Gehalt oder Lohn sind häufig die einzige Existenzgrundlage des Arbeitnehmers. Andererseits kommt es immer wieder vor, dass Gläubiger des Arbeitnehmers (zB Finanzierungsinstitute, Banken, Versandunternehmen, der Arbeitgeber selbst) auf den Lohn zugreifen.
Geht es dem Arbeitgeber schlecht, dann muss der Arbeitnehmer uU mit anderen Gläubigern des Arbeitgebers um dessen knappe Geldmittel kämpfen.
Der Gesetzgeber hat deshalb Vorkehrungen zum Schutz des Arbeitsentgelts getroffen, und zwar vor dem Zugriff Dritter (Pfändungsschutz), Maßnahmen des Arbeitgebers (Aufrechnungsverbot) und eigenen Verfügungen des Arbeitnehmers (Abtretungsverbot) und auch für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers.
Kommt der Arbeitnehmer seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nach (etwa gegenüber Unterhaltsberechtigten oder bei Teilzahlungskauf), so kann der Inhaber der Forderung (= Gläubiger, zB eine Bank oder ein Kfz-Händler) die Lohnforderung des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber vom Gericht pfänden lassen, wenn er einen vollstreckbaren Titel (zB ein Gerichtsurteil) gegen den Arbeitnehmer besitzt.
122Arbeitnehmer Schmidt schuldet dem Radiohändler Gern 1000 EUR. Schmidt ist bei Arbeitgeber Draf beschäftigt. Bei der Lohnpfändung tritt nun folgende Lage ein: Durch den gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, den Radiohändler Gern beim Amtsgericht erwirkt, tritt Gern an die Stelle von Schmidt, soweit die Lohnforderung gepfändet ist. Herr Gern wird durch die Pfändung also Inhaber des Lohnanspruchs von Herrn Schmidt gegen Herrn Draf. Daraus folgt: Gläubiger Gern kann die Lohnforderung gegen Draf geltend machen, als ob es seine eigene Lohnforderung wäre. Für einen Streit über diese Forderung sind demnach auch die Arbeitsgerichte zuständig.
Die Lohnforderung darf nun nicht mehr der Arbeitnehmer einziehen, der Arbeitgeber darf nicht mehr an ihn zahlen. Der Arbeitgeber muss an den Pfändungsgläubiger leisten.
Beachtet der Arbeitgeber die Lohnpfändung nicht, so muss er die gepfändeten Lohnteile an den Pfändungsgläubiger (nochmals) zahlen, auch wenn er den Lohn schon an den Arbeitnehmer ausgezahlt hatte.
Arbeitnehmer Schmidt verdient beim Arbeitgeber Draf 2000 EUR netto. Davon hatte der Radiohändler Gern 500 EUR gepfändet. Dennoch hatte der Arbeitgeber Draf dem Arbeitnehmer Schmidt den vollen Monatslohn von 2000 EUR bezahlt.
Den Betrag von 500 EUR muss der Arbeitgeber nun zusätzlich noch an Herrn Gern bezahlen. (Vom Arbeitnehmer Schmidt kann der Arbeitgeber die 500 EUR wieder zurückverlangen.)
Nein. Damit dem Arbeitnehmer Geld zum Leben bleibt, ist die Pfändbarkeit des Lohnes beschränkt.
Das gilt in zweifacher Hinsicht:
Einmal sind bestimmte Arten von Bezügen absolut unpfändbar wie Reisespesen, Auslösungsgelder, Gefahren–, Schmutz- und Erschwerniszulagen, zusätzliches Urlaubsgeld.
Außerdem sieht das Gesetz beim Lohn bestimmte pfändungsfreie Beträge (Pfändungsgrenzen) vor. Hierbei ist immer vom Nettoeinkommen auszugehen.
Der Arbeitnehmer muss auch dann um seinen Lohn bangen, wenn der Arbeitgeber den Vergütungsanspruch nicht durch Zahlung erfüllt, sondern durch Aufrechnung.
Zuweilen kann der Arbeitgeber die Lohnforderung des Arbeitnehmers mit einer eigenen Forderung – zB wegen Schadensersatzes – aufrechnen.
Aufrechnung ist die wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender Forderungen durch Verrechnung.
Der angestellte Busfahrer beschädigt durch leichtsinnige Fahrweise den nicht kaskoversicherten Bus. Der Schaden beträgt 300 EUR.
Der Arbeitgeber kann den Betrag vom Lohn einbehalten. Es handelt sich nicht um eine Lohnminderung, sondern um eine Aufrechnung des Schadensersatzanspruches von 300 EUR gegen die Lohnforderung in dieser Höhe.
Die Gegenforderung des Arbeitgebers muss fällig und ebenfalls eine Geldforderung sein. Die Aufrechnung ist aber unzulässig, soweit die 124Lohnforderung nicht der Pfändung unterworfen ist oder auch, wenn die Aufrechnung durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag ausgeschlossen ist.
Soweit der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten nicht erfüllt, steht dem Arbeitgeber ein Zurückhaltungsrecht am Lohn zu. Allerdings ist eine Zurückbehaltung insoweit nicht gegeben, als die Lohnforderung der Pfändung nicht unterworfen ist.
Wenn eine Forderung nicht pfändbar ist, kann der Arbeitnehmer sie auch nicht an einen anderen abtreten. Eine dennoch vorgenommene Abtretung ist unwirksam. Dadurch soll der Arbeitnehmer davor geschützt werden, durch eine Abtretung seiner Lohnansprüche das notwendige Bargeld, das er für seinen Lebensunterhalt braucht, zu verlieren.
Die zur Sicherung eines Bankdarlehens erfolgte Abtretung des gesamten Monatsgehalts ist bei einem nicht unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer bei einem Monatseinkommen von 2000 EUR netto nur in Höhe von 749 EUR wirksam.
Ferner kann die Abtretbarkeit der Lohnforderung im Arbeitsvertrag, in Tarifverträgen und in Betriebsvereinbarungen im Voraus ausgeschlossen werden. Die trotzdem von Arbeitnehmern verfügte Abtretung wäre nichtig.
Ist der Arbeitgeber zahlungsunfähig geworden, so kann auf seinen eigenen Antrag oder aufgrund des Antrages eines Arbeitnehmers oder eines anderen Gläubigers das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnen.
In diesem Fall werden die Forderungen der Arbeitnehmer zum Teil vorweg berücksichtigt oder aber sie genießen Rangvorteile vor den gewöhnlichen Insolvenzforderungen.
Häufig kommt es allerdings vor, dass das Insolvenzverfahren, weil kein oder zu wenig Schuldnervermögen zu verteilen ist, „mangels Masse“ nicht eröffnet wird oder dass die Masse so gering ist, dass für rückständige Lohnforderungen nicht mehr genügend Geld vorhanden ist.
Deshalb zahlen die Arbeitsämter auf Antrag der Arbeitnehmer diesem Insolvenzgeld als Ausgleich von Ansprüchen auf rückständigen Lohn für die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorausgegangenen letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses.
Wird „mangels Masse“ der Insolvenzantrag abgewiesen oder die Betriebstätigkeit ohne Insolvenzantrag mangels Masse vollständig beendet, so kann der Arbeitnehmer ebenfalls Zahlung von Insolvenzgeld verlangen.
Hat der Arbeitnehmer in Unkenntnis der Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse weitergearbeitet, so wird Insolvenzgeld für rückständigen Arbeitslohn während der letzten drei Monate vor Kenntnisnahme des Arbeitnehmers gezahlt.
Die Höhe des Insolvenzgeldes entspricht dem um die gesetzlichen Abzüge (Lohnsteuer, Kirchensteuer, Sozialversicherungsbeiträge) verminderten Arbeitsentgelt für die der Insolvenzeröffnung vorausgegangenen letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses, das der Arbeitnehmer noch zu beanspruchen hat.
Den Antrag auf Insolvenzgeld können die Arbeitnehmer bei jedem Arbeitsamt stellen.
Sie können dies innerhalb von zwei Monaten nach Insolvenzeröffnung tun.