»Wieso warst du heut nicht Ski fahren, Papsi?«
Ich hatte mich mit Suki für den Sonnenuntergang in der Schatzalp-Bar verabredet, dem ehemaligen Röntgenkabinett, dessen Lichtschirme zur Begutachtung der Radiografien jetzt als Beleuchtungselemente fungierten. Es befand sich kein anderer Gast in der Bar, bis auf den Fremdenführer mit dem Pilzohrring, der vor einem einsamen Bier saß.
»Ich habe ein bisschen gearbeitet«, antwortete ich.
»Im Skiurlaub in Davos?« Erstaunt sah sie mich an. »Muss ich mir Sorgen machen? Burn-out, Papsi, Burn-out!«
»Ich habe die Einsamkeit gesucht, um durch mein Schreiben die Menschen zu trösten«, sagte ich unbeholfen – ich hatte diesen pompösen Satz irgendwo gelesen an diesem Tag, in einem Brief von Thomas Mann vielleicht.
»Mich würde es mehr trösten, wenn du die Flasche Wein organisiert hättest«, sagte Suki und bestellte eine Limonade bei der Kellnerin, die an unser rundes Tischchen trat.
»Wie war’s am Berg heute?«, fragte ich und orderte selbst ein Bier.
»Richtig doll verschneit«, antwortete Suki. »Lana und ich sind mal ziemlich weit von den anderen abgekommen und haben’s erst gar nicht gemerkt! Bis Hansi uns wieder eingesammelt hat. Schnee, sag ich nur: Schnee!!«
»Ihr versteht euch gut, Lana und du, oder?«
»Besties! – Aber sag mal, mit was hast du dich jetzt genau beschäftigt, anstatt mit Elizabetha, Lone und Lewi Spaß auf der Piste zu haben? Schreibst du ein neues Buch?«
»Könnte sein«, sagte ich.
»Und worum geht’s?«
»Vielleicht um Ideen, wie angemessen zu leben ist, mit all den Krisen, Kriegen und so.«
»Bestimmt nicht, indem man nicht mal in den Skiferien die Arbeit für ein paar Tage unterbrechen kann«, sagte Suki. »Wann gehen wir mal zusammen auf Piste?«
»Seid ihr schon gut genug?«
»Übermorgen! Das hat Hansi gesagt. Da können wir mit unseren Eltern los, hat er gemeint.«
»Na dann!«, sagte ich und fügte nach ein paar Momenten hinzu: »Es geht wohl um die Liebe. In meinem neuen Buch. Zu sich, zur Familie, in der Beziehung.«
»Da bin ich gespannt«, entgegnete Suki. »Mit Familie machst du immerhin einen ganz guten Job.« Auffordernd sah sie mich an.
»Mit Emma auch«, sagte ich. »Ich glaub, es entwickelt sich was. In mir. In meiner Haltung zu dem Ganzen. Vertrau mir.«
»Yolo, Papsi«, sagte Suki und hob ihr Glas.
»Was heißt das noch mal genau, yolo?« Ich sah sie an.
»Das musst du selbst rausfinden«, antwortete sie: »Weil ich glaub, darum geht’s wirklich in deinem Buch.«