Fieser Forscher
Silvania und Daka rannten suchend den Lindenweg entlang. Sie warfen einen Blick auf jedes Grundstück, in jede Garageneinfahrt, in jeden Vorgarten.
„Er muss hier ganz in der Nähe sein.“ Daka hielt das Babyfon in die Höhe, um besseren Empfang zu haben. Doch seit dem letzten Knarzer war das Babyfon verstummt. Franz hatte offenbar etwas Spannenderes zum Spielen gefunden. Oder aber er spielte überhaupt nicht mehr.
Die Vampirschwestern waren fast am Ende des Lindenwegs angekommen, als plötzlich eine gekrümmte Gestalt um die Ecke bog und direkt auf sie zukam. Die Gestalt hatte einen blauen Kittel an, dunkle pomadige Haare und trug eine Brille. Als sie nur noch zwei Schritte entfernt war, erkannten die Vampirschwestern auch das Grübchen am Kinn.
Daka streckte Dr. Mörser das Babyfon wie eine Waffe entgegen. „Wo ist unser Bruder, Sie Mörser-Mörder-Stupa!“
Dr. Mörser hob abwehrend die Hände. „Ihr kennt meinen russischen Namen?“
„Nicht nur den. Wir kennen die ganze grausame Geschichte“, erwiderte Daka. „Und jetzt her mit unserem Bruder!“
„Keine Sorge. Franz ist in guten Händen. Ihm geht es bestens. Aber mir nicht! Denn ich wurde betrogen. Und zwar von eurer Familie!“
„Wir? Sie? Betrogen?“ Silvania schnaubte. „Sie haben uns belogen und betrogen! Sie sind gar kein fleißiger Handwerker, sondern ein fauler Schwindler!“
„Sie haben unseren Vater erpresst. Sie haben unseren Bruder entführt. SIE sind hier der Bösewicht!“ Daka verschränkte die Arme.
„ICH? Ich bin ganz bestimmt kein Bösewicht. Ich bin Forscher.“
„Dann sind Sie eben ein sehr böser Forscher“, sagte Silvania.
„Bin ich nicht! Ich bin ein Forscher mit Visionen, mit einmaligen Ideen, mit …“
„Krimineller Energie“, sagte Daka.
„Nein. Nein, nein, nein. So etwas lasse ich mir nicht nachsagen. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen.“ Dr. Mörser blinzelte hinter den Brillengläsern.
„Dann erklären Sie es uns. Wie kann jemand, der Leute erpresst und Babys entführt, kein böser Mensch sein?“, fragte Silvania.
Dr. Mörser nahm die Brille ab, strich sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augenlider und seufzte. „Na schön, ich erzähle es euch. Aber es ist eine lange Geschichte.“
„Ist nicht die erste lange Geschichte, die wir heute hören“, sagte Daka.