Ich stand auf, legte meinen Hut auf den Stuhl und ging auf die andere Seite des Schreibtischs, um über Maggies Schulter gebeugt mitlesen zu können. Die Ausgabe des Herald war vierundzwanzig Jahre alt. Die Meldung, auf die Maggies Finger wies, bestand nur aus wenigen Zeilen.
Mr. und Mrs. George Whiting und Tochter Janet ziehen diese Woche nach Detroit. Ihre Adresse dort ist unbekannt.
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte ich, mich aufrichtend. »Mir klopft das Herz bis zum Hals.«
»Seien Sie nicht sarkastisch und setzen Sie sich wieder«, befahl Maggie.
Ich gehorchte der Autorität in ihrer Stimme, kehrte zu meinem Stuhl zurück und hängte mir den Hut wieder übers Knie. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie einmal Lehrerin gewesen wäre. »Ein bißchen mehr hätte ich für fünf Dollar und die Fahrt hier heraus ja gern erfahren. Was da in der Zeitung steht, habe ich schon vorher gewußt.«
»Ich übernehme keine Garantie, daß die Informationen, die Sie kriegen werden, Ihre Zeit und Ihre Unkosten wert sind«, versetzte Maggie. »Das tun Sie wohl in Ihrem Beruf auch nicht. Auf jeden Fall ist es eine gute Story. Zu schade, daß ein Familienblatt wie der Herald sie nicht bringen konnte.« Sie klappte den dicken Wälzer zu und nahm die Brille ab, so daß das Glitzergestell an der Schnur um ihren Hals herabbaumelte. Ohne die Gläser sahen ihre Augen schärfer aus, wie gezückte Dolche.
»Meine Reaktion war ähnlich wie Ihre, als ich diese Meldung sah«, begann sie. »Wir bekommen diese Familiennachrichten noch immer, wenn auch nicht mehr so häufig wie früher, und benützen sie als Füller. ›Minnie Grubb verbrachte das Wochenende zu Besuch bei ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter in Benton Harbor.‹ Etwa dergleichen. Aber dieses ›Ihre Adresse dort ist unbekannt‹ erregte meine Neugier. Warum so etwas abdrucken? In einem Provinzblatt läßt man eine Meldung einfach unter den Tisch fallen, wenn etwas nicht in Erfahrung zu bringen ist. Wozu die eigene Unfähigkeit publik machen? In derselben Ausgabe gab es noch zwei weitere Umzugsmeldungen, und in keiner wurde eine Adresse angegeben oder sich für deren Fehlen entschuldigt. In diesem Licht betrachtet nahm die Fehlanzeige in der Whiting-Meldung eine besondere Bedeutung an, als handele es sich um eine versteckte Anzüglichkeit von Seiten des Schreibers. Deshalb begann ich herumzufragen.« Maggie legte eine kurze Atempause ein.
»Ich lebe erst seit fünfzehn Jahren hier und konnte anfangs niemand aufstöbern, der sich noch an die Whitings erinnerte. Anscheinend hatten sie sehr zurückgezogen gelebt, denn in den anderen Zeitungsexemplaren, die ich durchblätterte, waren sie mit keinem Wort erwähnt. Als letzte Möglichkeit fuhr ich hinaus zum Methodisten-Pflegeheim und sprach mit Anne Gooding. Sie war siebzehn Jahre lang in dieser Redaktion tätig, bis sie vor acht Jahren einen Schlaganfall hatte, der sie auf einem Ohr taub machte und an den Rollstuhl fesselte. Sie erinnerte sich noch sehr gut an Janet Whiting.«
Sie schwieg sekundenlang, während ich rauchte und wartete. Als klar wurde, daß ich sie nicht drängen würde, fuhr sie von sich aus fort.
»Bis zum Tode ihres Mannes und sie wegzog, war Anne eine Nachbarin der Whitings. Janet war ein schüchternes Mädchen, ziemlich linkisch, weil sie viel zu schnell in die Höhe schoß. Sie ging schrecklich gern ins Kino und las mit Vorliebe romantische Geschichten. Damals gab es noch das alte Filmtheater, und sie ging jeden Samstag abend dorthin. Jede Woche war die Mülltonne vor dem Haus ihrer Eltern vollgestopft mit Illustrierten und Groschenheftchen – Liebesromanen und dergleichen. Eine gute Schülerin war sie vermutlich nicht. Bei all den Träumereien blieb ihr sicher kaum Zeit für Schularbeiten. Belegen kann ich das nicht. Vor vierzehn Jahren brannte das alte Schulgebäude ab und alle Unterlagen wurden vernichtet. Glücklicherweise war dies hier in einer Ecke untergebracht, die von den Flammen verschont blieb.«
Sie zog ein schmales Heft aus dem untersten Fach des Schreibtisches und legte es auf den Zeitungsband. Dann durchblätterte sie geraume Zeit die glatten Seiten mit Abbildungen von Jungen in Football-Uniformen und Mädchen in Sweatshirts mit dem Schul-Emblem, bis sie auf eine Doppelseite kleinformatiger Porträt-Fotos stieß. Sie drehte das Heft zu mir um und wies mit dem Finger auf ein Foto in der dritten Reihe. Ein unscheinbares Mädchen, die glatten dunklen Haare zu einer Ponyfrisur geschnitten, sah mich aus Augen an, groß wie halbe Dollar-Stücke. Sie lächelte nicht.
Man findet sie in jedem Schul-Jahrbuch – das einzige Mitglied einer Klasse, das nichts zu lachen hat. Es war nur ein Foto, eine Millisekunde aus der Spanne eines Lebens, aber es sagte mir mehr, als alles andere im Verlauf meiner bisherigen Nachforschungen. »Sie sieht nicht glücklich aus«, stellte ich fest.
»Dazu hatte sie auch keinen Grund«, erwiderte Maggie. »Das Foto wurde in dem Jahr gemacht, bevor sie wegzog. Wie Agnes sagte, hatte sie sich bemüht, in die Schulmannschaft zu kommen, aber es klappte nicht, wahrscheinlich weil sie zu schlaksig war, um den Anforderungen zu genügen. Danach wurde sie von ihren Eltern auf eine Tanzschule nach Ann Arbor geschickt, offenbar um ihr etwas Grazie beibringen zu lassen. Mit welchem Ergebnis wußte Agnes nicht.«
»Aber ich«, warf ich ein. »Sie konnte ganz gut ihren Steiß schwenken.«
»Damit wäre ich entschieden überfragt. Aber ich komme noch zu dem pikanten Teil der Geschichte. Sie wissen, daß sie im Alter von vierzehn Jahren mit ihren Eltern aus Huron fortzog. Den Grund dafür kennen Sie nicht.«
»Nach meiner Information verlegte die Firma, für die ihr Vater arbeitete, ihren Hauptsitz nach Detroit.«
»Das stimmt auch. Aber das hätte die Familie nicht zu einem Umzug bewegt. George Whiting war schon ein Jahr zuvor in Pension gegangen.«
Ich nahm einen letzten Zug aus meiner Zigarette und drückte den Stummel dann im Aschenbecher aus. »Das wußte ich nicht.«
»Na eben. Janet war kein besonders hübsches Mädchen. Sie war zu hochgeschossen und hatte noch nicht gelernt, sich richtig zu präsentieren. Aber sie hatte schöne Augen, wie Agnes erzählte, groß, blau und unschuldig. So etwas wirkt auf manche Männer sehr anziehend.«
»Allmählich begreife ich, was Sie meinen.«
»Ein Stück außerhalb, auf der Pinedale Road, gibt es hier ein Haus«, fuhr sie fort, ohne meine Bemerkung zu beachten. »Es gehörte einem unserer einflußreichsten Bürger, der etwa vor drei Monaten starb. Das Grundstück ist einfach herrlich, ganz abgeschieden, umgeben von Wäldern, sogar mit einem Privatsee. Während des Sommers pflegte es der Eigentümer an Leute aus der Stadt zu vermieten. Vor vierundzwanzig Jahren wohnte dort ein Mann, der seinen Namen mit Peter Martin angab. Um die Vierzig, sagte Agnes, dunkel und auf eine etwas grobe Art recht gutaussehend. Im Ort wurde er nur einmal gesehen, als er in den Eisenwarenladen kam, um Angelgerät zu kaufen. Zufällig befand sich auch gerade Janet Whiting in dem Geschäft. Es wurde beobachtet, daß sie miteinander sprachen, und als Martin seinen Kauf getätigt hatte, verließen sie zusammen den Laden. Der Verkäufer hatte mitgekriegt, daß Martin sie nach irgendeinem Weg gefragt hatte und vermutet, sie sei mit hinausgegangen, um ihm die Richtung besser zeigen zu können.
Eine Stunde später rief George Whiting, der seine Tochter vermißte, in dem Laden an. Als ihm der Verkäufer erzählte, was geschehen war, wandte sich Whiting an die Polizei. Sie fuhren zu dem Haus auf der Pindale hinaus und fanden dort tatsächlich Janet. Martin erklärte den Beamten, er habe das Mädchen nur eingeladen, seine selbstgefangenen Forellen zu probieren, um sich für ihre Hilfsbereitschaft zu revanchieren. Sie bestätigte das, und da ihr nichts passiert zu sein schien, wurde nichts weiter unternommen, sondern Janet nur nach Hause gebracht. Eine Woche später kehrte Martin nach Detroit zurück. Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können, nur zogen die Whitings ein paar Monate danach in die Stadt. Agnes sagte, Janet habe damals an Gewicht zugenommen.«
»Glauben Sie, das Mädchen war schwanger?«
Maggie lächelte boshaft. »Es spricht einiges dafür. Aber der eigentliche Knüller kommt noch. Der Verkäufer war nicht der einzige Augenzeuge dessen, was sich in dem Eisenwarenladen abspielte. Es war noch ein Kunde dabei, ein ehemaliger Lastwagenfahrer, der Martin ein paarmal in Detroit gesehen hatte. Nur kannte er ihn unter einem anderen Namen.«
Ich wartete. Maggies Lächeln war diabolisch und ihre Augen glitzerten scharf wie Glassplitter.
»Phil Montana«, sagte sie triumphierend.
Das Läuten des Telefons ließ mich zusammenfahren. Maggie hob den Hörer ab und bellte den Namen der Zeitung in die Sprechmuschel. Jemand wollte eine Kleinanzeige aufgeben. Sie setzte ihre Brille auf, notierte den Text in Kurzschrift auf einen gelben Schmierblock, ließ sich den Namen und die Adresse des Anrufers geben, las noch einmal alles vor, bedankte sich und legte auf. Dann kehrte ihr Blick zu mir zurück.
»Das hat Sie umgehauen, nicht wahr?«
»Es war nicht der Name, den ich erwartet hatte«, gab ich zu. »Ist dieser Lastwagenfahrer noch vorhanden?«
Sie nickte. »Auf dem Friedhof westlich des Ortes. Er ist mindestens seit zehn Jahren tot.«
»Dieses Haus auf der Pindale. Wem gehört es jetzt?«
»Irgendeiner Firma in Detroit. An den Namen erinnere ich mich nicht. Es ist seit geraumer Zeit unbewohnt. Soll ich Ihnen die Adresse raussuchen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Glauben Sie, diese Leute hätten etwas dagegen, wenn ich hinausfahre und mir das Haus einmal ansehe?«
»Sie brauchen ja nichts davon zu erfahren. Je weniger die dort in Detroit von uns hören, desto besser. Aber Sie finden den Weg nie und nimmer allein. Ich fahre am besten mit.«
»Was kostet mich das?«
»Keinen Pfennig.« Sie stand auf. »Es ist gleich Schulschluß. Jeden Nachmittag kommen gewöhnlich ein paar Kinder her, die mich bitten, sie für die Zeitung zu fotografieren. Ich bin zu weich um abzulehnen, und Filmmaterial ist zu teuer, um es zu vergeuden. Deshalb bin ich lieber weg, wenn sie hier erscheinen.« Sie holte ihre Handtasche.
Ich erhob mich ebenfalls und setzte meinen Hut auf. »Sie sind so weich wie eine Dampframme.«
Sie grinste.
Wir fuhren unter einem Viadukt hindurch und eine asphaltierte Höhenstraße entlang, vorbei an Neubau-Siedlungen, Tankstellen kombiniert mit Imbißstuben, einem kleinen See und etlichen Immobilienfirmen, deren Büros sich in ehemaligen herrschaftlichen Villen befanden. Die Sonne brannte heiß auf das Pflaster, und ab und zu sahen wir hübsche, etwa siebzehnjährige Mädchen in Shorts, in einer Hand die Schulbücher, in der anderen die Schuhe, barfuß nach Hause gehen. Ihr Anblick stimmte mich wehmütig, nicht aus sexueller Frustration, sondern aus Nostalgie. Meine Beifahrerin hatte die Augen starr geradeaus gerichtet.
»Was haben Sie eigentlich gegen Detroit?« wollte ich wissen.
»Nichts, so lange es sich still verhält und uns in Ruhe läßt. Im Augenblick arbeitet mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Huron in der City und fährt jeden Morgen hinein und abends wieder heraus. Auch dagegen wäre nichts einzuwenden, außer daß die Bevölkerung des Dorfkerns in zwanzig Jahren die gleiche geblieben ist. Die Leute kommen hier herausgeschwärmt, kaufen alles erreichbare Ackerland auf, parzellieren es und stellen Schilder auf BETRETEN VERBOTEN wie Großgrundbesitzer. Als ich zum erstenmal hier entlangkam, standen an der Straße ganze sechzehn Häuser. Jetzt sind es sechshundert. Diese Neubürger erziehen ihre Kinder nicht besser, als sie selbst erzogen worden sind. Als Ergebnis haben wir durchschnittlich mehr Einbrüche und mehr Fälle von Vandalismus als in vergleichbaren Stadtteilen Detroits. Und damit nicht genug.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte irgend so ein Sozialarbeiter die gloriose Idee, daß Jugendkriminalität dahinwelkt und stirbt, wenn sie von Bäumen und Gras umgeben ist. Also wurde die Gemeinde zur Kasse gebeten, Bauern und Alteingesessene mußten sich von Grund und Boden trennen, die sie von ihren Großvätern geerbt hatten, und es wurden Parks angelegt. Gut und schön. Einige wenige müssen eben für das Wohl der Allgemeinheit Opfer bringen. Das ist Demokratie. Nur gibt es inzwischen im Umkreis von zwanzig Meilen fünftausend Morgen Parkgelände, und es sind noch mehr geplant. Und dann wundern sie sich, warum sich unsere Enkel später mal von Regenwürmern ernähren müssen.«
»Ich begreife Sie.«
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Maggie.
»Das habe ich schon befürchtet.«
»Detroit hat Finanzprobleme. Die hat auch mein Schwager. Und aus demselben Grund. Weil er nicht mit Geld umgehen kann. Er wollte mich anpumpen, aber was hat er jemals für mich getan? Ich habe abgelehnt. Nun reden wir nicht mehr miteinander. Mir ist das nur recht. Ich habe ihn sowieso nie gemocht. Aber in einer großen Stadt funktioniert das anders. Da geht der Bürgermeister zu seinem Kumpel, dem Gouverneur, und sagt: ›Hör mal, wir brauchen sechzig Millionen Dollar, sonst kann ich mir meinen dicken Dienstwagen nicht mehr leisten.‹ Und der Gouverneur sagt: ›Aber selbstverständlich. Du hast mich ja auch mit einer Spende bei meinem letzten Wahlkampf unterstützt‹ und hebt einfach im ganzen Staat die Steuern an. Wenn wir uns beklagen, dann heißt es schlicht, wenn Detroit bankrott geht, wirkt sich das auf ganz Michigan aus. Sowas erbost mich, und wie! Ich sehe es schon vor mir, wie sie an der Grenze unseres Bundesstaats eine Barrikade errichten mit einem Schild: AUSSER BETRIEB.«
»Eine schöne Rede«, sagte ich anerkennend. »Bis auf die Tatsache, daß der Bürgermeister Demokrat ist und der Gouverneur Republikaner. Die unterstützen sich nicht bei ihren Wahlkämpfen.«
»Das merken Sie bloß nicht. Biegen Sie hier ab.«
Zu meiner Linken führte eine unbefestigte Straße einen bewaldeten Hügel hinauf. »Ich wette, vor zwanzig Jahren haben zwei andere Leute schon einmal die gleiche Unterhaltung geführt.«
»Kann schon sein«, räumte Maggie ein. »Nur ist es seit Watergate schlimmer geworden. Das amerikanische Volk ist so an Skandale gewöhnt, daß es die Hoffnung, es könnte besser werden, aufgegeben hat.«
Während der restlichen Fahrt schwieg sie. Hier oben gab es nur noch wenige Häuser. Sie waren an den Hang gebaut und hinter hohen Ahornbäumen und immergrünen Hecken verborgen. Schließlich deutete Maggie auf eine holperige Einfahrt, die zu beiden Seiten von Betonsäulen flankiert war, aus deren Sprüngen Wilder Wein wuchs. Ein verwittertes Holztor, mit Kette und Vorhängeschloß gesichert, versperrte uns den Weg.
»Wir lassen den Wagen hier und gehen zu Fuß«, gab Maggie Anweisung.
Ich fuhr den Cutlass so weit wie möglich auf den unkrautüberwucherten Straßenrand. Dann stiegen wir aus. Es war gerade so viel Luft zwischen einer der Säulen und dem verwilderten Gebüsch, daß sich eine Person durchquetschen konnte. Ich ließ Maggie den Vortritt. Danach legten wir einen strammen Fußmarsch von einer Meile zurück, noch dazu auf einem gewundenen Pfad, der bei jeder Kurve schräg abfiel. Der Boden war feucht und glitschig vom Regen der vergangenen Nacht. Nach hundert Metern begann ich zu schwitzen. Ich lockerte meine Krawatte, zog das Jackett aus und warf es mir über eine Schulter. Das Hemd klebte mir am Rücken. Maggie, die ihre Tasche im Wagen gelassen hatte, stapfte so unverdrossen vorwärts, als überquere sie Hurons Hauptstraße. Sie atmete nicht einmal schwer. Ich gelangte zu dem Schluß, daß ihre Kondition von der guten, sauberen Landluft herrührte und begann plötzlich Neidgefühle zu hegen.
Das Haus war eine Konstruktion aus viel Glas und einem heruntergezogenen Dach, zu seiner Zeit sicher eine Rarität, aber heutzutage in waldreicher Umgebung so verbreitet wie Kaugummipapier auf dem Bürgersteig. Von einem hohen Giebel zog sich das Schieferdach zu beiden Seiten der verglasten Frontseite bis zur Erde hinab. Das Glas war getönt, so daß man nicht hineinblicken konnte.
Ich ging um das Haus herum, während ich wieder zu Atem zu kommen versuchte. Hinten stieg der Hügel noch einmal etwa zwölf Meter an und endete in einem runden Gipfel, auf dem Nadelhölzer wuchsen. Maggie stand noch wie ich sie zurückgelassen hatte, als ich meinen Rundgang beendete.
»Wie lange steht das Haus schon leer?« wollte ich wissen.
Sie zuckte die Achseln. »Der frühere Eigentümer hat es kurz vor seinem Tode nicht mehr vermietet. Zu viel Ärger mit den Mietern. Mehrere Monate hat bestimmt niemand mehr hier gewohnt.«
»Gibt es so was wie einen Verwalter?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Wie erklären Sie sich dann das hier?« Ich deutete auf den Boden zu meinen Füßen. Maggie kam herüber, um sich die Stelle anzusehen. In dem Matsch zwischen der Steinterrasse und dem üppig wuchernden Rasen waren deutlich zwei Fußabdrücke zu erkennen.
»Vielleicht ein Streuner«, meinte sie. »Oder es gibt womöglich doch einen Verwalter.«
»Der würde einen Schlüssel zu dem Vorhängeschloß unten am Tor besitzen und herauffahren, statt sich diesen Fußmarsch anzutun. Seit dem Regen ist aber niemand mehr hier heraufgefahren, sonst würde man Reifenspuren sehen. Ich glaube, wir sollten lieber ...«
Drinnen krachte etwas.