4. KAPITEL

„Hey, Schwesterherz! Kann ich dich kurz sprechen?“

Alarmiert drehte sich Darby zu ihrem Bruder um. Er wusste es, oder?

„Was ist denn, Jim?“

Wenn einer ihrer Brüder merkte, dass ihre Beziehung zu Blake nur vorgetäuscht war, dann Jim. Er durchschaute sie immer.

„Ich mache mir Sorgen um Mom.“

Erleichterung und Besorgnis machte sich in Darby breit. „Was ist mit ihr?“

„Die letzten Tage war sie nicht sie selbst.“

„Wegen ihrer Gürtelrose, meinst du?“

Jim kratzte sich an seinem blonden Kopf. „Vielleicht. Ich bin kein Arzt, aber ich glaube, da ist noch etwas anderes als ihr Ausschlag.“

„Wie kommst du darauf?“

„Sie verhält sich seltsam.“

„Inwiefern?“

„Ich habe gesehen, wie sie ihre Hand auf die Brust gepresst hat.“

Bei seinen Worten horchte Darby auf. Ihre Mutter hatte Brustschmerzen? „Was sagt sie dazu?“

„Dass es ihr gut geht und ich mich um meinen eigenen Kram kümmern soll.“

Das klang nach Nellie Phillips.

„Ich spreche mit ihr. Vielleicht kann ich sie dazu überreden, sich am Montag untersuchen zu lassen.“

„Das wäre schön. Dad sagt nicht viel, aber ich kann sehen, dass er sich Sorgen macht. Gestern musste sie sich eine Weile hinlegen.“

„Wirklich? Ich spreche mit ihr, bevor Blake und ich wieder fahren.“

„Was ist mit dir und diesem Typen, Schwesterchen? Ich mag ihn, aber etwas an ihm stört mich.“

„Das liegt wahrscheinlich nur daran, dass er mit deiner kleinen Schwester ausgeht.“

„Möglich.“ Jim sah zu Blake, der zwischen den Phillips-Frauen saß. „Ist es dir ernst mit ihm?“

Wie sollte sie das beantworten? Sie konnte Jim nicht anlügen. Nicht direkt. „Er ist mein Geschäftspartner. Würde ich unsere Partnerschaft riskieren, wenn es mir nicht ernst wäre?“

Ihr Bruder verzog seinen Mund und sah erneut zu Blake. „Möglich“, wiederholte er. „Nach dem, was mit Trey passiert ist, möchte ich nicht, dass du noch einmal so verletzt wirst.“

Darby schluckte. „Das war vor über zehn Jahren.“

„Zehn Jahre, in denen ich dich mit keinem anderen Mann gesehen habe.“

Sie hatte sich verabredet. Selten und nie lange genug, um die Männer näher kennenzulernen, aber sie war ausgegangen.

„Wir wohnen in verschiedenen Bundesstaaten. Du weißt nicht, mit wie vielen Männern ich ausgegangen bin.“ Bei Jims finsterem Blick fügte sie hinzu: „Außerdem ist Blake ein guter Mensch. Der Beste.“

Ihr ältester Bruder warf einen weiteren nervösen Blick auf Blake. „Er scheint verrückt nach dir zu sein.“

Und „verrückt“ war hier das Schlüsselwort.

Darby schloss ihren Sicherheitsgurt und bemühte sich, weiter zu lächeln. Sicher wurden sie aufmerksam beobachtet. Sie würde warten, bis sie außer Sicht waren, bevor sie Blake fertigmachte, ihn zerlegte und für das, was er getan hatte, in einen der Hühnerställe warf.

„Das lief doch super.“

Innerlich kochte Darby vor Wut über diesen selbstzufriedenen Mann, der gerade aus der Auffahrt ihrer Eltern fuhr. War er verrückt?

Jetzt erwartete ihre gesamte Familie, dass sie heirateten, das alte Donahue-Anwesen unten am See kauften, eine Praxis eröffneten und eine eigene Familie gründeten.

„Ich erwürge dich“, warnte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten.

„Ich dachte, ich war gut.“

„Gut? Es gab keinen Grund, vor meinen Eltern, meiner Familie so eine Show abzuziehen. Jetzt denken alle, zwischen uns läuft etwas.“

Er runzelte die Stirn und warf ihr einen seltsamen Blick zu. „War das nicht meine Aufgabe? So zu tun, als ob ich verrückt nach dir bin? Als wärst du meine Welt?“

„Nein. Ja. Ach, ich weiß nicht.“ Offensichtlich hatte sie die Konsequenzen nicht bedacht, wenn sie Blake für das Wochenende nach Armadillo Lake brachte. Sie hätte besser mit Rodney ihren Frieden gemacht, als darauf zu hoffen, Blake die Augen öffnen zu können. Rodney wäre leicht genug zu erklären gewesen. Außerdem hätte er ihre Familie mit seinem Auftreten gelangweilt.

Blake konnte sie nicht so leicht wegreden.

Als ihr Geschäftspartner war er ein Teil ihres täglichen Lebens. Nur nach seinem Auftritt heute Abend dachten ihre Eltern wahrscheinlich, dass zwischen ihnen schon seit Jahren etwas lief.

Kein Wunder. Er war das perfekte Date gewesen – aufmerksam, rücksichtsvoll, liebenswert – zumindest wenn er wirklich ihre Verabredung gewesen wäre. Außerdem hatte er die – wenn auch widerwillige – Anerkennung ihrer Brüder gewonnen, bevor der Abend vorbei war, hatte ihre Schwägerinnen umworben und ihre Eltern verzaubert. Er spielte seine Rolle zu gut. Viel zu gut.

Als er ihre Hand vor dem gesamten Phillips-Clan an seine Lippen gehoben und einen Kuss darauf gehaucht hatte, war sie knallrot geworden, hatte sich aber gewünscht, er würde mehr küssen als nur ihre Finger.

Und sie wollte ihre Lippen auf seinen Hals pressen und ihn küssen. Überall.

Als sie endlich ihren Blick von Blake lösen konnte, hatte ihre Mutter gelächelt. Nicht nur einfach so, sondern ihr besonderes Lächeln.

Wahrscheinlich suchte ihre Mutter gerade den Schleier ihrer Großmutter heraus und stellte sich vor, wie die Perlen und der hauchdünne Stoff an ihrer Tochter aussehen würden. „Endlich“, würde sie zu ihren Schwiegertöchtern sagen.

Ihrer Mutter würde es das Herz brechen, wenn sie die Wahrheit wüsste.

„Ich werde dich definitiv erwürgen.“

Blake bog auf den Highway ab, der sie die zehn Meilen zurück nach Armadillo Lake bringen würde. „Schade. Dabei war ich mir sicher, dass du zufrieden bist.“

„Machst du Witze? Hast du eine Ahnung, was du angerichtet hast?“ Wie konnte sie ihn ansehen und sich nicht nach dem sehnen, was sie dieses Wochenende gespielt hatten? Nachdem sie erlebt hatte, wie süß seine Aufmerksamkeit war – wenn auch nur gespielt –, konnte sie sich einfach nicht vorstellen, in ihr ödes Privatleben zurückzukehren. Sie bedeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. „Das ist schrecklich. Jetzt erwarten sie, dass wir zu Weihnachten verheiratet sind, und besprechen wahrscheinlich gerade, was sie zu unserer Hochzeit anziehen.“

„Warum? Wollen sie dich mit jedem Mann verheiraten, den du mit nach Hause bringst?“ Er schmunzelte. Schmunzelte! Als hätte er ihr Leben nicht mit seinem heißen Aussehen und seinen permanenten Berührungen auf den Kopf gestellt. Als hätte er ihren Eltern nicht gerade ihren größten Traum in Aussicht gestellt – Darby verheiratet und wieder in Armadillo Lake.

Oder ihr nicht ihren größten Traum vorgehalten – ihn.

„Wenn ich ihnen die Gelegenheit geben würde, schon.“ Müde rieb sie sich über die Stirn. Für die Show vor ihrer Familie würde sie die nächsten Monate bezahlen müssen. Über Jahre. Das könnte sie erst ungeschehen machen, wenn sie wirklich einen Mann mit nach Hause brachte. Aber wie sollte sie das ihrem Herzen erklären? Egal, wie es ausging, dieses Wochenende würde ihr Herz und ihre Träume noch lange heimsuchen. „Ich habe noch nie einen Mann mitgebracht.“

Das erregte seine Aufmerksamkeit, er bremste das Auto ab und sah sie an. „Nie? Nicht einmal Trey Nix?“

Darby holte scharf Luft. „Er zählt nicht.“

„Warum nicht?“

„Er zählt einfach nicht“, beharrte sie.

Rein theoretisch zählten weder Trey noch Blake. Schließlich waren ihre Gefühle für Darby nur gespielt.

Darby hatte sich das Gesicht gewaschen, sich eingecremt, die Zähne geputzt und ihre Haare gekämmt. Dann hatte sie den schlichten Pyjama angezogen, von dem ihr die Verkäuferin versichert hatte, dass er sexy war, ohne aufdringlich zu wirken.

Zeit, sich den Tatsachen zu stellen. Oder besser, Blake in einem Hotelbett. Warum war sie so nervös? Nur weil er sie vorhin verlangend angesehen und den ganzen Abend so getan hatte, als würde er sie lieben, würde noch lange nichts zwischen ihnen passieren.

Sie schluckte ihre Nervosität herunter und öffnete die Badezimmertür.

Der Fernseher lief, erhellte das Hotelzimmer und warf Schatten und Licht auf Blakes Gesicht. Er saß auf dem Bett, alle Kissen, inklusive ihres mitgebrachten, hinter seinem nackten Rücken aufgetürmt.

Wo war sein Hemd?

Woher hatte er all diese Muskeln?

Sie wusste, dass er einen schönen Körper hatte, aber … Meine Güte! Sie hatte nicht gewusst, dass er all diese wunderschön geformten Muskeln unter seiner Kleidung versteckte. Sollten sie jemals mit Patientenmangel zu kämpfen haben, könnten sie mit Blake in einer tief sitzenden Jeans, ohne Hemd und mit einem Stethoskop um den Hals Werbung machen. Dann würde das Geschäft sofort wieder auf Hochtouren laufen.

Ihr Puls tat das bereits.

„Ich dachte schon, du willst in der Badewanne schlafen“, neckte er sie. Zum Glück konnte er ihre Gedanken nicht lesen.

„Nicht wirklich.“ Wenn sie ihren Rücken für den nächsten Tag nicht gebraucht hätte, hätte sie es tatsächlich mit der Wanne probiert. Warum war ihr jahrelang entgangen, was für einen atemberaubenden Waschbrettbauch Blake mit sich herumtrug?

Kein Wunder, dass die Frauen ihm in Scharen nachliefen und am Boden zerstört waren, wenn er zur nächsten Schönheit wechselte. Jetzt wusste sie, was sich unter seinen maßgeschneiderten Hemden verbarg.

Gott steh ihr bei!

Denn sie wollte ihm wirklich sagen, wie umwerfend sie seinen Körper fand, wie wunderschön sein Herz und seine Seele waren, sein Sinn für Humor, alles an ihm.

Als wäre es keine große Sache, kletterte sie zu ihm ins Bett und zerrte ihr Kissen hinter seinem Rücken hervor. „Das ist meins.“

Frech lächelte er sie an. „Ich habe es extra für dich angewärmt. Sag Danke.“

„Danke.“ Seinetwegen roch ihr Kissen jetzt nach Sandelholz und Blake.

„Ich habe die Klimaanlage heruntergedreht. Ist das okay? Ich schlafe besser, wenn der Raum etwas kühler ist.“

„Okay.“ Sie musste seine Schlafgewohnheiten nicht kennen. Wirklich nicht. Es reichte völlig, dass es sie durcheinanderbrachte, im selben Bett zu liegen und sich die Decke zu teilen.

Darby holte tief Luft. Sie wollte bestimmt nicht über seinen Bauch streichen. Seinen Waschbrettbauch erforschen. Mit ihren Händen. Ihrem Mund. Blakes Charme konnte ihr nichts anhaben. Sie war eine mächtige Eiche, die sich nicht von Pin-up-Kalender-verdächtigen Bauchmuskeln und maskulinem Duft beeinflussen ließ.

Genau.

Wenn sie sich nur fest genug einredete, dass sie ihn nicht wollte, überstand sie die Nacht vielleicht, ohne sich zu blamieren.

Denn sie wollte so viel mehr von Blake als nur Sex.

Sie wollte ihn. Das ganze Paket.

„Ich habe im Krankenhaus angerufen. Bei unseren Patienten gibt es keine große Veränderung. Dr. Kingston hat heute Abend eine Runde gemacht und ist mit allen zufrieden.“

Siehst du, selbst wenn er halbnackt mit dir im Bett liegt, denkt Blake nur ans Geschäft.

„Danke, dass du es mir gesagt hast.“ Sie hatte anrufen und sich nach Mr Hill und Mrs Mayo erkundigen wollen, als sie zurückkamen, aber Blake hatte sie mit seiner Akustikgitarre abgelenkt. Irgendwo zwischen den Klassikern der Countrymusik hatte sie alles vergessen und nur noch Blakes hypnotische Stimme genossen.

Darby zog sich die Decke bis zum Hals hoch.

„Kann ich das Licht ausmachen?“

Licht? Oh, er meinte wahrscheinlich den Fernseher. „Sicher. Wir haben ja morgen einen langen Tag.“

Er drückte einen Knopf auf der Fernbedienung und legte sie dann auf seinen Nachttisch. „Gute Nacht, Darby.“

„Gute Nacht, Blake.“

„Süße Träume.“

„Dir auch.“

In der Dunkelheit nahm Darby jeden seiner Atemzüge und jede Bewegung seines Körpers intensiv wahr, wusste sie doch, dass seine wunderschöne Brust unter der Decke nackt war. Sie müsste nur die Hand ausstrecken und könnte die harten Muskeln spüren, die sich unter seiner glatten Haut spannten.

Sie könnte ihn versehentlich streifen. Nur eine kleine Berührung …

„Warum schläfst du nicht?“, fragte Blake nach ein paar Minuten.

„Warum schläfst du nicht?“

„Ich habe nachgedacht.“

„Worüber?“

„Wie es gewesen sein muss, bei euch aufzuwachsen.“

Wie bitte? Darby rollte sich auf die Seite und starrte seine in der Dunkelheit kaum wahrnehmbare Silhouette an. „Warum?“

Sie fühlte sein Schulterzucken mehr, als sie es sah.

„Ich mag deine Familie.“

Wirklich? Bis zu diesem Moment war ihr nicht klar gewesen, wie sehr sie hoffte, dass Blake ihre Familie mochte.

„Sie mögen dich auch. Auch wenn meine Brüder nicht so ganz wissen, was sie davon halten sollen, dass ich einen Stadtjungen mitgebracht habe.“

Er bewegte sich, und sie erwartete, dass er sich umdrehte und einschlief, stattdessen nahm er ihre Hand und verflocht ihre Finger, was ein erregtes Kribbeln in ihrem Körper auslöste.

„Erzähl mir von ihnen.“

„Von meinen Brüdern?“ Sie bewegte sich nicht, lag einfach still im Bett. Zum x-ten Mal an diesem Tag hielt er ihre Hand und brachte ihr Herz ins Trudeln.

„Ja.“

Ihre Brüder. Wo sollte sie da anfangen? „John und ich standen uns immer am nächsten, wahrscheinlich weil er nur ein Jahr älter ist als ich“, begann sie und rückte ihr Kopfkissen zurecht. „Aber seit Jim und Rosy geheiratet haben, sehe ich die beiden häufiger. Sie kommen meist zweimal im Jahr hoch für ein Footballspiel, und sie verpassen nie das Tennessee-Alabama-Spiel.“

Bis spät in die Nacht erzählte sie ihm von ihrer Familie, dem Leben auf der Farm und ihren liebsten Haustieren. Wann immer sie verstummte, stellte er ihr eine weitere Frage, und im Schutz der Dunkelheit verriet Darby mehr von ihrem Leben.

Ob Blake sie mit seiner Musik verzaubert hatte? Sonst hätte sie sicher nicht mit dem attraktivsten Mann, den sie je gekannt hatte, in einem Bett gelegen, seine Hand gehalten und ihm von ihrer verrückten, aber liebenswerten Familie erzählt. Ihre ziemlich durchschnittliche Kindheit und das Aufwachsen auf einer Farm schienen ihn zu faszinieren.

Mmm, irgendetwas roch so gut. Im Halbschlaf atmete Blake den Duft tief ein.

Weich, blumig, elegant, weiblich.

Und es fühlte sich auch gut an.

Er bewegte sich gegen den warmen Körper, der sich an seinen kuschelte.

Weiche Beine schmiegten sich an seine, sein Arm lag um ihre Taille, ihr Arm ruhte auf seinem, und seine Hand umfasste ihre Brust durch viel zu viel Stoff.

Ihr Kopf ruhte unter seinem Kinn, und der berauschende Geruch, den er wahrnahm, war eine Mischung ihres Shampoos und ihres ganz eigenen Duftes.

Sie passte sich ihm perfekt an, sein deutlich größerer Körper umrahmte ihren beschützend, besitzergreifend.

Mit geschlossenen Augen küsste er ihren Scheitel, liebkoste ihren Hals, ihre Ohren. Verdammt, sie schmeckte so gut.

Besser als Pommes frites.

Oder der Bananenpudding von Darbys Mom.

Darby!

Er knabberte gerade an Darbys Ohrläppchen!

Blake öffnete die Augen und erwartete, dass sie bereits wach war und ihm deutlich zu verstehen gab, was sie davon hielt, dass er sie ausnutzte.

Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ihr gleichmäßiger Atem verriet ihm, dass sie noch schlief.

Doch selbst schlafend war sie nicht immun gegen das, was er getan hatte. Als er aufhörte, kuschelte sie sich enger an ihn und spannte ihren Po an, sodass er ein erregtes Stöhnen unterdrücken musste. Wie gern würde er ihr die Pyjamahose ausziehen und ihre seidige Haut an seiner spüren, ihre Weiblichkeit an seiner Männlichkeit.

Das war falsch.

Er sollte Darby nicht begehren.

Aber er wollte sie nackt unter sich, während sie seinen Namen lustvoll stöhnte, ihre Beine um ihn schlang und jeden seiner Stöße enthusiastisch erwiderte.

Blake versuchte sich einzureden, dass sein Verlangen nur an den Umständen lag – er würde jede attraktive Frau wollen, mit der er so verschlungen aufwachte, besonders wenn sie so verführerisch duftete.

Er ließ sich wieder in sein Kissen zurückfallen. Ständig schweiften seine Gedanken zu ihren sexy Dessous. Aber es war mehr als das. Es war die ganze Frau neben ihm. Er mochte sie, genoss ihre Gegenwart, ihren Witz, ihre Intelligenz, ihr Lächeln, die Art, wie sie ihn herausforderte, ein besserer Mann zu sein, ein besserer Arzt.

Darum würde er sie nicht verführen. Ihre Beziehung war für ihn zu wichtig, um seinem Verlangen nachzugeben. Auch wenn es ihm heftig zu schaffen machte.

Sie streckte sich, drehte sich und kuschelte sich näher, dann schlang sie ihren Arm um seine Hüfte und fuhr mit den Fingerspitzen über seinen Bauch bis zum Bund seiner Boxershorts.

Himmel! Er sollte aufstehen und kalt duschen – irgendetwas, um diesem verführerischen Nest zu entkommen, in dem er lag.

Aber er wollte sich noch nicht bewegen. Nicht jetzt.

Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, warf er einen Blick auf die Uhr. Es war noch früh. Bis spät in die Nacht hatten sie sich unterhalten, und heute würde es mit dem Klassentreffen auch ein langer Tag werden. Er würde sie einfach noch etwas schlafen lassen – so tun, als wäre sie nicht die, die sie war. Dann wäre es okay, wie sehr es ihm gefiel, neben ihr aufzuwachen.

Wäre nicht seine tobende Erregung gewesen, der er nicht nachgeben durfte – hätte er es total genossen, neben Darby aufzuwachen.

Blake schloss die Augen, atmete ihren berauschenden Duft ein und zwang seinen Körper unter Kontrolle. Jeder Mann, der neben einer wunderschönen Frau aufwachte, würde genauso reagieren.

Seine Gedanken und sein Herz rasten nicht, weil er Darby im Arm hielt.

Selbst mit geschlossenen Augen wusste Darby, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Sie klebte an Blake wie der Zuckerguss an ihrer Lieblingsnascherei.

Wie war das nur passiert? Sie musste nachts gefroren haben, und ihr Körper hatte nach Wärme gesucht.

Und Blake war die heißeste Wärmequelle überhaupt.

Er lag auf dem Rücken, sie an ihn geschmiegt, und verströmte köstliche Hitze.

Himmel, ihre Hand lag an seiner Hüfte.

Nicht da, aber verdammt nah!

In der Hoffnung, dass er noch tief und fest schlief, öffnete sie ein Auge und sah direkt in seine dunklen Augen.

Blake war wach und starrte sie an, als wollte er ihre Gedanken lesen.

„Ähm, tut mir leid.“ War dieser krächzende Lärm wirklich ihre Stimme? „Mir ist wohl kalt geworden.“ Sie versuchte nicht so verunsichert zu wirken, wie sie sich fühlte, als sie sich von ihm lösen wollte. „Du gibst einen guten Ofen ab.“

Was war das denn für ein dummer Kommentar? Sie sollte sich einfach die Decke über den Kopf ziehen und nicht wieder hervorkommen.

„Schön, dass ich helfen konnte“, neckte er und klang so normal, als wäre nichts Außergewöhnliches passiert.

Zum Glück machte er keine große Sache aus ihrem Fauxpas! Andererseits wachte er wahrscheinlich öfter so mit einer Frau auf.

Darby hingegen war bei ihren wenigen Freunden nie über Nacht geblieben. Nie. Jedes Mal stoppten sie alte Zweifel. Sie hinterfragte die Motive der Männer und hatte keine Lust, ihr Herz zu riskieren.

Aber wer könnte es ihr übel nehmen, diesem Adonis körperlich so nah wie möglich kommen zu wollen?

„Möchtest du zuerst ins Bad?“, bot sie ihm an. Hoffentlich klang sie normal. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Beinahe zehn Uhr, und das Picknick fing um elf an.

In einer Stunde würde sie ihrer Erzfeindin aus Highschoolzeiten und dem Jungen, dem sie damals ihre Jungfräulichkeit schenken wollte, gegenüberstehen. Sie kam mit einem Mann, der vorgab, sie zu lieben, und das so gut verkaufte, dass er sie völlig aus der Bahn warf.

So sehr, dass sie beinahe alle Vorsicht in den Wind geschlagen hätte und mit jeder Art Beziehung zufrieden gewesen wäre, die Blake eingehen würde.

Doch das würde zwischen ihnen alles verderben. Aber was wäre, wenn er sich wirklich in sie verlieben könnte? Wenn sie beides sein könnten, Geschäftspartner und Geliebte?

„Nur ganz kurz, dann gehört das Bad dir.“

Sie versuchte nicht hinzusehen, als er aufstand und immer mehr von seiner makellosen Brust und dem Waschbrettbauch zu sehen war. Sie versuchte den Blick von der Linie schwarzer Haare zu wenden, die in seinen Boxershorts verschwand.

Boxershorts. „Du hast in Unterwäsche geschlafen?“

Als sie aufgewacht war, hatte sie gewusst, dass es zwischen ihren Körpern kaum Barrieren gab, aber sie hatte gedacht, er trug mehr als seine Unterwäsche.

Blake streckte sich, was die Aufmerksamkeit auf seinen trainierten Körper lenkte und sah sie mit großen Augen an. „Ist das ein Problem?“

Wie konnte er es wagen, nach dem Aufstehen so heiß auszusehen?

„Ja, ist es. Heute Abend schläfst du nicht in Unterwäsche. Nicht, wenn ich auch in diesem Bett schlafen soll. Verstanden?“

Seine Lippen zuckten amüsiert. „Okay. Wenn du darauf bestehst. Hätte ich gewusst, wie du darüber denkst, hätte ich letzte Nacht etwas anderes angezogen.“

Mit finsterem Blick verschränkte Darby die Arme über ihrer Brust, um die Reaktion ihres Körpers auf ihn zu verstecken. „Das habe ich nicht gemeint, und das weißt du.“

„Hey.“ Gespielt kapitulierend hob er seine Hände. „Ich wollte nur deinen Anweisungen folgen. Du weißt, dass ich es mag, wenn du so bestimmend bist.“

„Okay, dann schauen wir, wie du damit klarkommst. Beeil dich im Bad, denn wie du sehen kannst …“, sie deutete auf ihr ungeschminktes Gesicht und ihre verwuschelten Haare, „… habe ich eine Menge zu tun, bevor wir zu diesem Picknick gehen, und ich möchte nicht zu spät kommen.“

Warum sollte sie auch nur einen Moment davon verpassen, in Erinnerung an die peinlichste Zeit ihres Lebens zu schwelgen, wenn der Mann ihrer Träume dabei war?