen‹?«
»Soweit ich mich erinnern kann, ja.«
»Hätte es sich um irgendwelche krankheitserregenden Substanzen handeln können? Wie Bakterien oder Viren?«
»Das weiß ich nicht. Aber solche Dinge fliegen für gewöhnlich nicht in die Luft, oder?«
»Aber er ist nicht konkreter geworden?«
»Nein. Bis auf die Tatsache, daß sie gefährlich wären, potentiell gefährlich. Und er sagte, er habe Schritte unternommen, damit Linn für den Fall, daß ihm etwas zustieße, abgesichert wäre.«
»Und seine Schwester?«
»Sie bekommt ebenfalls regelmäßig Geld. Er hat mir diese Papiere von Henry Rush gebracht. Damit ich sie aufbewahre. Als der Unfall passierte, ist Rush sofort seinen Verpflichtungen nachgekommen. Wir hatten keinen Grund zur Klage.«
»Hat denn Rush auch vor dem Unfall Pighees Lohn bezahlt?«
»Vor dem Unfall war ich nicht für Johns Geldangelegenheiten zuständig. Er hat alle Konten selbst geführt.«
»Unter den Dokumenten, die er Ihnen übergeben hat, befand sich auch eine Verzichtserklärung bezüglich jeder direkten Forderung gegenüber Loftus oder ihrer Versicherung?«
»Jawohl.« Er zeigte mir die betreffende Stelle.
»War das das einzige Dokument, das er Ihnen gebracht hat? Die einzige Absicherung für alle Fälle?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Er hat ein Testament gemacht.«
»Irgend etwas Ungewöhnliches dabei?«
»Er hat spezielle Legate gemacht - der Hauptteil seines Vermögens geht an seine Frau und der Rest an seine Schwester.«
»Hat er auch gesagt, warum?«
»Er sagte, seine Schwester solle alle langfristigen Tantiemen als Einkommen erhalten.«
»Tantiemen?«
»Ja.«
»Tantiemen von was?«
Zum ersten Mal lächelte Weston. »Das weiß ich nicht. Aber John hatte Pläne.«
»Aber alles, was er erfand oder entdeckte, während er für Loftus arbeitete, würde doch Loftus gehören.«
»Vielleicht war das einer der Gründe für diesen persönlichen Dienstvertrag.«
»Aber wenn er in ihren Labors arbeitet, dann würde doch sicher…«
»Vielleicht hatte er die Absicht, einen Volltreffer zu landen. Das würde ihm gar nicht unähnlich sehen.«
Ich zuckte die Achseln. »Hat er noch weitere Instruktionen hinterlassen?«
»Einen Umschlag.«
»Oh?«
»Einen Umschlag«, sagte Weston mit einem Seufzer, »der erst nach seinem Tod geöffnet werden darf.«
»Sie machen Witze.« Ich lachte.
Er stimmte jedoch nicht in mein Gelächter ein.
»Was ist in dem Umschlag?« fragte ich.
»Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie ihn denn nicht aufgemacht?«
»Natürlich nicht. Er ist ja nicht tot.«
»Ist der Umschlag hier?«
»Ich kann ihn holen«, sagte er. »Aber wir dürfen ihn nicht öffnen.«
»Ich will ihn nur sehen«, sagte ich. »Ich möchte ihn berühren und gegen das Licht halten, wie ein Weihnachtsgeschenk. Es gibt kein Gesetz, das das verbietet, oder?«
Er holte den Umschlag aus dem Safe.
Es war ein dicker, brauner Umschlag, versiegelt mit einem Wachsabdruck. Wie Weston bereits gesagt hatte, stand darauf: »Nicht vor meinem Tod öffnen.« Unterschrieben und datiert. Es war ein richtiges dickes Paket. Ich konnte nicht widerstehen. Ich riß es auf.
»He!« Weston war außer sich.
»Ich hab’s noch nie bis Weihnachten aushalten können«, sagte ich.
»Sie haben sich strafbar gemacht.«
»Soweit es mich betrifft, war der Umschlag bereits offen, als Sie ihn mir gebracht haben«, sagte ich. »Und Sie waren ziemlich eingeschnappt, als ich Ihnen sagte, Sie hätten nicht hineingucken dürfen.«
Ich schüttete den Inhalt des Umschlags auf den Tisch. Es war ein weiterer Umschlag. Darauf stand zu lesen: »Bitte unverzüglich an Marcia Merom, 4901 Washington Boulevard, aushändigen.«
Das war interessant, aber ich war nicht in Stimmung für halbe Sachen. Also riß ich auch den zweiten Umschlag auf.
Er war voller Geld. Zweiundzwanzigtausend Dollar. In gebrauchten Hundertdollarscheinen.