28

Sam war nicht zu Hause, als ich zurückkam. Bei der vielen Arbeit, die ich ihr gegeben hatte, konnte sie eine ganze Woche brauchen.

Ich saß da und brütete vor mich hin. Sah meine Notizen durch. Es gab viele Dinge, die mir Sorgen machten. Dann klingelte das Telefon.

»Al?«

»Albert Samson, Privatdetektiv. Treibt Schulden ein. Und Scheidungen voran. Rabatte für Minderheitengruppen. Wie zum Beispiel Polizisten.« Es war Miller.

»Bist du fertig?«

»Nicht fertig, aber der Countdown ist gerade bei neun angekommen.«

»Kannst du herkommen? Ich möchte mit dir reden.«

»Wann?«

»Jetzt«, sagte er. Er klang ernst. Ernster als gewöhnlich.

»Was ist los?«

»Ich würde es vorziehen, mit dir persönlich zu sprechen.«

»Ich mag keine Überraschungen, Jerry.«

»Es geht um deinen Fall. Pighee, der Bursche, der den Unfall hatte.«

»Was ist mit ihm?«

»Komm her, Albert«, sagte er ruhig. Und dann: Zwing mich nicht, eine Staatsangelegenheit draus zu machen.«

Ich hinterließ Sam eine Nachricht und ging zum Gebäude der Stadtverwaltung.

*

Miller saß an seinem Schreibtisch und wartete auf mich. Er tat nicht einmal so, als täte er etwas anderes. Das machte diese Begegnung zur wichtigsten geschäftlichen Unterhaltung, die wir je gehabt hatten. 

»Also, was’n los?« fragte ich. Ich setzte mich.

Statt mir zu antworten, faltete er die Hände.

»Ich komm dann später wieder, wenn du sprechen gelernt hast«, sagte ich. »Überraschungen sind schon schlimm genug, aber in die Länge gezogene Überraschungen sind unerträglich.«

»Es ist schwierig«, sagte er.

Nun war es an mir, schweigend zu warten.

»Du hattest recht mit dem Pighee-Fall«, sagte er endlich.

»Was? Du meinst, die Fingerabdrücke zeigen, daß es nicht Pighee ist?«

»Nein. Es ist durchaus Pighee. Du hattest recht, daß da etwas Größeres im Gange war, als es den Anschein hatte.«

»Du hast etwas herausgefunden«, sagte ich. Manchmal braucht man eine Wünschelrute, um in Erfahrung zu bringen, worauf die Leute hinauswollen.

»Ich hatte heute zwei Besprechungen mit Captain Gartland. Ich möchte nur, daß du weißt, daß du eine untrügliche Nase hast.«

»Bekomme ich jetzt eine Medaille von der Polizei oder was?«

»Wußtest du, daß Pighee ein… FBI-Agent war… ist?«

»Ein was?«

»Ein FBI-Agent.«

»Ich würde nicht vor Gericht beschwören, daß ich es jetzt weiß«, sagte ich.

»Es stimmt aber.«

»Wer sagt das?«

»Gartland sagt das«, sagte Miller auf eine Art und Weise, die keinen Platz für Zweifel ließ.

»Du meinst wirklich das FBI?«

»Ich meine das FBI.«

Nun hatte ich etwas, worüber ich nachdenken konnte. Statt dessen redete ich. »Wenn das stimmt, ist das noch immer keine Erklärung für die Dinge, die ich erklärt haben möchte. Es sei denn, du willst mir erzählen, daß Loftus eine subversive Front ist und daß das FBI die Firma mit Kamikaze-Chemikern infiltriert hat.«

»Ich weiß nicht, was er dort getan hat oder warum er in die Luft geflogen ist.«

»Aber was weißt du denn, Jerry?«

»Gartland hat mich heute morgen angerufen. Er sagte, man habe ihn über dein Interesse an Pighee informiert und insbesondere über deinen Besuch im Krankenhaus. Er sagte, er habe deine Akte durchgesehen und…«

»Meine Akte!« unterbrach ich.

»Jawohl.«

»Was für eine Akte?«

»Tja«, sagte er unangenehm berührt, »die Akte, die wir über dich haben. Wir haben dich vor ein paar Jahren bei einem Einbruch erwischt. Einbruch und unerlaubtes Betreten.«

»Und die Anklagen wurden fallengelassen, und darum geht es eigentlich gar nicht.«

»Tja«, sagte er. Und biß schließlich in den sauren Apfel. »Wir haben Unterlagen über alle Privatdetektive hier vor Ort.«

»Sch… Die Staatspolizei vergibt die Lizenzen. Ihr könnt vielleicht Listen führen, aber…«

»Ehrlich, Al. Akten.«

»Über Leute mit verdächtigen Berufen, ja? Eine inoffizielle Akte? Oder vielleicht führt ihr ja Akten über alle verdächtigen Leute.«

»Nun ja«, sagte er, »sozusagen.«

»Maoisten, Fremdenlegionäre und Albert Samson?«

»Du machst aus einer Mücke einen Elefanten. An unserer Stelle würdest du auch Zugang zu Informationen über - nun ja, interessante Leute hier in der Stadt haben wollen. In Wirklichkeit handelt es sich um Akten über Leute, die vielleicht irgend etwas wissen, Leute, die uns schon früher mal geholfen haben oder…«

»Nixon hatte seine Haßliste. Ich wäre gar nicht überrascht, wenn ihr eure hättet. Nach dem, was ich im Star darüber gelesen habe.«

Er ließ mir diese Bemerkung ohne Erwiderung durchgehen. Zum Ausgleich. Der Star mußte sich monatelang abstrampeln, um zu beweisen, daß er recht gehabt hatte: Die Polizei von Indianapolis hatte tatsächlich ihre Schmiergeldquote gewaltig überschritten. Eine Weile sah es so aus, als würden die beiden betroffenen Reporter wegen falscher Anschuldigung im Gefängnis landen. Aber die Gerechtigkeit siegte. Zumindest ein Teil der Gerechtigkeit. Der Polizei wurden Planstellen gestrichen, und der Rest der korrupten Infrastruktur erhielt eine geziemende Verwarnung, auch in wirtschaftlich harten Zeiten vorsichtig zu sein. Richter und solche Leute.

»Ich sitze zwischen zwei Stühlen, Al.«

»Du brichst mir das Herz. Und nun weiter im Text. Pighee, der FBI-Mann.«

»Warum machst du es mir so schwer? Ich dachte, wir wären Freunde.«

»Wo hast du das denn gelesen?«

»Na schön! Hör zu. Gartland sagt, du sollst dich aus dem Pighee-Fall raushalten. Pighee und einige der anderen Leute da sind vom FBI, und du sollst sie in Ruhe lassen.«

»Und wenn ich das nicht tue?«

»Du scheinst die Situation nicht zu verstehen, Al.«

»Und ob ich das tue.«

»Gartland wollte direkt Vorgehen, aber ich sagte, es wäre besser, wenn ich mit dir spreche, und daß du ein vernünftiger Bursche bist. Daß man dich überzeugen könnte, wenn es einen guten Grund dafür gibt, deine Nase irgendwo nicht hineinzustecken. Du gibst doch zu, daß es Dinge auf der Welt gibt, die zu wissen du kein Recht hast, oder?«

»Ich nehme es an.«

»Nun, das ist eins davon. Aber du brauchst nicht mit mir darüber zu reden. Sprich mit Gartland.«

Ich dachte einen Augenblick nach. Und fragte dann: »Wie meinst du das, Gartland wollte ›direkt‹ Vorgehen? Was heißt ›direkt‹?«

»Frag ihn das. Und jetzt komm.«

»Jetzt?«

»Jetzt.« Er stand auf und ging voran. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

*

Vom Aufenthaltsraum der Polizisten aus gesehen, war das Büro des Chefs der Mordkommission das erste hinter der Rezeption. Gartland, ein Berufsoffizier von Ende Fünfzig, genoß, als Miller mich hineinführte, gerade den Ausblick aus dem dritten Stock über die Dächer der städtischen Markthallen. 

»Soll ich bleiben?« fragte Miller.

Gartland drehte sich um und winkte mich zu einem Sitzplatz. »Im Gebäude, Miller, aber nicht im Zimmer«, sagte er.

Miller schloß die Tür hinter sich.

»Nun, was ist das für eine Geschichte?« fragte Gartland.

Er versuchte, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Nachdem er mich hatte zu sich bringen lassen, tat er nun so, als wäre ich derjenige, der etwas von ihm wollte. Ich sagte gar nichts, sondern setzte mich nur.

Nach einer Weile grinste er und wandte sich einer der oberen Schubladen seines Schreibtischs zu. »Raucher?«

»Nein.«

Er nahm eine Zigarette aus der Schublade, zündete sie bedächtig mit einem Taschenfeuerzeug an, inhalierte tief und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Lieutenant Miller hat Sie ins Bild gesetzt?«       

»Er sagt, Sie wollen, daß ich eine vollkommen legale Nachforschung, für die man mich engagiert hat, beenden soll.«

»Sie sind alte Freunde, wenn ich recht verstanden habe.«

»Außerhalb der Geschäftsstunden.«

»Was doch heißen sollte, daß Sie ein gewisses Vertrauen in sein Urteil haben?«

»Bis zu einem bestimmten Punkt.«

»Miller ist ein guter Beamter, finde ich«, sagte Gartland.

»Er ist nicht besser als irgend jemand sonst, wenn es darum geht, ohne vernünftige Informationen Entscheidungen zu treffen. Mein Eindruck ist, daß er nur eins weiß, nämlich daß Sie etwas von ihm wollen und daß Sie sein Vorgesetzter sind.«

»An der Sache ist mehr dran als das.«

Ich saß da und schwieg.

»Das FBI«, sagte Gartland, »hat nun schon seit einiger Zeit ein spezielles Projekt laufen, in dessen Mittelpunkt die Loftus Pharma steht.«

»Was heißt ›seit einiger Zeit‹?«

»Seit ungefähr sieben Jahren. Ein wenig mehr.«

»Und wann haben Sie zum ersten Mal davon gehört -heute?«

»Wir wußten von Anfang an Bescheid. Die beiden Agenten, die den Fall leiteten, haben uns in groben Zügen über die Natur der Arbeit, die sie dort taten, informiert und…«

»Zwei? FBI-Agenten?«

»Einer davon aus Washington. Ein Mann von hier, der eigens für dieses Projekt rekrutiert wurde. Ein Mann, den ich, das muß ich sagen, gut kenne. Mit dem ich im Krieg zusammengearbeitet habe und dessen persönliche Referenzen allerhöchsten Ranges sind.«

»Sie sagen, man hätte Sie informiert. Heißt das im Klartext, daß man die Polizei nicht in das eigentliche Geheimnis eingeweiht hat?«

»Das können Sie daraus schließen, ja.«

»Und ich gehe davon aus, daß diese beiden Burschen Ausweise hatten.«

Er sog den Rauch ein und sagte dann: »Davon können Sie ausgehen, ja.«

»Wer ist der eigens für diesen Job rekrutierte Agent?«

»Das, Mr. Samson, ist genau betrachtet nicht Ihre Angelegenheit. Aber«, sagte er mit gewichtigem Gehabe, »Sie können davon ausgehen, daß das Objekt Ihrer Nachforschungen, John A. Pighee, mit der Sache zu tun hatte und daß Ihre weiteren Erkundigungen über seine Funktion bei Loflus das Leben anderer Menschen, die an dem Projekt arbeiten, gefährden würden. Ihre fortgesetzten Nachforschungen würden, bei allem Respekt, dem allgemeinen öffentlichen Interesse zuwiderlaufen.«

»Was«, fragte ich, »ist die ›Natur‹ des Projekts?«

»Negativ.«

»Aber wie soll ich denn -?«

Er unterbrach mich. »Ich bin im Interesse der Öffentlichkeit verpflichtet, Sie zu bitten, Ihre Nachforschungen einzustellen und Ihre Klientin so gut es geht zufriedenzustellen, ohne auch nur das zu enthüllen, was Sie bereits wissen.«

»Das wird nicht leicht sein«, sagte ich.

»Sie haben mein volles Mitgefühl.«

»Sehen Sie, Sie erzählen mir, daß Pighee mit einem FBI-Projekt zu tun hatte.«

»Das tue ich.«

»Hat er für das FBI gearbeitet?«

»Ja, hat er. Tut er noch. Natürlich hoffen wir wie alle, daß er wieder ganz gesund wird.«

»Und er wußte, daß seine Arbeit gefährlich war?«

»Das ist anzunehmen.«

»Na schön«, sagte ich. »Wenn Sie mir das Projekt grob umreißen könnten - ich werde mein Bestes für Sie tun.«

Gartland wäre mir beinahe an die Gurgel gesprungen und machte damit seinen vorangegangenen Erfolg in Sachen Selbstkontrolle zunichte. »Samson, Sie scheinen Ihre Lage falsch einzuschätzen. Ich bitte Sie nicht, irgend etwas zu tun. Ich befehle es Ihnen.«

»Ich höre, daß Sie versuchen, einem Zivilisten, der vollkommen rechtmäßig seinem Geschäft nachgeht, Befehle zu erteilen. Aber was ich tue, ist meine Entscheidung.«

»Sie haben keine Wahl«, sagte er.

»Ach?«

»Die einzige Entscheidung liegt bei mir. Ob ich Ihrem heiligen Versprechen, mit uns zusammenzuarbeiten, genügend vertraue, um Sie aus dem Haus zu lassen.«

»Sie können mich nicht verhaften.«

»Das hatte ich ursprünglich auch nicht vor«, sagte er nebulös. »Aber falls Sie sich als eine Gefahr für die Öffentlichkeit entpuppen sollten, kann ich Sie aus dem Verkehr ziehen. Machen Sie sich da keine Illusionen. Ich kann und ich tue es auch.«

»Ich will einen Anwalt«, sagte ich. Und stand auf.

»Setzen Sie sich, Samson!«

»Stehe ich unter Arrest?«

»Setzen Sie sich«, sagte er noch einmal, diesmal aber etwas ruhiger. Ich dachte mir das ›Bitte‹ als beabsichtigt, wenn auch unausgesprochen dazu. Und setzte mich.

»Der Grund dafür, daß Sie überhaupt hier sind, ist der, daß Sie kein vollkommen Unbekannter für uns sind.« Es gab eine Menge, was ich dazu hätte sagen können, aber ich machte mir weniger Sorgen darum, meine Argumente vorzubringen, als darum, nach Hause zu kommen und mich endlich wieder um meine verkrüppelte Tochter kümmern zu können. »Wie ich höre, haben Sie uns, im Laufe der Jahre bei mehreren Gelegenheiten unterstützt. Lieutenant Miller verbürgt sich für das, was er Ihre grundehrliche Einstellung nennt, ebenso wie für ein gewisses Maß von Intelligenz bei Ihnen.«

Ich dankte Miller im Stillen für diese Einschätzung.

»Auf der anderen Seite, wenn man die Unterlagen der Fälle studiert, die von Ihnen und gegen Sie eingebracht worden sind…«

»Augenblick mal…«

»Den guten Dingen gegenüber«, fuhr Gartland beharrlich fort und schwenkte einige Papiere, »befindet sich in dieser Akte ein klarer Beweis für einen Hang zur Verantwortungslosigkeit. Ehrliche Verantwortungslosigkeit, aber immerhin Verantwortungslosigkeit.«

Ich hörte auf zu protestieren. Er war am Schlag.

»Sie zeigen eine mangelnde Bereitschaft, sich mit Leuten zu besprechen, auf ihr Urteil zu hören. Sie scheinen Ihre eigenen Schlüsse zu ziehen und daraufhin zu unbesonnenen Handlungen zu neigen.«

»Wenn in einem Napf Wasser ist, dann trinke ich auch daraus.«

»Ihr Abstecher ins Entropist Hospital ist ein neuerlicher Beweis dafür. Sie haben das Leben eines Patienten gefährdet, um den Beweis zu erbringen, daß er nicht derjenige war, der er ist.«

»So hat es vielleicht ausgesehen«, sagte ich scharf. »Aber die eigentliche Absicht dahinter war, die Leute dazu zu bringen, endlich auf unbeantwortete Fragen zu reagieren. Und meine Anwesenheit hier scheint zu beweisen, daß ich Erfolg damit hatte.«

»Aber dabei das Leben eines Mannes zu riskieren?«

Ich begann meinen Standpunkt näher zu erläutern, aber er hob die Hand, um mich zu bremsen. Ich bremste. Die Eskapade im Entropist gehörte nicht gerade zu meinen Glanzleistungen, gleichgültig, welche Rechtfertigungen und Resultate dahinter standen. 

»Nein«, sagte er. »Aber ich muß herausfinden, was für eine Art Mensch Sie sind. Sie wissen oder vermuten Dinge, die eine Reihe von Menschenleben in Gefahr bringen könnten. Die Frage ist nun, ob man Ihnen vertrauen kann; ob Sie verantwortungsbewußt handeln.«

»Halten Sie es für wahrscheinlich, daß ich losrenne und irgendwelchen Leuten einen Wink gebe? Leuten, denen der Gedanke, daß Loftus in ein FBI-Projekt verwickelt ist, vielleicht nicht gefällt?«

»So könnte man es ausdrücken, ja.«

»Nun, es ist nicht wahrscheinlich, daß ich irgend jemandem einen Wink gebe. Selbst wenn ich wüßte, an wen ich mich da wenden müßte.«

»Tja, dann«, sagte Gartland, »wenn ich Ihr Versprechen habe, daß Sie Ihre Nachforschungen umgehend einstellen…« Er wartete.

»Innerhalb vernünftiger Grenzen«, sagte ich.

»Nun sehen Sie mal, Samson…«

»Ich habe weder den Wunsch noch die Absicht, mich in ein wichtiges FBI-Projekt einzumischen. Aber ich kann Ihnen kein Blankoversprechen geben, ohne darüber nachzudenken. Das«, stellte ich fest, »wäre unbesonnen von mir. Ich habe noch ein paar nebensächliche Untersuchungen laufen, und wenn ich meiner Klientin nicht die Wahrheit sagen darf, muß ich mir für sie auch noch etwas Überzeugendes ausdenken. Aber was auch immer ich von jetzt an tun werde, ich werde mich ganz bestimmt mit Miller beraten, wenn mir etwas merkwürdig vorkommt. Und zwar, bevor ich irgend etwas unternehme, ob unbesonnen oder sonstwie.«

Gartland dachte einen Moment darüber nach. Er hatte im wesentlichen bekommen, was er wollte. Dann sagte er: »Ich werde mich persönlich darüber auf dem laufenden halten, was Sie in dieser Angelegenheit unternehmen. Und wenn es auch nur den leisesten Hinweis darauf gibt, daß Sie die betroffenen Personen in diesem letzten Stadium ihrer Arbeit einem unnötigen Risiko aussetzen, dann sind Sie wieder hier, noch ehe Sie bis drei zählen können.«

Miller begleitete mich zum Aufzug. »Wie ist es gelaufen?«

»Harter Bursche, dein Gartland. Er sagte, wenn ich nicht nach seinen Regeln spielte, würde er mich einfach aus dem Spiel rausnehmen. Rechte hin, Rechte her.«

»Er hat ein Paar verdammte Scheuklappen auf den Augen«, sagte Miller. Das machte für mich zwar nicht viel Sinn, kam aber einem Ausdruck von Illoyalität irgendeinem Teil des Polizeisystems gegenüber näher als irgend etwas, was ich je von ihm gehört hatte.

»Könnte er es tun?«

»Wahrscheinlich«, sagte Miller. Er wollte nicht darüber nachdenken. Das war nicht das, was er unter ehrlicher Polizeiarbeit verstand. »Sieh besser zu, daß er es nicht unter Beweis stellen muß.«

»Auf der anderen Seite scheint er nicht ganz unrecht zu haben.«

»Du wirst also lockerlassen, ja?«

»Ich denke schon.«

»Gott sei Dank. Du bist immer so verdammt dickköpfig. Ich hatte schon Angst, du würdest es drauf ankommen und ihn auflaufen lassen.«

»Dickköpfig? Ich?«

»Bringt dich die Sache in finanzielle Schwierigkeiten?«

»Ich werde mich nur zu Tode hungern. Diese Schweine haben meinen ganzen Notgroschen mitgenommen, als sie mein Büro auf den Kopf stellten. Ich nehme an, dein Captain Gartland wird in dieser Hinsicht nichts unternehmen.« 

»Heißt das, für den Rest des Monats ist Sonntag für dich?«

»Du willst dich nicht zufällig scheiden lassen, oder?«

»Ich nicht. Janie vielleicht. Sie findet, ich sollte mich mehr um meine Beförderung bemühen.« Er sah so aus, als fände er das Leben ziemlich bedrückend.

»Kommst du noch mit auf eine Tasse Kaffee?«

»Ich kann nicht«, sagte er. »Aber danke für die Einladung. Besonders unter den gegebenen Umständen.«

Ich war bereits wieder auf der Straße, bevor mir klar wurde, daß die Umstände, von denen er sprach, Gartlands Drohung waren, meine Freiheit zu beschneiden. Und wenn Miller sich Sorgen deswegen machte, sollte ich das wohl auch tun.