1995–2001: KATHARINA
FAMILIENLEBEN

Eines heißen Sonntagnachmittags Ende August brachte Katharina die Zwillinge zur Welt. Es war eine unkomplizierte Geburt und sie hatte in den ersten Tagen im Krankenhaus, mit den Babys neben sich im Bett, starke Glücksgefühle.

Linda und ihr Freund kamen zu Besuch und blieben zwei Wochen bei ihr. Katharina genoss es, ihre Mutter bei sich zu haben, die ihr vieles abnahm, und es war hart für sie, als die beiden wieder abreisten, um nach Südafrika zurückzukehren, wo sie sich in Kapstadt eine Wohnung gekauft hatten und jetzt lebten. Linda weinte beim Abschied: »Ich fühle mich hin- und hergerissen. Einerseits würde ich gerne in deiner Nähe sein, um dir zu helfen und die Enkel aufwachsen zu sehen, andererseits kann ich mir ein Leben ohne Karl nicht mehr vorstellen.«

Jeden Tag auf sich alleine gestellt, spürte Katharina den Wahnsinn in sich hochkriechen. Herbst und Winter fühlten sich bedrohlich an, sie fühlte sich eingesperrt. Die Mutter fehlte ihr, und immer mehr auch das Leben in der Großstadt und der Freundeskreis, mit den Kindern war sie überfordert. Der Junge war ein Schreikind und oft krank, das Mädchen anfangs ein Schreikind, dann viel zu ruhig und es wollte nicht essen, Katharina machte sich Sorgen.

Die Sorgen waren allgegenwärtig und ließen sie kaum atmen: Hat er wieder Fieber? Warum isst sie keinen Löffel Brei? Sie nimmt zu wenig zu, sagt der Kinderarzt. Was sind das für rote Flecken? Mein Gott, er hat kalte Hände und Füße! Warum weint er so viel, was mache ich falsch? Und sie getraute sich nicht zuzugeben, dass ihr die Kinder wie fremde Wesen erschienen, sie schämte sich.

In dieser Zeit begannen die Albträume und sie glichen einander alle: Es war Krieg und sie konnte ihre Kinder nicht beschützen. Eine kalte Winternacht, zerbombte Straßen, vorbeihuschende gebückte Gestalten. Die schlecht gekleideten Kinder stehen schreiend vor Hunger und Kälte neben ihr und sie weiß, es gibt nirgendwo ein warmes Heim oder eine warme Decke, sie werden noch in dieser Nacht erfrieren und sie kann nichts dagegen tun. Oder: Soldaten reißen ihr die Kinder weg, ziehen sie aus und lassen sie splitterfasernackt im Schnee draußen liegen; während sie in einem Schuppen vergewaltigt wird, sieht sie durch das Fenster die dünnen, zitternden, blau gefrorenen Körper ihrer Kinder und hört sie weinen und weinen. (Eigenartigerweise ging es immer um Kälte und Katharina fiel auf, dass dies ständig ihre größte Sorge war, ob sie es denn warm genug hätten, sie wachte in der Nacht mehrmals auf, obwohl die Kinder fest schliefen, nur um sie wieder und wieder zuzudecken.) Die Albträume kamen dann auch tagsüber und sie konnte sie nicht abwehren, sie überfielen sie einfach.

Manchmal wachte sie auf und wusste nicht, ob Tag oder Nacht war oder wo sie sich befand. Manchmal erschrak sie im Auto, weil sie plötzlich nicht mehr wusste, ob sie auf der richtigen Straßenseite fuhr. Einmal fiel ihr der Name der Tochter nicht sofort ein und sie wurde panisch. Tagelang sprach sie mit sich selbst und vertauschte dabei Wörter, sagte zum Stuhl Tisch und umgekehrt, zu essen sagte sie trinken, zu singen sagte sie tanzen, zu sitzen sagte sie liegen. Ich liege am Tisch und trinke Gemüsereis, dabei tanze ich mit vollem Mund. Dann fing sie hysterisch an zu lachen, es klang wie ein Weinen. Sie fragte sich, warum die Fortpflanzung bei Menschen so langwierig und kompliziert war. Warum konnte es nicht einfach ein Ableger am kleinen Zeh sein, den man nach zwei Monaten abpflückte und dann in einem Blumentopf am Fensterbrett heranwachsen sah, bis er ungefähr im Schulalter war? Und immer fragte sie sich, wenn sie im Wartezimmer des Kinderarztes in andere Gesichter sah: Wieso gelang es ihnen und ihr nicht, die Mutterschaft, das Leben, das Glück?

Ein Lichtpunkt in dieser Zeit waren die Bücher, Arthur hatte ein Wohnzimmer voller Bücher und sie lieh sich eines nach dem anderen aus, sie begann im obersten Regal ganz links und fraß sich jahrelang beharrlich durch die Regale wie eine Raupe, so drückte es Arthur aus. Wenn die Kinder schliefen, las sie, versank in eine andere Welt und litt mit den Helden. Julius hatte kaum Verständnis dafür und mochte es auch nicht, er hätte lieber gehabt, dass sie sich mehr ihm widmete.

»Das ist ja wie eine Sucht!«, sagte er zu ihr.

Der zweite Lichtpunkt war Arthur selbst, der mithalf, so gut er konnte (er hatte keine Erfahrung mit Babys und stellte sich in den ersten Monaten etwas unbeholfen an). Am Wochenende bekochte er sie und ging mit den Kindern spazieren, am Abend übernahm er die Überwachung der schlafenden Kinder, sodass sie ausgehen konnten, außerdem bezahlte er eine Haushaltshilfe, die ein Mal in der Woche kam. Katharina war ihm dankbar. Ohne ihn hätte sie ihr neues Leben auf dem Land, mit zwei kleinen Kindern, nicht ertragen und wäre in die Großstadt zurückgeflüchtet, dessen war sie sich sicher.

Denn die Beziehung mit Julius lief alles andere als gut. Spätabends kam er nach Hause und war müde und gereizt von seiner Arbeit mit den Kunden. Er, der nicht gerne sprach, sollte Leute wortgewaltig davon überzeugen, etwas zu kaufen. Er hatte keine Kraft, ihr die Kinder abzunehmen, Katharina hatte keine Kraft, ihn zu trösten, sie erwartete sich selbst Trost und war unglücklich und ständig todmüde. Sie jammerte viel in dieser Zeit, Julius stieß es ab. Sie steckten fest.

Als sie zum ersten Mal stritten, war Katharina wie vor den Kopf gestoßen. Ihr wurde bewusst, dass sie behütet aufgewachsen und nie richtigen Streitereien ausgesetzt gewesen war. Sie war Konflikte nicht gewöhnt und sie war es vor allem nicht gewöhnt, um eine Sache zu kämpfen. Die Heftigkeit, mit der Julius die Auseinandersetzungen führte, erschütterte sie und ließ sie schnell nachgeben. Sie spürte bald, sie war ihm nicht gewachsen, es war, als rennte sie gegen eine Wand, die sie anschließend höhnisch auslachte, und das machte sie wiederum trotzig, sie tobte und schrie, das ließ ihn noch kälter werden. Ihr wurde bewusst, dass sie schwach war, und das Gefühl war ihr neu.

Julius sprach leise, mit eiskalter, berechnender Miene, und wurde sofort persönlich, es ging ihm immer um ihren Charakter und nie um die Sache an sich. Der Streitpunkt wurde auf ihre schlechten Eigenschaften reduziert, die Quintessenz lautete: Wir würden uns darum ja gar nicht streiten, wenn du nicht so wärst. Er kannte sie mittlerweile gut und wusste sehr genau, wie er sie verletzen konnte. Ein so furchtbares und abwertendes Bild zeichnete er von Katharina, dass sie in diesen Augenblicken das Gefühl hatte, nicht mehr weiterleben zu wollen, zu können, ein so schrecklicher Mensch wie sie habe kein Recht darauf. Bis ihr bewusst wurde, dass es Berechnung sein musste, um sie kleinzukriegen. Tagelang war sie nach solch einem Streit verletzt, betäubt und gelähmt und konnte sich nicht vorstellen, dass andere Paare auch derart stritten und dann einfach damit weiterlebten. Es musste so sein, aber wie sollte das funktionieren?

Es war gut, wenn sie sofort nachgab, tapfer die Verliererin spielte, dann wurde sie von Julius belohnt, mit Umarmungen, Zärtlichkeiten, wenn sie es nicht tat, sprach er tagelang kein Wort mit ihr und beobachtete sie, mit Verachtung im Blick, was sie nicht lange ertrug. Sie gab immer nach, früher oder später, bis es ihr nicht mehr auffiel. Sie begann Konflikte zu vermeiden und gegenüber Julius zu verstummen. Im Spiegel probte sie die Maske, das immerwährende freundliche Lächeln.

Ihr Verständnis von Liebe war sehr unterschiedlich, für Katharina waren Unterstützung und eine gewisse Antizipation in der Beziehung wichtig, sie dachte, ein Partner müsse doch gewisse Dinge von selbst erkennen, zum Beispiel wenn die Partnerin müde ist, musste sie das wirklich ausdrücklich sagen? Bitte, Julius, nimm mir einmal für eine Stunde die Kinder ab, geh mit ihnen spazieren, ich kann nicht mehr! Musste man das wirklich sagen, wenn es offensichtlich war? Es kam ihr lächerlich vor.

»Soll ich riechen, was du willst?«, fragte er einmal ungehalten, als sie ihn darauf aufmerksam machte, »sag es bitte genau, wenn du von mir etwas erwartest.«

Sie reagierte darauf und sagte es ihm ins Gesicht, es war an einem Samstagmorgen: »Ich will nicht mit dir schlafen, Julius, ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan, ich bin müde. Könntest du sie bitte mit ins Wohnzimmer nehmen und mich noch eine Runde schlafen lassen? Oder du könntest mit ihnen einkaufen gehen, wir haben nichts mehr im Kühlschrank.«

Daraufhin schnauzte er sie an, dass diese ewige schlechte Laune, dieses ständige Gejammere ihm dermaßen auf die Nerven gehe, dass er sich nicht herumkommandieren lasse. Katharina traute ihren Ohren nicht. Dann zog er sich an und ging in den Keller, wo er sich eine kleine Werkstätte eingerichtet hatte, verstört blieb sie zurück.

Für Katharina war es ein zermürbender Kreislauf.

Sie war oft nahe daran, ihre Koffer zu packen, die Kinder zu nehmen und nach Wien zurückzugehen. Nur die Angst, es alleine in der Großstadt nicht zu schaffen, hielt sie zurück. Und vor allem der Gedanke, ihre Kinder sollten nicht wie sie ohne Vater aufwachsen.

Dann veränderte sich plötzlich alles, von einem Tag zum anderen.

An einem heißen Nachmittag im August saß Katharina auf einer Decke im Garten und beobachtete die zweijährigen Zwillinge, die in der Sandkiste saßen, als sich plötzlich ein Auto dem Haus näherte. Eine junge Frau stieg aus und ging auf sie zu, Katharina schätzte sie auf Mitte zwanzig.

»Du musst Katharina sein, Julius’ Frau«, sagte sie lächelnd und streckte ihr die Hand hin, »ich bin Doris. Julius und ich sind gemeinsam in die Schule gegangen. Er war viel bei uns. Er hat mir Nachhilfeunterricht in Englisch gegeben.«

Von Doris hatte Katharina schon ein paar Mal gehört, sie war nicht nur in der Volksschule, sondern auch im Gymnasium mit Julius in einer Klasse gewesen. Während die anderen Kinder die Hauptschule im Ort besuchten, gehörten Julius und Doris zu den wenigen des Jahrgangs, die in das Gymnasium in der Kleinstadt gegangen und acht Jahre lang täglich mit dem Bus die zehn Kilometer hin- und zurückgefahren waren. Einmal hatte Julius erzählt, dass sie das originellste Mädchen in der Klasse gewesen sei, er hatte sie immer um ihre Spontaneität und Frechheit beneidet, er war für vieles zu schüchtern gewesen.

»Wie geht es dir? Fühlst du dich wohl hier bei uns? Hast du schon Freundinnen?«, fragte Doris und setzte sich einfach neben sie auf die Decke.

»Na ja, ich – eigentlich noch keine«, stotterte Katharina überrumpelt und war plötzlich den Tränen nah.

Doris betrachtete sie eine Weile und Katharina musste den Blick abwenden, sie wollte nicht, dass eine fremde Frau sie weinen sah.

»Ich versteh schon«, sagte Doris und fügte hinzu: »Das sollten wir ändern, nicht wahr?«

Katharina sah sie überrascht an.

»Warum kommst du nicht mit ins Schwimmbad?«, fragte Doris, »es ist ja heiß genug dafür.«

»Ja, das stimmt. Aber ich traue mich mit den beiden nicht alleine ins Schwimmbad, da muss noch jemand dabei sein«, antwortete Katharina.

»Ich bin dabei«, sagte Doris, »komm, pack die Badesachen ein und fahr mir hinterher. Meine Mutter ist auch schon dort, sie würde sich bestimmt freuen auf deine zwei Kleinen aufzupassen, dann können wir quatschen.«

Katharina staunte. Sie packte die Badehandtücher zusammen, während Doris bei den Kindern blieb. Im Schwimmbad breiteten sie ihre Decken neben Claudia, Doris’ Mutter, aus. Claudia streckte ihr die Hand entgegen und sagte: »Na endlich lern ich Julius’ Freundin kennen.«

Den ganzen Nachmittag passte sie auf die Zwillinge auf, während sich die jungen Frauen unterhielten.

Doris war kleiner als Katharina und drahtiger, ihre Haut war braun gebrannt, die schwarzen kurzen Haare standen in alle Richtungen ab. Die junge Frau erschien ihr sympathisch, was ihr aber am meisten gefiel, war der offene Blick. Doris erzählte, dass sie seit zwei Tagen aus Indien zurück war, wo sie das letzte halbe Jahr in verschiedenen Aschrams verbracht hatte, um Yogausbildungen zu machen, vorher hatte sie in Wien Veterinärmedizin studiert. Jetzt wollte sie hierbleiben und eine Tierarztpraxis eröffnen. Ihr Freund Andreas besaß eine Mechanikerwerkstätte im Ort und war froh, dass sie endlich wieder nach P. zurückkehrte. Doris schien vor Energie zu sprühen und Katharina lauschte fasziniert ihren Erzählungen von Indien. Dabei hatte sie das Gefühl, als hätte sie Doris schon immer gekannt.

Als sie am Abend Julius aufgeräumt von der neuen Freundin erzählte, bemerkte sie, dass er zusammenzuckte, als er den Namen hörte.

»Was ist los?«, fragte sie und umarmte ihn von hinten, »ist sie eine alte Liebe von dir?«

Julius sagte: »Frag sie doch, ich bin gespannt, was sie dazu sagt.«

»Ich will es aber von dir wissen«, sagte Katharina.

Sie erfuhr von ihm, dass Doris jahrelang sein heimlicher Schwarm gewesen war, er hatte sie als pickliger Jüngling heiß geliebt und war lange zu feig gewesen, es ihr zu gestehen. In der sechsten Klasse wurden sie endlich ein Paar, die Beziehung dauerte allerdings nur ein paar Wochen.

»Schon beim ersten Küssen haben wir gespürt, dass es nicht passt. Und als wir das erste Mal miteinander schlafen wollten, war das überhaupt ein Desaster, es ging einfach nicht.«

Doris musste lachen, als Katharina sie danach fragte.

»Wir sind nebeneinander im Bett gelegen und haben uns gegenseitig ausgezogen«, sagte sie, »dabei haben wir schon gespürt, dass da nichts ist, nichts. Schon beim Küssen die Tage vorher ist das irritierend gewesen. Wie soll ich sagen? Da war keine Anziehungskraft, es war so, als wären wir Geschwister, so hat es sich angefühlt. Außerdem waren wir völlig unerfahren, na ja, auf alle Fälle hat er sein Ding nicht in mich reingebracht und wir haben schließlich einen Lachkrampf bekommen. Wir haben in der Nacht dann nicht miteinander geschlafen, sondern uns total betrunken und Blutsbrüderschaft geschlossen. Das Leintuch war voller Blut, obwohl ich noch Jungfrau war, und meine Mutter war am nächsten Tag ganz entsetzt! Danach waren wir einfach nur Freunde, wir haben uns immer gut verstanden.«

Von da an sahen sich Katharina und Doris regelmäßig und für Katharina veränderte sich durch die Freundin vieles, sie fühlte sich in P. endlich zu Hause. Doris’ Lebenslust und Fröhlichkeit waren ansteckend. Auch Julius schien die Freundschaft der Frauen gutzutun, er verstand sich gut mit Doris’ Freund Andreas und man unternahm viel zu viert.

Doris eröffnete ihre Tierarztpraxis, und nach ein paar Wochen, Andreas und sie waren zu Besuch bei Katharina und Julius, auch Arthur war anwesend, fragte sie: »Wollt ihr keine kleine Katze haben? Ein Bauer hat fünf Junge und mich gebeten, herumzufragen, ob jemand eine will.«

Katharina wandte sich an Julius: »Was meinst du, das wär doch nett für Vince und Vic.«

Arthur sah abrupt vom Essen hoch und schaute zu Julius hinüber, sein Blick wirkte interessiert, kam es Katharina vor. Julius zuckte kurz zusammen und antwortete: »Mir wär ein Hund lieber.«

»Ich kenne auch jemanden, der gerade Welpen hat«, sagte Doris.

Ein paar Tage später brachte sie einen kleinen Schäferhund vorbei und legte ihn der kleinen Vic in die Arme, doch der Hund entschlüpfte ihr und lief schwanzwedelnd zu Julius. Dieser bückte sich und hob ihn hoch, daraufhin schleckte der Hund sein Ohr ab. Julius lachte und drückte den Welpen an sich.

Es war von Anfang an sein Hund, daran bestand kein Zweifel. Solange Julius nicht anwesend war, ließ der Hund die Kinder gewähren und machte ihre Spiele mit, doch kaum betrat Julius das Haus, war es damit vorbei. Er lief auf ihn zu und wich ihm nicht von der Seite. Julius nannte ihn James.

Julius wurde ruhiger, einfühlsamer und gegenüber Katharina aufmerksamer, vor allem blieb er mehr zu Hause und nahm ihr die Kinder ab. Katharina spürte ihre Liebe wieder mehr. Er kündigte bei der Versicherung und begann bei dem alten Restaurator zu arbeiten, bei dem er schon als Gymnasiast gejobbt hatte.

Obwohl Julius beim Restaurator weniger verdiente, ging es ihm wesentlich besser. Er blühte auf. Die Zwillinge kamen in den Kindergarten. Auch Katharina blühte auf. Da sie keine Teilzeitarbeit fand, die ihr gefallen hätte, half sie Arthur ein paar Stunden in der Woche in seinem Büro, nebenbei machte sie Computerkurse.

Doris und Andreas wünschten sich ein Kind, Katharina und Julius ließen sich mitreißen. Im Sommer 1999 wurden die beiden Frauen schwanger, die vier hatten es immer wieder besprochen und schließlich in der feuchtfröhlichen Stimmung der Silvesternacht feierlich beschlossen und mit Champagner begossen.

Im Frühling kamen die zwei Mädchen Leonora und Mara zur Welt.

In der Zeit nach dieser zweiten Geburt veränderte sich Katharinas Körper, erstaunt sah sie, dass ihr Haar glänzte, ihre Haut rein und schimmernd war, ihre Augen strahlten. Zum ersten Mal in ihrem Leben fand sie sich schön, außerdem war sie durch die Hetzerei mit den drei Kindern, die Arbeit im Haushalt und in Arthurs Büro, so schlank wie nie zuvor. Sie begann sich anders zu kleiden. Das Schönste aber für sie war: Durch ihre zweite Tochter fühlte sie sich mit der Mutterschaft versöhnt, Leonora brachte sie zum Lachen.

Das Glück fühlte sich gut an.

Eines Abends brachte Julius ihr einen Strauß Rosen mit und machte ihr auf Knien einen Heiratsantrag, er wollte heiraten, und das auch noch kirchlich. Dieses Mal ließen sich die Freunde mitreißen, obwohl Doris eine kirchliche Trauung äußerst konventionell fand.

»Na komm schon«, sagte Katharina zu ihr, »ich habe mich zu einer Schwangerschaft überreden lassen und du lässt dich jetzt zu einer Hochzeit in der Kirche überreden. Du wirst sehen, es wird eine wunderbare Party und du wirst es nicht bereuen.«

Die rauschende Doppelhochzeit fand im Juni 2001 statt, Doris trug ein sehr kurzes knallrotes Kleid, Katharina ein langes cremeweißes.

Sie war achtundzwanzig Jahre alt, Arthur führte sie zum Altar.