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Der liebenswürdige Schuster

Inhaltsverzeichnis


In London lebten die beiden Brüder Pelcher, die in gewisser Weise Spezialisten waren, wenn ihnen auch niemand diesen Titel gab. Bei der Polizei heißen sie nur ›die Zwei‹. Diejenigen, die von ihnen überfallen worden waren, hatten je nach ihrem Temperament ganz andere Bezeichnungen für sie.

Marlow Joyner war das letzte ihrer Opfer. Er lag mit vollständig verbundenem Kopf im Krankenhaus und erzählte Chefinspektor Bliss unter Ächzen und Stöhnen, was er mit ihnen erlebt hatte. Außerdem waren noch zwei höhere Polizeibeamte und zwei Stenografen zugegen, die die Aussagen des Schwerverletzten aufnahmen.

Die Ärzte glaubten kaum, daß er mit dem Leben davonkommen werde. Aber glücklicherweise behielten sie nicht recht, wenn er auch eine Woche lang zwischen Leben und Tod schwebte.

Bliss nahm das Protokoll mit sich nach Scotland Yard.

»Ich weiß nicht, welchen Fall ich nun bearbeiten soll: ›Die Zwei‹ oder den Hexer. Aber der Hexer würde einen größeren Verlust für die menschliche Gesellschaft bedeuten.«

»Vielleicht sind ›die Zwei‹ mit dem Hexer identisch«, meinte Inspektor Mander.

Bliss warf ihm einen eisigen Blick zu.

»Der Hexer ist zwar schon in vielen Verkleidungen und Rollen aufgetaucht, aber ich kann mich nicht darauf besinnen, daß er seine Persönlichkeit jemals verdoppelt hat. Nur einem hoffnungslos Betrunkenen könnte er in doppelter Gestalt begegnet sein.«

Was Scotland Yard nicht wußte, war dem Hexer sehr wohl bekannt, der ›die Zwei‹ durch rastlose Tätigkeit und seine Beziehungen zur Unterwelt verfolgt und identifiziert hatte. Sie lebten in einer Vorstadt und brachten ihre freie Zeit damit zu, Rosen zu züchten.

Seit fünf Wochen suchte er Beweismaterial, das ein Gericht überzeugen konnte, aber es war nicht aufzutreiben, und schließlich entschied er sich dafür, den Fall persönlich zu regeln.

Eines frühen Morgens wurden die beiden Brüder auf der Straße aufgefunden, an der sie wohnten, und in bedenklichem Zustand ins Krankenhaus gebracht.

Sie waren genauso schrecklich zugerichtet wie ihre Opfer, und es dauerte acht Wochen, bevor der eine auf dem Weg der Besserung war. Sie machten der Polizei keine näheren Angaben, sondern sagten nur, daß sie von einer Anzahl von Rowdys angegriffen worden seien. Keiner erwähnte den einzelnen Mann, der sie angerufen hatte.

»Sie haben sicher schon von mir gehört – ich bin der Hexer, und ich habe mich schon lange über Sie geärgert ...«

Während sie noch miteinander berieten, wie sie den Mann am besten loswerden konnten, ohne großes Aufsehen zu erregen, wurde der eine plötzlich niedergeschlagen. Sein Bruder eilte ihm zu Hilfe, aber auch ihn traf ein furchtbarer Schlag, so daß er sofort besinnungslos niederstürzte. Als er aufwachte, lag er in einem Bett und sein Bruder in dem nächsten.

Schließlich wurden die beiden wieder aus dem Krankenhaus entlassen, und sie brüteten Rache.

»Nach allem, was wir wissen, Harry, müßten wir eigentlich in der Lage sein, diesen merkwürdigen Vogel zu fangen.«

*

In einem vornehmen Café in Wien schoß Kelly Rosefield auf den Mann, den er wie die Pest haßte. Sein Schuß traf aber nicht, und den zweiten gab der Fremde ab. Kelly stürzte mit einer Wunde in der Schulter zu Boden.

Er hatte die Angewohnheit, seine Freundin zu verprügeln, wenn er Lust dazu verspürte. Er lebte mit ihr in einem vornehmen Haus zusammen, aber er war so unvorsichtig gewesen, die Wohnungstür offenzulassen, als er sich auf die Frau stürzte. Der Herr, der unter ihnen wohnte, konnte daher ohne weiteres hineingehen. Was er mit Kelly gemacht hatte, wußte man nicht genau, aber Mr. Rosefields Freunde sprachen noch lange darüber.

Kelly erklärte seine Verletzungen auf verschiedene Weise. Einmal erzählte er, er sei von einem Auto überfahren worden, ein andermal, er sei gegen eine Laterne gefallen, und schließlich, er sei vom Pferd gestürzt. Und seine unmöglichsten Angaben wurden jedesmal von Carmen Flora bestätigt, die allen Grund gehabt hätte, sich von ihm zu trennen.

Sie war über die Schießerei in dem Cafe sogar noch wütender als er, und als Kelly verwundet im Krankenhaus lag, machte sie sich auf die Suche nach dem Mann, der ihn verletzt hatte.

Aber Henry Arthur Milton wußte, daß auch noch andere Leute nach ihm Ausschau hielten. Man kann nicht in einem Wiener Café mit der Pistole um sich schießen, ohne die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu lenken. Er verlegte den Schauplatz seiner Tätigkeit deshalb nach Berlin. Vier Monate später begegnete er in seinem Londoner Hotel Carmen Flora, und sie erkannte ihn wieder. Sie sagte nichts, aber das Aufflackern ihrer Augen verriet ihm genug. Er ging in sein Zimmer, packte seinen Koffer, klingelte nach der Rechnung, und eine halbe Stunde darauf hatte er das Hotel verlassen.

Der Hexer glaubte nicht an Glücksfälle im guten oder bösen Sinn und entschuldigte seine Mißerfolge in keiner Weise.

»Ich fasse den Kerl, und wenn ich fünfzig Jahre warten soll«, sagte Kelly.

In Scotland Yard hielt man Kelly für einen sehr üblen Charakter. Er war ein Dieb und verkehrte vornehmlich in solchen Kreisen. Mit Hilfe seiner Partnerin, die er als seine Frau ausgab, hatte er schon hohe Beträge an sich gebracht. Er erpreßte das Geld vor allem von jungen Herren, denn Carmen Flora war schön und konnte sehr, sehr liebenswürdig sein.

Bliss hörte von Kellys Ankunft und schickte sofort einen Sergeanten aus, der nachforschen sollte, ob der Mann lange in London blieb.

»Ich besitze die englische Staatsangehörigkeit, und Sie können mich nicht ausweisen«, sagte Kelly erregt. »Ich bin in Privatgeschäften in London.«

»Wir können Sie höchstens ins Gefängnis stecken«, erwiderte der Beamte liebenswürdig, »aber das wird Ihnen jedenfalls nicht sehr angenehm sein. Sie kommen aber bestimmt dorthin, wenn Sie wieder nette kleine Abendgesellschaften geben und junge Herren dazu einladen.«

Kelly hatte ein böses Gewissen, denn gerade am Abend vorher war der Sohn eines Millionärs bei ihm zu Gast gewesen. Fast alle Söhne von Millionären besitzen kein Geld, aber ihre reichen Väter zahlen jede Summe, um den Namen der Familie reinzuhalten.

»Wenn Sie neidisch darauf sind, daß ich andere Leute bewirte –«, begann er.

Aber der Sergeant wurde plötzlich sehr unhöflich.

»Nehmen Sie die Hände hoch. Ich will einmal nachsehen, ob Sie eine Pistole bei sich haben.«

Kelly fügte sich, denn er hatte seinen Browning sehr gut versteckt.

Als Bliss den Bericht hörte, war er sehr interessiert.

»Ich habe eben eine Mitteilung von der Wiener Polizei erhalten. Kelly ist dort von einem Mann angeschossen worden, und mein österreichischer Kollege meint, daß es der Hexer gewesen sei. Sollte das stimmen, so ist Milton jetzt sicher in London.«

Er schickte nach Mander, der auch sofort erschien.

»Vielleicht können wir durch Kelly den Hexer fangen. Dann wäre noch eine andere kleine Sache aufzuklären. Sie erinnern sich doch noch an die beiden Brüder Pelcher, die vor etwa sechs Wochen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus von Lewisham eingeliefert wurden?«

Mander konnte sich noch gut darauf besinnen.

»Die beiden sollen beobachtet werden. Damit will ich gerade nicht behaupten, daß sie ›die Zwei‹ sind, aber gewisse Berichte haben mich etwas argwöhnisch gemacht. Wenn sie wirklich ›die Zwei‹ sein sollten, dann hat auch ihren Unglücksfall der Hexer auf dem Gewissen.«

»Es sind aber recht achtbare Leute. Sie arbeiten beide in der City«, erwiderte Mander.

»Deshalb sind sie noch lange keine achtbaren Leute.«

Kelly war ein ziemlich wohlhabender Mann. Er konnte es sich leisten, in einem der besten Hotels zu wohnen, und er war auch in der Lage, Privatdetektive zu engagieren, die seinen verhaßten Gegner suchen sollten. Seine Partnerin besaß eine große Anzahl von Schmuckstücken, aber er war ihr gegenüber sonst sehr vorsichtig, ja geradezu geizig. Wenn die beiden auf dem Festland reisten, dann fuhr sie unweigerlich zweiter Klasse, während er die erste benutzte.

Seine Eitelkeit verlangte jedoch, daß seine Frau prachtvolle Juwelen trug. Er hatte ihre Halsketten, Armbänder, Ringe und Broschen auf der Reise stets in einer Hüfttasche bei sich. Jeden Abend vor dem Essen gab er ihr die Schmuckstücke, aber sie mußte sie wieder abliefern, bevor sie zu Bett ging.

Eines Abends wollte er Carmen Flora gerade wieder den Schmuck aushändigen, als der Zimmerkellner klopfte und mitteilte, daß ein Mann Mr. Kelly zu sprechen wünsche. Kelly hatte Angst vor Detektiven und fragte, wie der Herr aussehe. Er fühlte sich erleichtert, als er hörte, daß er schon älter sei.

›Herr‹ war eine etwas übertriebene Bezeichnung. Der Besucher war grauhaarig, trug einen schäbigen Anzug und eine Brille und sagte, daß er Schuster sei. Er machte einen sehr nervösen Eindruck und wollte nicht eher mit Kelly sprechen, als bis Carmen Flora ins andere Zimmer geschickt worden war.

»Ich möchte Ihnen etwas von dem Mann erzählen, der ein Zimmer bei mir gemietet hat«, begann er dann aufgeregt. »Ich würde mich natürlich am liebsten nicht um Dinge kümmern, die mich nichts angehen, aber ich habe nun fünfundzwanzig Jahre lang in demselben Haus gelebt, mich schlecht und recht durchgeschlagen und noch niemals jemand einen Shilling geschuldet, aber dieser Mieter, den ich da habe ...«

Er berichtete, daß der Mann seit drei Wochen bei ihm wohnte, sich ruhig verhielt und nur am Abend ausging. Das war auch vollständig in Ordnung, denn er war, wie er vorgab, von Beruf Nachtwächter.

»Aber ich habe einen Verdacht gegen ihn«, fuhr der Schuster fort, der sich Hays nannte. »Als er neulich abends weggegangen war, öffnete ich seine Schlafzimmertür und fand auf seinem Tisch Pläne von diesem Hotel.« Er faßte in die Tasche, holte einen Bogen Papier heraus und breitete ihn auf dem Tisch aus. »Sehen Sie, hier ist es«, sagte er und zeigte auf die Bemerkung ›Kellys Zimmer‹. Darunter stand neben einem Kreuz ›Schmuck der Frau wird hier aufbewahrt‹.

Kelly betrachtete den Plan genauer und staunte. Das Kreuz war an derselben Stelle gemacht, wo er tagsüber die Juwelen in einem Schrankkoffer verschlossen hielt.

»Ich sagte mir«, begann Mr. Hays wieder, »daß dieser Mann ein Einbrecher sein muß und daß ich die Pflicht habe, Sie zu warnen.«

»Wie sieht er denn aus?« fragte Kelly leichthin.

Mr. Hays beschrieb den Mann sehr umständlich, und Kelly blieb nicht im Zweifel darüber, wer der vermutliche Einbrecher war. Er erfuhr, daß der Schuster in seinem Haus allein lebte.

»Wie wäre es, wenn Sie mich einmal nachts in sein Zimmer ließen, wenn er fort ist?« meinte er nachdenklich.

Mr. Hays zögerte und sagte dann etwas von der Polizei.

»Ach, auf die Polizei kommt es nicht an«, entgegnete Kelly und holte eine Anzahl Geldscheine aus der Tasche.

Am nächsten Morgen gab er Carmen Flora Instruktionen. »Du fährst sofort nach Wien und wartest dort auf mich. In ein oder zwei Tagen komme ich nach.«

»Was hast du denn nun schon wieder vor?« fragte sie.

An diese ungewöhnlich schnellen Reisen war sie allerdings gewöhnt.

Er gab ihr eine unverschämte Antwort, so daß sie schwieg.

Am Nachmittag zahlte er seine Hotelrechnung. Carmen Flora hatte bereits alles Gepäck mitgenommen, und er konnte unbehindert zu dem Haus des Schusters gehen.

Aber Kelly war nicht der einzige, der am Abend vorher einen Besuch erhalten hatte. Die beiden Brüder Pelcher spielten gerade in ihrem hübschen Wohnzimmer eine Partie Domino, als plötzlich Mr. Hays gemeldet wurde.

»Wer ist denn nun das schon wieder? Kennst du einen Mr. Hays, Harry?«

Aber sein Bruder konnte ihm keine Auskunft geben.

Gleich darauf stand der alte Schuster im Zimmer.

»Es ist nicht meine Sache, meine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken«, sagte er. »Ich bin ein ehrbarer Bürger wie Sie auch, aber ich habe die Zeitungen gelesen und meine eigenen Schlußfolgerungen daraus gezogen.«

Er machte eine Pause, aber die beiden sahen ihn nur unfreundlich an.

»Sie sind doch die Herren, die eines Abends auf der Straße niedergeschlagen wurden? Ich habe davon gelesen und den Ausschnitt aufbewahrt. Und es war merkwürdig, daß mein Mieter mir über die Schulter guckte, als ich den Artikel neulich abends las. ›Warum heben Sie denn den Ausschnitt auf?‹ fragte er lachend. Ich sagte ihm, daß ich solche Berichte immer aufhebe. ›Es ist nur schade‹, meinte er darauf, ›daß sie der Polizei nicht erzählt haben, wer ihnen wirklich begegnet ist. Das war nämlich der Hexer.‹«

Die beiden Brüder sahen schnell auf.

»Hat er noch mehr gesagt?« fragte Harry.

Der Schuster strich mit der Hand über das unrasierte Kinn.

»Ja, und deshalb wollte ich eigentlich mit Ihnen sprechen. Er sagte: ›Die Zwei hätten eigentlich vollkommen erledigt werden müssen. In den nächsten Tagen will ich sie mir näher ansehen.‹«

Auf ihre Fragen hin beschrieb er den Mieter genauer und erzählte auch sonstige Einzelheiten über ihn. Die beiden schauten sich bestürzt an.

»Wenn wir Ihnen ein paar Pfund gäben«, schlug Harry dann vor, »könnten Sie doch morgen abend ins Kino gehen und uns den Schlüssel zu Ihrer Wohnung überlassen. Sie haben doch gesagt, daß er bis zehn Uhr zu Haus bleibt?«

»Bis elf«, verbesserte Hays.

Der Schuster steckte die fünf Pfund ein und legte dafür den Schlüssel auf den Tisch. Kelly hatte hierfür zweimal soviel gezahlt.

Die beiden Brüder sprachen noch lange über die Angelegenheit.

»Wenn wir ihn nachher dort lassen, zeigt der alte Kerl die Sache sicher der Polizei an. Gehen wir aber ruhig ins Haus und schaffen ihn später irgendwohin, so bleibt alles ruhig, und niemand kann uns etwas nachsagen.«

Über diesen Punkt verständigten sie sich und beschlossen dann, ein Auto zu stehlen, was ihnen in der nächsten Nacht auch gelang. Sie nahmen den Wagen eines Arztes, der zu einem Patienten gerufen worden war, und fuhren vergnügt zu dem Haus, in dem sie den Hexer zu treffen hofften.

Es war ein kleines Gebäude mit einem Vorgarten, und bei genaueren Nachforschungen hätten die Brüder im Gebüsch ein Schild mit der Aufschrift gefunden, daß das Haus zu vermieten sei.

Der Schuster hatte es entfernt, als er vor etwa einer Woche Besitz von der Wohnung ergriffen hatte. Für Möbel hatte er sehr wenig ausgegeben, und es lag nur ein kleiner Teppich im Flur.

»Es ist das Zimmer rechts von der Treppe im ersten Stock«, sagte Harry leise, als er die Haustür aufschloß.

»Hast du die Gummiüberschuhe angezogen?«

Der andere nickte.

Sie gingen hinein und machten die Tür geräuschlos zu. Harry stieg zuerst hinauf und blieb vor der geschlossenen Tür stehen. Es mußte jemand in dem Raum sein, denn sie hörten leichte Geräusche. Harry holte einen Gummiknüppel heraus, grinste im Dunkeln und drückte die Klinke nieder.

»Wer ist da?« fragte eine Stimme aus dem Innern.

Der Mann im Zimmer hob sich unglücklicherweise deutlich von dem Fenster ab. Harry sah die Pistole mit dem Schalldämpfer und sprang zur Seite. Ein Schuß fiel, aber bevor der Fremde wieder feuern konnte, hatte er mit dem Gummiknüppel einen Schlag über den Schädel erhalten.

*

Zwei Leute stiegen in der Nähe von Burlington Gardens aus einem Auto, und jeder ging in einer anderen Richtung davon.

Ein Polizist entdeckte die Limousine nach einiger Zeit, sah, daß die Scheinwerfer brannten, und merkte sich, wann er den Wagen zum erstenmal gesehen hatte. Als er auf dem Rundgang durch sein Revier wieder zu der Stelle kam, stand das Auto immer noch dort.

Burlington Gardens war kein Parkplatz, und es lag auch kein Restaurant oder Hotel in der Nähe, das die Anwesenheit des Wagens erklärt hätte. Er schrieb die Nummer auf und wartete auf die Rückkehr der Besitzer. Um zwölf Uhr nachts wurde er abgelöst und sagte seinem Kollegen, was er beobachtet hatte.

Um zwei waren die Besitzer immer noch nicht auf der Bildfläche erschienen. Der einzige, der die zwei beobachtet hatte, war ein nächtlicher Wanderer, der die Polizei benachrichtigte.

Kurz nach drei kam der Sergeant, dem die Sache berichtet worden war, und öffnete die Tür. Im Schein seiner Lampe sah er eine reglose Gestalt auf dem Boden, deren Kopf auf die Brust gesunken war.

Der Unglückliche lebte noch und kam wahrscheinlich auch davon, aber sein Gesicht war verstümmelt. Kelly war mit einem Gummiknüppel schrecklich zugerichtet worden, und als er verhört wurde, konnte er kaum sprechen ...

»... Zwei Leute ... einer war der Hexer ... er nahm mir die Juwelen aus der Tasche ... meine Uhr und meine Kette ... und ungefähr achtzehnhundert Pfund ...«

*

Die beiden Brüder, die sich in Burlington Gardens getrennt hatten, trafen sich zu Hause wieder.

»Ich wette, der Kerl wird lange Zeit keine Zigarre mehr rauchen!«

»Ist er tot?«

»Nein. Das war die Sache nicht wert«, entgegnete Harry selbstzufrieden. »Ich bin neugierig, was in dem Kasten ist. Wahrscheinlich Brillanten. Und genug Geld hat er ja auch bei sich gehabt.« Er holte einen großen Stoß Banknoten aus der Tasche und legte sie auf den Tisch.

Im gleichen Augenblick öffnete sich eine Seitentür, und mehrere Beamte traten ins Zimmer.

*

»Schwerer Raub ist eins der schwersten Verbrechen, die begangen werden können«, sagte der Richter, als er das Urteil über die beiden verstörten jungen Leute sprach. »Ihr unglückliches Opfer liegt noch im Krankenhaus, und obwohl der Mann einen schlechten Ruf hat und Zweifel über die Herkunft der Brillanten bestehen, muß doch die menschliche Gesellschaft gegen solche Übergriffe geschützt werden. Sie bekommen drei Jahre Zuchthaus!«

Das merkwürdigste war, daß weder Kelly noch der Staatsanwalt noch einer der beiden Brüder Pelcher etwas von dem Hexer erwähnten, der all dieses Unheil angestiftet hatte.