Vampire

Alles unter Kontrolle

Sie hatten sich aufgeteilt. Elvira und Helene fuhren mit dem Dacia die östlichen Stadtgebiete ab. Bodo und Izel flogen gen Westen los. Mihai suchte den südlichen Teil der Stadt ab und Silvania und Daka, die nicht ganz so gut und ganz so weit fliegen konnten wie echte Vampire, blieben im Norden und durchstreiften das Wohngebiet und den angrenzenden Wald.

Keiner von ihnen bemerkte, wie der Nachbar von gegenüber schreiend zurück in sein Haus rannte.

Und keiner von ihnen ahnte, dass der silberne Wohnwagen von Dr. Mörser keine hundert Meter entfernt vom Haus der Familie Tepes stand. Das heißt, einer ahnte es nicht nur, einer wusste es ganz genau.

Dirk van Kombast schlich in gebückter Haltung, als müsste er mal dringend, um den Wohnwagen herum. Es war genau, wie er es sich immer erträumt hatte: Er hatte alles unter Kontrolle. Alles lief nach Plan. Er war der Profi, den niemand mehr aufhalten konnte.

Genau hatte er beobachtet, was geschehen war, kurz nachdem die Vampirschwestern ihren kleinen Bruder bei Dr. Mörser abgegeben hatten. Dr. Mörser war aus dem Wohnwagen gesprungen, eilig zum Haus von Frau Zicklein gelaufen und hatte geklingelt. Dann hatte er wirr durcheinandergeredet und irgendetwas von „Hilfe“ und „auf dein freundliches Angebot zurückkommen“ erzählt.

Frau Zicklein allerdings hatte Dirk van Kombast sehr deutlich verstanden: „Aber selbstverständlich kannst du mit dem Wohnwagen auf den Stellplatz von meinem alten Segelboot fahren.“

Genau das hatte sie gesagt. Und genau das tat Dr. Mörser kurz darauf. In dem Moment zeigte sich mal wieder, dass gute Vorbereitung das A und O und vermutlich sogar das Y bei der Vampirjagd war. Dirk van Kombast war bestens vorbereitet. Kaum hatte Dr. Mörser den Motor seines silbernen Gefährts angelassen, schnappte sich der Vampirjäger die Tasche mit der perfekten Vampirbaby-Erstausstattung, verließ das Haus und sprang in seinen Sportwagen.

Er folgte dem Wohnwagen so unauffällig wie möglich. Was keine große Kunst war. Mit seinem kleinen Sportwagen konnte er sich hinter dem riesigen Wohnwagen fast verstecken. Außerdem war die Verfolgung schon nach wenigen Minuten vorbei. Der Wohnwagen war nur einmal ums Karree gefahren, dann bog er auf ein Garagengrundstück und blieb auf einem offenen Stellplatz unter einer großen Blutbuche stehen. Der Motor des Wohnwagens verstummte. Dann tat sich nichts mehr.

Dirk van Kombast hatte seinen Sportwagen außer Sichtweite geparkt. Zunächst hatte er den Wohnwagen aus sicherer Entfernung beobachtet. Die Minuten verstrichen. Mit jeder Minute wagte sich der Vampirjäger näher ans Wohnmobil heran. Bis er schließlich, mit dem Ohr an der Karosserie, um den Wohnwagen herumschlich.

Kein Geräusch drang nach außen durch. Einmal meinte Dirk van Kombast, etwas scheppern zu hören. Doch vielleicht war auch nur jemandem in den umliegenden Häusern eine Schüssel runtergefallen.

Eine gute Vorbereitung war zwar das A, das O und das Y bei der Vampirjagd. Aber Geduld war das Komma. Wie bei jeder Jagd, so ging auch bei der Vampirjagd dem mutigen Handeln meist geduldiges Warten voraus. Dirk hockte sich vor die Wohnwagentür und wartete. Irgendwann mussten Dr. Mörser und das Vampirbaby diese Wohnwagenfestung wieder verlassen. Spätestens wenn die Windeln voll waren.